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Das Wissensministerium -

Das Wissensministerium

Ein halbes Jahrhundert Forschungs- und Bildungspolitik in Deutschland
Buch | Hardcover
520 Seiten
2006 | 1., Aufl.
Velbrück (Verlag)
978-3-938808-18-4 (ISBN)
CHF 62,95 inkl. MwSt
Dieser Band ist aus Anlass des 50. Geburtstages des Bundesministeriums für Bildung und Forschung konzipiert worden. Im Dialog mit Zeitzeugen aus dem Ministerium oder den Wissenschafts- und Bildungsorganisationen blicken Wissenschaftler in loyal-kritischer Einstellung auf die Arbeit dieser Organisation zurück. Wo es möglich und angemessen ist, richtet sich der Blick auch in die Zukunft.

ÜBERBLICKT MAN DIE FÜNFZIGJÄHRIGE GESCHICHTE des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und dessen Vorläuferorganisationen, bietet sich ein unübersichtliches Bild: Es hieß zunächst ab 1955 Bundesministerium für Atomfragen, erhielt 1957 den Zusatz ›…und Wasserwirtschaft‹, wurde dann in ›Bundesministerium für Atomkernenergie‹ umbenannt, um ab 1962 als ›Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung‹ bezeichnet zu werden. Ab 1969 setzte sich die Neubenennung durch eine Aufspaltung gedoppelt fort: ›Bildung und Wissenschaft‹ auf der einen, ›Forschung und Technologie‹ (mal mit, mal ohne Post- und Fernmeldewesen) auf der anderen Seite, ab 1994 dann wiedervereint als Zukunftsministerium für ›Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie‹ (1994) und dann seit 1998 – semantisch verschlankt – ›Bundesministerium für Bildung und Forschung‹. Dabei ist es bis heute geblieben. Die Veränderungen spielen sich nicht nur auf der Ebene der Bezeichnung ab, sondern verweisen auch auf Entwicklungsprozesse im Zuschnitt des Ressorts und damit verbunden: jeweils mehr oder minder große Änderungen der Identität des Ministeriums, in denen sich nicht nur die Dynamik des Politischen, die Wirkungen der jeweiligen Ministerinnen und Minister, sondern auch wechselnde gesellschaftliche Problemlagen spiegeln.

TROTZ DIESER METAMORPHOSEN werden Kontinuitäten und rote Fäden sichtbar, sobald man nicht so sehr das Ministerium, sondern stattdessen die Organisation in der Interaktion mit ihrer (politischen) Umwelt in den Blick nimmt. Dann wird die Identität eines Akteurs deutlich, der seine Konturen in der Auseinandersetzung mit ihr gewinnt. Diese wird anhand von drei Problemfeldern nachgezeichnet: (1) am wechselnden Ressortzuschnitt und an der interministeriellen Konkurrenz auf Bundesebene, (2) am Föderalismus und den verflochtenen Kompetenzen von Bund und Ländern in den Bereichen Bildung und Forschung und (3) an der Einbettung des Ministeriums in eine zunehmend international geprägte Umwelt.

Was wäre, wenn es das BMBF nicht geben würde und nie gegeben hätte? – Forschungs- oder Wissenschaftsministerien gehören ja keineswegs zur selbstverständlichen Ausstattung der Regierungssysteme moderner Industriestaaten, von Staaten der so genannten ›Dritten Welt‹ ganz abgesehen. Es gibt sie erst seit etwa 1950. Allerdings steigt seitdem die Zahl der Länder, die über Wissenschaftsministerien verfügen, stetig an, sodass 1990 mehr als 70 Nationen ein solches Ministerium hatten. Doch gibt zumindest eine prominente Ausnahme von dieser Entwicklung: die USA. Alternative Formen der Organisation von Forschungs- und Bildungspolitik sind also denkbar und möglich.

EINE UNTERSUCHUNG DER ANLÄSSE, derentwegen die Wissenschaftsministerien gegründet worden sind, ergibt einen überraschenden Befund. Die ersten Gründungen (Neuseeland 1949) lassen sich noch funktional erklären: Eine hinreichend komplexe wissenschaftliche und technologische Infrastruktur lässt eine zentralstaatliche Verwaltung geraten erscheinen. Aber viele der Gründungen in der Folgezeit gehen auf das Nachahmen von Vorbildern, das Verhalten ›relevanter Nachbarstaaten‹, zurück, begünstigt durch die Kommunikation mit internationalen Organisationen wie der OECD oder der UNESCO. Ist das Bildungs- und Forschungsministerium im Fall von Deutschland also entbehrliches Überbleibsel einer Orientierung am Vorbild Anderer? Dagegen spricht, dass das Wachstum des Ministeriums Hand in Hand ging mit dem Wachstum der Forschungsinfrastruktur und sich diese beiden Prozesse offenbar wechselseitig stabilisieren konnten. Das Ministerium hat einen erheblichen Anteil an der Art und Weise, wie sich das deutsche Innovationssystem heute darstellt.

