Generation arbeitsunfähig (eBook)
320 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-31432-3 (ISBN)
Faul, unverbindlich, arbeitsunfähig - der jungen Generation von heute wurde schon viel nachgesagt. In Bezug auf ihre Arbeitsmoral selten Positives. Im Vergleich zu Generationen vor ihr, hat die Generation Z - jene Altersgruppe, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurde - eine andere Einstellung zur Arbeit entwickelt: Sie wünscht sich weniger Überstunden, mehr Gestaltungsmöglichkeiten und vor allem Freizeit. Sie strebt nach einer strikten Trennung von Arbeit und Privatem statt des Work-Life-Blendings älterer Generationen, die im Job auch häufig nach der privaten Sinnerfüllung suchen. Gerade weil der Beruf nicht mehr mit Vorstellungen einer sinnvollen Lebensgestaltung vereinbar ist, muss zwangsläufig eine Balance geschaffen werden zwischen der leidvollen Arbeit und dem freudvollen Privaten. Die Zeiten von Workaholics sind vorbei: Dienstwagen, Betriebsausflüge am Wochenende, Workouts mit den Kolleg*innen sind für die Generation Z undenkbar geworden.
Der Bestseller-Autor und Psychologe Rüdiger Maas ist Deutschlands bekanntester Generationenforscher und beschreibt hellsichtig, wie Generationen von unterschiedlichen Denkmustern geprägt werden und welchen Einschnitt die digitalen Medien gebracht haben. Unter Bezugnahme aktuellster Forschungsergebnisse und zahlreicher Interviews bietet er einen lösungsorientierten Blick auf aktuelle Konflikte in der Arbeitswelt. Maas tritt ein für mehr Verständnis zwischen den Generationen und macht deutlich: Wir können am Ende alle profitieren, wenn wir für einen Wandel des Arbeitsmarkts bereit sind.
Rüdiger Maas, geboren 1979, hat Psychologie in Deutschland und Japan und später nochmals Philosophie studiert. Seit 2012 erforscht er mit seinem Team unter anderem generationenbedingtes Verhalten und gründete hierzu 2017 das Institut für Generationenforschung. Schwerpunkte der Forschung liegen auf der gegenseitigen Beeinflussung der Generationen, etwa in der Erziehung, aber auch beim Umgang miteinander in Unternehmen oder in der Gesellschaft. Rüdiger Maas ist der bekannteste Generationenforscher Deutschlands und hat mehrere Fach- und Sachbücher geschrieben. Zuletzt erschien sein Bestseller 'Generation lebensunfähig' (Yes Publishing). Maas lebt in Augsburg.
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Der Nachwuchs
Smartphone, Smartphone in der Hand, wer sind die Faulsten im ganzen Land?
»Das Wichtigste im Leben ist chillen.
Ich werde nie an Burn-out erkranken
wie all die Boomer, die sich kaputtgearbeitet haben.
Und wofür haben sie das überhaupt gemacht?
Für einen verdreckten Planeten?«
Wenn dieses Zitat bei Ihnen Anklang findet, dann gehören Sie sehr wahrscheinlich der Generation Z, kurz Gen Z, an. Das »Z« in Gen Z, der Sie angehören, wenn Sie zwischen 1996 und 2010 geboren sind, steht sehr wahrscheinlich für »Zombie«, und Sie wandeln – mit Ihrem Blick ans Smartphone gefesselt – ferngesteuert durch die Gegend. Übrigens: Sie sind Teil der faulsten Generation seit Menschengedenken. Zudem fordern Sie Dinge, die Ihnen nicht zustehen, weil Sie über beide Ohren verwöhnt sind. Das lassen Sie sich aber alles nicht gefallen! Sie haben den Alten den Kampf angesagt und denunzieren in »Ok, Boomer«-Videos den verschwenderischen Lebensstil der Babyboomer (geboren in den1950er- bis Ende der 1960er-Jahre), die den Jungen die Zukunft verbaut haben.
Beide werfen sich jeweils die Schuld am Untergang vor, zumindest sieht es gerade in Deutschland, Österreich und der Schweiz so aus. Vor allem in der Arbeitswelt kommt es gegenwärtig zu einer explosiven Gemengelage. Fünf Generationen, von den Babyboomern über die Generationen X, Y, Z bis zu den Jüngsten, der Generation Alpha (ab 2010 Geborene), treffen dort aufeinander. Die Arbeitswelt ist einer der wenigen Bereiche, in denen die Unterschiede gravierend auffallen, denn in der Regel müssen sich Jung und Alt am Arbeitsplatz zusammenraufen. Hier trifft »Das haben wir immer schon so gemacht!« auf »Ich habe zwar noch nie gearbeitet, aber so, wie Sie das machen, kann es nur falsch sein!«.
Doch wohin führt dieses Unverständnis?
