Die einzige Weltmacht (eBook)
296 Seiten
NOMEN Verlag
978-3-939816-98-0 (ISBN)
Zbigniew Brzezi?ski (1928-2017) war ein polnisch-US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Politikberater und neben Henry Kissinger und Samuel P. Huntington der wichtigste US-amerikanische Geostratege nach dem Zweiten Weltkrieg. Er war von 1966 bis 1968 Wahlkampf-Berater Lyndon B. Johnsons und von 1977 bis 1981 Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter. 1988 war er stellvertretender Vorsitzender der National Security Advisory Task Force von Präsident George Bush senior. Außerdem hatte er wichtige Positionen in der Trilateralen Kommission, im Atlantic Council und im Council on Foreign Relations sowie in vielen anderen wichtigen geostrategischen Kommissionen inne. Ihm wurden zahlreiche Auszeichnungen, Preise und Ehrendoktorwürden verliehen. Zuletzt war er Professor für US-amerikanische Außenpolitik an der Johns Hopkins University sowie Berater am Zentrum für Strategische und Internationale Studien (Center for Strategic and International Studies, CSIS) in Washington. Brzezi?ski war Autor vieler renommierter geopolitischer Bücher, darunter Strategic Vision: America and the Crisis of Global Power und Second Chance: Three Presidents and the Crisis of American Superpower.
Zbigniew Brzeziński (1928-2017) war ein polnisch-US-amerikanischer Politikwissenschaftler und Politikberater und neben Henry Kissinger und Samuel P. Huntington der wichtigste US-amerikanische Geostratege nach dem Zweiten Weltkrieg. Er war von 1966 bis 1968 Wahlkampf-Berater Lyndon B. Johnsons und von 1977 bis 1981 Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter. 1988 war er stellvertretender Vorsitzender der National Security Advisory Task Force von Präsident George Bush senior. Außerdem hatte er wichtige Positionen in der Trilateralen Kommission, im Atlantic Council und im Council on Foreign Relations sowie in vielen anderen wichtigen geostrategischen Kommissionen inne. Ihm wurden zahlreiche Auszeichnungen, Preise und Ehrendoktorwürden verliehen. Zuletzt war er Professor für US-amerikanische Außenpolitik an der Johns Hopkins University sowie Berater am Zentrum für Strategische und Internationale Studien (Center for Strategic and International Studies, CSIS) in Washington. Brzeziński war Autor vieler renommierter geopolitischer Bücher, darunter Strategic Vision: America and the Crisis of Global Power und Second Chance: Three Presidents and the Crisis of American Superpower.
VERZEICHNIS DER KARTEN UND TABELLEN
VORWORT
EINLEITUNG
1 EINE HEGEMONIE NEUEN TYPS
- Der kurze Weg zur globalen Vorherrschaft
- Die einzige Weltmacht
- Das globale Ordnungssystem der USA
2 DAS EURASISCHE SCHACHBRETT
-Geopolitik und Geostrategie
- Geostrategische Akteure und geopolitische Dreh- und Angelpunkte
- Ernste Entscheidungen und mögliche Herausforderungen
3 DER DEMOKRATISCHE BRÜCKENKOPF
- Grandeur und Erlösung
- Amerikas zentrales Ziel
- Europas historischer Zeitplan
4 DAS SCHWARZE LOCH
- Russlands neuer geopolitischer Rahmen
- Geostrategische Wunschvorstellungen
- Das Dilemma der einzigen Alternative
5 DER EURASISCHE BALKAN
- Der ethnische Hexenkessel
- Wettstreit mit vielen Beteiligten
- Die USA in Wartestellung
6 DER FERNÖSTLICHE ANKER
- China: regionale, aber keine Weltmacht
- Japan: nicht regional, aber international
- Amerikas Anpassung an die geopolitische Lage
7 SCHLUSSFOLGERUNGEN
- Eine Geostrategie für Eurasien
- Ein transeurasisches Sicherheitssystem
- Jenseits der letzten Supermacht
NACHWORT
- Das strategische Szenario im Wandel
- Ausblick
PERSONEN- UND SACHREGISTER
1
Eine Hegemonie neuen Typs
Hegemonie ist so alt wie die Menschheit. Die gegenwärtige globale Vorherrschaft der USA unterscheidet sich jedoch von allen früheren historischen Beispielen durch ihr plötzliches Zustandekommen, ihr weltweites Ausmaß sowie die Art und Weise, auf die sie ausgeübt wird. Bedingt durch die Dynamik internationaler Prozesse hat sich Amerika im Laufe eines einzigen Jahrhunderts von einem relativ isolierten Land der westlichen Hemisphäre in einen Staat von nie da gewesener Ausdehnung und beispielloser Macht verwandelt.
