Sie führen ein öffentliches Leben, doch wissen wir so wenig über sie - Spatzen. Dabei reichen die Anfänge der Mensch-Spatz-Beziehung in biblische Zeiten zurück - und lassen sich sogar im Genom der Spatzen nachweisen: Als der Mensch begann, Getreide anzubauen, entwickelte sich der Spatz zum Getreidefresser und war seither aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken - bis vor Kurzem. Denn leider ist der zweithäufigste Vogel in Deutschland - einst so präsent, dass er in zahlreiche 'geflügelte Worte' Eingang gefunden hat - stark bedroht.
Die Naturexperten Eva Goris und Claus-Peter Hutter laden ein zu einer Entdeckungsreise in die geheime Welt eines vermeintlich Altbekannten. Das Autorenteam liefert spannende Kulturgeschichte und unterhält mit viel Wissenswertem zum faszinierenden Leben der Spatzen, bei denen es heißt: 'Einer für alle, alle für einen.' Dabei erfahren wir, was wir alle tun können, um den Spatzen das (Über-)Leben zu erleichtern.
»Eine Liebeserklärung an die Spatzen und ein Appell, unsere kostbare Artenvielfalt zu schützen.«
Prinzessin Auguste von Bayern, Ornithologin
»So stelle ich mir Naturvermittlung vor. Lebendig, spannend, neugierig machend. Ein Buch, das mit Geschichten fesselt und unterhält.«
Volker Angres, ehem. Leiter der ZDF Umweltredaktion
»Höchst vergnüglich zu lesen. Als begeisterte Ornithologin konnte ich auf unterhaltsame Weise auch für mich neue Facetten aus der Vogelwelt entdecken.«
Eva-Maria Riedel, Biologin
»Viele reden über Nachhaltigkeit und Naturbewahrung, wissen aber immer weniger über Tiere und Pflanzen in der eigenen Umgebung. Eva Goris und CP Hutter gelingt es mit diesem Buch neugierig zu machen und ohne erhobenen Zeigefinger die Liebe zur Kreatur zu wecken.«
Prof. Dr. Johann Schreiner, Geschäftsführer des Deutschen Rates für Landschaftspflege (Schneverdingen)
Eva Goris war nach dem Biologiestudium zehn Jahre Redakteurin bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), dann arbeitete sie als Pressesprecherin der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Ab 1990 war sie Ressortleiterin Umwelt/Wissenschaft der BILD am SONNTAG (BamS) und von 2008 bis 2022 Pressesprecherin der Deutschen Wildtier Stiftung. Sie erhielt für ihre aufrührenden Reportagen verschiedene Journalistenpreise und hat mehrere Bücher veröffentlicht. Natur- und Umweltschutz ist auch Menschenschutz, lautet ihr Motto. Eva Goris, die in Hamburg lebt, transportiert Liebe zur Kreatur immer wieder mit Geschichten über das Verhalten und das Schicksal der Wildtiere.
Die idyllische Kleinbauernlandschaft, wie sie bis in die 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts existierte, mit Hühnern, Enten, Gänsen, Futter fürs Vieh und eingelagertem Saatgut, war ein wahres Spatzenparadies. Dort ist immer auch genug zu fressen abgefallen. Leider gehören klein strukturierte Landschaften endgültig der Vergangenheit an. Anfang des letzten Jahrhunderts sah die Welt aus Spatzensicht noch ganz anders aus. Wo heute Autos fahren, wühlten Pferde mit ihren Hufen im Galopp den Boden auf und erleichterten dem Spatzen die Nahrungssuche. Unverdaute Samen in Pferdeäpfeln waren obendrein eine Delikatesse für ihn. Auch in Kuhfladen und Gänsekot konnten Spatzen Snacks finden. Wo das Nutzvieh frisst und verdaut, fällt für Spatzen immer etwas ab. Das Leben auf einem Bauernhof startete früh. Mit den Menschen waren die Spatzen in den Ställen am Start. Beim Ausmisten, Kühemelken, Rübenhacken und Getreideeinfahren waren sie allgegenwärtige Mitesser. Sie sammelten und pickten nicht nur Nahrung, sondern fanden Federn, Heu, Strohhalme und Tierhaare für den Nestbau. Im Hühnerstall, bei den Gänsen, im Schweinestall und bei den Kühen und Pferden gab es reichlich Baumaterial. Nach der Ernte pickten sie die übrig gebliebenen Körner von den Feldern auf. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute sind Höfe moderne Agrarbetriebe. Die intensive Landwirtschaft mit Monokulturen und dem Einsatz effizienter Erntemaschinen, die jedes Körnchen abernten, macht dem Spatzen das Überleben auf dem Land schwer. Stoppelfelder werden meist sofort nach der Ernte umgepflügt. Getreidefelder verwandeln sich innerhalb kürzester Zeit in öde Ackerwüsten.
