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Parteien (eBook)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
130 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-560228-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Parteien -  Elmar Wiesendahl
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FISCHER KOMPAKT. Verlässliches Wissen kompetent, übersichtlich und bündig dargestellt. Politische Parteien gehören zu den stabilisierenden Elementen demokratischer Ordnung. Das Werk führt ihren Stellenwert, ihre Geschichte, ihre Wandlungen und Zukunftsaussichten vor Augen und konzentriert sich dabei auf die Parteienlandschaft der Bundesrepublik Deutschland. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Elmar Wiesendahl: Professor für Politikwissenschaft, zahlreiche Veröffentlichungen zur Parteienforschung, speziell zur Organisationswirklichkeit und zum Wandel von Parteien

Elmar Wiesendahl: Professor für Politikwissenschaft, zahlreiche Veröffentlichungen zur Parteienforschung, speziell zur Organisationswirklichkeit und zum Wandel von Parteien

Parteien als Organisationsgebilde


Die Mitglieder der Parteien


Parteimitglieder bilden die Basis der Parteien. Ihr Wert als strategische Ressource für die Parteienfinanzierung und für die Mobilisierung von Wählern wurde entdeckt, als sich im späten 19. Jahrhundert politische Außenseiter- und Unterschichtenparteien anschickten, über Wahlen in die politische Arena vorzudringen und sich am Machtkampf um staatliche Machtpositionen zu beteiligen (Nutzen und Nutzenverlust von Parteimitgliedern). Dies wurde durch das Massenwahlrecht und die Etablierung eines massendemokratischen Politikbetriebs begünstigt.

Eingeschriebene und beitragszahlende Parteimitglieder waren zunächst nur mit der Organisationsform der Massenpartei verbunden, die in Ermangelung von Presse- und Kapitalmacht auf die politische Potenz von einem Hunderttausender-Heer an Parteimitgliedern setzte. Später erkannten auch bürgerlich geprägte Honoratioren- und Eliteparteien die Vorteile einer breiten Mitgliederschaft und rekrutierten nach dem Modell der Massenpartei Mitglieder. Heute verfügen weitgehend alle Parteien über ein mehr oder minder breites Mitgliederfundament und haben sich Ortsvereine zugelegt, in denen die Mitglieder organisatorisch erfasst und betreut werden. Die Mitgliedschaft in Parteien wird in Europa – anders als in den USA – durch ein formales Beitrittsverfahren vollzogen und ist beitragspflichtig. Parteimitgliedern sind exklusive Rechte vorbehalten, unmittelbar auf die politische Elitenrekrutierung und die politische Richtungsbestimmung der Politik Einfluss nehmen zu können. Nach den Parteistatuten wählen sie das parteiinterne Führungspersonal aus und bestimmen über die Kandidaten für öffentliche Ämter. Sie können auch selbst eine politische Karriere anstreben. Und sie wirken an der Formulierung von Parteizielen und Parteiprogrammen mit, über die sie auf Parteitagen abstimmen. In den Händen von Parteimitgliedern konzentriert sich ein Einflusspotenzial, welches durch andere Formen politischer Partizipation bei weitem nicht erreicht wird.

Parteien sind politische Tendenzbetriebe, die Mitglieder nicht nur wegen der gebotenen Partizipations- und Karrierechancen, sondern vor allem wegen ihrer ideologischen Ausstrahlung und ihres Programmprofils anziehen. Um die Beweggründe des Beitritts und Engagements in Parteien genauer zu erforschen, ist nach den Beitritts und Verweilmotiven von Parteimitgliedern gefragt worden. Unterscheiden ließen sich materielle, zielbezogene und solidargemeinschaftliche Motive. Bei der Beitrittsentscheidung spielen aber auch expressive und instrumentelle Bindungsmotive (Niedermayer 1989) eine Rolle. Erstere sind auf die Befriedigung affektiv-emotionaler und normativer Bedürfnisse ausgerichtet. Und Letztere sind ein Mittel, um politische Zielvorstellungen verwirklichen zu können oder aber auch um materielle Vorteile zu erzielen. Bei einem Parteibeitritt ist von einer Überlagerung der genannten Motive auszugehen.