EINE ABSCHLIESSENDE ANTWORT auf die Frage nach den Erträgen von fünfzig Jahren Forschungs- und Bildungspolitik, die möglicherweise auch hätten ausbleiben können, hätte es das Ministerium nicht gegeben, kann dieser Band nicht anbieten. Die Beiträge dieses Bandes geben jedoch Teilantworten, in denen neben der ›Logik‹, nach denen die betreffenden Politikfelder ›funktionieren‹, sowohl Ergebnisse und Erfolge als auch Rückschläge und Misserfolge zur Sprache kommen. Zusammengenommen geben sie eine – wenn auch unmöglich vollständige – Übersicht über das, was ein Bildungs- und Forschungsministerium in der Vergangenheit zu leisten in der Lage war – und was in der Zukunft von ihm erhofft werden kann – aber auch darüber, wozu es eben nicht in der Lage war – mit entsprechenden Schlussfolgerungen, welche Erwartungen wahrscheinlich auch in Zukunft enttäuscht werden.

Niels C. Taubert ist Mitarbeiter am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT) an der Universität Bielefeld und Managing Editor der Zeitschrift Minerva. Peter Weingart geb. 1941; Studium der Soziologie und Ökonomie in Freiburg, Berlin und Princeton. Seit 1973 Professor an der Fakultät für Soziologie an der Universität Bielefeld. 1984/84 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. 1984/85 Visiting Scholar an der Harvard University. 1989 bis 1994 Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Interdisziplinäre Forschung (ZiF). Vorstand am Institut für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT) an der Universität Bielefeld. Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Vorsitzender des Graduiertenkollegs "Genese, Strukturen und Folgen von Wissenschaft und Technik" 1992 – 2009. Direktor des Instituts für Wissenschafts- und Technikforschung (IWT), Universität Bielefeld von 1993 – 2009. Weingart ist Inhaber einer Ehrenprofessur an der TU München im Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften / Wirtschaftswissenschaften.

VorwortPeter Weingart/Niels C. TaubertDas Bundesministerium für Bildung und ForschungTEIL I: TECHNOLOGIEPOLITIKAnalysenJoachim RadkauDer atomare Ursprung der Forschungspolitik des BundesJohannes WeyerDie Raumfahrtpolitik des BundesforschungsministeriumsAlfons Bora Technology Assessment als PolitikberatungSusanne Giesecke/Werner ReutterKonvergenz der Spitzentechnologien - ein neues Innovationsparadigma?Erfahrungen und StandpunkteErnst-Joachim MeuselDie Förderung der Großforschung durch das BMBFReimar LüstZur Forschungspolitik des BMBF im Bereich der RaumfahrtUwe ThomasDrei Jahrzehnte Forschungspolitik zur Modernisierung der VolkswirtschaftTEIL II: WISSENSCHAFTSPOLITIKAnalysen Hariolf Grupp/Barbara BreitschopfInnovationskultur in Deutschland - Qualitäten und Quantitäten im letzten JahrhundertWilhelm Krull/Simon SommerDie deutsche Vereinigung und die Systemevaluation der deutschen WissenschaftsorganisationenHelmuth TrischlerProblemfall - Sorgenkind - Hoffnungsträger: Die politische Wahrnehmung der Vertragsforschung in DeutschlandPeter Weingart Umweltforschung im BMBFErfahrungen und Standpunkte Dieter SimonRollenspiel - Die Wiedervereinigung der WissenschaftGebhard ZillerDer Weg zur gesamtdeutschen ForschungslandschaftAndreas StuckeBrauchen wir ein Forschungsministerium des Bundes?TEIL III: BILDUNGSPOLITIKAnalysenUwe Schimank/Stefan LangeHochschulpolitik in Bund-Länder-KonkurrenzUlrich TeichlerHochschulsystem - Studierende - AbsolventenKlaus KlemmDer Bund als 'Player' im Feld der Schulentwicklung: Entwicklung,Wege und InstrumenteWolf-Dietrich GreinertBerufsbildungspolitik zwischen Bundes- und Länderinteressen - eine historische Studie zur Klärung eines aktuellen KonfliktsMartin BaethgeStaatliche Berufsbildungspolitik in einem korporatistischen System Erfahrungen und StandpunkteKlaus LandfriedFöderalismusdebatte - ein PlädoyerHans R. FriedrichDie Hochschulpolitik des BundesFritz SchaumannBildungs- und Wissenschaftspolitik des Bundes - Unsystematische Erinnerungen

Erscheint lt. Verlag 30.11.2006
Sprache deutsch
Maße 140 x 222 mm
Gewicht 732 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Sozialwissenschaften Soziologie Allgemeine Soziologie
Schlagworte Bildungspolitik • Deutschland; Politik/Zeitgeschichte (Innenpolitik) • Forschungspolitik • Hardcover, Softcover / Sozialwissenschaften allgemein • HC/Sozialwissenschaften allgemein • Technologiepolitik • Wissenschaftspolitik • Wissensgesellschaft
ISBN-10 3-938808-18-7 / 3938808187
ISBN-13 978-3-938808-18-4 / 9783938808184
Zustand Neuware
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