Doch auch das Überleben in einer Großstadt hat auch seine Tücken. Großstadtspatzen müssen es erst mal schaffen, die ersten drei Monate zu überleben – und das ist gar nicht so einfach. Der Nachwuchs muss ja ständig fressen und ist dabei auch in der Stadt auf Insekten angewiesen. Zahlreiche Studien belegen, dass das Stadtleben nicht wirklich gut für die Gesundheit der Vogelkinder ist. Die Lebenserwartung von Großstadtspatzen wurde von Forschern des National Center for Scientific Research (CNRS – Centre National de la Recherche Scientifique) in Paris genauer untersucht und mit den typischen Dorfbewohnern unter den Spatzen in Frankreich verglichen. Und es hat sich gezeigt: Im 21. Jahrhundert muss man als Großstadtspatz Abstriche machen.
Kaum aus dem Ei geschlüpft, wurden die Pariser Sperlingsküken nach einer Art Body-Mass-Index von den Wissenschaftlern vermessen, gewogen und für zu leicht befunden. Der Großstadtspatz war kleiner und wog weniger als die Vergleichsgruppe der Dorfbewohner. Für die Forscher galt es, viele Fragen zu beantworten: Füttern Vogeleltern in der Stadt zu viel Junkfood? Setzt der Lärm dem Nachwuchs zu? Oder liegt es an der Luftverschmutzung? In der Stadt werden Vogeleltern nicht selten Opfer von Verkehrsunfällen. Kehren die Altvögel nicht zum Nachwuchs zurück, müssen die Küken verhungern.
Unterm Strich pflanzen sich die Stadtspatzen weniger erfolgreich fort und ihre Lebenserwartung ist geringer. Für die Forscher stand schnell fest: Je weniger Grünflächen und je dichter die Besiedlung, in der die Vogeleltern ihr Nest gebaut hatten, desto mickriger saß der Nachwuchs im Nest. Auch die Federdichte der Großstadtküken war lausig. Sie sahen wie gerupft aus. Erst die ausgewachsenen Vögel, welche die mangelhafte Ernährung in der Kükenphase überlebten, hatten wieder ein einigermaßen passables Gefieder. »Wir fanden bei ausgewachsenen Tieren keinen Einfluss der Verstädterung auf die Gefiederqualität«, sagt Frédéric Angelier, Mitautor der Studie und Wissenschaftler des CNRS.
Was ist da los im Spatzennest? Warum trifft es gerade die im Wachstum befindlichen Jungvögel? Eigentlich liegt die Antwort auf der Hand: Während sich ausgewachsene Haussperlinge als Samenfresser auch in der Stadt von allerlei Krümel-Kram ernähren können und sich dann allmählich erholen und entwickeln, braucht der Nachwuchs ja die proteinreichen Insekten oder deren Larven und Puppen, um in der Entwicklung mit den Landeiern vom Dorf mithalten zu können. Das lotterige Federkleid in der Lebensphase der Küken kann auf Hungerstress zurückgeführt werden. Von Fast Food kriegen Vogelkinder einfach Bauchweh. Haussperlinge kommen ja nicht als Samenfresser auf die Welt. Eine Forschergruppe der Ungarischen Akademie der Wissenschaften kam zu ähnlichen Ergebnissen. Fehlen die Grünflächen in der Nähe der Nester, kommt es zur Mangelernährung der Küken.
Mut zur wilden Ecke im Garten
Insektenmangel ist also immer wieder der Grund dafür, dass diese Überlebenskünstler unter den Vögeln, die uns am Imbiss in der U-Bahn-Station, auf Flughäfen und Raststätten begegnen, heute als bedroht betrauert werden müssen.
Ich freue mich, wenn Spatzen zu mir in den Garten kommen. Ganz bewusst habe ich einen Vogelgarten gepflanzt. Gärten, aber auch Parkanlagen und Friedhöfe sind nämlich zu Über-Lebensräumen für Wildtiere geworden. Auch Schmetterlinge, Käfer und kleine Säuger wie Igel und Bilche profitieren von Nahrungsinseln in tristen Agrar- und Betonwüsten. Das Insekten-Buffet ist dort reich gedeckt, wenn es im Garten dichte Büsche aus heimischen Sträuchern wie Heckenrosen, Nutzpflanzen wie Brombeeren und blühendem Lavendel und Margeriten gibt. In einem spatzenfreundlichen Garten wimmelt es von Käfern, Spinnentieren, Ameisen und Schmetterlingslarven. Acker-Witwenblumen, Liguster, Hopfen, Sommerflieder und Hundsrose sowie das immergrüne Geißblatt bieten neben Futter und Schutz für Insekten auch Früchte und Samen für Vögel.
Auch mitten in der Stadt kann ein Garten ein Paradies für Vögel und Insekten sein. Die Zauberformel heißt Vielfalt. Nicht nur Spatzen lieben und brauchen viele und unterschiedliche einheimische Sträucher, Büsche und Blütenpflanzen. Andere Singvögel kommen ebenso geflogen, wenn das Nahrungsangebot und die Deckung stimmen. Ein eintönig gestalteter Garten mit akkurat gestutzten Hecken und makellosem Golfplatzrasen ist für die meisten Arten kein Platz zum Leben. Im vogelfreundlichen Garten dagegen finden von A wie Amsel bis Z wie Zilpzalp viele Vögel neben Futter auch Nistgelegenheiten, Verstecke und eine Wasserstelle zum Trinken und Baden. Wer naturnah gärtnert, wird dreifach belohnt: mit einem bunten Garten, mit viel Vogelgesang und weniger schädlichen Insekten.
