Das große Gynbuch (eBook)
496 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-78169-1 (ISBN)
Von der Ärztin des erfolgreichen Gynäkologie-Podcasts »Gyncast« | Das neue Standardwerk der Frauenheilkunde | Das unverzichtbare Buch für ein ganzes Frauenleben
Mandy Mangler, Chefärztin der Frauenheilkunde und Geburtshilfe zweier Berliner Kliniken, weiß es aus ihrem beruflichen Alltag: Rund um die Gesundheit von Frauen und den weiblichen Körper gibt es noch immer zahlreiche althergebrachte Mythen, Irrtümer und eklatante Informationslücken - selbst aufseiten des medizinischen Personals. Denn die Gynäkologie fußt größtenteils auf der Forschung von Männern. Und die stellen manchmal nicht die richtigen Fragen, wenn es um einen Körper geht, den sie selbst nicht haben. Diese Lücke zu füllen, das ist Mandy Manglers Antrieb.
Ihr Buch widmet sich einfühlsam, persönlich und umfassend allen Themen der Frauengesundheit, von der ersten Menstruation über die Wechseljahre bis ins Alter. Es hilft, den eigenen Körper kennen und lieben zu lernen und gute Therapiegespräche mit der eigenen Ärztin zu führen. Es bietet überraschende Einsichten zu Lust und Sex aus weiblicher Perspektive, Hilfe bei Zyklusbeschwerden oder unerwünschten Schwangerschaften, Rat zu Verhütung, Kinderwunsch und Geburt, bei Infektionen, Endometriose oder Krebs: selbstermächtigend, schambefreit, auf dem neuesten Stand der Wissenschaft und kompromisslos zum Wohl von Frauen und Patientinnen.
Prof. Dr. Mandy Mangler (geb. 1977) ist Chefärztin zweier Berliner Kliniken für Gynäkologie und Geburtshilfe mit Schwerpunkten in operativen Therapien und der gynäkologischen Onkologie. Sie lehrt am Studiengang »Hebammenwissenschaft« der Evangelischen Hochschule Berlin, ist Vorsitzende der Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtsmedizin Berlin und Vorsitzende der Berliner Chefärzte und Chefärztinnen der BLFG e.?V., außerdem bekannt aus dem <em>Tagesspiegel</em>-Podcast »Gyncast«. 2022 wurde sie für ihren Einsatz um die Gleichstellung und Diversität in der Medizin mit dem Berliner Frauenpreis ausgezeichnet. Mandy Mangler hat fünf Kinder und lebt mit ihrem Partner in Berlin.
Mein Weg in die Gynäkologie
Während meines Medizinstudiums im Berlin der Jahrtausendwende war ich lange Zeit unsicher, welche Fachrichtung ich einschlagen sollte. Mit dem Fach Frauenheilkunde hatte ich über Jahre hinweg so gut wie gar keine Berührungspunkte, allgemein hat es keinen großen Stellenwert im Medizinstudium. In der Lehre wird ihm nicht viel Zeit gewidmet, die gesellschaftspolitische Komponente komplett ausgeblendet. Frauenheilkunde aus der spezifischen Perspektive der Frau, zum Beispiel wenn es um weibliche Sexualität geht oder um Schwangerschaftsabbrüche, von denen jährlich in Deutschland immerhin circa 100 000 durchgeführt werden, oder aber eine Betrachtung des für uns so alltäglichen BHs aus einer medizinisch-wissenschaftlichen Perspektive – in der universitären Lehre findet dies selten bis nie seinen Platz.
Erst gegen Ende meines Studiums überlegte ich konkreter, welche Fachrichtung ich wählen sollte. In einer seltsam plötzlichen Eingebung wurde mir klar: Ich bin Gynäkologin. Inzwischen bin ich Chefärztin zweier Berliner Vivantes-Kliniken und damit, wie oben schon ausgeführt, als Frau in der Minderheit. In einem Fach, in dem mittlerweile mehrheitlich Frauen arbeiten und die Patientinnen weiblich sind, finden sich in der deutschen Hauptstadt nur drei weibliche Chefärztinnen – von insgesamt 21. In der Universitätsmedizin sieht es nicht besser aus: Als ich mit Mitte 30 in der Charité für ein Jahr zur kommissarischen Chefärztin der Gynäkologie wurde, war ich die erste Frau in dieser Position und bin die bisher einzige geblieben.
An einem Mangel an qualifiziertem weiblichem Nachwuchs kann das nicht liegen. In einer kürzlichen Zählung der Bundesärztekammer kam man auf bundesweit 18 427 Gynäkologinnen, davon 77 Prozent weiblich. Deutschlandweit nähert sich der Anteil der Oberärztinnen an den Unikliniken in der Gynäkologie der 70-Prozent-Marke. Aber die Berufungskommissionen sowohl für die Professuren als auch für die Führungspositionen in den Kliniken sind überwiegend männlich besetzt, und es fehlen moderne Karriereangebote wie das »Job Sharing«, also die Möglichkeit, eine Führungsaufgabe zu teilen.
