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Hitler der Eroberer (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
378 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-560226-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hitler der Eroberer -  Rudolf Olden
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Oldens Abhandlung ist die erste im Ausland erschienene Hitler-Biographie; sie kam 1935 erstmals in Amsterdam heraus. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Rudolf Olden, 1885 in Stettin geboren; Jurist, Journalist und Essayist; seit Mitte der zwanziger Jahre in Berlin; Mitherausgeber und politischer Redakteur des Berliner Tageblatts; Verteidiger im Hochverratsprozeß gegen Carl von Ossietzky. 1933 Emigration nach Prag, 1934 nach Paris, schließlich Großbritannien, kurze Internierung; ertrank 1940 nach einem deutschen Torpedo-Angriff auf sein Schiff während der Überfahrt nach New York, wo er einem Ruf der New School for Social Research folgen wollte.

Rudolf Olden, 1885 in Stettin geboren; Jurist, Journalist und Essayist; seit Mitte der zwanziger Jahre in Berlin; Mitherausgeber und politischer Redakteur des Berliner Tageblatts; Verteidiger im Hochverratsprozeß gegen Carl von Ossietzky. 1933 Emigration nach Prag, 1934 nach Paris, schließlich Großbritannien, kurze Internierung; ertrank 1940 nach einem deutschen Torpedo-Angriff auf sein Schiff während der Überfahrt nach New York, wo er einem Ruf der New School for Social Research folgen wollte.

I.Kapitel: Kindheit


Adolf Hitler ist geboren am 20. April 1889 in Braunau am Inn. Er wuchs in Passau auf, wo Inn und Donau zusammenfließen, später bei und in Lambach und in der Gegend von Linz an der Donau. Braunau, Lambach und Linz liegen in Oberösterreich, Passau unmittelbar an der oberösterreichischen Grenze. Oberösterreich ist ein Teil des Erzherzogtums Österreich und ein Juwel in der römisch-deutschen Krone.

Wälder, Berge und Felder, klare Bäche und starke Flüsse, Schlösser, Klöster, Flecken und Städte, gelehrter Klerus, uralter Adel, stattliches Patriziat, reiches Bauerntum, – kein Land könnte glücklicher mit den Elementen eines harmonischen Gleichgewichts ausgestattet sein. Gotik, Renaissance und die Barocke haben ihren Glanz darüber ausgeschüttet. Wenn Österreich überhaupt ein durch Natur und Kultur reiches Land ist, Oberösterreich ist es doppelt. Es ist melodiös wie die Musik Mozarts, zärtlich und stark, lieblich und kräftig. „Himmlisches Oberösterreich” rief sein großer Dichter Adalbert Stifter, als er, Wien freiwillig verlassend, in die Heimat zurückkehrte.

 

Aber durchaus nicht alle Bewohner Oberösterreichs sind Bekenner des Glücks, das ihre Heimat ihnen gab. Während alles für die Zufriedenheit der Menschen angelegt zu sein scheint, war und ist ein Teil von ihnen höchst unzufrieden mit dem Schicksal, das sie hier geboren werden ließ. Sie wollen keine Oberösterreicher, überhaupt keine Österreicher sein. Die Zwiebeltürme und goldenen Altäre ihrer Kirchen, die reichgeformten Pestsäulen und St. Georgsbrunnen, der majestätische Fluß der Donau zwischen Auen und Hügeln, der Blick auf die Schneegipfel, – alles mißfällt ihnen, was Gott ihnen gab. Weder die katholische Religion, noch die Staatsverfassung, die kaiserliche der Habsburger wie die republikanische, steht ihnen zu Gesicht. Die Süße und Lieblichkeit, die ihrer Umgebung innewohnt, verabscheuen sie ebenso wie die behutsame Ausgeglichenheit der Umgangsformen, die Klerus und kaiserliche Beamtenschaft sorglich gepflegt haben. Sie sehnen sich von der südlichen Fülle weg zur nordischen Kargheit, von der Wärme des österreichischen Wesens zur preußischen Strenge.

Die Sehnsucht von Tollen? Vielleicht. Aber Gefühle sind nicht an der Vernunft zu messen. Und wann hätte nicht Macht und Gewalt, wie abstoßend, so auch anziehend gewirkt.

Die seltsame Hinneigung begann, als 1866 Preußen das kaiserliche Österreich aufs Haupt schlug. Sie setzte sich stürmisch fort, als dasselbe Preußen 1870 und 71 die französischen Heere vor sich her trieb, als vor der Hauptstadt des besiegten Feindes das neue Deutsche Reich proklamiert wurde, während Österreich mißtrauisch bei Seite stand. Damals fanden sich österreichische Menschen zusammen, die sich Deutschnationale nannten und großpreußisch empfanden. Sie fühlten sich gedemütigt, weil sie nicht dabei waren, wo so viel kriegerischer Ruhm erworben wurde. „Als pommerscher Gardegrenadier bei St. Privat gefallen zu sein,” seufzte einer von ihnen, dünke ihm weit seliger, als in Wien zu leben. Daß sie ausgeschlossen waren von der neuen deutschen Einheit, fürchteten sie, erweise ihren minderen Wert. Das Minderwertigkeitsgefühl erfüllte vor allem viele Akademiker. Es griff nicht nach oben und ebensowenig in die Massen der Arbeiter und Bauern. Aber es zersetzte den Mittelstand.

