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Jüdischer Almanach Freundschaften Feindschaften (eBook)

Essays

Gisela Dachs (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
248 Seiten
Juedischer Verlag im Suhrkamp Verlag
978-3-633-76709-0 (ISBN)

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Jüdischer Almanach Freundschaften Feindschaften -
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Zwischen den Polen Freundschaft auf der einen Seite und Feindschaft auf der anderen entfaltet sich ein breites Spektrum an Emotionen: von Liebe bis Hass, von Seelenverwandtschaft, inniger Zuneigung über Brieffreundschaft, Ambivalenz bis Abneigung. Und breit ist auch die Annäherung dieses Almanachs an ein so vielfältiges Thema: biblisch, philosophisch, historisch, politisch.

So werden die Beziehungen zwischen Menachem Begin und Anwar as-Sadat sowie Abraham Heschel und Martin Luther King betrachtet oder das Verhältnis zwischen Judentum und Hinduismus. Daneben befassen wir uns mit dem Begriff des »grundlosen Hasses«, den der Talmud in die Gebete eingeführt hat, mit Martin Luthers Antisemitismus, mit Günter Grass ebenso wie mit Marlene Dietrich und ihrem Verhältnis zu Juden und Israel. Und nicht zuletzt soll es um verfeindete israelische Fußballclubs gehen, und ein literarischer Essay befasst sich mit der Suche nach den Spuren von Adolf Eichmann in Buenos Aires.

Mit Beiträgen von Eva Gesine Baur, Konstanty Gebert, Susannah Heschel, Yoram Melzer, Natan Sznaider

Gisela Dachs ist Publizistin, promovierte Sozialwissenschaftlerin und Professorin am Europ&auml;ischen Forum der Hebr&auml;ischen Universit&auml;t Jerusalem. 2016 erschien der von ihr herausgegebene <em>L&auml;nderbericht Israel</em> im Auftrag der Bundeszentrale f&uuml;r politische Bildung. Seit 2001 ist sie die Herausgeberin des J&uuml;dischen Almanachs. Sie lebt in Tel Aviv. Das Leo Baeck Institute (LBI ) ist benannt nach der Symbolfigur der deutschen Judenheit im 20. Jahrhundert und besitzt Zentren in New York, London und Jerusalem sowie eine Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft in Deutschland. Es wurde 1955 in Jerusalem gegründet, um die Geschichte und Kultur des deutschen und zentraleuropäischen Judentums zu erforschen und zu dokumentieren. Seit 1993 gibt das Leo Baeck Institute Jerusalem den Jüdischen Almanach heraus. Dies knüpft an eine alte Tradition an, die durch den Nationalsozialismus gewaltsam abgeschnitten wurde. Erstmals erschien ein <em>Jüdischer Almanach</em> im Jahre 1902.

Zu diesem Almanach


Die Zugehörigkeit zu und der Umgang mit dem Judentum lässt selten gleichgültig. Dieser Almanach beschäftigt sich mit Freundschaften und Feindschaften. Dabei geht es nicht nur um Zuneigung und/oder Hass, sondern oft auch um die in den Zwischenräumen angesiedelten Zwiespältigkeiten. Beleuchtet werden Außenwahrnehmungen und Eigenbetrachtungen. Grenzüberschreitende Verbundenheit steht ebenso im Fokus wie innere Trennlinien. Die Zugänge der Autoren sind biblisch, literarisch, religiös, historisch, politisch, philosophisch und metaphorisch.

Zum Auftakt setzt sich Philipp Lenhard ganz grundsätzlich mit dem Freundschaftsbegriff auseinander, dem in der Bibel eine vergleichsweise geringe Bedeutung zugemessen wird. Die Rede ist vielmehr vom Weggefährten, mit dem man gemeinsam lernt und studiert. Unter dem Einfluss der Debatten über die Frage nach der Definition von Judentum hat sich der Diskurs im Laufe der Zeit aber auch verändert und erweitert. Ob Seelen- oder Gelehrtenfreundschaft, ob mystische Vereinigung, politischer Bundesschluss oder familiäre Vertrautheit, entpuppt sich die Geschichte der Freundschaft beim näheren Hinsehen als ebenso vielfältig wie komplex.

