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Der Zauber der Zukunft (eBook)

Wie wir die Welt verändern

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
400 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-31561-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Zauber der Zukunft - Matthias Horx
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Auf dem Weg in ein menschliches Morgen
Als Chronist und Wanderer zwischen den Welten von Politik, Business und Publizistik legt Matthias Horx in seinem neuen Buch eine außergewöhnliche Lebens- und Arbeitsbilanz vor: Von der Mondlandung bis in die Jetztzeit, die von Pandemien, Krieg und Polarisierungen geprägt ist, in dem die Welt rückwärts zu laufen und Zukunft undenkbar zu sein scheint.

Auf dieser Reise überprüft Matthias Horx seine Prämissen und fragt sich, welche Kräfte und Dynamiken den Zukunftsprozess steuern. Kehrt das Böse und Schlechte immer wieder? Gibt es überhaupt Fortschritt? Ist die menschliche Zivilisation zum Scheitern verurteilt? Und er prägt einen neuen Humanistischen Futurismus, der sich an die Seite des homo prospectus, des nach vorne schauenden Menschen stellt. Zukunft wird als geistige Dimension interpretiert, die zum Wesen des Menschen gehört. Dieser kann zwar irren und zweifeln, aber gerade daraus entwickeln sich jene erstaunlichen evolutionären Fähigkeiten, die unsere Spezies in die Zukunft bringt. Ein Must-read für alle Zukunftsoptimisten!

Schon als technikbegeisterter Junge in den 1960er Jahren interessierte sich Matthias Horx für die Geheimnisse der Zukunft. Nach einer Laufbahn als Journalist und Publizist entwickelte er sich zum einflussreichsten Trend- und Zukunftsforscher des deutschsprachigen Raums. Er veröffentlichte mehr als 20 Bücher und gründete mehrere Zukunftsforschungs-Unternehmen, jüngst das »Future Project«, ein Netzwerk für Vordenker. Als überzeugter Europäer pendelt er zwischen Irland, Frankfurt und Wien, wo er mit seiner Familie das Future Evolution House bewohnt. Mit seiner Frau Oona und den Kindern Tristan und Julian arbeitet er an der Zukunftsforschung der nächsten Generation.

2

DIE WILDEN JAHRE

Wie wir in den rebellischen Zeiten alles wollten und tatsächlich vieles bekamen (1973–1990)

Ich bin ein Boomer, Okay. Allerdings ein Boomer der speziellen Sorte.

Am Morgen nach meinem achtzehnten Geburtstag zog ich aus der elterlichen Wohnung aus, mitten hinein in das Univiertel der Großstadt. Vier Umzugskartons, die Bücherkisten, die mattschwarze Stereoanlage, meine Kinderzimmermatratze. Alles passte in den VW Käfer eines Freundes, der schon einen Führerschein hatte. Ich zog direkt in eine studentische WG, zwei Männer, zwei Frauen, dazu zwei rheumatische Kater. Vierter Stock in einem unrenovierten Mietshaus, in dessen Treppenhaus es nach Schimmel und Bohnerwachs roch. Die Miete war günstig und aus den Boxen dröhnte der Sound des Großen Aufbruchs.

Es begannen die wilden Jahre. Die wunderbaren Sponti-Jahre.

Die Zukunft war JETZT. Eine ungeheure Energie lag in der Luft. Die Energie von Aufruhr und Musik. Von Rebellion und Veränderung. Von alles wird anders, und zwar sofort!

Rebellische Rituale

Unser wöchentliches Ritual war die Demo. Sie fand so ziemlich jeden Samstagvormittag statt, und es war nicht ganz so wichtig, worum es eigentlich ging – Weltrevolution, Fahrpreiserhöhung, Umweltsauerei, Vietnam oder Aufstand in Nicaragua.

In den ersten Reihen marschierten die »Genossen«, die Traditionslinken, mit ihren sauber auf Spruchbänder gemalten Forderungsparolen. Irgendwas mit WEG MIT oder NIEDER MIT! – Imperialismus. Kapitalismus. Unterdrückung. Repression. Dahinter die Blöcke der verschiedenen marxistischen Gruppen in sauberen Zehnerreihen. Anfang der Siebziger gab es an meiner Universität mindestens zwanzig stramme Kaderorganisationen, kommunistische Sekten wie KPD, KBW, DKP, KPD/ML/, Trotzkisten in vier Varianten, Aufbau-ML, ML/XX …

Wir amüsierten uns etwas über die Kürzel und die strengen Genossen in Lederjacken und Kurzhaarschnitt, die jeden Abend mit abgewetzten Lederaktentaschen in die Marx-Schulung trotteten. Dabei erinnerten sie uns irgendwie an unsere Väter auf dem Weg ins Büro.

