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Und dann kam Lämmchen (eBook)

Hinfallen, aufstehen, weitergrasen: Wie mir ein kleines Schaf ganz große Dinge beibrachte

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
240 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-31253-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Und dann kam Lämmchen -  Anne Hansen
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Ein Leben ohne Schaf ist möglich, aber sinnlos
Wie spürt man wieder Rückenwind, wenn einem das Leben um die Ohren pfeift? Als ihr Körper streikt, fasst Anne Hansen einen Entschluss: Sie zieht aus der Großstadt zurück in die Heimat, zum Auskurieren an die Nordsee. Doch nie hätte sie gedacht, dass die größte Hilfe auf vier Beinen daherkommt: Am Deich trifft sie ein Lamm und rettet es vor dem Schlachter - oder rettet das Lamm vielmehr sie? Voller Witz und Wärme erzählt sie von einer ungewöhnlichen Freundschaft, die Antwort gibt auf die ganz große Frage des Lebens: Was macht uns eigentlich glücklich? Eine Liebeserkla?rung an das unterscha?tzteste Tier der Welt. An das platte Land, in dem der Regen von der Seite kommt. Und an die Kunst, einfach mal loszulassen.

Dieses Buch ist was für dich, wenn du ...

.... wissen möchtest, wie man besser mit Stress, Krisen und Schicksalsschlägen umgehen kann

... mit dem Gedanken spielst, aufs Land zu ziehen (Kleiner Spoiler: Du wirst ganz neue Seiten an dir entdecken!)

... verstehen möchtest, warum es alles ändert, das Glück im Kleinen zu suchen

... mal wieder richtig herzhaft lachen möchtest!

Anne Hansen, 1980 in Husum geboren, arbeitet als freie Autorin für überregionale Medien und hat bereits mehrere Bücher geschrieben. Unter dem Pseudonym Rosa Schmidt begeisterte sie mit der Reihe der 'Rentner-Tagebücher' mehr als hunderttausend Leser und landete mit dem Buch 'Mein Mann, der Rentner' einen SPIEGEL-Bestseller. Wenn sie nicht am Schreibtisch sitzt, versucht sie ihr Glück beim Pokern (wenig erfolgreich) und erzieht in ihrer Freizeit einen Jack Russell (es geht aufwärts). Sie lebt mit ihrem Mann in Nordfriesland.

24. Dezember


»Meinst du, ich kann mich kurz hinlegen oder kommt das komisch?«, flüstere ich Axel zu, während die Gemeinde »Es ist ein Ros entsprungen« singt. Laut Anzeiger kommen noch drei Lieder. Dann kann ich mit Gottes Segen wieder wie eine 90-jährige Oma nach Hause schlurfen.

Wir sitzen im Heiligabend-Gottesdienst in einer Berliner Kirche in Prenzlauer Berg. Obwohl wir schon seit 16 Jahren in Berlin wohnen (und das sogar fast neben dieser Kirche), waren wir noch kein einziges Mal hier. Geschweige denn an Weihnachten. Da fährt man schließlich nach Hause. (Ein untrügliches Zeichen dafür, dass »Wohnort« und »Zuhause« wohl doch oft zwei verschiedene Dinge sind.)

»Klar, mach mal«, flüstert Axel zurück und knüllt mir seine Jacke zum Kopfkissen zusammen. Ich lasse mich nach links auf die harte Holzbank kippen, lege mich auf den Rücken und blicke gen Kirchendecke. Seit drei Monaten betrachte ich die Welt weitestgehend von unten. Arztzimmer, Taxis, unser Wohnzimmer, Krankenhäuser oder einfach den Himmel. Ich kenne nun verschiedene Modelle an Rauchmeldern (vielleicht mal was für Wetten, dass …?), habe viele Lüftungsschächte und die größte Spinne der Welt gesehen, kann mich immer noch nicht entscheiden, ob ich verputzte Decken oder welche aus Rohbeton lieber mag, und habe mich intensiv mit Wolkenformationen beschäftigt. Wie dieser unfreiwillige Perspektivwechsel zustande gekommen ist?

Den folgenden Abriss meiner letzten drei Monate können Sie überspringen, wenn Sie ein Problem mit Krankheiten haben (vollstes Verständnis!). Machen Sie einfach auf Seite 19 weiter. Ansonsten: Ich halte mich auch kurz, zwei Strophen Tochter Zion und wir haben diese Episode hinter uns. Versprochen!

Es war ein sonniger Sonntag Ende September. Ich wachte auf und spürte sofort: Irgendwas stimmte nicht. Mein Schädel brummte. Aber es waren keine normalen Kopfschmerzen, sondern ein eher undefinierbarer Druck. So, als hätte ich eine Gehirnerschütterung oder wäre in einem Boxkampf ordentlich vermöbelt worden. Im Liegen waren die Schmerzen fast weg, doch kaum setzte ich mich auf oder stand, schoss es wieder in den Kopf.