Bleiben wir aber erst einmal noch in der fernen Vergangenheit, was uns zu einer antiken Beschreibung jüdischer Wirklichkeit bringt, die bis heute nicht an Faszination verloren hat: Flavius Josephus' Chronik als wichtigste Quelle zum Verlauf des Jüdischen Kriegs gegen die Römer (66-70 nach unserer Zeitrechnung). In seinem Beitrag beschäftigt sich Fabian Wilhelmi mit der Rezeptionsgeschichte dieses Werks in historischen Romanen und den Freund- und Feindbildern, die darin nachhaltig geprägt wurden.

Um die Verflechtung von Freundschaft und Feindschaft geht es in einem der berühmtesten Literaturskandale des 19. Jahrhunderts, der sogenannten »Heine-Platen-Affäre«. Für Andree Michaelis-König handelt es sich dabei nicht nur um ein besonders prägnantes Beispiel eines sich normalisierenden Antisemitismus deutscher nicht-jüdischer Intellektueller zur Zeit der Restauration, sondern auch um ein mustergültiges Schauspiel der Freundschaft im Angesicht erbitterter Feinde. Tatsächlich gab es im Kampf zwischen Heinrich Heine und August Graf von Platen-Hallermünde dann aber eigentlich nur Verlierer. Für beide, den diskriminierten jüdischen und den verhöhnten homosexuellen Dichter, folgte bald auf den Streit ein lebenslanges Exil.

Die historische Erfahrung von Ausgrenzung führte Juden aber auch oft dazu, anderen Minderheiten zur Seite zu stehen. Während einer der eindrucksvollsten Demonstrationen für die Bürgerrechte in den Vereinigten Staaten marschierten der Rabbiner Abraham Joshua Heschel und Martin Luther King jr. am 21. März 1965 in Alabama Arm in Arm in erster Reihe. Susannah Heschel, die Tochter Abraham Heschels, schreibt darüber, was diese beiden Männer verbunden hat.

Auf die Frage, inwieweit Staatsmänner in der Lage sind, sich auf echte Freundschaften einzulassen, oder was Freundschaft für sie bedeuten mag, gehen die nächsten beiden Beiträge ein. Martin Kramer beschreibt die Annäherung zwischen Israels Ministerpräsident Menachem Begin und Ägyptens Präsident Anwar as-Sadat, bevor sie 1979 das bahnbrechende Friedensabkommen zwischen ihren Ländern unterzeichneten. Drei Jahrzehnte zuvor hatte ein anderes politisches Paar es geschafft, sich über die unüberbrückbaren Gräben zwischen Deutschland und Israel nach der Shoah hinwegzusetzen und die Grundlage für die spätere Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu schaffen. Michael Borchard schreibt über das Verhältnis zwischen Konrad Adenauer und David Ben-Gurion, die sich persönlich nur zweimal begegnet sind, aber ihre gegenseitige Freundschaft explizit betonten.

Fünf Jahre vor dem offiziellen Austausch von Botschaftern war eine deutsche Diva in Israel bejubelt worden, die den Nazis auf ihre Weise die Stirn geboten hatte: Marlene Dietrich war schon 1930 nach Hollywood gegangen, hatte sich an der Seite der Alliierten engagiert und erlag auch nicht den verlockenden Angeboten von Goebbels, in ihre Heimat zurückzukehren. Eva Gesine Baur beschreibt, wie ein schon früh geknüpftes Netz aus oftmals sehr engen Verbindungen zu Juden die Biografie Marlene Dietrichs geprägt hat.

Wie sehr sich nicht nur das Vergangene, sondern auch der gegenwärtige Umgang damit auf diplomatische Beziehungen auswirken kann, zeigt Konstanty Gebert in seinem Essay über das angespannte Verhältnis zwischen Polen und Israel. Um die äußerst wechselhaften Beziehungen zwischen Juden und Muslimen in Frankreich geht es dann im darauffolgenden Beitrag. Ethan Katz legt dar, wie dieses Verhältnis während eines Jahrhunderts immer wieder von politischen wie gesellschaftlichen Entwicklungen beeinflusst und beeinträchtigt wurde.

Im Anschluss daran erzählt der Rabbiner Alon Goshen-Gottstein von seiner mittlerweile fast vierzig Jahre dauernden Begegnung mit dem Hinduismus, dessen spirituelle Realität ihn – im Unterschied zu anderen Religionen – bis heute anzieht.

