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Eine kleine Geschichte der Unendlichkeit (eBook)

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
352 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-04371-8 (ISBN)
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Philosophen und Mathematiker hat das Nachsinnen über das Wesen des Unendlichen buchstäblich den Verstand geraubt - und dennoch ist es ein Konzept, das immer wieder unser Leben bestimmt. In diesem mit Anekdoten und Geschichten gespickten Buch nimmt uns Brian Clegg mit auf eine Reise durch das Grenzland zwischen dem extrem Großen und dem Ultimativen, von Archimedes, der die Zahl der Sandkörner bestimmte, die das Universum füllen würden, bis zu den neuesten Theorien über die physikalische Realität des Unendlichen.

Brian Clegg lehrt Naturwissenschaften an der Universität Cambridge. Er ist Mitglied der Royal Society of Arts, halt regelmäßig Vorträge an anderen hochkarätigen Universitäten und schreibt für verschiedene Magazine. Seine Radio- und TV-Beiträge sind legendär. Er gilt als einer der brillantesten Science-Autoren weltweit.

Brian Clegg lehrt Naturwissenschaften an der Universität Cambridge. Er ist Mitglied der Royal Society of Arts, halt regelmäßig Vorträge an anderen hochkarätigen Universitäten und schreibt für verschiedene Magazine. Seine Radio- und TV-Beiträge sind legendär. Er gilt als einer der brillantesten Science-Autoren weltweit. Monika Niehaus, Diplom in Biologie, Promotion in Neuro- und Sinnesphysiologie, freiberuflich als Autorin (SF, Krimi, Sachbücher), Journalistin und naturwissenschaftliche Übersetzerin (englisch/französisch) tätig. Mag Katzen, kocht und isst gern in geselliger Runde. Trägerin des Martin-Wieland-Übersetzerpreises 2021. Bernd Schuh, geboren 1948  ist Physiker, Dozent, Journalist, Autor und Übersetzer. Er studierte Mathematik, Physik und Chemie in Köln, wurde 1977 promoviert und habilitierte sich 1982 in Physik. Er ist Träger des Georg von Holtzbrinck Preises für Wissenschaftsjournalismus. 

2


An den Fingern abzählen


Als Alexander von Anaxarch hörte, es gebe eine unendliche Zahl von Welten, brach er in Tränen aus. Auf die Frage seiner Freunde, ob ihm ein Unglück widerfahren sei, antwortete er:

«Meint ihr nicht, es sei der Klagen wert, wenn es eine derart große Fülle von ihnen gibt und wir noch nicht einmal eine einzige erobert haben?»

Plutarch, Von der Ruhe des Gemüts und andere philosophische Schriften

 

Eine Folge von Zahlen eine nach der anderen aufzusagen, ist uns seit Kindertagen vertraut. Das einfache, schrittweise Fortschreiten der Ziffern hat sich uns so eingeprägt, dass es überraschend schwierig sein kann, aus der Abfolge auszubrechen. Versuchen Sie einmal, so rasch Sie können, in Französisch (oder einer anderen Sprache, deren Grundlagen Sie beherrschen, die Sie aber nicht besonders flüssig sprechen) laut von 1 bis 10 zu zählen. Nun versuchen Sie’s andersherum – von 10 bis 1 –, ohne dabei langsamer zu werden. Gewöhnlich führt das zum Stolpern; der Rhythmus stockt, während wir nach der nächsten Zahl suchen. Wir verheddern uns in dieser tief eingeschliffenen Progression.

Zahlenfolgen sind Teil unserer Kultur; oft stehen sie im Zentrum von Abzählreimen, wie sie Kinder lieben. Die einfachsten sind simple Gedächtnishilfen, die auf unsere ersten Zählversuche zurückdatieren:

 

One, two, buckle my shoe,

Three, four, knock on the door,

Five, six, pick up sticks,

Seven, eight, lay them straight,

Nine, ten, a big, fat hen,

Eleven, twelve, dig and delve,

Thirteen, fourteen, maids a’courting,

Fifteen, sixteen, maids in the kitchen,

Seventeen, eighteen, maids in waiting,

Nineteen, twenty, my plate’s empty.1*

 

In einigen der späteren Reime spürt man eine gewisse Verzweiflung, aber sie beschwören auch eine faszinierende vergangene Welt voller Mägdelein in Schnallenschuhen herauf. Der repetitive, hypnotische Rhythmus hilft, die Zahlenwerte an die richtige Stelle zu setzen.

Andere Knittelverse eignen sich mehr zum Singen als die skandierte Wiederholung von «One, two, buckle my shoe»; ein typisches Beispiel ist:

 

One, two, three, four, five,

Once I caught a fish alive,

Six, seven, eight, nine, ten,

Then I let it go again.2*

 

Ebenso nützlich zum Zahlenlernen sind Lieder wie Ten Green Bottles (entspricht dem deutschen Kinderlied Zehn kleine Negerlein), bei dem die Zahlen rückwärts laufen, damit Kinder einen flexibleren Umgang mit Zahlen lernen.