»Hat heute Nacht ein Kampf stattgefunden, von dem ich nichts mehr weiß?«, fragte ich Axel, während ich im Badezimmerschrank nach Ibuprofen suchte.

Axel lachte. »Wahrscheinlich hast du dich nur verlegen, oder? Hatte ich doch neulich auch, das passiert schnell mal.«

Eigentlich war mir sofort klar, dass es irgendwas anderes sein musste, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Also ließ ich mich überreden, noch mit Freunden einen Spaziergang im Park zu machen. Die frische Luft würde mir sicher guttun. (Was soll diese arme frische Luft bloß immer alles richten?!)

Leider brachte der Spaziergang nicht die erhoffte Besserung. Im Gegenteil. Mir war jetzt auch noch unglaublich übel, und als wir eine Pause machten, musste ich mich unter einen Baum in den Schatten legen (bei kümmerlichen 15 Grad).

»Großer Gott, mit dir stimmt aber wirklich was nicht«, sagte meine Freundin Anke, die ich normalerweise zwang, sich bei 30 Grad mit mir in die pralle Sonne zu setzen.

Am nächsten Tag schleppte ich mich irgendwie zu meinem Hausarzt, der mir prompt eine Einweisung ins Krankenhaus in die Hand drückte.

»Lieber mal abklären«, sprach er – und das Unglück nahm seinen Lauf.

Im Krankenhaus tippte ein junger Assistenzarzt nämlich auf Hirnhautentzündung (die ich nicht hatte) und verpasste mir dafür eine Lumbalpunktion (die er anscheinend noch nicht oft gemacht hatte). Bei dieser Punktion wird unten an der Wirbelsäule Gehirnflüssigkeit, der so genannte Liquor, aus dem Rückenmark entnommen, und wenn man darin nicht so viel Erfahrung hat … unschön! Ich erspare Ihnen die anschließenden Details und spule ein wenig vor: Das Krankenhaus hatte ganze Arbeit geleistet und ich war als Schatten meiner selbst herausgekommen. Durch die Punktion hatte sich im Kopf ein Unterdruck entwickelt und ich war stolze Besitzerin eines Liquorunterdrucksyndroms (unbedingt für Scrabble merken, das schlägt keiner!). Es ging jetzt wirklich nur noch eins: liegen.

Im Nachhinein (diese zwei Wörter sind immer schlecht, wenn es um die Gesundheit geht) stellte sich heraus, dass ich bereits ein Liquorunterdrucksyndrom gehabt hatte, als ich ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Um mal einen Vergleich zu bemühen: Ich hatte also schon einen Arm gebrochen gehabt, und im Krankenhaus hatte man noch einmal richtig ordentlich draufgehauen, damit es ja kein einfacher Bruch, sondern so ein stattlicher Trümmerbruch wurde. Der Arm sollte bitte richtig schön im Eimer sein. Leider war es mein Kopf.

Die nächsten Wochen befand ich mich fast durchgehend in der Horizontalen, es ging nichts mehr. Sobald ich aufrecht stand oder auch nur saß, hatte ich einen solchen Druck im Kopf, dass ich mich direkt wieder hinlegen musste. Außerdem war da diese unglaubliche Müdigkeit, als hätte man mir den Stecker gezogen. Ich konnte auch gar nicht mehr klar denken. Hellgrau wallender Nebel in meinem Kopf, permanent. Und eine Zeitlang war ich mir nicht sicher: Würde ich überhaupt jemals wieder ein normales Leben haben? Als Journalistin war ich auf meinen Kopf angewiesen, ich hatte nichts anderes. Und ausgerechnet der war jetzt nicht einmal imstande, sich auf ein Gespräch zu konzentrieren, geschweige denn, die passenden Worte zu finden, um daran teilzunehmen. Würde ich jemals wieder reiten können? Oder auch nur Auto fahren? Selbst Alltägliches, wie mit Freunden in einem lauten Restaurant zu sitzen, war absolut unvorstellbar. Alle diese Dinge erschienen mir wie weit entfernte Galaxien, die ich nur vom Hörensagen kannte.

An einem Tag wollte ich mir die Normalität zurückerobern und nahm mir vor, selbst mit dem Auto zu einem Arzttermin zu fahren. Doch auf halber Strecke überfielen mich so starke Kopfschmerzen, dass ich rechts ran fuhr, den Warnblinker setzte, den Sitz nach hinten kippte und liegend so lange wartete, bis Axel mich abholte. Es war verrückt. Nichts war mehr möglich. Ich war zum Liegen verdammt.

Dies war die Zeit, in der ich viel schlief. Viel las. Viele Serien guckte. Viel grübelte. Und zur Rauchmelderexpertin wurde.