Der kurze Weg zur globalen Vorherrschaft
Der spanisch-amerikanische Krieg 1898 war der erste Eroberungskrieg, den die USA in Übersee führten. Er hatte einen Vorstoß amerikanischer Macht bis weit über Hawaii und die Philippinen hinaus in den pazifischen Raum zur Folge. Um die Jahrhundertwende entwickelten amerikanische Militärstrategen eifrig Theorien für eine Vorherrschaft auf zwei Weltmeeren, und die amerikanische Kriegsmarine machte sich daran, Britannien seine »die Meere beherrschende« Rolle streitig zu machen. Mit dem Bau des Panamakanals, der eine Vorherrschaft sowohl über den Atlantik als auch den Stillen Ozean erleichterte, bekräftigten die Vereinigten Staaten ihre Ansprüche auf einen Sonderstatus als alleiniger Sicherheitsgarant der westlichen Hemisphäre, den sie bereits Anfang des Jahrhunderts in der Monroe-Doktrin verkündet und in der Folgezeit mit Amerikas angeblich »offenkundigem Schicksal« gerechtfertigt hatten.
Das Fundament für Amerikas zunehmende geopolitische Ambitionen hatte die rasche Industrialisierung der nationalen Wirtschaft gelegt. Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs stellte die wachsende amerikanische Wirtschaftskraft bereits etwa ein Drittel des globalen Bruttosozialprodukts und hatte Großbritannien den Rang als führende Industriemacht abgelaufen. Begünstigt wurde diese beachtliche wirtschaftliche Dynamik durch eine experimentierfreudige und innovatorische Kultur. Amerikas politische Institutionen und seine freie Marktwirtschaft eröffneten ehrgeizigen und himmelstürmenden Erfindern beispiellose Möglichkeiten, da keine archaischen Privilegien und starren gesellschaftlichen Hierarchien sie daran hinderten, ihre persönlichen Träume zu verwirklichen. Kurzum, das kulturelle Klima in den USA war dem wirtschaftlichen Wachstum auf einzigartige Weise förderlich; darüber hinaus zog die nationale Kultur die begabtesten Menschen aus Europa an und ermöglichte dank ihrer integrativen Wirkung die Ausdehnung nationaler Macht.
Der Erste Weltkrieg bot erstmals die Gelegenheit für einen massiven Einsatz amerikanischer Militärmacht in Europa. Ein bis dahin ziemlich isolierter Staat beförderte prompt mehrere starke Truppenkontingente über den Atlantik – eine überseeische Militärexpedition, wie es sie in dieser Größenordnung und in diesem Umfang nie zuvor gegeben hatte – und tat damit kund, dass nun ein neuer Hauptakteur die internationale Bühne betrat. Nicht minder bedeutsam war, dass der Krieg die USA auch zu ihrer ersten größeren diplomatischen Bemühung bewog, bei der Suche nach einer Lösung der internationalen Probleme Europas amerikanische Prinzipien ins Spiel zu bringen. Woodrow Wilsons berühmter 14-Punkte-Plan symbolisierte gewissermaßen die Einschleusung amerikanischen idealistischen Gedankenguts in die europäische Geopolitik. (Eineinhalb Jahrzehnte vorher hatten die USA eine führende Rolle bei der Beilegung eines fernöstlichen Konflikts zwischen Russland und Japan gespielt und auch dadurch ihr zunehmend internationales Gewicht geltend gemacht.) Die Verschmelzung von amerikanischem Idealismus mit amerikanischer Macht kam somit auf internationaler Ebene voll zum Tragen.
