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Swine Inflammation and Necrosis Syndrome (SINS) – ein neues Syndrom beim Schwein - Frederik Löwenstein

Swine Inflammation and Necrosis Syndrome (SINS) – ein neues Syndrom beim Schwein

Buch
243 Seiten
2019
VVB Laufersweiler Verlag
978-3-8359-6776-2 (ISBN)
CHF 51,50 inkl. MwSt
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Schwanz- und Ohrbeißen sind wichtige tierschutz- und wirtschaftsrelevante Probleme in der Schweinehaltung. Die aktuelle Praxis des Schwanzkupierens verstößt gegen geltendes EU-Recht. Dennoch werden in der EU bei 95 % der Ferkel die Schwänze in einem Verfahren ohne Schmerzausschaltung gekürzt. Im Fokus der Tierhaltung stehen Maßnahmen, die das Beißen der Tiere unterbinden sollen. Neben primärem und sekundärem Beißen werden dabei vermehrt auch Akrennekrosen beobachtet, die ohne jedes Zutun anderer Schweine zustande kommen. Gleichzeitig treten parallel zu Entzündungen und Nekrosen an Ohren und Schwänzen auch Veränderungen im Bereich der Klauen auf. Als Ursachen werden zu energiereiches und rohfaserarmes Futter, gestörte Thermoregulation sowie inadäquate Tränkesysteme vermutet. Sie begünstigen Koprostase und damit die überschießende Vermehrung von Darmbakterien und den verstärkten Übertritt bakterieller Abbauprodukte (z.B. Endotoxine) durch die geschwächte Blut-Darm-Schranke. Eine Überlastung der Leber durch zu hohen metabolischen Umsatz und die anflutende Menge von Endotoxinen begünstigen den Übertritt in den Körperkreislauf. Es kommt zu einer Aktivierung des Immunsystems. Lokale und systemische Entzündungsprozesse ziehen Schädigungen und Verlegungen terminaler Blutgefäße an Akren und Klauen nach sich. Daraus resultieren Entzündungen und Nekrosen an Schwänzen, Ohren und Klauen. Dieser Komplex wurde unter dem Swine Inflammation and Necrosis Syndrome (SINS) zusammengefasst.
Ziel der Arbeit war es, einige wesentliche Hypothesen zur Ausprägung und Entstehung von SINS zu untersuchen:
i) Entzündliche Veränderungen an Schwanz, Ohren, Klauen und anderen Organsystemen kommen mit erheblichen Prävalenzen vor. ii) Die Entzündungen und Nekrosen treten syndromartig auf, indem mehrere Organsysteme (Schwanz, Ohren, Klauen) gemeinsam betroffen sind. iii) Es zeigen sich Unterschiede in der Empfindlichkeit zwischen Organsystemen und Organbefunden. Diese Unterschiede können als Tiersignale zur Früherkennung des Syndroms verwendet werden. iv) Die klinisch bonitierbaren Befunde lassen sich histologisch absichern und dokumentieren. v) Tiere mit höherer Leistung sind stärker betroffen als Tiere mit weniger hoher Leistung. vi) Es zeigt sich ein Zusammenhang zwischen bonitierbaren Entzündungs- und Nekrosesymptomen, sowie dem Stoffwechsel der Tiere (Klinische Chemie, Hämatologie, Entzündungswerte und Akute-Phase-Proteine). vii) Aus den untersuchten Stoffwechselfaktoren lassen sich Parameter mit diagnostischem Potential hinsichtlich SINS etablieren. viii) Die Assoziation zwischen SINS und Stoffwechsel zeigt sich auch bei Betrachtung des Leber-Transkriptoms und des Metaboloms. ix) Die Problematik kann durch Optimierung des Zustandes der Sau und der Haltung verbessert werden.
Für die Bearbeitung der Fragestellungen wurden Sauen der Genetik Baden-Württembergische Hybrid und deren Nachkommen verwendet. Die Haltung der Tiere erfolgte in den Stallungen konventioneller Bauweise der Landesanstalt für Schweinezucht Boxberg, Baden-Württemberg. Insgesamt wurden 40 Sauen, 115 Saugferkel, 111 Aufzuchtferkel und 103 Mastschweine in die Untersuchungen einbezogen. Dabei wurden die Tiere unter normalen und verbesserten Haltungsbedingungen gehalten. In der verbesserten Haltung wurden die Standardeinrichtungen um Rohfaserzufütterung, Schalentränken und eine Desinfektion des Tränkewassers angereichert. Am 50. Trächtigkeitstag wurden die Sauen hinsichtlich Klauen und Gesäuge bonitiert. Anhand der Bonitur wurden die Sauen mit guter und schlechter SINS-Prognose in den Versuch aufgenommen. Am Tag der Geburt wurden jeweils 9 Ferkel, nach Gewicht und Geschlecht randomisiert, ausgewählt. Die Beprobung von jeweils 3 Ferkeln erfolgte am 3. Tag nach der Geburt, 11 Tage nach dem Absetzen und zur Schlachtung. Die Tiere wurden auf SINS-Symptome bonitiert und Blutproben entnommen. Anschließend wurden die Tiere getötet. Klauen, Ohren und Schwänze wurden zur histologischen Untersuchung entnommen. Aus Blutproben wurden hämatologische Profile, Werte der klinischen Chemie, Gerinnungs- und Entzündungsparameter untersucht. Zusätzlich wurde aus Plasma von 12 Saugferkeln eine Metabolomanalyse durchgeführt. Aus den Leberproben dieser Tiere wurde eine genomweite Transkriptomik erhoben.
