Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Traum (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
130 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-560229-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Traum -  Inge Strauch
Systemvoraussetzungen
14,99 inkl. MwSt
(CHF 14,65)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
FISCHER KOMPAKT. Verlässliches Wissen kompetent, übersichtlich und bündig dargestellt. Träume haben die Menschen seit Urzeiten beschäftigt. Doch die empirisch gesicherte Traumforschung ist eine relativ junge Disziplin. Dieses Werk bietet einen Überblick über die Methoden und Ergebnisse der Erforschungen unseres Traumverhaltens. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Inge Strauch ist emeritierte Professorin für Klinische Psychologie.

Inge Strauch ist emeritierte Professorin für Klinische Psychologie.

Die Methoden der Traumerhebung


Befragungen und Traumtagebücher


In vielen Untersuchungen haben Psychologen Menschen gefragt, wie ihre Träume im Alltag beschaffen sind, beispielsweise ob sie angenehm oder unangenehm, alltäglich oder phantastisch sind. Antworten auf diese Fragen sind nur verallgemeinernde Aussagen über das Träumen, sie können aber dazu beitragen, für bestimmte Personengruppen verschiedene Traumstile zu beschreiben.

Seit einiger Zeit wendet der amerikanische Traumforscher Bill Domhoff eine spezifischere Methode an, um Träume vieler Menschen zu sammeln. Er fordert sie auf, den Traum zu notieren, an den sie sich zuletzt erinnerten. Auswertungen dieser jüngsten Träume in verschiedenen Altersgruppen zeigten, dass sie weitgehend den Normwerten entsprechen, die aufgrund von umfangreicheren Inhaltsanalysen für spontane Träume erstellt wurden.

In Traumtagebüchern werden im Alltag erinnerte Träume über einen längeren Zeitraum festgehalten. Für viele Menschen sind solche Aufzeichnungen wertvoll, weil sie Einblick in die Kreativität ihres Unbewussten und die Verarbeitung ihrer Lebenssituation geben.

Um möglichst detaillierte und konkrete Berichte zu erhalten, wird in der Forschung für die Sammlung spontaner Träume immer eine Anleitung mitgegeben, wie beispielsweise die von Calvin Hall und Robert Van de Castle (s. Abb. 2).

Instruktionen zur Traumerhebung sind deshalb wichtig, weil man bei der Auswertung der Inhalte auf genaue Angaben angewiesen ist. Spontane Traumberichte enthalten häufig keine ausführlichen Bildbeschreibungen, sondern sind mehr handlungsorientiert. Beispielsweise kann eine Aussage: »Ich ging durch einen Park« ein Kürzel sein für: »Es war der Weg mit den Pappeln und dem Ententeich in meiner Heimatstadt, er sah aber anders aus und war sehr viel größer als in Wirklichkeit, und auf den Wiesen sah ich unbekannte spielende Jungen und Mädchen.«

Traumtagebücher werden in der Traumforschung deshalb eingesetzt, weil viele Probanden in vertrauter Umgebung ohne großen Aufwand über längere Zeit hinweg Träume aufzeichnen können. Allerdings stellen diese Träume nur eine bestimmte Auswahl dar, es sind meistens die Träume gegen Morgen hin, die spontan erinnert werden und oft nur dann, wenn sie besonders eindrucksvoll waren. Auch ist mit dieser Methode nicht sichergestellt, ob ein Traum gleich nach dem Aufwachen festgehalten wurde. Wird er erst später notiert, kann die Aufzeichnung weniger detailliert und wirklichkeitsgetreu sein, weil die Erinnerung an den Traum sich schnell verflüchtigt und zudem mit Wachgedanken vermischt.

Abbildung 2: Eine Anleitung zum Aufzeichnen von Träumen.

