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Plötzlich Gutsherrin (eBook)

Vom Anpacken, Neuanfangen und dem guten Leben auf dem Land

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eBook Download: EPUB
2023
288 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-30386-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Plötzlich Gutsherrin - Elisabeth Neufeld-Picciani, Oliver Domzalski
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'Als wir das erste Mal auf das etwas heruntergekommene Haus zufuhren, wollte mein Mann am liebsten gleich wieder umkehren. Aber ich hatte mich sofort in das Haus und den Park verliebt. Ich hatte ein wahnsinnig gutes Gefühl an diesem Ort, es war, wie nach Hause zu kommen in eine Oase der Ruhe.'

Als die Kinder aus dem Haus sind, möchte Elisabeth Neufeld-Picciani noch einmal ganz neu beginnen und fragt sich: Was kann jetzt noch kommen? Wo und wie möchte ich leben? Womit möchte ich meine Zeit füllen?

Das alte Gutshaus in Volzrade ist wie ein Wink des Schicksals. Es ist heruntergekommen, wurde Jahre lang vernachlässigt und zweckentfremdet und ist doch ein Ort mit Herz und Seele. Stück für Stück renovieren Elisabeth und ihr Mann Bruno das alte Haus. Mit viel Liebe zum Detail, einem Blick für die alten Schätze, als Bewahrer eines Ortes mit seiner ganz eigenen Geschichte. Eines Ortes, der zu einer neuen Heimat wird.

In ihrem Buch geht es um Träume und Pläne, ums Aufbrechen und Ankommen, um die Verbindung von Orten und Leben, von Vergangenheit und Zukunft - und nicht zuletzt um den Sinn im eigenen Leben.

  • Spannende Lebensgeschichte voller Nostalgie und Sehnsucht
  • Von der Stadt aufs Land, Leben in einem alten Gutshaus, ein eigenes Café: Elisabeth Neufeld-Picciani macht Mut, Träume zu verwirklichen


Elisabeth Neufeld-Picciani, geboren 1973, lebt seit 2014 mit ihrem Mann Bruno im Gutshaus Volzrade bei Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern, das sie zum Hotel und Café umgebaut hat.

Teil 1:
Wir finden das Haus –
das Haus findet uns

Aufgeben oder Aufgabe?

Ich liege auf dem Rücken und starre die Zimmerdecke an. Hier auf den harten Dielen ist es noch am ehesten erträglich. Den Kopf zu drehen, um zur Abwechslung mal die Wände anzugucken, traue ich mich nicht. Jede Bewegung könnte wieder diesen höllischen Schmerz da unten in der Lendenwirbelsäule auslösen.

So also fühlt es sich an, wenn einem mal so richtig der Stecker gezogen wird. Bandscheibenvorfall. Nichts geht mehr. Die dynamische Lissi, die alles im Leben ein paar Jahre früher erledigt hat als andere, ist mal eben auf Tempo null runtergebremst worden. Wenn ich mir jetzt eine Tasse Tee machen wollte, würde allein das Aufstehen etwa zehn Minuten dauern. Und irgendwann würden die Nachbarn die Polizei rufen, weil sie bei den Schreien denken, hier würde eine Frau misshandelt. Und sowieso würde ein Tee nur bedeuten, dass ich irgendwann aufs Klo muss. Allein die Vorstellung, mich auf die Toilette zu hocken, treibt mir Schmerztränen in die Augen. Also lieber nicht bewegen. Ich weiß, ich müsste es tun. »Mobilisierung« hat der Orthopäde das genannt. Aber ich bin heute mal ein Weichei. Ich bleibe einfach liegen und denke über mein Leben nach. Wie bin ich hierhergekommen? Und wo soll es mit mir hingehen? Wenn das Gehen wieder geht?

Ich bin 36 Jahre alt und habe schon manches von dem durch, womit andere Frauen in diesem Alter erst anfangen. Meine Kinder sind achtzehn, siebzehn und vierzehn. Ich war mit achtzehn verheiratet und bin seit zehn Jahren geschieden. Ich bin in Kirgisistan geboren, in Neuwied aufgewachsen, habe in meinen acht Bielefelder Jahren eine Wohnung und ein Haus saniert und lebe jetzt in Köln. Ich arbeite als alleinerziehende Mutter vierzig Stunden pro Woche in einer Werbemittelfirma und habe dort keinerlei Karrierechancen. Ich habe mich früh von meinem Elternhaus gelöst – und bin unendlich froh, meine Eltern zu haben und zu lieben. Ich lasse mich nicht unterbuttern, wenn die Schule meines Jüngsten mir erzählen will, dass mein Sohn ADHS habe und ich als junge, alleinerziehende Mutter ohne Uni-Abschluss der Aufgabe nicht gewachsen sei – aber wie die meisten Mütter frage ich mich trotzdem, ob ich gut genug bin.