Es konnten entzündliche und nekrotische Läsionen an Schwanz, Ohren, Klauen, Kronsaum und Zitzen mit erheblichen Prävalenzen festgestellt werden. Saugferkel, Aufzuchtferkel und Mastschweine waren in unterschiedlich starken Ausprägungen betroffen. Die entzündlichen Veränderungen traten parallel an unterschiedlichen Organsystemen auf. Bei niedrigem SINS-Grad waren erste milde entzündliche Symptome sichtbar, die in Ausprägung und Auftreten an den Organen variierten.
In der histologischen Untersuchung makroskopisch unauffälliger Klauen, Ohren und Schwänze, ließen sich in allen Altersgruppen entzündliche Veränderungen feststellen. Klauen von Saugferkeln, Aufzuchtferkeln und Mastschweinen wiesen Blutungen und epitheliale Hyperplasien auf. An Ohren der Aufzuchtferkel und Mastschweine fanden sich subepitheliale Nekrosen im Zusammenhang mit entzündlichen Prozessen. Histologisch ließen sich in Schwänzen der Saugferkel gehäuft Vaskulitiden, Blutungen, Thrombosierungen und intimale Proliferationen nachweisen.
Es zeigten sich enge Assoziationen zwischen SINS-Grad und Leistung der Tiere. Höhere Gewichtszunahmen gingen mit stärkerer Symptomatik einher.
In allen Altersgruppen konnte anhand der Blutparameter eine gestörte Gerinnungsaktivität bei steigendem SINS-Grad beobachtet werden. Bei Aufzuchtferkeln und Mastschweinen war dies mit Monozytose und Neutrophilie sowie erhöhten Entzündungswerten und Akute-Phase-Proteinen verbunden. Anhand der erhobenen Stoffwechselfaktoren ließen sich Parameter mit diagnostischem Potential für SINS erheben.
Mit der Metabolomanalyse konnten deregulierte Metaboliten bei Saugferkeln mit höherem SINS-Grad gefunden werden. Diese umfassten Lysophosphatidylcholine und Phosphatidylcholine sowie Metaboliten des Aminosäurestoffwechsels. In der Leber war in der genomweiten Transkriptomik die erhöhte Expression entzündungsspezifischer Gene feststellbar. Für den allgemeinen Stoffwechsel konnten insbesondere runterregulierte Pathways beobachtet werden.
Eindeutige Einflüsse der Qualität der Haltung und der Sau wurden aufgezeigt. Die verbesserte Haltung bewirkte eine Reduzierung der Organprävalenzen. Begünstigende Effekte der Haltungsverbesserung auf Stoffwechselparameter, die eng mit dem SINS-Grad assoziiert waren, wurden ebenfalls nachgewiesen.
Die Ergebnisse bestätigen das Swine Inflammation and Necrosis Syndrome. Es zeigte sich, dass Leberstoffwechselstörungen und Entzündungsprozesse mit SINS assoziiert waren. Mit der Aufarbeitung von SINS wurden erstmals generalisierte Entzündungsprozesse im Zusammenhang mit Akrennekrosen nachgewiesen. Eine Früherkennung durch klinische Tiersignale und eine Bestätigung anhand von Blutparametern war möglich. Vor einer Übertragung in die Praxis muss eine Validierung der Parameter in weiterführenden Studien als Voraussetzung zur Erarbeitung einer standardisierten Diagnostik und Prophylaxe durchgeführt werden. Mit der Berücksichtigung von SINS steht für Tierarzt und Landwirt ein wichtiges Werzeug zur Verbesserung des Tierwohls beim Schwein zur Verfügung.
Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Edition Scientifique
Sprache deutsch
Maße 146 x 210 mm
Gewicht 322 g
Themenwelt Veterinärmedizin Großtier Schwein
Schlagworte Doktorarbeit • Uni • Wissenschaft
ISBN-10 3-8359-6776-2 / 3835967762
ISBN-13 978-3-8359-6776-2 / 9783835967762
Zustand Neuware
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
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