Mit einigem Abstand folgten wir. Der Schwarm. Die Langhaarigen. Die Antiautoritären. Die Undogmatischen. Die »Chaoten«, wie uns damals auch die Kommunisten nannten, deren Angebote einer durchkontrollierten Gesellschaft uns eher unattraktiv erschienen.

Wir, das waren die Träumer, Tänzer und Therapiebedürftigen. Die Zauberer und Zauberinnen mit den Trommeln und der »Indianerbemalung«. Meistens hatten wir Kinder dabei, auf der Schulter oder in Bollerwagen mit fröhlichen Blumenklecksen, dazu Clowns mit Ziehharmonika und Einrad. Wir hatten den größten Block, der allerdings immer etwas unordentlich ausfranste in die Nebenstraßen hinein, in die Parks und Cafés.

Wir zogen vorbei an den Spießern auf den Balkonen, mit der Aufforderung herunterzukommen und sich einzureihen. Manchmal brüllten sie etwas. »Geht nach Drüben!« Oder: »Früher hätte man euch ins Arbeitslager gesteckt!« Oder noch Schlimmeres. Etwas mit »KZ« oder »Vergasen«.

Wir waren die Spontis. Ein loser Haufen von Sehnsüchtigen. Eine Art Stamm mit wechselnden Häuptlingen. Eine Szene, wie wir das nannten. Wer bei diesem Wir dabei war und wer nicht, das war nie so ganz klar. Es gab keine Mitgliedsbeiträge, und wer dazugehören wollte, gehörte eben dazu. Was uns verband, war eine Art romantischer Rebellismus. Und eine Art von Notwehr, die wir aber erst in unserem späteren Leben verstehen würden.

Manchmal skandierten wir auf der Demo eine Art ironischen Rap zum Rhythmus der Reggae-Musik, die aus den Boxen unseres Lautsprecherwagens dröhnte:

Nieder mit!

Kampf dem!

Hoch der!

Weg damit!

Vor-wääärts, es leeeebe!«

Bei »Vor-wääärts, es leeeebe!« streckten wir unsere Arme nach oben. Fielen uns um den Hals. Schleuderten uns und die Kinder herum.

Großer Spaß. Entgrenzte Heiterkeit.

Und dann wieder: rebellische Rockmusik aus den Boxen, volle Kanne.

Es war eine gute Zeit, um jung und rebellisch zu sein. Man konnte sich eine Gitarre nehmen, Töne darauf produzieren und die Frauen faszinieren. Die Gesellschaft war in Bewegung. Plötzlich trugen alle Fußballstars lange Haare. Der Nachbar meiner Eltern fing an zu kiffen. Rund um den Planeten brachen »die Verhältnisse« auf. Und über allem lag der tosende Sound der Ära, der energetische Gefühlsteppich der Rock- und Popmusik. Einer Musik, die unsere Väter und Mütter noch vor Kurzem als »Lärm« bezeichnet hatten. Ruhe da hinten!

I cant get no satisfaction!

All you need is love.

Frank Zappas himmlische Gitarrenriffs.

Und die Doors spielten: We want the world and we want it NOW!

Wir wollten die Verhältnisse zum Tanzen bringen.

Und das taten wir auch, verdammt. Und wie.

Unser Glück oder vielleicht auch unsere Fähigkeit war, dass wir ziemlich früh die Gefahr des heroischen Dogmatismus erkannten. Wir erlebten ziemlich bald, wie Befreiungsbewegungen über Nacht zu neuen Tyranneien werden konnten. Unser Codewort war nicht Revolution – obwohl wir uns durchaus als Umstürzler fühlten. »Revolution« war uns irgendwie zu groß, zu empathisch, zu – machtorientiert. Unser Codewort für den Eintritt in die Zukunft lautete Emanzipation. Emanzipation hieß, sich frei machen von der Abhängigkeit. Der Enge. Aufzubrechen. Weg vom Stumpfsinn von Fabrikarbeit und Büro, des Konsums. Den Weg ins Freie finden. Zu sich selbst. Was uns trieb, war die Sehnsucht nach einem »anderen Leben«. Wie immer das aussehen sollte.

