Sinnzentrierte Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen (eBook)
152 Seiten
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99110-595-4 (ISBN)
Der Autor ist Psychotherapeut und Psychotherapiewissenschaftler. Neben seiner praktischen Tätigkeit als Psychotherapeut, ist er in Forschung und Lehre als Leiter des von ihm begründeten " Forschungsinstituts für sinnzentrierte Kinder und Jugendtherapie", als Lehrbeauftragter verschiendener Institutionen im Gesundheitsbereich sowie als Universitätslehrbeauftragter tätig.
7. Das Säulenmodell
Die zweite Grundlage ist das therapeutische Säulenmodell das die Grundlagen der Therapie, der Therapieziele sowie spezifischen logotherapeutischen Aspekte erläutert: S. 44
(Abbildung 5 zeigt: das Säulenmodell des Autors)
7.1 Die Grundlagen/ Das Fundament
Geborgenheit, Liebe
Wie schon ausgeführt sind diese Begriffe wesentliche Grundlagen für eine gesunde psychische Entwicklung. Sie Stellen den Sockel, das Grundgerüst für eine weitere Entwicklung des Kindes dar. Kinder und Jugendliche sind beim Aufbau ihres Selbstwertgefühles darauf angewiesen, Selbstbestätigung und Anerkennung von anderen Menschen zu erhalten. Vor allem von Menschen, die sie lieben. Dazu brauchen sie mindestens eine stabile emotionale Beziehung, die sie als unterstützend, wertschätzend und anerkennend erleben. Wichtig für die Kinder sind 3 Botschaften:
„Ich werde geliebt, so wie ich bin!“
„Ich kann etwas!“
„Das ist richtig, das ist falsch!"
„Ich werde geliebt, so wie ich bin!“ heißt, das Eltern ihre Zuneigung nicht an Bedingungen knüpfen. „Ich kann etwas!“ heißt, das Kind auch in seinen Stärken und nicht nur an seinen Fehlern zu bewerten. „Das ist richtig, das ist falsch!“ heißt, dass dem Kind klare Spiel-regeln, sinnvolle Grenzen und konsequentes Erziehungsverhalten vermittelt werden.
Ein besonderer Schutzfaktor im Aufbau eines intakten Selbstwertgefühles ist die Erfahrung, auch Fehler und Schwächen haben zu dürfen, und trotzdem als wertvoller Mensch anerkannt zu werden. ( Waibl 2011 )
Ein Mensch, der auf eine solche Entwicklung zurückgreifen kann, wird es leichter haben, sein Leben als sinnvoll zu erfahren, wird leichter aus Lebenskrisen, die häufig auch Sinnkrisen sind, herausfinden als jemand, dem dies versagt blieb, der gleichsam mit dem Rücken zur Wand um sein Lebensrecht kämpft. Kinder, die sich als nur noch fremdbestimmt erfahren, die keine Möglichkeit mehr sehen, ihre Werte, ihre Vorlieben und Stärken (die so gar nichts mit den Leistungsanforderungen in Schule und Elternhaus zu tun haben müssen), zu leben, fallen häufig in eine verweigernde Trotzhaltung, die eigentlich ein Hilferuf ist: “Nimm mich in meinen Bedürfnissen wahr! Laß mich schöpferisch und kreativ meine eigenen Lebensziele suchen und erfahren!” In der Umkehrung könnte man sagen: ein Mensch, der genügend Raum, Wärme und Achtung erfahren hat, wird es nicht nötig haben, unangemessen dafür zu kämpfen:
Er wird als Kind notwendige Grenzen akzeptieren können, ohne sich bedroht zu fühlen.
· Er wird seiner Kindheit in Frieden entwachsen können und sich selbst Freund und Beschützer werden.
· Er wird versuchen, sein Leben selbstbestimmt so zu leben, daß er seine Werte verwirklichen und es vor seinem Gewissen verantworten kann.
· Er wird Freude und persönlichen Sinn in seinem Leben finden, weil er seine Wurzeln, nämlich seine Fähigkeit zu fühlen und schöpferisch über sich hinauszugehen, nicht verloren hat. ( Brigitta Schieder in Existenzanalyse 2/00 )
In der täglichen Praxis mit Kindern und Jugendlichen müssen wir feststellen, dass ein großer Teil unserer Arbeit darin besteht, zunächst einmal die Grundfesten zu reparieren, oder nicht selten überhaupt erst herzustellen.
Eine therapeutische Intervention an den Grundfesten bedeutet zunächst einmal Raum schaffen. Eine Atmosphäre in der den Gefühlen, die das Fehlen dieser Grundfesten verursacht,
Raum gegeben werden kann.
Beginnend mit der Liebe und der Geborgenheit. In der Grafik gelb umrandet, stellt sie den ersten Sockel und gibt uns damit schon einen Hinweis auf ihre Wichtigkeit. Ähnlich den Stufen der Bedürfnispyramide nach Maslow, finden wir das Grundbedürfnis nach Liebe und Geborgenheit auf der ersten Stufe.
Es steht außer Frage, dass Attribute wie geliebt werden oder das Gefühl der Geborgenheit zu den Wurzeln der Menschwerdung gehören. In einer möglichst friedvollen Welt heranzuwachsen, eine möglichst störungsfreie psychische Entwicklung von der Kindheit bis zum Erwachsenen, ist ein Geschenk. Mancher Mensch, der später keinen Halt im Leben findet, dem der „Boden unter den Füßen weggezogen wird“, der „Nicht allein sein kann“ und sich deshalb immer wieder in schwierigen Lebenssituationen befindet, hat in einer entscheidenden Phase seines Lebens von diesen Gefühlen zu wenig bekommen.