 

Adolf Hitlers Vater war österreichischer Beamter, er kam aus dem Waldviertel, einer rauhen und armen Gegend nördlich von Wien. Ein „offizieller” Stammbaum des Führers, den die nationalsozialistische Presse veröffentlicht hat, nennt seinen Vater einen Bauern. Das ist Schönmalerei, die der Mode und Leidenschaft für „Blut und Boden” dienen soll.

Ein parteitreuer Familienforscher hat einen Müller aus ihm gemacht. Hitler selbst berichtet in seinem berühmten Buch „Mein Kampf”, das zum Teil eine Autobiographie ist, sein Vater sei der Sohn eines armen Kleinhäuslers gewesen.

Er hieß auch nicht Hitler, sondern Alois Schicklgruber oder Schücklgruber. Die Schreibweise ist verschieden. Erst 1876, als Vierzigjähriger änderte er seinen Namen. Alte Leute in Braunau, die sich seiner noch als Schücklgruber erinnern, behaupten, es sei wegen einer Erbschaft geschehen, die von einer Verwandten des Namens Hitler stammte. Aber klar ist die Sache trotz manchen Nachforschungen nicht geworden.

Die Einzigen, die sie klären könnten, sind Adolf Hitler und seine Geschwister. Sie wollen nicht.

Ob der k.k. Zollamtsoffizial Hitler oder Schicklgruber hieß, ist, auch für ihn, gleichgültig. Der eine Name ist so gut wie der andere. Daß Schicklgruber einen sehr spezifisch österreichischen und ländlichen Klang hat, während Hitler eher ein Allerweltsname ist, ohne charakteristische Färbung, das bedeutet für den kleinen Beamten nichts.

Anders allerdings für den mächtigen Politiker und Parteidiktator. Die Tatsache der Namensänderung war bis kurz vor Hitlers Ernennung zum Reichskanzler unbekannt. Zwar pilgerten schon begeisterte Anhänger zu dem Haus in Braunau, in dem er zur Welt kam. Aber noch war niemand auf den Gedanken gekommen, weiter aufwärts in der Ahnenreihe des Führers zu forschen, als ein findiger wiener Journalist das Faktum in einer liberalen Zeitung veröffentlichte.

Die wiener Nationalsozialisten hörten die Komik heraus, die in dem umständlichen bäurischen Wortgebilde liegt und hielten die Mitteilung für eine jüdische Lüge und Verhöhnung ihres Abgotts. Zwei jugendliche Parteigenossen überfielen den Redakteur mit Knüppeln im Café Rebhuhn, in dem er nach Tisch zu sitzen pflegte. Der Zwischenfall hatte keine weiteren Folgen, als daß die Namensänderung nun durch alle Zeitungen ging. Nur die nationalsozialistischen Blätter teilten sie ihren Lesern nicht mit.

 

Die Wirkung der wiener Zeitungssensation läßt die Frage aufwerfen, was aus der politischen Karriere des deutschen Führers geworden wäre, hätte sein Vater nicht den ungewöhnlichen Akt der Namensänderung vorgenommen und hätte nicht Adolf Hitler sondern Adolf Schücklgruber versucht, sich zum Vorkämpfer des deutschen Nationalismus aufzuwerfen. Liegt hier einer der kleinsten Umstände vor, die eine lange bedeutsame Kausalitätsreihe ablenken und das Schicksal eines Volks, des Erdteils, der Welt bestimmen?

Es fällt schwer, an die Gewichtigkeit so kurioser Zufälle zu glauben. Aber ist es nicht grotesk, sich vorzustellen, daß ein Mensch namens Schücklgruber auf den feierlichen Sitzen thronen könnte, die früher einmal von den Hohenzollern und von Bismarck eingenommen wurden? Grotesk gerade dann, wenn er vielleicht mehr eine repräsentative Figur sein sollte, als man gemeinhin annimmt? Aber wer Hitler kennt, kann gewiß sein, daß er selbst zeitig genug einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden hätte. Er trat seine Laufbahn an als „der unbekannte Soldat des Weltkriegs”. Ein Pseudonym hätte nicht schlecht zu der Rolle gepaßt. Anfangs wich er auch den Photographen aus, es gab keine Bilder von ihm. Das geheimnisvolle Dunkel um seine Person wäre um so interessanter gewesen, hätte er einen nom de guerre geführt.

