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Black As F***. Die wahre Geschichte der USA (eBook)

US-Wahl 2024 | Kamala Harris oder Donald Trump? | Mit bissigem Humor erklärt der bekannteste Schwarze Kommentator das Schwarze Amerika | Amerika verstehen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
560 Seiten
HarperCollins eBook (Verlag)
978-3-7499-0756-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Black As F***. Die wahre Geschichte der USA - Michael Harriot
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US-WAHL 2024 | New York Times-Bestseller

Ein längst überfälliges Korrektiv der weißgewaschenen Geschichtsschreibung à la Trump

Humorvoll, bissig, tiefgründig, einzigartig


»UND WAS IST AMERIKA?

Ist es ein Stück Land, das übersät ist von den achtlos dahingeworfenen Knochen derjenigen, die der Doktrin der territorialen Expansion im Wege standen, oder eine Verfassung? Ist es eine Ansammlung zusammengedrängter Menschen, die sich danach sehnen, wieder frei atmen zu können, oder bloß ein paar Grenzen auf einer Karte?

Dies sind keine rhetorischen Fragen. Um die Geschichte der Schwarzen in diesem Land zu verstehen, müssen wir uns erst darauf einigen, wie wir ?dieses Land? definieren. Denn wenn das, was wir als ?Schwarze Geschichte? bezeichnen, jenes Puzzle umfasst, das heute als ?die Vereinigten Staaten von Amerika? bekannt ist, kamen die rund zwanzig versklavten Afrikaner, die im Jahr 1619 in Virginia landeten, mehr als ein Jahrhundert zu spät zur Party.«

»Harriot hat's getan. Sein Buch ruft die komplette Bandbreite an Emotionen hervor: Lachen. Wut. Traurigkeit. Liebe (zum Schwarzen Widerstand). Hass (auf Anti-Schwarzen Rassismus). Mehr Lachen. Erkennen von Zusammenhängen, Verstehen und Entdecken.«
Ibram X. Kendi, Amerikas bekanntester Rassismusforscher und Autor von »Gebrandmarkt«


»So hätten wir uns den Geschichtsunterricht in der Schule gewünscht. Auf halber Strecke merkt man, dass es gar kein Buch über die Geschichte der Schwarzen in Amerika ist, sondern darüber, wie verdammt Schwarz die amerikanische Geschichte ist.«
Pharrell Williams, US-Musiker und Kreativdirektor bei Louis Vuitton

EINLEITUNG


Ich weiß noch, wie ich Amerika entdeckte.

Es war gegen 20 Uhr am 4. November 1980 – der Abend, an dem Ronald Reagan zum Präsidenten gewählt wurde. Ich hockte gerade weinend auf den Knien und schickte verzweifelte Stoßgebete an meinen Herrn und Erlöser Jesus, als meine Großmutter nach mir rief. Vielleicht hatte sie den Süßigkeitenvorrat meiner Schwester entdeckt. Oder ich sollte den vertikalen Bildfang am Fernsehstandgerät reparieren. Oder vielleicht – wie einem jeder erzählen kann, der als Kind in einem Schwarzen Haushalt aufgewachsen ist – wollte sie auch einfach nur ein Glas kaltes Wasser. 1 Als sie sah, dass mir die Tränen übers Gesicht liefen, fragte sie, was los sei. Ich gestand die Kardinalsünde unseres Haushalts: Ich hatte eine Unterhaltung der Erwachsenen belauscht.

Ich erklärte ihr, dass ich nicht verstand, wie sie so ruhig bleiben konnte, wo sich doch unsere schlimmsten Befürchtungen bewahrheitet hatten. Mir war klar, dass wir uns auf der Stelle nach Kanada aufmachen mussten, und bat sie, mit mir gemeinsam den Herrn um Beistand und Führung auf dem Weg zu unserer neuen Heimat jenseits der Grenze zu bitten. Unterbrochen von Schluchzern fragte ich sie, ob wir mit der Abfahrt noch bis Tagesanbruch warten würden. Ein Aufbruch am Abend schien mir sicherer, auch wenn die Nachtsicht meiner Mutter ziemlich miserabel war. Großmutters Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie nicht die leiseste Ahnung, wovon ich redete.

Schließlich rückte ich damit raus, dass ich sie vor ein paar Wochen zu meiner Mutter hatte sagen hören: »Wenn Reagan gewählt wird, schickt er die Schwarzen zurück in die Baumwollfelder.«

Mein kindlicher Verstand war in Aufruhr. Ich wusste doch gar nicht, wie man Baumwolle erntet! Würde ich nun meinen Traum aufgeben müssen, als Point Guard für die Los Angeles Lakers zu spielen und nebenher als Tamburinspieler bei Earth, Wind & Fire zu jobben, um ein Diplom im Baumwollpflücken zu machen? Außerdem konnte ich lesen, und was mit Versklavten passiert, die lesen können, weiß man ja! Aber Großmutter sollte sich keine Sorgen um mich machen: Ich hatte schon eine Tasche mit meinen Lieblings-Underoos, Cordhosen und ein paar Sweatshirts gepackt. Der 1979er-Ausgabe der World Book Encyclopedia zufolge konnten kanadische Winter ziemlich hart sein.