Mitgliederentwicklung 1946 bis 2005 (Die Kurven sind lückenhaft, weil Daten zu bestimmten Zeiträumen nicht existieren.)

Diverse Mitgliederbefragungen zeigen an, dass Neumitglieder vor allem aus zwei Beweggründen zu einer Partei gefunden haben: Einerseits aus ideologischer Übereinstimmung und Verbundenheit mit der Partei der eigenen Wahl, und andererseits aus dem Wunsch heraus, etwas durch politische Teilnahme und Teilhabe bewegen und mitgestalten zu können. Die Mitspracheerwartung ist über die Zeit anspruchsvoller geworden. In Parteien kommen vor diesem Motivhintergrund selbstbewusste, gleichgesinnte Mitglieder zusammen, die mithelfen wollen, dass die Parteiziele und Politikvorstellungen öffentlich Anklang finden und sich durchsetzen lassen. Als willige Mitläufer und Wahlkampfhelfer sind heutige Parteimitglieder nur noch begrenzt verwertbar.

Von einer Parteimitgliedschaft machen generell nur wenige Gebrauch. Deutschland liegt mit einem Anteil von weniger als drei Mitgliedern unter 100 Wahlberechtigten im untersten Viertel der europäischen Länder. Nur eine kleine Minderheit von rund 15 Prozent erwachsener Bundesbürger schließt für sich grundsätzlich nicht aus, Parteimitglied werden zu können. Die Beitrittsschwelle überwinden am Ende aber wesentlich weniger.

Schaut man sich die Mitgliederentwicklung der im Bundestag vertretenen Parteien über die Nachkriegszeit hinweg genauer an, hat diese eine zyklische Verlaufsform angenommen.

Zunächst erlebten die Parteien kurz nach dem Krieg einen temporären Eintrittsboom, der bereits nach 1948 rasch erstarb und für sie in massiven Mitgliederverlusten endete. Während der 1950er erlebten die Parteien eine Durststrecke. Erst in den 1960ern kehrten sich die Verhältnisse um, und mit der Wende zu den 1970ern begann eine neue Boomphase. Ausgelöst durch die damaligen Unruhe- und Aufbruchjahre ergoss sich über die Parteien eine enorme Beitrittsflut, die zur Erneuerung und starken Erweiterung ihrer Mitgliederbasis führte. Die Mitgliederflut ebbte indessen bereits in den späten 1970ern ab. Gleichwohl erreichte die Zahl der Parteimitglieder 1983 mit 1,94 Mio. Registrierten einen Höchststand. 4,1 Prozent aller wahlberechtigten Bundesbürger verfügten damals über ein Parteibuch. Danach ging es wieder abwärts. Die Talfahrt wurde mit der Deutschen Einheit durch Mitgliederzuwächse aus den neuen Bundesländern kurzzeitig abgebremst, und die Zahlen stiegen 1991 wieder auf einen Gipfelpunkt von 2,2 Mio. Organisierten. Nach dieser Scheinblüte setzte erneut eine Talfahrt ein, die bis heute weiter anhält. Ende 2005 ist die Gesamtzahl der von den Bundestagsparteien organisierten Mitgliedern auf 1,5 Mio. Personen abgesunken.

Der Mitgliederniedergang hat alle Parteien erfasst, wenngleich sich die Verluste von CSU und Grünen (auf niedrigem Niveau) in Grenzen halten.

Hauptbetroffene sind die Großparteien SPD und CDU, die eine deutliche Substanzauszehrung hinnehmen mussten. In den neuen Bundesländern spielte sich eine Sonderentwicklung ab, bei der zunächst noch die gewendeten Blockparteien bei ihrer Fusion mit den westdeutschen Mutterparteien als Mitgift umfangreiche Mitgliederbestände aus DDR-Zeiten einbrachten. Die Linkspartei/PDS konnte von den 2,3 Mio. SED-Mitgliedern anfangs noch 700000 in die bundesdeutsche Ära hinüberretten. Diese Karteibestände verflüchtigten sich aber rasch durch Austritte, so dass Ostdeutschland bis heute von einer Krise des parteipolitischen Engagements heimgesucht wird.

