Die Physik des Bewusstseins (eBook)
544 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-03641-3 (ISBN)
Michio Kaku, geboren 1947, ist einer der Väter der Stringtheorie und zählt zu den berühmtesten Physikern der Welt. Er arbeitet und lehrt als Professor für theoretische Physik an der City University of New York. Wie Albert Einstein und Stephen Hawking ist er auf der Suche nach der einen Theorie von allem zur Erklärung der fundamentalen Kräfte der Natur.
Michio Kaku, geboren 1947, ist einer der Väter der Stringtheorie und zählt zu den berühmtesten Physikern der Welt. Er arbeitet und lehrt als Professor für theoretische Physik an der City University of New York. Wie Albert Einstein und Stephen Hawking ist er auf der Suche nach der einen Theorie von allem zur Erklärung der fundamentalen Kräfte der Natur. Monika Niehaus, Diplom in Biologie, Promotion in Neuro- und Sinnesphysiologie, freiberuflich als Autorin (SF, Krimi, Sachbücher), Journalistin und naturwissenschaftliche Übersetzerin (englisch/französisch) tätig. Mag Katzen, kocht und isst gern in geselliger Runde. Trägerin des Martin-Wieland-Übersetzerpreises 2021.
EINLEITUNG
Die beiden größten Rätsel in der gesamten Natur sind der menschliche Geist und das Universum. Mit unserem riesigen Aufgebot an Technik ist es uns gelungen, Galaxien zu fotografieren, die Milliarden Lichtjahre entfernt sind, die Gene zu manipulieren, die das Leben steuern, und das innere Allerheiligste des Atoms zu erforschen, doch der Geist und das Universum entziehen sich uns noch immer und stacheln unsere Wissbegierde an. Sie sind die geheimnisvollsten und faszinierendsten Grenzgebiete, die die Wissenschaft kennt.
Wenn man sich die Erhabenheit des Universums bewusst machen möchte, braucht man nur zum Nachthimmel aufzuschauen, der von Milliarden Sternen erhellt wird. Seit unsere Vorfahren erstmals voller Staunen die Pracht des Firmaments bewunderten, haben wir über die ewigen Fragen gegrübelt: Woher kommt all das? Was bedeutet all das?
Um das Geheimnis unseres Geistes zu beobachten, müssen wir uns nur vor den Spiegel stellen und uns fragen, was hinter unseren Augen lauert. Das wirft so tief greifende Fragen auf wie: Haben wir eine Seele? Was geschieht mit uns, wenn wir sterben? Wer bin «ich» überhaupt? Und dies bringt uns zu der tiefsten Frage: Wo ist unser Platz in diesem großen kosmischen Plan? Wie der berühmte britische Biologe Thomas Henry Huxley einmal meinte: «Die Frage aller Fragen für die Menschheit, das Problem, das allen übrigen zugrunde liegt und das uns angeht tiefer als irgendein anderes, ist die Bestimmung der Stellung, die der Mensch in der Natur einnimmt, und die seiner Beziehung zur Gesamtheit der Dinge.»
In unserer Galaxie, der Milchstraße, gibt es 100 Milliarden Sterne, das entspricht in etwa der Zahl der Neuronen in unserem Gehirn. Möglicherweise müsste man fast 40 Billionen Kilometer zum ersten Stern außerhalb unseres Sonnensystems reisen, um ein Objekt zu finden, das so komplex ist wie jenes, das auf unseren Schultern sitzt: Der menschliche Geist und das Universum stellen die größten wissenschaftlichen Herausforderungen überhaupt dar, doch zugleich stehen sie in einer eigenartigen Beziehung zueinander.[1] Auf der einen Seite sind sie das genaue Gegenteil voneinander: Bei dem einen geht es um die riesigen Weiten des äußeren Raumes, in denen wir auf so seltsame Phänomene wie Schwarze Löcher, explodierende Sterne und kollidierende Galaxien treffen. Bei dem anderen geht es um den inneren Raum, wo sich unsere intimsten und privatesten Hoffnungen und Wünsche finden. Der Geist ist nicht weiter entfernt als der nächste Gedanke, und dennoch reagieren wir oft hilflos, wenn wir aufgefordert sind, ihn in Worte zu fassen und zu erklären.