Aber Zahlenreime beschränken sich nicht darauf, uns zu helfen, die Grundlagen des Zählens zu erlernen. Komplexere Verse bereichern die Zahlenfolge um Symbolik. Es ist schwer, sich der Magie der Zahlen zu entziehen, die sich in Reimen wie der Elstern-Prophezeiung widerspiegelt. Diese traditionelle Versform, Zuschauern des britischen Kinderfernsehens der 1970er Jahre als Titelsong des Magazins Magpie (Elster) bekannt, verknüpft die Zahl der gesehenen Elstern (oder Krähen) mit einer Vorhersage der Zukunft. Es geht nicht so sehr ums Zählen wie ums Prophezeien.

Die TV-Show verwendete den ersten Teil einer häufigen, gesäuberten Fassung:

 

One for sorrow, two for joy,

Three for a girl and four for a boy,

Five for silver, six for gold,

Seven for a secret, never to be told,

Eight for a wish and nine for a kiss,

Ten for a marriage never to be old.33*

 

Die folgende, frühe Lancashire-Version zeichnet sich jedoch durch einen handfesteren Realismus aus:

 

One for anger, two for mirth,

Three for a wedding and four for a birth,

Five for rich, six for poor,

Seven for a bitch [or witch], eight for a whore,

Nine for a burying, ten for a dance,

Eleven for England, twelve for France.44*

 

Viele Kinder entwickeln eine Faszination für einfache Folgen von natürlichen Zahlen. Sobald Kinder die Regeln verstanden haben, wie man Zahlen benennt, passiert es nicht selten, dass ihre Eltern sie bitten müssen aufzuhören, weil sie übermäßig viel Zeit damit verbringen, weiter und immer weiter zu zählen. Vielleicht wollen sie bis ans Ende kommen, die ‹höchste Zahl› benennen. Aber das ist eine Aufgabe, bei der sich der Wunsch nach Vollständigkeit nie erfüllen wird. Ein Kind kann für den Rest seines Lebens zählen und würde nie ans Ziel kommen. Kinder sind offenbar fasziniert von der Ordnung, dem einfachen Muster einer solchen elementaren, sich Schritt für Schritt entwickelnden Zahlenreihe.

Der Wunsch nach Ordnung gehört zur menschlichen Natur; wir sehen selbst dort Muster, wo keine sind. Wenn wir die Sterne anschauen, stellen wir uns Sternbilder vor – Formen, die diese leuchtenden Punkte zu einer Strichzeichnung verknüpfen, obwohl es in Wirklichkeit keinerlei Verbindung zwischen ihnen gibt. Denken Sie nur an das Sternbild Centaurus am Südhimmel. Deren hellster Stern, Alpha Centauri, ist uns am nächsten, nur vier Lichtjahre entfernt; der zweithellste Stern des Sternbilds, Beta Centauri (oder Agena, auch Hadar), ist 400 Lichtjahre entfernt, fast 100 Mal weiter. Wir verbinden irrigerweise zwei Objekte, die durch einen Abstand von mindestens 3 746 476 800 000 000 Kilometern getrennt sind.

Unsere eigene Sonne liegt viel näher an Alpha Centauri, als es Beta Centauri tut, aber wir würden kaum auf den Gedanken kommen, dass unsere Sonne und Alpha Centauri ein Muster bilden. Alpha und Beta Centauri sind nicht enger verknüpft, als es Houston und Kairo sind, nur weil sie auf annähernd demselben Breitengrad liegen. Unsere Augen und Gehirne, die in den Myriaden blinkender Punkte am Himmel nach einer Struktur suchen, täuschen uns, indem sie uns Muster vorgaukeln.

Wir suchen vor allem deshalb nach Mustern, um uns das Wiedererkennen zu erleichtern. Unser Gehirn zerlegt die komplexen Konturen eines Fressfeinds oder eines menschlichen Gesichts in einfache Muster, die uns erlauben, beide aus verschiedenen Blickwinkeln und Entfernungen zu erkennen. Genauso, wie wir bei den materiellen Objekten rund um uns herum nach Mustern suchen, halten wir nach Mustern in Zahlengruppen Ausschau, und wenige sind einfacher und leichter zu begreifen als die Folge der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6, …

Die Auslassungszeichen am Ende der Folge, diese Gruppe von drei Punkten (…), ist eine Kurzschrift, die über den Bereich der Mathematik hinausreicht, obwohl wir ein wenig darauf achten müssen, wie sie verwendet wird. Normalerweise bedeutet sie lediglich «und so weiter» im Sinne von «mehr desselben», doch für Mathematiker, penibler als wir...

Erscheint lt. Verlag 27.3.2015
Übersetzer Monika Niehaus, Dr. Bernd Schuh
Zusatzinfo Zahlr. s/w Abb.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Astronomie • Forschung • Mathematik • Naturwissenschaften • Weltall • Zahl
ISBN-10 3-644-04371-X / 364404371X
ISBN-13 978-3-644-04371-8 / 9783644043718
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