Als Hitler die Diktatur errichtet hatte, spielte sein Name noch einmal eine Rolle. Es stellte sich heraus, daß mehrere jüdische Familien im Osten Europas Hitler heißen. Einige von diesen Hitlers, Hietlers und Hütlers, die keine Gemeinsamkeit mit dem Judenverfolger teilen wollten, kamen bei ihren Behörden um die Genehmigung der Namensänderung ein. Das bot eingefleischten Judenriechern, in diesem Fall jüdischen, nicht antisemitischen, Gelegenheit, die „arische” Abstammung Adolf Hitlers anzuzweifeln und den Nachweis zu versuchen, daß er einer der jüdischen Hitler-Familien entstamme. Aber Niemand, weder von den Faschisten noch Antifaschisten, hat darauf geachtet. Und offenbar mit Recht.

Glühender Judenhaß ist, wie man weiß, kein Charakterzug, der die Zugehörigkeit zum jüdischen Stamm ausschließt. Auch ist es unmöglich, nach dem Äußeren eines Menschen einen Zuschuß jüdischen Bluts zu erkennen. Dagegen läßt es die besondere Artung von Hitlers Intellekt als widersinnig empfinden, daß er, selbst zum kleinsten Teil, jüdischer Abkunft sein sollte. Stammbäume und Ahnenreihen sind nicht geeignet, die Abstammung eines Menschen mit Gewißheit zu bestimmen. Das sicherste Merkmal ist noch immer der Geist, und sein Maßstab ist das Gefühl. Die Öffentlichkeit, und vor allem die jüdische Öffentlichkeit, wollte nichts davon hören, daß der Schriftsteller und Redner Adolf Hitler auch nur ein Viertel -oder Achtel-jude sein könnte.

 

Wir wissen nur wenig von den Eltern des deutschen Diktators. Es ist merkwürdig, wie vage und unbestimmt fast Alles ist, was über die private Sphäre Adolf Hitlers erzählt und gedruckt wird. Vom Namen angefangen steht nichts so recht fest, vieles bleibt dunkel, anderes ist künstlich verfinstert. Seine eigenen Memoiren sind als Geschichtsquelle noch unsicherer, als es politische Kampfschriften im Allgemeinen sind.

Daß er selbst nicht bestrebt war, seine Anfänge in helles Licht zu setzen, kann nicht wundernehmen. Schon früh fühlte er seine Berufung zu Höherem. Er kannte oder empfand die Nützlichkeit der Tradition, daß ein Prophet aus der Niederung der Armut zu kommen hat, aber daß die Niedrigkeit keine häßlichen, abstoßenden Züge tragen darf. Da mußte es das Beste sein, möglichst wenig mitzuteilen. Verschwiegenheit fällt auf bei dem Mann, der sonst in Schrift und Rede die breiteste Ausführlichkeit bevorzugt. Aber sie ist verständlich und ein Zeichen seiner außerordentlichen Begabung....

Erscheint lt. Verlag 15.5.2015
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
Schlagworte Abhandlung • Abrüstung • Adolf Hitler • Agitation • Alois Schicklgruber • Aquarellist • Asyl • Aufstieg • Auseinandersetzung • Aussprache • Bande • Bankrott • Bartholomäusnacht • Bayern • Berlin • Bestie • Bürgerkrieg • Deklassieren • Deutschland • Deutschnationale • Ehrenwort • Ernennung • Exilgefährte • Exzellenz • Federschen • Festung • Festungsgefängnis • Frontbann • Geburt • Geburtsstunde • Geheimrat • Geistige • Generalfeldmarschall • Generalstreik • Geschehene • Gregor Strasser • Hilfesarbeiter • Hindenburg • Hochverrat • Hochverratsprozeß • Homosexualität • Irreguläre • Kampf • Kleeblatt • Konflikt • Korruption • Krise • Legalität • Legalitätseid • Lesebuchstil • Lungenleiden • Masse • Militär • München • Nationalsozialismus • Neunzehnjahrige • Notbann • NSDAP • Obergruppenführer • Otto Strasser • Parteiarmee • Parteitag • Phönix • Plünderung • Propaganda • Putsch • Radierer • Reichsgericht • Reichskanzler • Reichspräsident • reichsregierung • Reichstag • Reichstagsbrand • Reichstagsrede • Reichswehrministerium • Reinhold Hanisch • Revolution • Revolutionsversuch • Sachbuch • Schilderung • schönerer • Sparmaßnahme • Spionage • Staatsmacht • Staatsstreich • Stahlhelm • starke • Straßenschlacht • Unruhen • Unterführer • Unwahrheit • Verbrechen • Vergewaltigung • Vernichtung • Versammlung • Völkische • Volksbegehren • Wahlkampf • Wahlniederlage • Wahlprogramm • Wehe • Wehrbewegung • Wehrpflicht • Weltanschauung • Weltkomplott • Wien • Zersetzungsmaterial
ISBN-10 3-10-560226-7 / 3105602267
ISBN-13 978-3-10-560226-3 / 9783105602263
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