Aber auch wenn sie in dieser Hinsicht scheinbar ein Gegensatzpaar bilden, haben sie doch eine gemeinsame Geschichte. Seit undenklichen Zeiten wurden beide in Aberglaube und Zauber gehüllt. Astrologen und Phrenologen behaupteten, aus jeder Konstellation der Tierkreiszeichen und jedem Schädelhöcker die Bedeutung des Universums herauslesen zu können. Im Lauf der Zeit sind Gedankenleser und Seher je nachdem begeistert gefeiert oder verteufelt worden.
Universum und Geist berühren sich auch weiterhin auf vielerlei Weise und dies zu einem nicht geringen Teil dank einiger der wirklich innovativen Ideen, auf die wir häufig in der Science-Fiction treffen. Als ich diese Bücher in meiner Kindheit las, träumte ich davon, ein Mitglied der Slan zu sein, einer Rasse von Telepathen, die A. E. van Vogt ersonnen hatte. Ich staunte darüber, wie ein Mutant namens Maultier in Isaac Asimovs Foundation-Trilogie seine gewaltigen telepathischen Kräfte freisetzen und beinahe die Kontrolle über das Galaktische Imperium an sich reißen kann. Und in dem Film Alarm im Weltall wunderte ich mich, wie eine fortgeschrittene Zivilisation, die uns Millionen Jahre voraus war, diese enormen telekinetischen Kräfte kanalisieren konnte, um die Realität nach ihren Wünschen und Launen umzugestalten.
Als ich etwa zehn Jahre war, trat «The Amazing Dunniger» im Fernsehen auf. Er verblüffte sein Publikum mit spektakulären Zaubertricks. Sein Motto war: «Für diejenigen, die glauben, braucht es keine Erklärung. Für diejenigen, die nicht glauben, reicht keine Erklärung aus.» Eines Tages erklärte er, er werde seine Gedanken an Millionen Menschen im ganzen Land senden. Er schloss seine Augen, begann sich zu konzentrieren und behauptete, er übermittele den Namen eines Präsidenten der Vereinigten Staaten. Anschließend forderte er die Zuschauer auf, den Namen, der ihnen in den Sinn kam, auf eine Postkarte zu schreiben und ihm zu schicken. In der folgenden Woche verkündete er triumphierend, er habe Tausende von Karten mit dem Namen «Roosevelt» erhalten, genau dem Namen, den er ins ganze Land geschickt habe.
Ich war nicht besonders beeindruckt. Damals war der Name Roosevelt noch sehr präsent im Gedächtnis derjenigen, die die große Depression und den Zweiten Weltkrieg erlebt hatten, daher war dies keine Überraschung. (Ich sagte mir im Stillen, dass es wirklich erstaunlich gewesen wäre, wenn er an Präsident Millard Fillmore gedacht hätte.)
Dennoch regte diese Show meine Phantasie an, und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, selbst mit Telepathie zu experimentieren und zu probieren, die Gedanken anderer Menschen zu lesen, indem ich mich so stark wie nur möglich konzentrierte. Also schloss ich meine Augen, konzentrierte mich intensiv und versuchte, die Gedanken anderer zu «belauschen» und Objekte in meinem Zimmer telekinetisch zu bewegen.
Es war ein absoluter Fehlschlag.
Vielleicht gab es irgendwo auf der Erde Telepathen, doch ich gehörte nicht dazu. Während ich so experimentierte, wurde mir allmählich klar, dass die wunderbaren Taten von Telepathen wohl unmöglich waren – zumindest ohne Unterstützung von außen. In den darauf folgenden Jahren lernte ich jedoch nach und nach noch etwas anderes: Um den größten Geheimnissen des Universums auf den Grund zu gehen, brauchte man weder Telepathie noch übermenschliche Kräfte. Man musste nur unvoreingenommen an eine Sache herangehen und zudem neugierig wie auch entschlossen sein. Um zu verstehen, ob die phantastischen Apparate und Maschinen der Science-Fiction realisierbar sind, muss man sich vor allem mit moderner Physik beschäftigen. Um zu verstehen, an welchem Punkt genau das Mögliche zum Unmöglichen wird, muss man die Gesetze der Physik schätzen und verstehen.