Wenn ich an den letzten Elternsprechtag denke, kommen mir die Tränen: »Ach, Frau Neufeld, wir wissen ja, wie schwer es ist für Alleinerziehende. Aber Ihr Sohn ist nun mal recht auffällig im Unterricht.« Da ist mir der Kragen geplatzt: »Moment mal! Bei Marcel ist die Mutter den ganzen Tag zu Hause, es ist genug Geld da, die haben alle Zeit der Welt – und er hat dieselben Ausraster wie mein Sohn. Das hat nichts mit alleinerziehend zu tun. Bleiben Sie bitte bei den Fakten!« Mal wieder war ich in meinem starken Gerechtigkeitsgefühl nicht zu stoppen gewesen und habe mich gewehrt: »Sie sagen, mein Sohn habe ADHS. Ich sage, Sie machen den falschen Unterricht und langweilen ihn.«

Als ich ihnen vorwarf, die Schuld nur bei dem Kind und seinem Zuhause zu suchen statt bei sich selbst, waren sie wirklich angepisst. Aber ich hatte schon die ganze Zeit gespürt, dass sie mir nicht zutrauten, viel über Erziehung zu wissen. Ich war ja wie überall die Jüngste.

War dieser Elternsprechtag der Auslöser für meinen Zusammenbruch, der sich als Bandscheibenvorfall getarnt hat? Mag sein. Aber sicher nicht der eigentliche Grund. Ich spüre: Meine erste Ehe drückt noch immer wie eine tonnenschwere Last. So viel Groll kann auf Dauer kein Rückgrat der Welt tragen. Kein Wunder also, dass mir die Bandscheibe geplatzt ist und seitdem zwei Lendenwirbel auf meinen Rückennerven Walzer tanzen.

Und noch etwas beschäftigt mich: Ich denke ziemlich oft an diesen Mann, den ich neulich kennengelernt habe. Bruno heißt er. Aber wie alle interessanten Männer ist er natürlich verheiratet. Da geht nix. Also bleibe ich erst mal hier liegen. Und suche vergeblich nach dem Sinn des Ganzen. Ich bin Lissi und ich bin stark. Ich bin Lissi und ich weiß nicht weiter.

Einige Wochen später: Frau Segeberg, die Therapeutin, schaut mich etwas ratlos an. So schwierig hatte sie sich ihre Klientin offenbar nicht vorgestellt. Heute ist die vierte Sitzung – und wir stecken in der Sackgasse.

Letzte Woche habe ich ihr erstmals etwas mehr über das Ende meiner ersten Ehe erzählt, und es fiel mir sichtlich schwer. Die Therapeutin zog fragend die Augenbrauen hoch, als ich ihr stockend auch vom Auszug meines ältesten Sohnes erzählte. Dass mir damals schier das Herz gebrochen ist, erwähnte ich nicht, und meine Tränen hielt ich auch jetzt lieber zurück.

Frau Segeberg hat das heute noch mal aufgegriffen – in dem sanften Psycho-Jargon, den ich eigentlich nicht ausstehen kann: »Ich spüre eine große Wut bei Ihnen. Woher kommt diese Wut?« Bei so was stehen mir zwar alle Haare zu Berge, aber ich habe mich ja auf die Therapie eingelassen. Außerdem hat sie recht: Auch zehn Jahre nach der Scheidung bin ich immer noch wütend.

»Es ist schwer zu erklären. Ein verzwickter Mix. Durch die Krankheit und das Verhalten meines Ex-Mannes wurde mein damaliges, recht traditionelles Lebensbild von Ehe – Kindern – Eigenheim zerstört. Wenn ich in der Schule nach meinem Berufswunsch gefragt wurde, habe ich immer geantwortet: ›Ich möchte gern vier Kinder haben.‹ Klar – ich habe ja selbst sogar fünf Geschwister, und ich liebe große Familien. Mein Englisch- und Erdkundelehrer, der trotz Cordsakko mit Lederflicken drauf und oller Ledertasche eine wirklich coole Socke war, sagte darauf: ›Mensch, Elisabeth, du musst mal ein bisschen moderner denken! Du bist klug und talentiert; du musst eine Sprache lernen und Dolmetscherin werden. Oder studieren.‹ Aber ich wusste damals nicht, welcher Beruf mich faszinieren würde. Und eine frühe Ehe mit Kindern bot die Chance, aus der Enge meines Elternhauses auszubrechen und meinen eigenen Weg zu finden.