Der amerikanische Psychologe LaBerge (1991) verwendet die Methode der »Dream lights«, die sich schon den Laborversuchen annähert. Hier tragen Schläfer zu Hause eine Maske, die über einen Infrarotsensor die Augenbewegungen aufnimmt und summiert. Bei einem gewissen Schwellenwert wird ein rotes Blitzen ausgelöst, auf das nach kurzem Zeitabstand ein Wecksignal folgt. Nach dem Aufwachen sprechen die Probanden den erinnerten Traum auf Band. Der Vorteil dieser Methode ist, dass die Traumaufnahme in der häuslichen Umgebung stattfindet, doch besteht ein Nachteil in der unzuverlässigen Kontrolle des Bewusstseinszustands.

Weckungen im Schlaflabor


In einer Nacht im Schlaflabor werden fortlaufend die Hirnströme (EEG), die Augenbewegungen (EOG) und die Muskelspannung am Kinn (EMG) aufgezeichnet, um die Schlafstadien zu bestimmen, die Grundlage für die Weckzeitpunkte sind.

Die EEG-Stadien 1 bis 4 zeigen in ihrem Wellenmuster eine fortschreitende Schlafvertiefung an, wobei man an der Frequenz der Ausschläge den Spannungswechsel über die Zeit und an der Höhe der Ausschläge die Stärke der elektrischen Spannung erkennt. Für die Bestimmung des fünften Schlafstadiums werden neben dem EEG die Augenbewegungen und der Muskeltonus einbezogen. In diesem Stadium ähnelt das EEG mit einem flachen Grundmuster dem Stadium 1, aber es treten Salven ruckartiger schneller Augenbewegungen auf, und die Muskelspannung am Kinn sinkt völlig ab. Da die schnellen Augenbewegungen zur Entdeckung dieses Schlafstadiums geführt haben, wurde es REM-Schlaf genannt, als Abkürzung für »Rapid Eye Movements«. In diesem Stadium kann sich auch der Puls beschleunigen und die Atemfrequenz erhöhen, deshalb wird es auch als aktiver Schlaf bezeichnet in Abgrenzung gegenüber den anderen Schlafstadien, die in ihrem Verlauf gleichförmiger sind und unter dem Begriff Non-REM-Schlaf zusammengefasst werden.

Ein Traumversuch im Schlaflabor, bei dem es darum geht, möglichst viele Träume zu erheben, hat meist folgenden Ablauf: Gewöhnlich werden gute Schläfer ausgewählt, die im Alltag Zugang zu ihren Träumen haben. Die Probanden kommen zu einer Vorbesprechung, um die Räumlichkeiten, die Messverfahren, den Versuchsablauf und das Vorgehen bei einer Weckung kennen zu lernen. Im Gespräch fängt der Versuchsleiter auch Ängste auf, da es immer wieder Probanden gibt, die befürchten, sie würden elektrischen Spannungen ausgesetzt oder sie müssten nachts bewegungslos liegen bleiben, um die Messung zu ermöglichen.

In den Versuchsnächten kommen die Probanden gewöhnlich eine Stunde vor ihrer üblichen Zeit des Zubettgehens ins Labor. Sie werden für die Ableitung der physiologischen Maße vorbereitet. Der Versuchsleiter klebt Elektroden auf mehrere Stellen der Kopfhaut für die Aufzeichnung der Hirnströme, in die Augenwinkel für das EOG, unterhalb des Kinns für das EMG und bündelt die Kabel anschließend zu einem Zopf, der an das Kabel des Aufnahmegeräts angeschlossen wird.

In einem abgeschirmten Nebenraum werden die physiologischen Maße registriert, die der Versuchsleiter beobachtet, um die Weckzeitpunkte zu bestimmen. Weckungen können natürlich in allen Schlafstadien vorgenommen werden, aber will man viele Träume sammeln, ist der REM-Schlaf am aussichtsreichsten, weil hier die Erinnerung am besten gelingt.

Abbildung 3: Ein 30-Sekunden Ausschnitt einer REM-Phase. Die beiden EEG-Ableitungen zeigen rasche unregelmäßige Hirnströme mit niederer Spannung. Die Aufzeichnungen der Augenbewegungen sind gegenläufig geschaltet, konvergierende Ausschläge bedeuten Bewegungen nach links, divergierende nach rechts. Die Muskelspannung am Kinn ist völlig abgesunken.