Damit sich Vögel in den Gärten ansiedeln, brauchen sie also genügend Nahrung. Viele Vogelarten wie etwa der Zaunkönig ernähren sich von Spinnen, Nachtfaltern, Fliegen. Die wiederum leben vorzugsweise auf oder von heimischen Wildpflanzen und sollten keinesfalls mit Pestiziden bekämpft werden. Exotische Gewächse wie Rhododendron oder Essigbaum werden den Bedürfnissen vieler heimischer Insektenarten nicht gerecht. Deshalb sollten diese Pflanzen gegen heimische Pflanzen ausgetauscht werden. Die Verwandlung von sterilem Einheitsgrün in einen Naturgarten kann schrittweise erfolgen. Von heimischen, standortgerechten Pflanzen profitieren Vögel, die Schädlinge wie Schnecken oder Schnaken vertilgen. Wenn sich außerdem auch Wildbienen – zu denen auch die Hummeln gehören – ansiedeln, fördert das die Fruchtbildung vieler Pflanzenarten wie etwa Kirsch-, Pflaumen- und Apfelbäume. Bäume wie Feldahorn oder Mehlbeere und Sträucher wie Haselnuss, Holunder und Weiß- und Kreuzdorn sowie Gräser und Kräuter bieten sowohl den gefiederten Vegetariern als auch den Proteinliebhabern ein vielfältiges Nahrungsangebot an Sämereien, Beeren, Insekten und Kleintieren. Apfel- und Birnbaum sorgen vor allem im Spätsommer für ein reiches Futterangebot für Drosseln und Stare.
Dornige oder stachelige Gewächse wie Wildrosen, Weiß- und Schwarzdorn sowie Berberitze bieten nicht nur Spatzentrupps Schlaf–, Versteck- und Brutmöglichkeiten. Sie schützen vor Katzen und Elstern. Hecken, etwa aus Hainbuchen und Feldahorn, eignen sich auch für kleine Grünflächen, denn sie brauchen weniger Platz als viele andere Gehölze. Wichtig ist aber, Hecken so spät wie möglich, optimalerweise erst ab Ende Juli und noch einmal im Herbst zu schneiden, um Buchfink, Heckenbraunelle oder Grasmücke nicht beim Brüten zu stören.
Selbst triste Mauern können mithilfe von Kletterpflanzen in heimelige Brutplätze verwandelt werden. In wildem Wein, Clematis oder Efeu brüten dann Amsel, Grünfink, Hänfling und mitunter auch Spatzen. Alle bevorzugen beim Singen eine vor Feinden sichere Rundumsicht und sitzen deshalb gern auf Baumkronen oder Dachfirsten. Hausrotschwanz und Grauschnäpper nutzen diese Plateaus auch zum Insektenfang. Bohnenstangen bieten eine gute Alternative, wenn keine höheren Bäume oder Sträucher im Garten stehen. So schafft man ein Plätzchen – nicht nur für Spätzchen.
Schritt für Schritt zum vogelfreundlichen Garten
- Einheimische, standortgerechte Pflanzen gegenüber Exoten bevorzugen (siehe Kasten).
- Vielfalt pflanzen: Verzicht auf pedantisch gepflegten Rasen, stattdessen Schmetterlingswiesen-Samen als bunte Insel oder am Rand des Rasens aussäen.
- Weniger ist mehr: Wildblumenwiesen können nur dann gedeihen, wenn dauerhaft auf eine Düngung und häufiges Mähen der Rasenfläche verzichtet wird. Dünger sollte ebenso wie Pestizide an keiner Stelle zum Einsatz kommen.
- Wildwuchs schützt Schmetterlinge: In einer Ecke oder unter Sträuchern Brennnesseln und Disteln als Futterpflanzen stehen lassen. Die Raupen vieler...
Erscheint lt. Verlag | 9.11.2022 |
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Illustrationen | Bernd Pöppelmann |
Zusatzinfo | s/w-Illus. |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik |
Technik | |
Schlagworte | 2022 • Biologie • eBooks • Geschenk-Buch • Geschenkbücher • Haussperling • heimische Vögel • Kleine Geschenke • Natur & Pflanzen Geschenkbücher • Naturgeschichte • Neuerscheinung • Ornithologie • Passer domesticus • Spatz • Spatz & Mensch • Spiegel Bestseller aktuell • Umwelt & Natur • Vögel • Vogelarten • Vogel-Buch • Zoologie |
ISBN-10 | 3-641-26702-1 / 3641267021 |
ISBN-13 | 978-3-641-26702-5 / 9783641267025 |
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