Antisemitismus gehört zu den Konstanten in der Geschichte des Alten Kontinents. Spätestens seit der Flüchtlingswelle von 2015 wurde nun auch die Frage nach muslimischem Judenhass breit thematisiert. Natan Sznaider beschreibt, wie beim Antisemitismusvorwurf niemand gerne vor seiner eigenen Tür kehrt, und versucht, diese uralte Feindschaft, die in immer wieder anderen Gewändern daherkommt, zu begreifen.

Als ein Gegenpart zum Antisemitismus gilt der Philosemitismus, der eine grundsätzliche Zuneigung zu Juden beschreibt. Marc Grimm setzt sich mit der Genese dieses Begriffs auseinander und legt dar, wie sich gerade in der deutschsprachigen Forschung ein Verständnis etabliert hat, das diesen letztlich in die Nähe des Antisemitismus rückt, weil auch Philosemitismus mit Stereotypen über Juden operiert. So wurde daraus ein Kampfbegriff. In diesem Zusammenhang ist oftmals die Rede von einer ganz besonderen Gruppierung, die unter dem Namen »Antideutsche« für heftige Kontroversen unter den Linken sorgt. Ralf Balke beschreibt, wie deren Anhänger mit ihrer Liebe zu Israel längst zu einem Stachel im Fleisch des linken Milieus geworden sind. Danach geht es um eine sehr persönliche, grenzüberschreitende Freundschaft zwischen einer aus Wien nach Israel ausgewanderten Tochter von Überlebenden und einem christlichen Deutschen. Es war ein Film über die zweite Generation, der Anita Haviv und Christian Staffa ursprünglich zusammengebracht hat. Im Gespräch erzählen sie davon, was sie verbindet – und zuweilen auch trennt.

Eine ungewöhnliche Begegnungsstätte, die Juden und Arabern in Israel – etwas abseits von aller Öffentlichkeit – seit Jahrzehnten einen Raum für Brüderlichkeit auf Augenhöhe bietet, sind die Freimaurerlogen. In seinem Beitrag beschreibt Danny Kaplan die Beziehungen zwischen den Mitgliedern sowie ihre Vorstellungen von Staatsbürgertum und Nationalgefühl.

Im Gegensatz dazu ist die Welt der israelischen Fernsehserien geprägt von Gegnerschaft und Feindseligkeiten. Allerdings hat sich deren Gestalt mit der Zeit durchaus verändert, so argumentiert Yael Munk. In ihrem Text reflektiert sie über die Evolution des Feindbegriffs, der sich zunehmend an den Opfern orientiert und sich dabei über nationale Kategorien hinwegsetzt.

Mit innerjüdischen Bruchlinien geht es weiter in dem Beitrag von Yair Ettinger. Er rückt die religiösen Zionisten in den Fokus. Während deren Rolle in der politischen Auseinandersetzung um die Siedlungen im Westjordanland weitgehend bekannt ist, wird hier auf die vielen ethischen und rabbinisch-rechtlichen Debatten verwiesen, die das Lager zu zerreißen drohen.

Mit Bezug auf Norbert Elias' bedeutendstes Werk Über den Prozess der Zivilisation erinnert Moshe Zimmermann an die Funktion des Sports in der Neuzeit, der für das Austragen von Rivalitäten steht. Im Zionismus entstand ein sonderbarer Prototyp dieser Zivilisierung – die Schaffung zweier Sportverbände, jeweils unter einer Dachorganisation, die zwei gegenüberstehende Parteien bzw. politische Strömungen repräsentieren: Makkabi versus Hapoel.

Manchmal kann es auch ein und dieselbe Person sein, die vom Freund zum Feind mutiert. So geschehen mit Günter Grass in Israel. Na'ama Sheffi zeigt, wie sich die Wahrnehmung von Günter Grass in Israel vom einst geschätzten Autor zur Persona non grata gewandelt hat....

Erscheint lt. Verlag 26.10.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
Schlagworte Almanach • Essays • Feindschaft • Freundschaft
ISBN-10 3-633-76709-6 / 3633767096
ISBN-13 978-3-633-76709-0 / 9783633767090
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