Nachdem mir meine Mutter und Großmutter unter schallendem Gelächter erklärt hatten, was Sarkasmus ist, fühlte ich mich erleichtert, wenn auch etwas verlegen. Ich war immer noch nicht ganz sicher, ob sie vielleicht nur meine Sorgen angesichts unserer bevorstehenden Versklavung zerstreuen wollten, nahm ihnen aber ab, dass ich nicht den verschlüsselten Sprachcode der Negro-Spirituals würde lernen müssen. Sicherheitshalber übergab ich ihnen meine selbst gezeichnete Karte mit der meiner Meinung nach besten Fluchtroute. Im Fall der Fälle hieß es eben »Follow the Drinkin’ Gourd«, was natürlich ein Deckname für den Großen Wagen war. Ich bot an, ihnen zu zeigen, wie man den Großen Wagen am Nachthimmel findet, denn man konnte nie wissen, ob die Sklavenfänger nicht unseren kanariengelben Kombi zur Fahndung ausgeschrieben hatten. Auch wenn sie kein Interesse daran hatten, mehr über die Astronomiegrundlagen des Schleusernetzwerks Underground Railroad zu erfahren, hatte meine Großmutter doch eine Frage.

»Mikey, Junge, wo hast du das alles nur gelernt?«, fragte sie.

Jetzt war ich verwirrt. Ich wusste nicht, ob sie beeindruckt oder beunruhigt war. Sie hatte mir immer eingebläut, dass es keine dummen Fragen gibt, doch nun war sie gefährlich nahe daran, ihren Spruch zu widerlegen.

»Was glaubst du denn, wo ich es gelernt habe?«, gab ich zurück. »Im Mittelzimmer.«

***

Im Jahr 1952 bauten James und Marvell Harriot in Hartsville, South Carolina, ein Haus für ihre acht Kinder, gerade mal 35 Kilometer von dem Zwangsarbeitslager entfernt, in dem James S. Bradley 253 Menschen versklavt hielt, darunter auch Marvells Ururgroßvater Ervin. Im Haus der Harriots gab es vier Schlafzimmer, ein Bad, ein Esszimmer und ein Wohnzimmer, das nur betreten werden durfte, wenn man Besuch bekam, eine schriftliche und mündliche Genehmigung eingeholt hatte oder wenn jemand gestorben war, der den Heiligen Geist empfangen hatte. Das beste Zimmer befand sich jedoch im mittleren Teil des Hauses, ein gemütliches Familienzimmer, das irgendwann einfach »Mittelzimmer« genannt wurde. Hier, von der Warte des Mittelzimmers aus, sollten fünf Generationen der Harriot-Familie spielen, beten, lachen, singen, tanzen und sich das Wissen der Welt aneignen. Lange vor meiner Geburt stattete mein Großvater das Zimmer mit massiven Eichenregalen aus, und im Laufe der Jahre, bis zum heutigen Tag, hat ein jedes Mitglied des Harriot-Clans dort seine Bücher deponiert. Eine Sammlung, die es mit nahezu jeder unabhängigen Buchhandlung und manchen Bibliotheken aufnehmen kann, in der sich Bücher zu allen Themen von Science Fiction bis Geschichte stapeln. Auch gab es hier einen Fernseher vom neuesten Stand der Technik, einen Plattenspieler und ein Hi-Fi-8-Spur-Kassettengerät, auf denen vor allem James-Cleveland-Alben, Episoden von Trapper John, M. D. und Wahlergebnisse liefen. Auf dem umbrabraunen Teppich lernte ich Uno, Spades und Acey-Deucey (eine alternative Version von Backgammon). Das Mittelzimmer fungierte außerdem als Bühne für Familientalentshows, als Gerichtsraum und – am allerwichtigsten – als Klassenraum, Arbeitszimmer und Ressourcenzentrum für sämtliche vier Schüler der Dorothy-Harriot-Grundschule für Dorothy Harriots Kinder.

