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Traumpsychologie (eBook)

Wachen - Schlafen - Träumen
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
286 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-560612-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Traumpsychologie -  Robert Bossard
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Neben den wichtigen Ergebnissen einer vergleichenden und differentiellen Psychologie des Traums bietet Robert Bossards ?Traumpsychologie? eine konzentrierte Darlegung der Erkenntnisse über die Psychologie des Schlafs und eine Einführung in die Theorie und Deutung des Traums. Die Forschungsrichtungen auf dem Gebiet der Traumpsychologie werden vorgestellt, daneben gibt es eine Fülle eindrucksvoller Traumbeispiele aus der Literatur. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Robert Bossard, Jahrgang 1920, studierte Psychologie, Geschichte und Germanistik. Er war als Mittelschullehrer und anschließend als Betriebspsychologe und Personalchef in Zürich tätig. Robert Bossard ist Verfasser zahlreicher psychologischer Arbeiten.

Robert Bossard, Jahrgang 1920, studierte Psychologie, Geschichte und Germanistik. Er war als Mittelschullehrer und anschließend als Betriebspsychologe und Personalchef in Zürich tätig. Robert Bossard ist Verfasser zahlreicher psychologischer Arbeiten.

Die Regulation des Schlafes


Grundsätzlich scheint der Schlaf zu jenen triebhaft-instinktiven Verhaltensweisen zu gehören, denen eine autonome Periodizität (v.Economo) zugrunde liegt. Neben dem biologisch bedingten Wechsel von Ruhe und Aktivität scheint beim Wachen und Schlafen insbesondere die Eingliederung in eine circadiane Periodik bedeutsam. Nach W.R. Heß spielt der Tagesrhythmus allerdings eher die Rolle eines bedingten Reflexes; das Schlafbedürfnis ist in die Regeln der Lebensführung eingeordnet. Beobachtungen zeigen, daß der Organismus ein entschiedenes Bedürfnis nach rhythmisch geordnetem, regelmäßigem Schlaf hat. Ein ruhig oder ein in angestrengter Tätigkeit verbrachter Tag zeigen im Schlafbedürfnis nicht die großen Unterschiede, die man erwarten müßte, wenn sich der Schlaf ausschließlich nach dem Grad der psychophysischen Ermüdung richten würde. Auch der Schlaf des verschobenen und des Typus inversus bei Mensch und Tier zeigen die Erscheinung der Periodizität; Wachen und Schlafen sind nicht unbedingt an den Wechsel von Tag und Nacht gebunden, obwohl die Nacht durch weitgehende Reizausschaltung ungemein schlaffördernd wirkt. Der Schlaf der niederen Tiere und der Pflanzenschlaf (s. u.) weist ebenfalls eine ausgesprochene Periodizität auf. Die Einflüsse von Klima und Jahreszeit auf Rhythmus und Verlauf des Schlafes sind beträchtlich.[13]

Die autonome Periodizität schließt nicht aus, daß die reflexartigen Vorgänge, welche die Auslösung und Durchführung des Schlafes besorgen, einer weitgehenden kortikalen Steuerung unterliegen. Indem die Großhirnrinde in der phylogenetischen Entwicklungsreihe einen immer stärker werdenden Einfluß auf die triebhaft-instinktiven Verhaltensweisen gewinnt, z.B. auf die mit Ernährung und Fortpflanzung zusammenhängenden Instinkthandlungen, gestaltet sich das Verhältnis zur Umwelt differenzierter und zweckmäßiger. Im allgemeinen ist die kortikale Einwirkung eine hemmende; sie wird durch Umweltvorgänge hervorgerufen, die eine Verschiebung der Instinkthandlung erforderlich machen. Nichtsdestoweniger können die organischen Bedürfnisse nach kürzerer oder längerer Frist ein solches Übergewicht erlangen, daß die hemmende Wirkung des Kortex einfach überwältigt wird. Anhaltende Schlaflosigkeit zeitigt beim Menschen und bei Tieren mit ausgebildetem ZNS nach einigen Tagen bis Wochen letale Folgen, wobei über die entsprechenden neurologischen Befunde allerdings noch Unklarheit herrscht. Ähnlich wie bei einem elektrischen Akkumulator scheint in den Zellen eine potentielle Energie zur Verfügung zu stehen, die nach einer bestimmten Zeit und Intensität der Beanspruchung erschöpft ist; dem Laden des Akkumulators entspräche die restitutive Wirkung gewisser vegetativer Prozesse während des Schlafes.