Genau genommen war jedoch der Erste Weltkrieg ein überwiegend europäischer Konflikt, kein Weltkrieg. Aber sein selbstzerstörerischer Charakter markierte den Anfang vom Ende der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Dominanz Europas gegenüber dem Rest der Welt. Während des Kriegs vermochte sich keine der europäischen Mächte entscheidend durchzusetzen – erst der Eintritt der aufsteigenden außereuropäischen Macht Amerika in den Konflikt hat den Ausgang des Kriegs nachhaltig beeinflusst. Danach sollte Europa zunehmend seine aktive Rolle einbüßen und zum Objekt der Weltpolitik werden.
Diese kurze Anwandlung globaler Führerschaft hatte allerdings kein ständiges Engagement der USA auf der internationalen Bühne zur Folge. Stattdessen zog sich Amerika schnell in einer selbstgenügsamen Mischung aus Isolationismus und Idealismus zurück. Obwohl Mitte der 1920er- und Anfang der 1930er-Jahre totalitäre Regime auf dem europäischen Kontinent an Boden gewannen, behielt Amerika, das inzwischen über eine schlagkräftige, auf zwei Weltmeeren präsente Flotte verfügte, die der britischen Kriegsmarine eindeutig überlegen war, seine unbeteiligte Haltung bei. Die Amerikaner zogen es vor, das Weltgeschehen aus der Zuschauerperspektive zu verfolgen.
Im Einklang mit dem nationalen Sicherheitskonzept, das auf der Auffassung gründete, Amerika sei eine kontinentale Insel, konzentrierte es sich strategisch auf den Küstenschutz. Aufgrund dieses engen nationalen Zuschnitts zeigte die amerikanische Politik wenig Interesse für internationale oder globale Faktoren. Die entscheidenden Akteure auf dem internationalen Parkett waren nach wie vor die europäischen Mächte und in immer stärkerem Maße Japan.
Das europäische Zeitalter der Weltgeschichte ging während des Zweiten Weltkriegs, der erstmals wirklich ein »Weltkrieg« war, definitiv zu Ende. Auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren gleichzeitig ausgefochten, trat sein globales Ausmaß auf geradezu sinnbildliche Weise zutage, als sich britische und japanische Soldaten Tausende Meilen von ihren Heimatländern entfernt an der Grenze zwischen Indien und Birma heftige Gefechte lieferten. Europa und Asien waren zu einem einzigen Schlachtfeld geworden.
Hätte der Krieg mit einem klaren Sieg des nationalsozialistischen Deutschlands geendet, so wäre möglicherweise eine einzige europäische Macht mit weltweitem Übergewicht daraus hervorgegangen. (Japans Sieg im Stillen Ozean hätte Nippon die beherrschende Rolle im Fernen Osten eingetragen, aber aller Wahrscheinlichkeit nach wäre es trotzdem eine nur regionale Hegemonialmacht geblieben.) Stattdessen wurde Deutschlands Niederlage zum größten Teil durch die beiden außereuropäischen Sieger, die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion, besiegelt. Sie meldeten nun, nachdem Europas Weltmachtstreben gescheitert war, Ansprüche auf die globale Vorherrschaft an.