Umso öfter versuche ich, mich in meiner Funktion als Klinikleiterin öffentlich zu äußern und auch unbequeme Forderungen zu stellen. Ich denke, dass meine Stimme in Vertretung der vielen Frauen und Familien gehört werden sollte. Deswegen habe ich entschieden, mich im Berufsverband der »Frauenärzte« Berlins zu engagieren. Außerdem repräsentiere ich als gewählte Vertreterin auch die Berliner Chefärzte und Chefärztinnen. Bis vor Kurzem war ich Vorsitzende der sehr traditionsreichen Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie in Berlin, als dritte Frau nach 120 männlichen Vorsitzenden seit 1840.
Als mir 2022 der Berliner Frauenpreis verliehen wurde, hat mich das sehr gerührt. Wir befanden uns im Roten Rathaus, dem Sitz der Bürgermeisterin. Die Gesundheitssenatorin und die Staatssekretärinnen verliehen mir den Frauenpreis des Landes Berlin. An diesem Abend sprachen wir über die strukturelle Vernachlässigung von Themen, die für Frauen wichtig sind, zum Beispiel auch darüber, dass die weibliche Anatomie in Studien kaum erforscht wird.
Eines meiner Anliegen ist es in diesem Zusammenhang, bei gynäkologischen Kongressen die Frauenquote anzuheben: Durchschnittlich liegt sie in der Gynäkologie bei 21 Prozent. Es gibt zahlreiche »all male panels«, also gynäkologische Veranstaltungen, bei denen auf dem Podium nur Männer über Frauenerkrankungen oder weibliche Sexualität sprechen. Ich kontaktiere dann häufig die Kongressleitung, frage, warum die Frauenquote so niedrig ist, und biete an, bei der Rekrutierung von Referentinnen zu unterstützen. Oft erhalte ich ablehnende Antworten, man ist sich keiner Schuld bewusst. Die gängigste unter den Standardausreden ist: »Wir haben keine qualifizierte Frau gefunden.« Auch deswegen habe ich gemeinsam mit meiner großartigen Kollegin, der Brustspezialistin Dr. Marion Paul, 2021 den Berliner Krebskongress organisiert und nur weibliche Referentinnen eingeladen. Wir wollten damit ein Zeichen setzen und konnten dieses Argument entkräften. Wir hätten ein wochenlanges Programm füllen können mit hochkarätigen Referentinnen; es war leicht, sie zu finden. Manchen Kongressorganisatorinnen ist eine gerechte Besetzung der Podien schlicht kein Anliegen, sie finden, »der Beste« solle zum Vortrag eingeladen werden. Eine mehrfache, sich selbst verstärkende Diskriminierung: Frauen haben es strukturell schwerer, eine Spitzenposition zu erlangen. Und dann werden sie, weil sie die nicht innehaben, nicht auf Podien eingeladen, was ja wiederum karrierebildend wäre. Ich finde, dass jedes Mal hinterfragt werden sollte, warum man Frauen keine Stimme gibt.
Die führenden Medizinzeitschriften haben dies längst begriffen. Die internationale Lancet-Gruppe mit 18 Medizinjournalen hat 2019 einen »Diversity Pledge« formuliert, um die Frauenquote und die Repräsentation von Frauen in der Medizin zu erhöhen, und für männlich besetzte Podien das Wort »Manel« geprägt – eine Kombination aus »Man« und »Panel«. Das »Berliner Ärzteblatt« wurde von der starken Berliner Ärztekammer progressiv umbenannt in »Berliner Ärzt:innen«.
In meiner Klinik arbeiten überwiegend Oberärztinnen und ein Oberarzt. Man könnte mich nun fragen, warum ich die Stellen nicht paritätisch besetze. Dies würde ich in einem anderen Setting sehr wahrscheinlich tun. Doch ich möchte die 77 Prozent der Frauen in der Frauenheilkunde abbilden. Außerdem möchte ich die ungerechten Quoten anderer Abteilungen ausgleichen.
Auch gibt es Studien, die darauf hindeuten, dass es tatsächlich einen Unterschied macht, ob eine Person von einer Medizinerin oder einem Mediziner behandelt wird. Eine Untersuchung hat aufgezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein operierter Mensch 30 Tage nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus noch lebt, größer ist, wenn eine Ärztin operierte, als wenn ein männlicher Mediziner am OP-Tisch stand. Der kranke Mensch wird seltener erneut eingewiesen, es gibt weniger Komplikationen, und der Krankenhausaufenthalt ist im Mittel kürzer. Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass männliche und weibliche Operierende Medizin anders praktizieren: »Frauen halten sich eher an die Leitlinien einer Klinik, wenden mehr präventive Maßnahmen an, kommunizieren patientenorientierter, erledigen Standarduntersuchungen genauso gut oder besser, leisten mehr psychosoziale Beratung.«
Die Studien enthielten weitere Thesen: Eine davon ist, dass die wenigen weiblichen Operateurinnen, die sich in dem stark kompetitiven Umfeld durchgesetzt hatten, schlichtweg fachlich besser waren, außerdem, dass Frauen Medizin ganzheitlicher verstehen und dadurch komplexere Therapien anschließen, die in mehr Gesundheit resultieren.