Der Parteimitgliederschwund in Westdeutschland ist in erster Linie auf ausbleibenden Nachwuchs zurückzuführen. Nach der Neumitgliederschwemme in den 1970ern blieb ab den 1980ern Nachwuchs aus, was sich zunächst im Schrumpfen des Jungmitgliederanteils bei den Parteien bemerkbar machte. Mit der weiter anhaltenden Nachwuchsebbe trat eine schleichende Überalterung der Mitgliederbestände ein. Abgesehen von den Bündnisgrünen und begrenzt der FDP sind die übrigen Parteien dabei, sich zu organisatorischen Plattformen von älteren und ganz alten Menschen zu entwickeln. Infolgedessen laborieren sie an einer Generationenkrise, die sie höchstwahrscheinlich über die nächsten zehn Jahre einen weiteren Substanzverlust von rund 20 Prozent ihrer gegenwärtigen Mitgliederbestände kosten wird. Der Entwicklung voran schreitet die Linkspartei/PDS mit völlig überalterten Mitgliedern.

Mit dem Auf und Ab in der Mitgliederentwicklung hat sich auch die soziale Zusammensetzung der Parteimitglieder verändert. In den ersten Jahren der Nachkriegszeit verfügten die Parteien noch über ein Sozialprofil, mit dem ihre Verankerung in noch intakten gesellschaftlichen Milieuverhältnissen sichtbar wurde. So überwogen bei der CDU und CSU die Katholiken und Selbständigen, bei der SPD dominierten die Industriearbeiter. Mit der Beitrittsschwemme ab den späten 1960ern setzte eine soziale Umschichtung in der Parteimitgliedschaft ein, durch die sich die Großparteien aneinander anglichen. Zwar sind in den Unionsparteien der alte Mittelstand und die Katholiken immer noch überproportional präsent, genauso wie sich in der SPD der Arbeiteranteil als signifikante Größe erhalten konnte. Doch in beiden Parteiformationen haben längst Angehörige der neuen Mittelschichten (Angestellte und Beamte) die tonangebende Vorherrschaft übernommen und dominieren auch die Führungsgruppen.

Mitgliedergesamtentwicklung/Konzentrationsgrad 1968 bis 2005

Einerseits vollziehen Parteien in ihrer sozialen Zusammensetzung Entwicklungen nach, die sich mit dem Aufstieg der neuen Mittelschichten auch in der Gesellschaft abgespielt haben. Andererseits haben sie sich in ihrem Sozialprofil auf eingegrenzte Gruppen verengt, mit denen sie schwerlich den Bevölkerungsquerschnitt widerspiegeln. Die soziale Verzerrung beginnt bei der Berufsstruktur, bei der Angestellte und Beamte aus den nicht produktiven Wirtschaftszweigen und dem öffentlichen Dienst dominieren. Die gesellschaftliche Besserstellung der Parteimitglieder wird auch an ihren höheren Bildungsabschlüssen deutlich. In ihrer sozialen Komposition setzen sich Parteimitglieder überwiegend aus den höheren...

Erscheint lt. Verlag 15.4.2015
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Allgemeines / Lexika
Technik
Schlagworte Berlin • Bundesrepublik Deutschland • CDU • CSU • Deutschland • Die Linke • FDP • Fischer Kompakt • Parteiendemokratie • Parteienfinanzierung • Parteiengesetz • Parteiensystem • Parteitag • PDS • Robert Michel • Sachbuch • SPD • Strukturwandel
ISBN-10 3-10-560228-3 / 3105602283
ISBN-13 978-3-10-560228-7 / 9783105602287
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