Wir hatten eine Utopie, an der wir später immer wieder scheitern mussten: das solidarische Kollektiv, in dem wir uns entfalten konnten.

Das Sponti-Mem

Im November 1973, mein Soziologie- und Pädagogikstudium fing gerade an, machten wir eine Sponti-Aktion mitten auf einem Autobahnkreuz. Eine kleine Gruppe von drei, vier Wohngemeinschaften, bewaffnet mit Querflöten, Gitarren und einer großen Decke, ein Love-in. Es war das Sonntagsfahrverbot. »Die Araber« hatten, wie es damals so schön hieß, »den Ölhahn zugedreht«.

Wir fanden das eine gute Idee.

Sofort kamen die Journalisten mit ihren großen klickenden Kameras.

Was uns vor allzu viel Blödheit, aber auch Selbstüberschätzung rettete, war der Humor.

Mit der Sponti-Ironie verteidigten wir unsere Seele gegen die irrlichternden Dogmatiken der damaligen Zeit. Es kursierte natürlich jede Menge Blödsinn, ideologischer wie persönlicher Art. Jeder lief mit irgendeiner mehr oder minder verquasten Parole oder Theorie herum, die die ganze Welt erklärte. Einer steilen These die irgendjemand verantwortlich machte für alles. Fußpilz, Kapitalismus, Orgasmusschwierigkeiten. Immer steckte »das System« dahinter. Oder »die Gesellschaft« war schuld. Gegen diese frühe Verschwörungstendenz entwickelten wir eine eigene Sprache der ironischen Drehung. Sprüche, die wir an die Wände der großen Stadt malten.

Es ist verboten zu verbieten!

Keine Macht für Niemand!

Euch die Macht – uns die Nacht.

Egalité, Fraternité, Pfefferminztee!

Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche!

Besser arm dran als Arm ab!

Du hast keine Chance, aber nutze sie!

Wer nicht genießt, wird ungenießbar.

Nieder mit der Schwerkraft, es lebe der Leichtsinn!

Nonsens statt Konsens.

Wissen ist Macht. Wir wissen nichts. Macht nichts.

Und so weiter.

Einige meiner besten Freunde wurden später bekannte Kabarettisten. Noch heute erkenne ich schmerzhaft die Differenz eines klugen, in sich verdrehten heiligen Humors zum heute allgegenwärtigen Zynismus. Humoristische Dichter der wilden Jahre wie F. K. Waechter oder Robert Gernhardt waren Meister des Himmels, in dem sicher viel gelacht wurde, aber auch viel nachgedacht. Matthias Beltz, unser poetischer Lach-Guru, der 2002 viel zu früh an einem Herzinfarkt starb, dichtete die schönsten melancholischen Verse:

Parmesan und Partisan

Wo sind sie geblieben?

Partisan und Parmesan

Alles wird zerrieben!

Müssen wir immer tun, was wir wollen?

Mein erster Job als Pädagogikstudent war »Bezugsperson« in einem antiautoritären Kinderladen. Bei Robert Lembke hätte man diesen »Beruf« durch Clownsgrimassen visualisieren können. Die Jungen und Mädchen, eine laute Horde von sieben Wohngemeinschaftskindern im Alter von vier bis sieben, wollten immer, dass ich »Faxen mache«. Also das Gesicht verziehe in gruseligen Grimassen. Aber gerne doch!

»Müssen wir heute wieder tun, was wir wollen?«, fragten meine Kids immer wieder. Sie waren blond und wild und frech. Und immer süßigkeitenverschmiert. So sollte es sein. Und bleiben.

Viele Jahre später, als...

Erscheint lt. Verlag 18.9.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 15 1/2 regeln für die zukunft • 2024 • Chat GPT • Deutschland 2050 • Die Zukunft nach Corona • eBooks • Futurismus • generation arbeitsunfähig • Generation lebensunfähig • Homo Prospectus • Humanismus • Krieg • Krise • Künstliche Intelligenz • Neuerscheinung • Open AI • Optimismus • Pandemie • Prognose • Rüdiger Maas • Sachbuch • Soziologie • spiegel-bestseller autor • Utopie • Welt von morgen • Zukunftsforschung • Zukunftsinstitut
ISBN-10 3-641-31561-1 / 3641315611
ISBN-13 978-3-641-31561-0 / 9783641315610
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