Aber zugleich bin ich wütend, weil ich mich in die Rolle des Hausmütterchens habe drängen lassen. Mit Mitte zwanzig war mir das zu wenig. Mein Kinderwunsch hatte ja nie bedeutet, dass ich nicht berufstätig sein wollte. Ich wollte alles und dachte, ich schaffe alles. Aber mit meiner Eigenständigkeit und meiner selbstbewussten Art kann nicht jeder umgehen. Ich sah keinen anderen Ausweg mehr, als zu gehen. Zurück nach Neuwied, mit den beiden Kleinen. Mein ältester Sohn kam ein Jahr später nach – er war zuerst bei seinem Vater geblieben, entschied sich dann aber um, weil er seine Geschwister vermisste. Die Trennung und anschließende Scheidung widersprach völlig meinen Träumen, meinen Überzeugungen und meiner Erziehung. Es war eine Niederlage gegenüber meinen Eltern, eine richtig heftige Bruchlandung und der Tiefpunkt meines Lebens.«

Das alles mal so zu erzählen, tut mir gut. Ich merke, dass ich noch immer daran zu knabbern habe. Und nun bin ich gespannt, was Frau Segeberg mir vorschlagen wird, damit ich das alles endlich mal abhaken und nach vorne schauen kann. Aber sie hat leider was ganz anderes im Sinn. Sie will nicht, dass ich nach vorne schaue, sondern erst mal in den Rückspiegel.

»Frau Neufeld, ich denke, wir können jetzt einen Schritt in die Tiefe gehen. Ich möchte mit Ihrer Beziehung zu Ihrer Mutter beginnen. Ich glaube, hier werden wir im Laufe der Zeit auf die versteckten Wurzeln Ihrer Wut stoßen. Also lassen Sie uns …«

Ich kann es nicht fassen. Ja, ich brauche Werkzeuge. Aber sicher keinen Spaten. Ich will nicht graben und offenlegen, sondern abschließen und weitergehen. Und so haue ich mit dem diplomatischen Feingefühl dazwischen, das immer dann zum Einsatz kommt, wenn Lissi etwas partout nicht will: »Das bringt jetzt aber mal gar nix hier. Ich hab keine Zeit für so’n Scheiß.«

Erstarrt schaut sie mich an. Aber ich bin nicht mehr zu stoppen. »Frau Segeberg, ich will das alles nicht noch mal aufarbeiten und alte Wunden aufreißen. Ich will es nach zehn Jahren endlich hinter mir lassen. Vernarbte Wunden soll man nicht öffnen, um drin herumzuwühlen. Ich suche nach einem Weg, den Groll loszuwerden. Weil er mich daran hindert, zu sehen, was das Leben noch für mich bereithält. Aber ich will die Gründe für den Groll jetzt nicht wiederbeleben und monatelang auf kleiner Flamme weiterköcheln lassen. Ich will das Gegenteil!«

So klar dürfte das Missverständnis zwischen einer Therapeutin, die es sicher gut meint, und einer Klientin, die etwas ganz anderes erwartet hat, selten auf den Punkt gebracht worden sein.

Frau Segeberg zuckt ratlos mit den Schultern. Den entscheidenden Satz »Dann beenden wir das hier besser jetzt« überlässt sie klugerweise mir.

Wieder ein paar Wochen später. Ich sitze mit meiner Freundin Uschi in einem Café und blinzle in die Sonne. Uschi redet nicht lange um den heißen Brei: »Dir geht es viel besser, oder? Wie hast du das geschafft?« Ich lächle: »Ja, es geht mir besser. Gott sei Dank.« Die letzten Worte habe ich nicht so beiläufig ausgesprochen, wie man das üblicherweise tut. Uschi hat es bemerkt und schaut mich etwas unsicher an. So reagieren die meisten, wenn das Thema Glaube aufkommt: Als sei es etwas Unanständiges.

Aber sie weiß, wie wichtig die Religion in meiner Familie ist, und traut sich nachzufragen: »Das hat was mit … äh … Gott zu tun?«

»Ja, sicher«, antworte ich, und hoffe, dass ich dabei nicht zu erleuchtet klinge. Schon merkwürdig: Die Leute gehen bedenkenlos zur Therapie und lassen sich durch psychologische Fragen dazu anregen, tief in sich hineinzuhorchen, um sich dann selbst zu helfen. Aber wenn jemand dasselbe tut, indem er über die Fragen eines...

Erscheint lt. Verlag 14.6.2023
Zusatzinfo mit Fotos
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik
Technik
Schlagworte 2023 • altes Haus • Antike Möbel • Auszeit • Die Gutshausretter • eBooks • eigenes Café • Gärten gestalten • Gutshaus • Gutshaus Volzrade • Heimat • heimat finden • Herrenhaus • Idylle • Innenarchitektur • Landgut • Landleben • Landlust • Laufenten • Lebensgeschichte • Lebenssinn • Lebenstraum • Lebensweg • Lübtheen • Manufactum • Mecklenburg-Vorpommern • Mit Mut, Mörtel und ohne Millionen • Natur • Neuanfang • Neubeginn • Neuerscheinung • Neues Zuhause • nordmagazin • Nostalgie • Ratgeber • Renovieren • romantisch einrichten • Schloss • Schöner Wohnen • Sehnsuchtsort • Selbstfindung • Selbstverwirklichung • Tradition • Traumhaus • Upcycling • Urlaub • Vintage
ISBN-10 3-641-30386-9 / 3641303869
ISBN-13 978-3-641-30386-0 / 9783641303860
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