Die folgenden fünfzig Jahre standen im Zeichen des amerikanisch-sowjetischen Wettstreits um die globale Vormachtstellung. In mancherlei Hinsicht löste der Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion die Lieblingstheorien der Geopolitiker ein: Er stellte die führende Seemacht, die sowohl den Atlantik als auch den Pazifik beherrschte, der führenden Landmacht gegenüber, die auf dem eurasischen Kerngebiet die überragende Rolle spielte (der chinesisch-sowjetische Block umfasste einen Raum, der auffallend an die Ausdehnung des Mongolenreiches erinnerte). Die geopolitische Dimension hätte nicht klarer sein können: Nordamerika versus Eurasien, und auf dem Spiel stand die Welt. Der Sieger würde wirklich den Globus beherrschen.
Jeder der beiden Gegner warb weltweit für seine Ideologie, welche die notwendigen Anstrengungen in seinen Augen historisch rechtfertigte und ihn in seiner Überzeugung vom unvermeidlichen Sieg bestärkte. Die beiden Kontrahenten waren in ihrem Einflussbereich unangefochten – anders als die Anwärter auf globale Vorherrschaft im kaiserlichen Europa, von denen es keiner jemals schaffte, auch nur in Europa die eindeutige Vormachtstellung zu erlangen. Um seinen Einfluss auf die jeweiligen Vasallen und Tributpflichtigen zu festigen, setzten beide Kontrahenten ihre Weltanschauung auf eine Art und Weise ein, die an das Zeitalter der Glaubenskriege gemahnte.
Der globale geopolitische Rahmen verlieh im Verein mit dem Absolutheitsanspruch der miteinander konkurrierenden Dogmen dem Machtkampf eine beispiellose Intensität. Eine wirklich einzigartige Qualität erhielt dieser Wettstreit von einem zusätzlichen Faktor von weltpolitischer Tragweite. Das Aufkommen von Atomwaffen hatte zur Folge, dass ein direkter, herkömmlicher Krieg zwischen den beiden Hauptkontrahenten nicht nur deren gegenseitige Vernichtung bedeutet, sondern auch für einen erheblichen Teil der Menschheit tödliche Konsequenzen gehabt hätte. Die Heftigkeit des Konflikts nötigte daher den beiden Gegnern zugleich eine außerordentliche Selbstbeherrschung ab.
Geopolitisch wurde der Konflikt vor allem an den Rändern des eurasischen Kontinents ausgetragen. Der chinesisch-sowjetische Block hatte den größten Teil der eurasischen Landmasse unter Kontrolle, nicht jedoch ihre Randgebiete. Nordamerika gelang es, sich sowohl an den westlichen Küsten als auch an denen des Fernen Ostens festzusetzen. Die Verteidigung dieser kontinentalen Brückenköpfe (die an der westlichen »Front« durch die Berlin-Blockade und an der östlichen durch den Koreakrieg sinnfällig wurden) war somit der erste strategische Test in dem Ringen, das nachfolgend als Kalter Krieg in die Geschichte einging.
In dessen Endphase tauchte auf der eurasischen Landkarte eine dritte – südliche – Verteidigungs-»Front« auf (siehe...
Erscheint lt. Verlag | 9.9.2024 |
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Übersetzer | Angekika Beck |
Vorwort | Hans-Dietrich Genscher |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Afghanistan • Baltische Staaten • China • Deutschland • EU • Frankreich • George Kennan • Hans-Dietrich Genscher • Harold Mackinder • Helmut Kohl • Henry Kissinger • Hermann Ploppa • Indien • Iran • Islam • Israel • Japan • Jimmy Carter • Kalter Krieg • Kasachstan • Kaukasus • kirgisistan • Maichail Gorbatschow • NATO • Nato-Osterweiterung • Neue Seidenstraße • Polen • Putin • Rom • Russland • Transatlantiker • Türkei • Turkmenistan • Ukraine • USA • Usbekistan • Wolfgang Schäuble • Wolodymyr Selenskyj • Zbigniew Brzeziński |
ISBN-10 | 3-939816-98-1 / 3939816981 |
ISBN-13 | 978-3-939816-98-0 / 9783939816980 |
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