In der Regel wird ein Schläfer in einer Nacht viermal aus zunehmend längerem REM-Schlaf geweckt. Die erste kurze REM-Phase wird nicht unterbrochen, damit er ungestört eine Zeit im Tiefschlaf verbringen kann. Sobald der Versuchsleiter an den Aufzeichnungen den vorher festgelegten Zeitpunkt erkennt, weckt er den Schläfer über eine Gegensprechanlage und fragt: »Was ist dir durch den Kopf gegangen, bevor ich dich geweckt habe?« Hat der Träumer seinen Bericht beendet, stellt er die Frage: »Wie hast du dich im Traum gefühlt?« und bittet ihn, die Intensität der Gefühle auf einer Skala von 1 bis 5 einzustufen.

Am Morgen nach dem Aufstehen wird in einer Nachbefragung geklärt, welche Traumgestalten und Traumumgebungen dem Träumer bekannt sind und welche Traumelemente aus seiner Lebenssituation stammen. Der Versuchsleiter transkribiert später die Bandaufzeichnungen wortgetreu, einschließlich Pausen und nicht sprachlicher Äußerungen, wie Lachen oder Stöhnen. Namen und Ortschaften bezeichnet er nur mit ihrem Anfangsbuchstaben, um die Anonymität in nachfolgenden Auswertungen sicherzustellen.

Abbildung 4: Ein 12-jähriger Junge im Schlaflabor. Auf der Kopfhaut und im Gesicht sind Elektroden befestigt, deren Kabel in eine Verbindungsbuchse eingesteckt sind. Sie lassen ihm genügend Spielraum, um die Körperlage zu wechseln.

Dieses Vorgehen wird natürlich je nach Fragestellung abgewandelt. Wenn Träume aus verschiedenen Schlafstadien verglichen werden sollen, müssen die Weckungen in Bezug auf Stadiendauer und Stellung im Schlafverlauf parallelisiert werden. Wenn spezifische psychophysiologische Zusammenhänge interessieren, können Puls und Atmung zusätzlich registriert werden, beispielsweise um körperliche Signale von Angstträumen herauszufinden.

Abbildung 5: Eine typische Labornacht mit vier Weckungen. Der Schläfer wurde erst ab der zweiten REM-Phase geweckt nach jeweils längeren REM-Phasen. Die Weckungen haben die zyklische Abfolge der Schlafstadien nicht beeinträchtigt, weil er nach dem Traumbericht gleich wieder eingeschlafen ist. Auch zeigt das Schlafprofil in den ersten Stunden ein Überwiegen des Tiefschlafs, das Einsetzen der REM-Phasen in regelmäßigem Abstand von etwa anderthalb Stunden und in der zweiten Schlafhälfte längere REM-Phasen im Wechsel mit Stadium 2.

Auch die Befragung kann erweitert werden, um Traummerkmale zu bestimmen, die oft nicht spontan erwähnt werden, wie etwa die Farben im Traum.

Die Erhebung von Träumen im Schlaflabor hat mehrere Vorteile: Mit der Aufzeichnung der Hirnströme wird der Bewusstseinszustand kontrolliert und die gezielten Weckungen führen zu traumnäheren und repräsentativeren Erinnerungen. Außerdem besteht die Möglichkeit, Erlebnisklassen des Träumens spezifischen physiologischen Merkmalen zuzuordnen.

Allerdings gibt es auch Nachteile: Träume werden nicht in vertrauter Umgebung erinnert,...

Erscheint lt. Verlag 15.5.2015
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
Schlagworte Albtraum • Bizarrheit • Calvin Hall • David Foulkes • EEG • Fischer Kompakt • Gestaltungselement • Klartraum • Pavor • Sachbuch • Schlaf • Schlafforschung • Schlafverlauf • Sigmund Freud • Stimulusverarbeitung • Traumende • Traumerhebung • Traumerinnerung • Trauminhalt • Wachphantasie • Wahrtraum
ISBN-10 3-10-560229-1 / 3105602291
ISBN-13 978-3-10-560229-4 / 9783105602294
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 4,3 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich