Rethink Logistics & SCM, Logistik Neu-Denken, Logistik Weiter-Denken (eBook)
120 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-1802-0 (ISBN)
ZUSTELLROBOTER FÜR DEN EINSATZ AUF GEHWEGEN (SADR) - AKTUELLER STAND
Henning Strubelt
Hochschule Bremerhaven
Abstract
Die Dynamik des E-Commerce in Verbindung mit der wachsenden Zahl von Nutzern und dem zunehmenden Volumen von Sendungen auf der letzten Meile treibt die aktuellen Entwicklungen in der Logistik voran. In dem Maße, wie der Online-Handel stetig wächst, steigt auch der Bedarf an aktiven Dienstleistern, die Kurier-, Express- und Paketsendungen (KEP) pünktlich zustellen. Mit der fortschreitenden technischen Entwicklung ergeben sich neue Möglichkeiten der autonomen Zustellung. Autonome Zustellroboter konzipiert für den Einsatz auf Gehwegen bieten die Chance die letzte Meile effizient und ökologisch zu gestalten. In diesem Beitrag wird zunächst eine grobe Klassifizierung der Zustellroboter vorgenommen, Potentiale und Herausforderungen aufgelistet und abschließend der aktuelle Stand bezüglich der Nutzung vorgestellt.
Keywords: Zustellroboter, SADR, letzte Meile, autonome Fahrzeuge, Gehweg
1. Einleitung
Die dletzte Meiled ist die letzte Etappe des Lieferprozesses, die aufgrund der erforderlichen Einzellieferungen an verschiedene Bestimmungsorte oft die teuerste und komplexeste ist. Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 4,15 Milliarden Sendungen durch die KEP-Dienstleister ausgeliefert. Es wird erwartet, dass die Anzahl Sendungen bis zum Jahr 2027 auf ca. 4,9 Milliarden weiter ansteigt (BIEK 2023). Durch das gestiegene Sendungsaufkommen im B2C Bereich hat sich die Anzahl der Stops auf den Zustelltouren erhöht, während sich gleichzeitig die Anzahl abzuliefernder Sendungen pro Stop verringert hat. Ist ein Kunde beim ersten Zustellversuch nicht anwesend, unternehmen KEP-Dienstleister einen zweiten und später möglicherweise sogar einen dritten Zustellversuch, wodurch sich die Bearbeitungskosten unmittelbar erhöhen. Auch die alternative Weiterleitung an eine Abholstelle verursacht zusätzliche Kosten (Schnedlitz et al. 2013). Ausgeliefert werden die Sendungen dabei vorrangig mit Kleintransporter mit Dieselantrieb. Der Anteil an Zustellfahrzeugen mit alternativen Antrieben beläuft sich Schätzungen zufolge nur auf einen mittleren einstelligen Prozentbereich. (Dataforce 2021).
Um die Versorgung und Entsorgung von Waren in Städten sicherzustellen, stehen Gemeinden zunehmend unter Druck, die durch Verkehrsaufkommen verursachten Probleme anzugehen und gleichzeitig das wirtschaftliche Wachstum in der Stadt zu fördern und die Lebensqualität ihrer Bewohner zu gewährleisten. Aktuelle Entwicklungen konzentrieren sich auf die Reduzierung von Emissionen und Staus in Städten sowie auf innovative Lösungen im Bereich der sogenannten dletzten Meiled der Logistik, um diese Probleme anzugehen. Die Automatisierung des letzten Abschnitts des Lieferprozesses durch autonome Lieferroboter kann die Effizienz steigern, die Betriebskosten senken und die Umweltbelastung minimieren. Dies macht sie zu einer wirtschaftlich attraktiven Logistikoption.
2. SADRs
Autonome Lieferfahrzeuge wie selbstfahrende Autos, Lieferroboter, Drohnen oder andere autonome Plattformen sind mit Sensoren, Kameras und Navigationssystemen ausgestattet, um autonom zu agieren, benötigen in der Praxis jedoch oft eine menschliche Überwachung. Hauptmotivation für ihren Einsatz ist die Effizienzsteigerung, Kostenreduktion und Umweltschonung durch Elektroantriebe und optimierte Routen. Fortschrittliche Algorithmen bestimmen die optimalen Wege unter Berücksichtigung von Echtzeitverkehrsbedingungen, Straßensperrungen und potenziellen Hindernissen.
Eine erste Klassifizierung von autonomen Fahrzeugen wird von Baum et al. (2019) vorgenommen. In einem ersten Schritt werden automatisierte Mikrofahrzeuge, die ein maximales Leergewicht von 400 kg und eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h bieten, definiert. Diese Fahrzeuge werden dann weiter in sechs Kategorien unterteilt, von denen eine dem Untersuchungsbereich dieses Papers entspricht - autonome Zustellroboter für den Einsatz auf Gehwegen, im Englischen und im Folgenden als Sidewalk Autonomous Delivery Robots (SADRs) bezeichnet. Die Geschwindigkeit von SADRs für den Betrieb auf dem Gehweg ist auf maximal 6 km/h bis 16 km/h begrenzt, je nach Konstruktion und örtlichen Vorschriften (Brandt et al. 2018; Srinivas et al. 2022). Das Ladevolumen variiert zwischen einem und vier Paketen und der entsprechenden Anzahl von Fächern. Kovacic et al. (2023) beschreiben SADRs als kleine kastenförmige Radroboter von etwa 70 cm Länge, 60 cm Breite und 60 cm Höhe mit einem Gewicht von etwa 23 kg und einer Nutzlast von etwa 10 kg. Jennings und Figliozzi (2019) hingegen geben ein Leergewicht von etwa 18 kg bis 36 kg und eine Nutzlast von etwa 10 kg bis 45 kg an. Die Reichweite wird mit einem Aktionsradius von 6 km (Kovacic et al. 2023) oder einer Distanz von ca. 6 km bis 77 km (Jennings und Figliozzi 2019) angegeben.
3. Chancen & Herausforderungen
Vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des E-Commerce und der zunehmenden Atomisierung der Sendungsmengen wird die Erforschung alternativer Zustellkonzepte für KEP-Dienstleister immer dringlicher. Während fahrerlose Transportsysteme in der Intralogistik bereits weit verbreitet sind, befindet sich der Einsatz von autonomen Zustellsystemen im öffentlichen Raum noch in der Entwicklungsphase. Mittlerweile haben mehrere Pilotprojekte stattgefunden und örtlich begrenzt werden SADRs auch bereits für die Zustellung an Privatkunden eingesetzt.
Gerade auf der letzten Meile, welche als einer der teuersten, ineffizientesten und umweltschädlichsten Teile der Lieferkette gilt, haben SADRs das Potenzial die Effizienz zu steigern. Ihr Einsatz kann sich positiv auf die Betriebskosten und Umwelt auszuwirken und zusätzlich noch den Bedarf an menschlichem Lieferpersonal reduzieren. Einer der Hauptvorteile von SADRs ist ihre 24/7-Verfügbarkeit. Sie sind nicht auf menschliche Arbeitskräfte angewiesen und können somit auch außerhalb der regulären Betriebszeiten der KEP-Anbieter ausliefern. Dies bietet die Möglichkeit, die Kunden am frühen Morgen, am späten Abend oder am Wochenende zu beliefern, wenn diese auch zu Hause sind. Auf diese Weise lässt sich eines der Hauptprobleme der Haustürzustellung lösen, nämlich die hohe Zahl der fehlgeschlagenen Zustellungen, weil Kunden zu Hause nicht anzutreffen sind. Fehlzustellungen führen zu zusätzlichen Kosten, Kilometern und Emissionen, da die Zustellung wiederholt oder die Sendung an einem Servicepunkt abgegeben werden muss.
Durch zusätzliche Dienstleistungen, wie präzise Lieferzeitfenster auf Wunsch oder Rücksendeabwicklung, können SADRs die Kundenzufriedenheit steigern. In einem hart umkämpften Markt kann durch verbesserte Serviceangebote, Flexibilität und Benutzerfreundlichkeit eine größere Kundenbindung erreicht werden.
Die Verwendung von SADRs könnte auch das Problem des Fachkräftemangels im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste lösen. Wie viele andere Bereiche sind auch die KEP-Dienstleister vom Fachkräftemangel betroffen. So steigt auf der einen Seite die Nachfrage nach Arbeitskräften während auf der anderen Seite immer mehr Stellen unbesetzt bleiben. Aktuelle Studien gehen davon aus, dass ca. jede vierte offene Stelle nicht adäquat besetzt werden kann (Lützen 2024; Herdin et al. 2023). Dies führt zu einer erhöhten Personalfluktuation, was die Zustellqualität beeinflussen und die Arbeitsbelastung der verbleibenden Mitarbeiter weiter erhöhen kann. Der Einsatz von Automatisierungslösungen könnte Fachkräfte von einfachen repetitiven Aufgaben entlasten und diese Arbeitskräfte könnten dann für wirtschaftlich wertvollere Tätigkeiten eingesetzt werden (Lützen 2024).
Neben diesen Chancen steht dem Einsatz von SADRs aber auch eine Anzahl von Herausforderungen gegenüber. Sicherheitsbedenken und Probleme mit der öffentlichen Akzeptanz sind weiterhin gegeben, da SADRs auf Gehwegen ein Sicherheitsrisiko darstellen können. SADRs können die Bewegungsfreiheit anderer Verkehrsteilnehmer sowohl direkt als auch indirekt einschränken. Dadurch können sie potenzielle Gefahrenquellen schaffen und Konflikte auf Gehwegen mit Fußgängern und Radfahrern sowie Probleme mit motorisierten Verkehrsteilnehmern beim Überqueren von Straßen hervorrufen.
Die technische Entwicklung ist in den letzten Jahren weit vorangeschritten, so dass das autonome Fahren der Stufe 4 für SADRs nichts Besonderes mehr ist, auch wenn es immer noch vollständig ferngesteuerte und überwachte Betriebsszenarien gibt. Für einen reibungslosen Betrieb und die Fernüberwachung bei Problemen ist jedoch ein ständiger Zugang zu öffentlichen Mobilfunknetzen, wie dem 5G- oder LTE-Netz, erforderlich. Bei Netzstörungen können SADRs den Zustellvorgang möglicherweise nicht abschließen und sollten manuell so positioniert werden, dass sie nicht kein Verkehrshindernis darstellen. Je nach den örtlichen Gesetzen kann es erforderlich sein, dass der Roboter ständig von menschlichem Personal überwacht wird.
Bauartbedingt sind SADRs nicht in der Lage große Hindernisse, wie Treppen zu überwinden oder die Türklingel zu bedienen. Eine...
Erscheint lt. Verlag | 11.7.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Technik |
ISBN-10 | 3-7597-1802-7 / 3759718027 |
ISBN-13 | 978-3-7597-1802-0 / 9783759718020 |
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