Bei seinen an der Katze vorgenommenen Schlafversuchen konnte W.R. Heß die Auseinandersetzung zwischen den schlaffördernden Reizen und den umweltbedingten schlafhemmenden Faktoren beobachten: »Diese Umstimmung kommt vielleicht deshalb nur zögernd zustande, weil exterozeptive Reize und assoziative Vorgänge entgegenwirken. Im Wettstreit zwischen entgegengesetzten Einflüssen sinkt die Erregbarkeitslage nur schrittweise, bis schließlich ein Niveau erreicht ist, bei welchem die störenden Einflüsse an Wirkung immer mehr einbüßen. Schließlich wird im Wechselspiel erregbarkeitssenkender und erregbarkeitssteigernder Faktoren der sensorische und motorische Kontakt zwischen Individuum und Umwelt gelöst und den höchst ganisierten Zentren die Ruhe gewährt, welche die restitutiven Prozesse vonstatten gehen lassen. Tatsache ist, daß man den Wettstreit zwischen der hormonalen Aktionsbereitschaft und der zentral induzierten Stilllegung der Reaktivität oft über Minuten hinaus direkt verfolgen kann, wobei das Verhalten von Lidspalte, Nickhaut, Pupille, Kopf- und Körperhaltung geeignete Anhaltspunkte geben. An den entsprechenden Symptomen kommt in eindrücklicher Weise zu Gesicht, wie der Organismus nach und nach in die Phase gehemmter animaler Funktionen hineinpendelt. Es spielt sich vor unseren Augen jener Wettstreit zweier entgegengesetzter Funktionszustände ab, wo z.B. auch der Mensch mit dem Schlaf ›kämpft‹ und die Interessen um die Aufrechterhaltung geordneter Beziehungen zur Umwelt dem Bedürfnis nach Restitution weichen müssen.«[14]

Dieser Kampf läßt sich in bezug auf die bioelektrischen Vorgänge innerhalb des Kortex am Verhalten des Elektroenzephalogramms in Ermüdungszuständen und beim Einschlafen deutlich verfolgen. Er findet überdies eine Parallele in dem dann stattfindenden Kampf zwischen Wachbewußtsein und Traumbewußtsein, die auf der Grenze zwischen Wachen und Träumen einige Zeit miteinander um die Vorherrschaft ringen (vgl. Kap. 3).

Der kortikale Einfluß kann sich jedoch nicht nur in einer Schlafretention bemerkbar machen, durch Gewohnheit und Schlafvorstellung wirkt er sich auch schlaffördernd aus. Der Mittagsschlaf oder »Rentnerschlaf«, obwohl biologisch nicht notwendig, kann gewohnheitsmäßig zu einem Schlafbedürfnis werden. Ebenso kann der nach den tieferen Schlafphasen der Nacht in die Morgenstunden ausgedehnte, leichte und unruhige Schlaf als »Luxusschlaf« betrachtet werden. In der Tat zeigen Beobachtungen, insbesondere im Militärdienst, daß der Erwachsene mit wesentlich verkürzter Schlafzeit längere Zeit ohne Störungen auskommen kann.

Wenn der Schlaf als vorwiegend auf nervösem Wege herbeigeführte Umstellung des Organismus aufgefaßt wird, so liegt es nahe, seinen Mechanismus näher zu untersuchen und zunächst die Frage nach der Existenz eines zentralen Substrates abzuklären, dem die Aufgabe einer regulatorischen Steuerung von Wach- und Schlafzustand zukommen würde. Schon E. Trömner hatte darauf hingewiesen, daß weder das Rückenmark als Sitz des Schlafzentrums in Betracht kommen könnte, da pathologische Veränderungen unterhalb des verlängerten Markes den Schlaf nicht zu stören vermögen, noch das Großhirn, wie z.B. Wundt meinte, da der großhirnlose Hund von Golz und Rothmann schlief, obschon kürzer und weniger tief als das normale Tier. Das Schlafzentrum muß infolgedessen im Hirnstamm liegen.[15]

