#steuernkompakt Personengesellschaften (eBook)
269 Seiten
Schäffer-Poeschel Verlag
978-3-7910-4521-4 (ISBN)
Jessica Schleicher ist als Oberregierungsrätin in der Finanzverwaltung NRW tätig.
Jessica Schleicher Jessica Schleicher ist als Oberregierungsrätin in der Finanzverwaltung NRW tätig.
2 Steuerrechtliche Grundlagen
Auf den Punkt gebracht
Die Personengesellschaft stellt im Vergleich zur natürlichen Person und zur Körperschaft kein Steuersubjekt dar, obwohl sie zivilrechtlich (teil-)rechtsfähig ist. Bei der »Besteuerung« von Personengesellschaften ist das Transparenzprinzip zu berücksichtigen.
2.1 Abgrenzung zum Zivilrecht
Die zivilrechtlichen Besonderheiten in Bezug auf die Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften werden im Steuerrecht zum Teil nicht berücksichtigt und umgesetzt. Dies führt in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten. Zivilrechtlich ist zunächst zwischen GbR und Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG und GmbH & Co.KG) zu unterscheiden.
Gemäß § 124 Abs. 1 HGB können sowohl die OHG als auch die KG (über den Verweis in § 161 Abs. 2 HGB) selbst Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben. Folglich sind die OHG und die KG aufgrund expliziter gesetzlicher Regelung zumindest als teilrechtsfähig anzusehen. In der Literatur wird zum Teil nicht der Begriff der Teilrechtsfähigkeit, sondern der der Rechtsfähigkeit für Personenhandelsgesellschaften verwendet. Der besondere Ausdruck der Teilrechtsfähigkeit dient lediglich der Verdeutlichung und Abgrenzung zur natürlichen Person, die gemäß § 1 BGB voll rechtsfähig ist. Beide Begrifflichkeiten können meines Erachtens im Zusammenhang mit Personenhandelsgesellschaften verwendet werden.
Für die GbR wurde keine dem § 124 Abs. 1 HGB entsprechende Vorschrift in den §§ 705 ff. BGB aufgenommen. Trotz fehlender ausdrücklicher gesetzlicher Klarstellung ist die Frage der Teilrechtsfähigkeit einer GbR mittlerweile im Wesentlichen durch das Grundsatzurteil des BGH vom 29.01.2001 (II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) geklärt. In diesem Urteil hat der BGH klargestellt, dass die (Außen-)GbR rechtsfähig ist, soweit sie durch die Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet (BGH vom 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341). § 128 und § 124 Abs. 1 HGB sind insoweit analog anzuwenden (BGH vom 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341).
MERKE
Zivilrechtlich sind die OHG, KG und (Außen-)GbR teilrechtsfähig, können also grundsätzlich Träger von Rechten und Pflichten sein. Der Status einer juristischen Person wird allerdings nicht erreicht (Klarstellung durch BGH im Urteil vom 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341).
Kapitalgesellschaften, wie GmbH und AG, sind hingegen gemäß § 13 Abs. 1 GmbHG und § 1 Abs. 1 Satz 1 AktG kraft Gesetzes rechtsfähig, genau wie natürliche Personen (§ 1 BGB).
BEISPIEL
A, B und C gründen eine GbR (Variante 2: eine OHG, Variante 3: eine GmbH), um ihre gemeinsame Erfindung zu vermarkten und zu vertreiben. Um diese Tätigkeit ausüben zu können, benötigen die Drei u. a. Büros und eine Ausstellungsfläche. Deshalb erwirbt die Gesellschaft in der Innenstadt ein adäquates Gebäude. Wer wird Eigentümer des Gebäudes? Wer ist Partei des Grundstückskaufvertrags?
Lösung
Der Kaufvertrag über das Gebäude wird in allen drei Varianten von der Gesellschaft selbst (Grundfall: GbR, Variante 2: OHG, Variante 3: GmbH) abgeschlossen. Die Gesellschaft ist jeweils Partei des Kaufvertrages und Eigentümerin des Gebäudes. Davon unabhängig ist die Frage, welche natürliche Person (A, B oder C; gemeinsam oder einzeln) die Gesellschaft beim Vertragsschluss vertreten darf.
Unabhängig von der zivilrechtlichen Teilrechtsfähigkeit von Personengesellschaften erfolgt jedoch deren steuerrechtliche Behandlung unter Berücksichtigung des Transparenzprinzips. Personengesellschaften werden weder in § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG noch in § 1 Abs. 1 KStG explizit genannt; nur natürliche Personen und Körperschaften werden als Steuersubjekte in diesen Vorschriften aufgeführt. Folglich besitzen Personengesellschaften keine Steuersubjekteigenschaft; sie sind also nicht Subjekt der Besteuerung, und zwar weder der Einkommens- noch der Körperschaftbesteuerung (BFH vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, 751; BFH vom 03.07.1995, GrS 1/93, BStBl II 1995, 617 m. w. N.). Ertragsteuerlich ist die Personengesellschaft transparent (BFH vom 27.01.2016, X R 31/11, BFH/NV 2016, 1032). Nach Ansicht des BFH ist die Personengesellschaft jedoch »selbstständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation« (BFH vom 26.11.1996, VIII R 42/94, BStBl II 1998, 328 m. w. N.; so auch BFH vom 03.07.1995, GrS 1/93, BStBl II 1995, 617). Deshalb wird die Personengesellschaft als partielles Steuersubjekt angesehen.