Als ich noch klein war, beschloss meine Mutter, meine Schwestern und mich zu Hause zu unterrichten. Wie sie mir später verriet, war mein Heimunterricht ein Experiment gewesen, basierend auf ihrer Überzeugung, dass »ein Schwarzes Kind seine Menschlichkeit in weißer Präsenz nicht voll entfalten kann«. Obwohl sie uns Mathematik, Grammatik und die Bibel einpaukte, war unser Unterrichtsprogramm, dem Mittelzimmer sei Dank, vorwiegend selbst geleitet. Ich las so ziemlich alles und jedes, was einige unangenehme Zwischenfälle zur Folge hatte, etwa die schrägen Seitenblicke in der Kirche, nachdem ich mit neun Jahren Malcolm X. Die Autobiographie gelesen hatte und auf einmal jeden Satz mit »So Allah will« beendete. Mit zwölf Jahren stieß ich nach meiner Lektüre des Science-Fiction-Romans The Soul of The Robot (Die Seele des Roboters) von Barrington J. Bayley auf W. E. B. Du Bois’ The Souls of Black Folk (Die Seelen der Schwarzen). Das musste doch etwas ganz Ähnliches sein, oder?

Nach kaum einmal zwei Seiten las ich Folgendes:

Nach den Ägyptern und Indern, den Griechen und Römern, den Teutonen und Mongolen ist der Schwarze eine Art siebenter Sohn, geboren mit einem Schleier und einer besonderen Gabe – dem zweiten Gesicht – in diese amerikanische Welt, eine Welt, die ihm kein wahres Selbstbewusstsein zugesteht und in der er sich selbst nur durch die Offenbarung der anderen Welt erkennen kann. Es ist sonderbar, dieses doppelte Bewusstsein, dieses Gefühl, sich selbst immer nur durch die Augen anderer wahrzunehmen, der eigenen Seele den Maßstab einer Welt anzulegen, die nur Spott und Mitleid für einen übrig hat. Stets fühlt man seine Zweiheit, als Amerikaner, als Schwarzer. Zwei Seelen, zwei Gedanken, zwei unversöhnliche Streben, zwei sich bekämpfende Vorstellungen in einem dunklen Körper, den Ausdauer und Stärke allein vor dem Zerreißen bewahren. Die Geschichte des amerikanischen Schwarzen ist die Geschichte dieses Kampfes – die Sehnsucht, ein selbstbewusstes Menschsein zu erlangen und das doppelte Selbst in einem, ohne dabei eines seiner früheren zu verlieren. 2

Dutzende Fragen drängten sich mir auf, als ich dies las. Wo war dieses alternative Universum, in dem Schwarzsein auf einen Nachtrag reduziert wurde? Und mit wessen Augen sah Du Bois sich selbst? Später sollte ich noch The Mis-Education of the Negro entdecken, worin Carter G. Woodson erklärt, im amerikanischen Bildungssystem werde die Existenz Schwarzer Menschen »nur als Problem untersucht oder als von geringer Bedeutung abgetan« 3 . Diesen Gedanken führte Du Bois eloquent aus: »Zwischen mir und der anderen Welt steht eine ewige unausgesprochene Frage: Die einen sprechen sie aus Taktgefühl nicht aus, die anderen aus Mangel an der passenden Formulierung. Und doch schleicht jeder darum herum. […] Wie fühlt es sich an, ein Problem zu sein? […]«

Irgendwann wurde mir klar, dass meine Mittelzimmerbildung die Umkehrung von Woodsons verbildetem Negro war. Meine Mutter hatte einen entgegengesetzten Lehrplan auf die Beine gestellt, der auf den Worten und Werken großer Denkerinnen und Denker wie Dorothy B. Porter, Arturo Schomburg, Zora Neale Hurston und John Edward Bruce basierte, die allesamt, auf die ein oder andere Weise, Manifestierungen von Du Bois’ Vorhaben sind, einen neuen Maßstab anzulegen. Ich bin nur ein uneheliches Kind, geboren mit dem Privileg, in das fertige Haus hineinzuspazieren, das Du Bois gebaut hatte.

Die Geschichte, die ich im Mittelzimmer entdeckte, war nicht nur eine alternative Version der amerikanischen Geschichte, sondern die eines gänzlich anderen Orts, völlig unvereinbar mit jener weißgewaschenen Mythologie, die in unserem kollektiven Gedächtnis verankert ist. Diesen Ort habe ich nie gekannt, denn dies ist ein Amerika, das in Wirklichkeit nicht existiert.

Jene Geschichte von Amerika...

Erscheint lt. Verlag 24.9.2024
Übersetzer Andrea Schmittmann, Sabrina Sandmann
Sprache deutsch
Original-Titel Black AF History
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Allgemeines / Lexika
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Staat / Verwaltung
Schlagworte afroamerikanische • American History • Amerika • Amerikanische Geschichte • Antirassismus • Black History • Black lives matter • Buch • Civil Rights • der • DES • Diskriminierung • Geschichte • Menschenrechte • neue Geschichte der USA • Politik • Polizeigewalt • Rassismus • Rassismusgeschichte • Sachbuch • Schwarze • Sklaverei • Südstaaten • USA • usa-wahl • Vereinigte Staaten • WHITE FRAGILITY • white supremacy
ISBN-10 3-7499-0756-0 / 3749907560
ISBN-13 978-3-7499-0756-4 / 9783749907564
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