Eine Studie, die sich damit beschäftigte, ob die Übereinstimmung des Geschlechts zwischen Patientin beziehungsweise Patient und Operateur beziehungsweise Operateurin eine Auswirkung auf das Ergebnis hat, kam zu dem Schluss, dass insbesondere die Kombination weibliche Patientin – weibliche Operateurin ein niedrigeres Risiko für Komplikationen birgt. Insgesamt ein interessantes Feld, das weiterer Untersuchungen bedarf.
Die erste Frau, die 1919 in Deutschland im Fach Medizin, aber auch überhaupt habilitierte und damit eine Lehrbefugnis erwirkte, war Adele Hartmann. Sie hatte dafür hart kämpfen müssen. Heutzutage findet man über sie sehr wenig, kaum ein Bild, kaum einen Nachweis. Männer derweil haben es perfektioniert, ihre Namen ständig zu wiederholen und sich so gegenseitig zu bestärken und in eine Tradition zu setzen. Medizinprodukte, Krankheiten und Operationstechniken heißen oft so wie ihre Erfinder oder Entdecker. Menschen wie Adele Hartmann dagegen hat man vergessen und erst sehr spät minimal gewürdigt – 2002 etwa mit der Benennung einer Straße in München. Die Adele-Hartmann-Straße befindet sich in der Nähe des Klinikums Großhadern, ist 70 Meter lang und endet in einer Sackgasse. Das nach ihr benannte Programm an der Ludwig-Maximilians-Universität soll nun die Berufung von Professorinnen fördern. Das ist schön, aber vergleichsweise wenig. Dass ich 94 Jahre nach ihr ebenfalls habilitieren konnte, verdanke ich auch Adele Hartmann und allen anderen, die dafür die strukturellen Voraussetzungen geschaffen haben.
Betrachten wir zum Vergleich Rudolf Virchow. Er war in seiner Zeit ein bekannter Mediziner und Politiker, begann 1843 als »Unterarzt« an der Charité, hat sehr viele klinische Beobachtungen, Tierexperimente und Leichenöffnungen durchgeführt. Auch Virchow musste sich wie Hartmann zunächst gegen ältere Ärzte durchsetzen, die ihn anmaßend fanden und seine Leistungen verkannten.
Seine Frau Rose Mayer war die Tochter des bekannten und einflussreichen Gynäkologen Carl Wilhelm Mayer, und Roses Brüder wurden in bester Familientradition Ärzte. Rose wäre 100 Jahre später sicherlich auch Ärztin geworden – da sie aber 1832 geboren wurde, durfte sie nicht studieren. Stattdessen bekam sie sechs Kinder mit Rudolf Virchow, der von ihrem Vater beruflich sehr unterstützt wurde, und organisierte das gemeinsame Privat- und Sozialleben. Sie sorgte dafür, dass er sich um nichts als die Medizin und seine Karriere kümmern musste. Dennoch hat Rudolf Virchow zeit seines Lebens Frauen nicht nur nicht unterstützt, er setzte sich aktiv gegen das Medizinstudium für Frauen...
Erscheint lt. Verlag | 27.10.2024 |
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Co-Autor | Esther Kogelboom, Regina Carstensen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie |
Technik | |
Schlagworte | Berliner Chefärzte und Chefärztinnen BLFG • Christiane Northrup • Eierstöcke • Endometriose • Entbindung • Frauen-Arzt • Frauen-Ärztin • Frauengesundheit • frauenheilkunde • Frauenkörper-Frauenweisheit • Frauenkrankheiten • Frauen-Power • Frauenpreis 2022 • Gebärmutter-Schleimhaut • Geburt • Geburtsmedizin • Gender-Medizin • Gesundheitsratgeber • Gesundheitsvorsorge • Gynäkologie • Gyn-Buch • Gyncast • Hitzewallungen • Hormone • Hormonhaushalt • Kinderwunsch • Klimakterium • Klinikum Neukölln in Berlin • Lust • Medizin-Buch • Menstruation • Mythen • Östrogen • peri-menopause • Periode • Podcast • Pubertät • Ratgeber Frauen • Regel-blutung • Schulmedizin • Selfcare • Sexualität • Sheila de Liz • Stimmungsschwankungen • Therapien • Unlearn Patriarchy II • Unterleibsschmerzen • Verhütung • Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum • Wechseljahre • Weiblicher Zyklus • Woman on Fire • Zyklus-Beschwerden |
ISBN-10 | 3-458-78169-2 / 3458781692 |
ISBN-13 | 978-3-458-78169-1 / 9783458781691 |
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