Zumindest zu einem enormen Anstieg an Generation-Z-Experten, die Unternehmen diese neue Generation schmackhaft, gar snackable, machen wollen. Oft jedoch vergebens, denn mittlerweile gibt es mehr Experten als Nachwuchskräfte, da die Generation Z seit dem Zweiten Weltkrieg die kleinste Alterskohorte ist.
Aliens im Unternehmen …
Auf eine Praktikumsstelle bei uns im Institut für Generationenforschung hat sich Simon, 25 Jahre alt, beworben. Für sein Studium benötigte er ein Dreimonatspraktikum. Er machte beim Vorstellungsgespräch bei seiner Vorgesetzten Sandra einen sehr guten Eindruck. Als Simon am ersten Tag kam, erzählte er uns von seinem Studentenleben: Geld spiele für ihn keine Rolle, er wohne noch bei seinen Eltern, die mehr oder weniger für alles aufkommen, auch für seine 1.200 Euro teure Uhr, die quasi nur aus einem Armband besteht. An der Stelle, wo eigentlich für gewöhnlich das Uhrwerk sitzt, war nur ein Rahmen – quasi ein Loch ohne Ziffernblatt. Eigentlich konnte man nur sein Handgelenk sehen. »Timeless design«, erklärte uns Simon auf unsere ungläubigen Blicke hin. Eine Uhr, die keine ist – für ältere Generationen wahrscheinlich lediglich ein viel zu teures Armband. Eine Armbanduhr ohne Uhr bleibt für die älteren Generationen schlicht ein Armband, da fehlt es an Fantasie.
Beim Praktikum kam Simon schon am zweiten Tag zu spät. Seine Eltern hätten den Verkehr unterschätzt, sie seien zu spät losgefahren. Spoiler-Alert: Am Ende des Praktikums gab es nur vier Tage, an denen Simon pünktlich war. Die Gründe, warum er vier Mal pünktlich kommen konnte, haben wir nie erfahren. Wir haben uns scherzhaft darauf geeinigt, dass Simon wegen seiner Uhr wohl öfters die Zeit aus den Augen verliert, schließlich ist die ja zeitlos.
Für uns war nahezu alles unverständlich, die komische Uhr, dass ein 25-Jähriger sich von seinen Eltern fahren lässt, dass er sie unverblümt als Ausrede benutzte, wenn er unpünktlich war, dass er prinzipiell zu spät kam, aber immer pünktlich ging, dass er freitags nicht länger als bis 12 Uhr arbeiten wollte, dass er mindestens fünfmal am Tag mit seinen Eltern telefonierte und sein Smartphone wie selbstverständlich benutzte – alles während der Arbeitszeit. Auch, dass seine Eltern ihn mehrmals während der Praktikumszeit im Institut besuchten.
Ein Praktikum, bei dem man etwas lernen möchte, sieht für uns anders aus. Simon wollte auch komischerweise gar nichts lernen, sondern uns erklären, was wir alles besser machen können. Leider war kein Vorschlag brauchbar, was ihn jedoch nicht davon abhielt, uns täglich mit neuen Vorschlägen zu »beglücken«. Hinweise auf seine Orthografie- und Grammatikschwäche schob er auf sein Gymnasium, wo man angeblich nie auf Rechtschreibung Wert gelegt habe. Simon war kurz vor seinem Bachelorabschluss und hatte keine einzige Aufgabe ohne Logik- und Rechtschreibfehler erledigt. Das Skurrilste aber ereignete sich schon in der ersten »Arbeitswoche«. Simon fragte am Ende seines dritten Arbeitstags, ob er den Standrechner, der ihm zugewiesen wurde, in einen großen Rucksack packen könne, den habe er eigens für den Transport nach Hause mitgebracht. Er wolle morgen Homeoffice machen und nehme den Rechner deshalb am besten gleich mit … Homeoffice war für einen Praktikanten gar nicht vorgesehen. Auf die Nachfrage, wie er auf die Idee komme, antwortete er, dass jeder Mensch jederzeit Homeoffice machen kann in Deutschland …
Wow, was war denn das alles? Wer kommt auf die Idee, einen Standrechner mit nach Hause zu nehmen oder einfach remote zu arbeiten, wann immer man will?
Waren wir weltfremd und spießig, dass wir all das seltsam fanden? Eine Uhr, die keine war, ein Praktikum, das keines war, ein Akademiker, der nicht erkennbar war, ein Erwachsener, der sich von seinen Eltern immer noch bedienen lässt und sie als Sündenböcke benutzt?
War sein Verhalten typisch, atypisch oder irgendwo dazwischen? Wir hörten immer wieder von solchen und ähnlichen Fällen, aber so können doch bei Weitem nicht alle sein? Hatten wir also Pech gehabt? War sein Verhalten nicht an die Arbeitswelt angepasst, oder müssen wir uns als Arbeitgeber anpassen? War er einfach zu ehrlich, zu direkt, zu naiv oder unwissend? Oder alles in einem?