Schon in den 1920 er Jahren hat Frankl einige Aufsätze zu diesem Thema verfasst.
Es kommt täglich vor, dass Eltern mit ihren Kindern in die
Praxis kommen, ihr Smartphone einschalten und sich damit dann auch beschäftigen. Die Kinder versuchen noch durch Bilder die sie malen, oder Fragen zur bevorstehenden Therapiestunde etwas Aufmerksamkeit zu bekommen, geben jedoch schnell auf und bleiben dann ruhig sitzen. Oder sie packen selbst ihr Smartphone aus und tauchen in virtuelle Welten ab.
Man kann davon ausgehen, dass dieses Verhalten auch im häuslichen Alltag seine Fortsetzung findet.
Eine Fülle von Situationen sind denkbar in denen dieses Grundbedürfnis nach Liebe und Geborgenheit frustriert wird. Vom Scheidungskrieg bis zum Ausfall von einem oder gar beiden Elternteilen aus unterschiedlichsten Gründen.
Es versteht sich von selbst, dass in diesen Fällen, wo die Familie als sinnstiftendes Element dysfunktional ist, neben dem einzeltherapeutischen Setting, nicht selten umfassende familientherapeutische Maßnahmen erforderlich sind.
7.1.1 Fallbeispiel 1 zur ersten Stufe
Christoph 9 Jahre
Christoph kommt in Begleitung der Mutter zum Erstgespräch in die Praxis. Sofort zieht er seine Jacke aus und legt sie sich auf den Kopf um sich darunter zu verstecken.
Er habe ADHS, nehme Medikamente und sei insgesamt sehr auffällig im Verhalten.
Wirkliche Freunde habe er nicht, es kommen auch keine Kinder zu ihm nachhause. In der Schule sei er weitestgehend
isoliert und auch die Kinder in der Nachbarschaft lassen ihn nur selten mitspielen weil er immer so bestimmend sei, leicht die Geduld verliere und dann aggressiv werde.
Auftrag an den Therapeuten sei es, Christoph zu helfen besser in der Schule integriert zu werden und seine Impulskontrolle zu verbessern.
Er habe noch eine ältere Schwester, die Familie wird als intakt und gut beschrieben.
Erst auf gezieltes nachfragen wird berichtet, dass die Schwester eine schwere Erkrankung hatte und mehrere Operationen erst ihr Überleben ermöglichten.
Über einige Jahre hing ihr Leben mehrfach „ am seidenen Faden“.
Christoph habe da viel Zeit bei den Großeltern verbracht, weil die Betreuung und Sorge um seine Schwester einen großen Teil des Alltags bestimmt habe.
Noch heute sei er zwei bis drei mal in der Woche bei den Großeltern, jetzt auch, weil sein Verhalten manchmal sehr anstrengend sei.
Das junge Leben von Christoph war also sozusagen von Beginn an geprägt von Rücksichtnahme, Angst (auch Übertragungsangst durch die Eltern) und sicher nicht absichtlicher, aber doch notwendiger, Vernachlässigung seiner emotionalen Bedürfnisse.
Schon in der ersten Stunde will er Spielen und räumt dem Therapeuten eine Auswahl an Tieren auf den Boden und sich selbst eine Menge an Militärfahrzeugen ( Panzer, Raketen und Kampfflugzeuge).
Das Angebot in der Sandspielkiste zu spielen lehnt er mit „ viel zu klein“ ab.
Diese stehen sich jetzt gegenüber und müssen kämpfen. Er will aber die Situation unbedingt kontrollieren und auch bestimmen welche Bewegungen der Therapeut mit seinen Tieren machen darf.
Es fällt auf das er nicht zerstören will, sondern vielmehr durch immer neue Figuren auf seiner Seite ( Löwen, Tiger, Bären etc.) auf jeden Fall die Oberhand und Kontrolle behalten will, was als deutliches Zeichen einer starken (Selbst) Unsicherheit imponiert.
Es ist unschwer erkennbar das die erste Stufe hier massiv betroffen ist und es wird sicher ein langer Prozess in Einzel und Familiensettings notwendig werden um Christoph in Nachreifungsprozessen zu einem besseren Verständnis seiner Gefühle und damit auch Verbesserung seiner Impulskontrolle zu verhelfen.
Die Eingangsdiagnose der Hyperkinetischen Störung konnte mit dem DISYPS III bestätigt werden. Daneben zeigten sich, nicht ganz unerwartet erhöhte Werte in den Bereichen F 93.3 (Emotionale Störung mit Geschwisterrivalität) sowie im Bereich F 95 (Ticstörungen).
7.1.2 Fallbeispiel 2 zur ersten Stufe
Kim 14 Jahre
Kim kommt in Begleitung der Mutter zum Erstgespräch. Auf die Frage warum er denn kommt weis er keine Antwort und ist augenscheinlich sehr unsicher und verlegen.
Die Mutter berichtet das sie vor zwei Jahren geschieden wurde und seitdem alleinerziehend sei.
Kims Vater wolle überhaupt keinen Kontakt zu seinem Sohn und habe dies auch...
Erscheint lt. Verlag | 6.11.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Technik |
ISBN-10 | 3-99110-595-0 / 3991105950 |
ISBN-13 | 978-3-99110-595-4 / 9783991105954 |
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