Nach zwei Monaten etwa wurde der Druck im Kopf ganz allmählich weniger – ein Segen –, und ich feierte die kleinen, aber doch so großen Erfolge. Ich konnte für zehn Minuten am Esstisch sitzen, ohne dass mein Schädel platzte. Ich konnte wieder duschen, ohne mich danach über Stunden hinlegen zu müssen. Und ich konnte wieder gehen, wie eine Oma Schritt für Schritt um den Block schlurfen, und musste nur drei Pausen zwischendurch einlegen, an jeder Ecke eine. Es ging aufwärts, immerhin. Aber die Kopfschmerzen waren meine täglichen Begleiter, mal mehr, mal weniger.

Genau zu dieser Zeit empfahl mir eine Freundin einen Chiropraktiker, der in Berlin als Wunderheiler galt. Schon viele Patienten mit Kopfschmerzen hatte er durch beherztes Zupacken wieder hinbekommen. Das war er, mein Strohhalm!

Besagter Chiropraktiker war Feuer und Flamme, auch bei mir sein Können zur Vollendung zu bringen. Er hörte sich meine Vorgeschichte an und sagte dann mit schönstem wienerischen Akzent (ich war hin und weg): »Schauen’S, des erleb i oft. Da mocht’s amoi knack und des Kepferl ist wieda frei.« Ich war sofort überzeugt.

Eine Woche später lag ich bäuchlings zum vereinbarten Termin auf seiner Behandlungsliege und war bereit, den sagenumwobenen Knack in Empfang zu nehmen.

»Aber bitte nicht die Halswirbelsäule einrenken«, sagte ich noch, denn eine andere Freundin hatte mir vor Jahren einmal eine Horrorgeschichte darüber erzählt. Alles, was ich abgespeichert hatte: NIEMALS die Halswirbelsäule einrenken lassen!

Der Österreicher schüttelte den Kopf und lachte. »Keine Sorge, das geht sich gut aus!«

Er fing an, meinen Rücken zu bearbeiten, und wiederholte die ganze Zeit mantraartig: »Das geht sich gut aus«, wobei mir nicht klar war, ob er mir Mut zusprach oder sich selbst. Er arbeitete sich vom Steißbein Richtung Kopf hoch, und ich dachte über die eigenwillige Formulierung nach. Das geht sich gut aus. Gab es in Österreich wohl noch mehr reflexive Verben als bei uns? Auf Deutsch fielen mir gar nicht so viele ein, vor allem nicht in der dritten Person. Während ich abwechselnd »Grammatik ist schon interessant« und »Himmel, der packt aber ordentlich zu« dachte, machte es plötzlich tatsächlich »knack« und ich spürte einen stechenden Schmerz – in der Halswirbelsäule. Grundgütiger.

Im Nachhinein (Klappe, die Zweite) stellte sich im MRT heraus, dass ich in der Halswirbelsäule etliche Instabilitäten hatte. Ein Autounfall in Griechenland, mehrere Reitunfälle und ein schwerer Fahrradsturz als Kind – meine Halswirbelsäule hatte schon einiges mitgemacht. Eigentlich war das all die Jahre kein Problem, doch das Einrenken hatte es zu einem gemacht.

Seit besagten Tagen im Herbst muss ich an einen Spruch denken, den ich mal bei einer Australierin aufgeschnappt habe: »When the shit hits the fan.« Frei übersetzt: Die Sch… wird schön über den Ventilator überall hin verteilt. Treffender könnte es wohl nicht sein. Manchmal stellt ein einziger Augenblick das gesamte Leben auf den Kopf. Es kommt zu einer Verkettung unglücklicher Umstände, und immer tiefer stapft man irgendwann durchs hässliche Gestrüpp, wo man doch nur einmal kurz den hübsch angelegten Wanderweg verlassen hat. Und nun liege ich auf der Holzbank einer Berliner Kirche, höre ironischerweise »O du Fröhliche« und kneife die Augen zusammen, damit ich nicht weinen muss und das Relief über mir wie ein...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte 2024 • Abenteuer mit Tieren • Achtsamkeit • achtsamkeit buch • Biografie • Biographien • Buch Achtsamkeit • buch entschleunigung • buch lamm • buch schaf • Charlie Mackesy • Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd • eBooks • Geschenk Ostern • Geschenk zu Ostern • lotta lubkoll • Nachhaltigkeit • Neuerscheinung • Ostergeschenk • Ostern • Ostern Buch • Ostern Erwachsene • Penguin Bloom • Raus aus der Stadt • Tiergeschichten • wandern, glück und lange ohren
ISBN-10 3-641-31253-1 / 3641312531
ISBN-13 978-3-641-31253-4 / 9783641312534
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