Nun, er war vor allem eines, er war für uns extrem. Nur darf man eben nicht von einer sich außerhalb der gängigen Norm verhaltenden Einzelperson auf eine ganze Gruppe schließen, natürlich nicht! Es war nicht typisch für diese Generation, es war erst mal typisch Simon.
… mit unangepasstem Verhalten
In meiner ersten Stunde Klinische Psychologie im Studium wurden wir mit Aussagen von Patienten konfrontiert, die wir nach Wahrheitsgehalt bewerten sollten. Bei der Auflösung dann die große Überraschung: Es ist nicht möglich, herauszufinden, ob etwas stimmt. Denn jeder Mensch nimmt die Umgebung anders wahr. Wir alle haben eine »Brille« mit einer individuellen Tönung auf, mit der wir unsere Umgebung betrachten. Es gibt – mindestens – so viele Wahrheiten wie Menschen.6 Die meisten Menschen nehmen die Welt ohne Scheuklappen wahr: Sie können in alle Himmelsrichtungen schauen, das heißt, sie nehmen ihre Umgebung wahr und richten ihr Verhalten nach ihrer Umgebung aus. So wie Sandra, die Vorgesetzte von Simon, die sich, als sie selbst einst Praktikantin war, die Verhaltensrichtlinien im Unternehmen aneignete, auf den Dresscode bei Veranstaltungen außer Haus achtete und ihrer Ausbilderin aufmerksam beim Telefonieren zuhörte, um es selbst richtig zu machen.
In der Vorlesung wurden wir ein zweites Mal überrascht. Es gibt anscheinend drei Gruppen, deren Verhalten umgebungsunabhängig sein kann. Sie verhalten sich in einer bestimmten Weise, egal, ob etwas in ihrer Umgebung anders ist oder nicht, und sagen somit umgebungs- und situationsunabhängig aus ihrer Sicht unverblümt die Wahrheit und handeln entsprechend: Dazu gehören Menschen im Drogenrausch (wie Alkohol – nicht umsonst lautet die lateinische Redewendung in vino veritas), Kleinkinder oder Schizophrene. Heute würde ich noch Mitglieder der Generation Z in der Arbeitswelt ergänzen, die zwar nüchtern, erwachsen und nicht pathologisch auffällig sind, sondern einfach nur Generation Z. Die ihren Stiefel durchziehen, egal ob es für die Älteren gerade passend ist oder nicht. Genau diese Attitüde kommt bei den Älteren als unverfroren, zu »ehrlich« oder unangepasst direkt an. Sie ecken an. Es könnte aber auch eine bedingungslose Authentizität sein, denn je nach Generation betrachten wir die Umgebung anders, und Simon zum Beispiel ist mit dem, was er tut und macht, innerhalb seiner Wahrnehmung der Umgebung im Reinen. Vielleicht nimmt er aber nur bedingt Dinge wahr, die für ältere Generationen im Fokus standen und immer noch stehen, wie Etikette oder Verhaltensnormen gegenüber Vorgesetzten. Eventuell ist sein Blick nur ein anderer, er nimmt Dinge, die wir als wichtig erachten, weniger intensiv wahr – und umgekehrt.
Der gleiche Simon hatte am Tag, als er Homeoffice nehmen wollte, Lust auf Pralinen, also hat er sich eine Schachtel aus dem Instituts-Kühlschrank geholt, aufgemacht und Stück für Stück allesamt aufgegessen. Sie waren nicht nur schön verpackt, sondern als Geschenk für einen Kunden gedacht. Dass das seiner Vorgesetzten Sandra, die den Kunden beschenken sollte, aufstieß, war für ihn unverständlich. Er hatte nämlich nicht daran gedacht, dass die Pralinen jemand anderem gehören könnten, als er die ganze Packung auf einmal leer gegessen hat … Er hatte dabei anscheinend überhaupt nicht gedacht, schließlich war er eine Stunde allein in seinem Arbeitszimmer, da seine Vorgesetzte ein...
Erscheint lt. Verlag | 27.3.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | 2024 • annahita esmailzadeh • Arbeit • Arbeitswelt • Babyboomer • Boomer • Bürokratie • Business Punk • Debatte • Die Jungen • Digitale Medien • Digitalisierung • eBooks • faul • Forschung • Generationenforschung • Generation lebensunfähig • generation z für entscheider:innen • generation z für personalmanagement und führung • gen z • Jean M. Twenge • Job • Konflikt • Markus Lanz • Neuerscheinung • Psychologe • Soziologie • Studien • unverbindlich • Vorurteile • Wandel • Wirtschaft • Workaholic • work life balance |
ISBN-10 | 3-641-31432-1 / 3641314321 |
ISBN-13 | 978-3-641-31432-3 / 9783641314323 |
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