Zur näheren Bestimmung der nervösen Substrate, die an der Steuerung von Wachen und Schlafen beteiligt sind, wurden von W.R. Heß und anderen Forschern systematisch Reiz- und Ausschaltversuche durchgeführt, und zwar namentlich an der Katze. Die Reizversuche ergeben allerdings kein eindeutiges Ergebnis in bezug auf ein »Schlafsteuerungszentrum«. W. Koella, ein früherer enger Mitarbeiter von W.R. Heß, kommt zum Schluß, daß das hypnogene Substrat »zum mindesten große Teile des Hirnstammes, aber auch das präoptische Areal und Teile des limbischen Systems« umfaßt.[16] Wie komplex die Verhältnisse sind, geht auch daraus hervor, daß im medischen Thalamus ein hypnogenes System auf eine niederfrequente Reizung von 37 Hertz anspricht; während ein aktivierendes auf hohe Frequenzen abgestimmt scheint. Von besonderem Interesse ist, daß die Substrate, die zu den zwei verschiedenen Arten des Schlafes (s. u.) in Beziehung stehen, nicht identisch zu sein scheinen.

Die schlafsteuernden Substrate im Zwischenhirn erhalten ihre Bedeutung durch die Beziehungen zu den kortikalen Funktionsschichten, durch die Konnexionen zu den benachbarten dienzephalen Substraten, die mit regulatorischen Aufgaben betraut sind, sowie zur Hypophyse, die als zentraler Regulator des hormonalen Systems wirkt. Im Wechsel von Schlaf- und Wachzustand zeigt sich die Rolle des Zwischenhirns als oberste regulatorische Instanz besonders deutlich: »Es ist der Koordinator einer Funktionsgemeinschaft, deren Glieder einesteils dem animalen, andernteils dem vegetativen System zugehören, und welcher das Gesamtverhalten des Organismus bestimmt.«[17] In bezug auf das Verhältnis der ergotropen und trophotrop-endophylaktischen Funktionsrichtung und die Rolle des exterozeptiven und propriozeptiven Sinnessystems für das Einschlafen und Erwachen ist die Beobachtung nicht uninteressant, daß die optimale Wirkung der Schlafreize in einem Gebiet eintritt, wo die propriozeptiven Faserzüge in den Paleothalamus einmünden, während die exterozeptiven Bahnen nahe Beziehungen zur dynamogenen Zone haben. Vielleicht darf man hierin eine lebensnotwendige Funktionsordnung zwischen umweltorientierter Leistungsbereitschaft und einem antagonistisch wirkenden Schutzsystem sehen.[18]

Da dem Organismus neben den »Drahtverbindungen« auch chemische Übertragungsstoffe zur Verfügung stehen, so ist von vornherein zu erwarten, daß auch das Schlafen und Wachen grundsätzlich durch neurohumorale Regulierungsmechanismen gesteuert wird. Diese Vorgänge sind erst in den letzten Jahren etwas besser erforscht worden, ohne daß man jedoch völlig klar sehen würde. Für den Schlafzustand spielt offenbar das biogene Amin Serotonin eine bedeutende Rolle. Injektionen von Serotonin führen zu einer Synchronisation des EEG und zur Schlafauslösung. Chemisch-pharmakologisch oder chirurgisch induzierte Verminderung des Serotonins, wobei für letzteres die Raphé-Kerne im Hirnstamm Angriffspunkt sind, führt umgekehrt zu Schlaflosigkeit.[19] Das biogene Amin Noradrenalin scheint an der Organisation des Wachseins beteiligt; eine Verminderung des Noradrenalinspiegels führt entsprechend zu einer Reduktion des Wachanteils. Auch Acetylcholin und Atropin als Blockierer für Acetylcholin beeinflussen den Schlafzustand. Wie bei der nervösen Steuerung, läßt sich bei der humoralen...

Erscheint lt. Verlag 15.10.2015
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
Schlagworte Bewußtsein • EEG • Metamorphose • Projektion • Sachbuch • Schlaf • Sexualtrieb • Sinneserregung • Traumbewußtsein • Traumbewußtseinskontinuum • Traumbild • Traumdeutung • Traumpsychologie • Traumserie • Wachbewußtsein
ISBN-10 3-10-560612-2 / 3105606122
ISBN-13 978-3-10-560612-4 / 9783105606124
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