Diese beiden Leidenschaften haben all diese Jahre meine Phantasie beflügelt: die Grundgesetze der Physik zu verstehen und sich vorzustellen, wie die Naturwissenschaften unser Leben in Zukunft formen werden. Um dies zu illustrieren und meine Begeisterung für die Erforschung der letztgültigen Gesetze der Physik mit anderen zu teilen, habe ich Bücher wie Im Hyperraum, Einsteins Würfel und Im Paralleluniversum geschrieben. Meine Faszination habe ich in Büchern wie Zukunftsvisionen, Die Physik des Unmöglichen und Die Physik der Zukunft beschrieben. Während des Schreibens und der Recherche für diese Bücher wurde ich ständig daran erinnert, dass der menschliche Geist noch immer eine der größten und geheimnisvollsten Kräfte ist.
Über weite Zeiträume unserer Geschichte hatten wir tatsächlich keinen blassen Schimmer davon, was unter «Geist» zu verstehen ist oder wie er funktioniert. Trotz all ihrer großartigen Leistungen in Kunst und Wissenschaft hielten die alten Ägypter das Gehirn für ein nutzloses Organ und warfen es fort, wenn sie ihre Pharaonen einbalsamierten. Aristoteles war überzeugt, die Seele wohne im Herzen, nicht im Gehirn, dessen einzige Funktion seines Erachtens darin bestand, das Kreislaufsystem zu kühlen. Andere, wie der französische Philosoph René Descartes, nahmen an, die Seele gelange durch die winzige Zirbeldrüse im Gehirn in den Körper. Doch da es an soliden Fakten mangelte, ließ sich keine dieser Theorien beweisen.
Diese «dunklen Zeiten» dauerten Jahrtausende an, und das aus gutem Grund. Das Gehirn wiegt weniger als drei Pfund und ist dennoch das komplexeste Organ im Sonnensystem. Obgleich es nur 2 Prozent der Körpermasse ausmacht, verfügt es über einen gewaltigen Appetit und verbraucht volle 20 Prozent der Energie des Grundumsatzes (bei Neugeborenen verbraucht das Gehirn sogar erstaunliche 65 Prozent); gleichzeitig codieren 80 Prozent unserer Gene für hirneigene Proteine. Unser Gehirn enthält schätzungsweise 100 Milliarden Nervenzellen (Neurone), und zwischen diesen Nervenzellen verläuft eine riesige Anzahl von neuronalen Verbindungen und Bahnen.
Als Carl Sagan 1977 das Buch The Dragons of Eden schrieb, für das er mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde, fasste er darin summarisch zusammen, was damals über das menschliche Gehirn bekannt war. Sein Buch war wunderbar geschrieben und versuchte, den aktuellen Stand der Neurowissenschaften wiederzugeben, der zu jener Zeit hauptsächlich auf drei Pfeilern ruhte. Der erste bestand im Vergleich unseres Gehirns mit den Gehirnen anderer Arten. Das war mühsam und schwierig, weil dazu die Gehirne Tausender Tiere präpariert und seziert werden mussten. Die zweite Methode war ebenso indirekt: Man analysierte das Verhalten von Menschen, die einen Schlaganfall oder eine andere Hirnschädigung erlitten hatten und daher oft bizarre Verhaltensweisen an den Tag legten. Nur eine nach ihrem Tod durchgeführte Autopsie konnte zeigen, welcher Teil ihres Gehirns nicht richtig funktionierte. Und drittens konnten Wissenschaftler Elektroden ins Gehirn einpflanzen und langsam und mühsam herausfinden, welcher Teil des Gehirns welches Verhalten beeinflusste.
Die grundlegenden Methoden der Neurowissenschaften...
Erscheint lt. Verlag | 7.3.2014 |
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Übersetzer | Monika Niehaus |
Zusatzinfo | Mit 12 s/w Abb. |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Naturwissenschaft |
Technik | |
Schlagworte | Bewusstseinserweiterung • Exoskelette • Geist-Maschine-Verbindungen • Hirnforschung • Künstliche Intelligenz • Neurowissenschaften • Zukunftsforschung |
ISBN-10 | 3-644-03641-1 / 3644036411 |
ISBN-13 | 978-3-644-03641-3 / 9783644036413 |
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