Da die Personengesellschaft aber nicht selbst der Besteuerung unterworfen werden kann, erfolgt ein Durchgriff durch die Gesellschaft auf die Ebene der Gesellschafter. Die Einkünfte der Gesellschaft, also das Ergebnis der Tätigkeit der Personengesellschaft, werden unmittelbar deren Gesellschaftern zugerechnet und dort besteuert. Um die Tätigkeit einer Personengesellschaft zutreffend steuerlich würdigen zu können, muss durch diese hindurch auf die Gesellschafter »geblickt« werden. Die Personengesellschaft ist transparent. Die Besteuerung des Anteils am Gewinn oder am Überschuss hängt dann von der Rechtsform des Gesellschafters ab; bei natürlichen Personen wird der Anteil der Einkommensteuer und bei Körperschaften der Körperschaftsteuer unterworfen.
Davon zu unterscheiden ist das sogenannte Trennungsprinzip. Körperschaften sind gemäß § 1 Abs. 1 KStG selbstständige Steuersubjekte. Die Besteuerung der Gesellschaft erfolgt unabhängig von der Besteuerung der Erträge aus den Anteilen, die auf Ebene der Anteilseigner besteuert werden. Zwischen der Besteuerung der Gesellschaft und der Gesellschafter wird sozusagen eine Grenze gezogen. Beide Ebenen werden separat steuerlich betrachtet. Die Unterscheidung zwischen Transparenz- und Trennungsprinzip ist prägendes Merkmal und verdeutlicht den Dualismus zwischen dem Besteuerungssystem für Personengesellschaften und dem für Körperschaften im nationalen Unternehmenssteuerrecht.
BEISPIEL
Die beiden natürlichen Personen A und B sind zu jeweils 50 % an der AB-GbR beteiligt. Die AB-GbR vermietet ein bebautes Grundstück an den fremden Dritten Y und erhält dafür monatlich Zahlungen in Höhe von 20.000 €. Im Zusammenhang mit der Vermietung entstehen der GbR Aufwendungen von 5.000 € pro Monat. Weitere Aufwendungen und Einnahmen werden von der Gesellschaft nicht erzielt.
Lösung
Zunächst muss auf Ebene der Personengesellschaft eine Qualifikation der Einkünfte vorgenommen werden. Die GbR vermietet ausschließlich ein bebautes Gebäude gegen Entgelt und erwirtschaftet damit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Höhe von insgesamt 180.000 € (Einnahmen von 20.000 € x 12 = 240.000 € abzgl. Werbungskosten von 5.000 € x 12 = 60.000 €, § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Ermittlung des Überschusses erfolgt ebenfalls auf Ebene der Personengesellschaft. Die Einkünfte dieser rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft in Höhe von 180.000 € sind gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a, § 179 Abs. 2 AO gesondert und einheitlich festzustellen. Jedem der beiden Gesellschafter wird ein Anteil von 90.000 € zugerechnet (Gesellschafter = Subjekt der Besteuerung, § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Höhe der Besteuerung richtet sich nach dem persönlichen Steuersatz des jeweils Beteiligten. Eine Besteuerung der Personengesellschaft erfolgt aufgrund der fehlenden Steuersubjektqualität nicht.
BEISPIEL
Übersetzer/in A und Künstler/in B sind Geschwister, die eine Schreinerei von ihrem verstorbenen Elternteil erben. A und B entscheiden sich dazu, die Schreinerei gemeinsam in der Rechtsform einer AB-OHG weiter zu betreiben; ohne ihre Berufe aufzugeben. Die AB-OHG, an der A und B im Verhältnis von 40:60 beteiligt sind, erwirtschaftet im Jahr 2018 einen Gewinn in Höhe von 160.000 €.
Lösung
Die OHG ist originär gewerblich tätig i. S. v. § 15 Abs. 2 EStG. Die Schreinerei wird nachhaltig und auf Dauer betrieben, um Gewinne zu erzielen. Die Betätigung kann zudem weder als land- und forstwirtschaftliche noch als selbstständige Tätigkeit eingeordnet werden. Dabei spielt es keine Rolle, dass A gleichzeitig Übersetzer/in und B Künstler/in ist. Die Tätigkeit der OHG steht in keinem Zusammenhang zu den ausgeübten freien Berufen der Beteiligten.
Der ermittelte Gewinn von 160.000 € wird auf Ebene der Gesellschaft gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr....
Erscheint lt. Verlag | 2.10.2020 |
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Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Wirtschaft ► Betriebswirtschaft / Management |
Schlagworte | Auslandsbezug • Betriebsaufgabe • Fallbeispiel • fokussiert • Fortbildung • Gesellschafterwechsel • Handelsrecht • Mischrechtsformen • Onboarding • Personengesellschaften • Schleicher • Schnelleinstieg • Smart • Veräußerung • Zivilrecht |
ISBN-10 | 3-7910-4521-0 / 3791045210 |
ISBN-13 | 978-3-7910-4521-4 / 9783791045214 |
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