Blüten sammeln unter Feuer (eBook)
624 Seiten
Ecco Verlag
978-3-7530-0099-2 (ISBN)
»Diese Tagebücher sind eine Offenbarung, ein Wegweiser und ein Geschenk für uns alle.« Tayari Jones
Von ihrer armutsgeprägten Kindheit im ländlichen Georgia bis hin zu ihrem Aufstieg zu einer feministischen Vordenkerin blieb die gefeierte Dichterin und Schriftstellerin Alice Walker eine gewissenhafte Aufzeichnerin. Ihr weit verzweigtes Leben hat sie über einen Zeitraum von rund 50 Jahren in mehr als 65 Tagebüchern und Notizbüchern festgehalten. Blüten sammeln unter Feuer zeichnet ihre Entwicklung als Künstlerin, Menschenrechtsaktivistin und Intellektuelle nach, erzählt von beeindruckenden Momenten afroamerikanischer Geschichte. Das Persönliche verwebt sich in dieser Chronik eines beeindruckenden Lebens auf so vielschichte wie aufschlussreiche Weise mit dem Politischen.
Die Tagebücher öffnen uns die intimen Gedanken und Gefühle einer beeindruckenden Schriftstellerin - als Frau, Afroamerikanerin, Ehefrau, Liebhaberin, Schwester, Tochter, Mutter und Weltbürgerin.
Mit zahlreichen Bildern und aktuellem Postskriptum von Alice Walker.
»Die Lektüre von Walkers Tagebüchern - Jahrzehnte von ungefilterten Gedanken, die uns eine komplexe Person offenbaren, sie uns mit all ihren Sorgen, Triumphen, Fehlern und ihrer Schönheit zeigen - fühlt sich an wie ein Augenblick der Heilung.«Honorée Fanonne Jeffers (Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois)
»Alice Alker schreibt auf wunderbare Weise über die Abweisung und die Anziehung von Intimität. Man muss ihren Idealismus bewundern, ihre Gabe als Schriftstellerin und ihren unersättlichen Hunger auf das Leben.« Daily Telegraph
Alice Walker wurde 1944 in Eatonton, Georgia geboren. Sie ist eine der renommiertesten amerikanischen Autorinnen, ihre Werke haben sich weltweit über fünfzehn Millionen Mal verkauft. Ihr bekanntester Roman, »Die Farbe Lila«, erschien 1982, wurde mit dem Pulitzer-Preis und dem National Book Award ausgezeichnet und von Steven Spielberg mit Whoopi Goldberg in der Hauptrolle verfilmt.
VORWORT
von Valerie Boyd
»Ich staune über mich selbst. Ich bin wieder in der Aufwärmphase fürs Schreiben«, schrieb die Vierundzwanzigjährige in ihr Tagebuch. Das Datum war der 18. Juni 1968, der Ort Jackson, Mississippi. »In gewisser Weise ist es doch erstaunlich, dass man nach Stift und Papier dürsten kann, beides so nötig haben kann wie Wasser.«
Die junge Frau war Alice Walker. Und durch ihr außergewöhnliches Talent – im Schreiben von Romanen und Kurzgeschichten, Gedichten und Essays – sollte sie eine der berühmtesten Autorinnen der jüngeren Zeit werden.
Auf ihrem unglaublichen Weg von der armen Pachtfarmerstochter im ländlichen Georgia zur Kulturikone führte Alice Walker gewissenhaft Tagebuch und dokumentierte so ihr breit gefächertes, komplexes Leben in über fünfundsechzig Notizbüchern, die einen Zeitraum von mehr als fünfzig Jahren abdecken. Im Jahr 2007 übergab sie diese Tagebücher – sowie Hunderte anderer Dokumente und Unterlagen aus ihrem persönlichen Archiv – der Stuart A. Rose Manuscript, Archives, and Rare Book Library der Emory University in Atlanta. Die Tagebücher sowie bestimmte Geschäfts- und Finanzunterlagen sind bis 2040 für neugierige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Journalistinnen und Journalisten und Fans gesperrt.
Jetzt jedoch hat Alice Walker beschlossen, einen Band mit ausgewählten Tagebucheinträgen zu veröffentlichen. In Blüten sammeln unter Feuer liefert sie eine leidenschaftliche, intime Chronik ihrer Entwicklung als Künstlerin, Menschenrechtsaktivistin und Intellektuelle. Und sie erkundet zugleich auf intime Weise – in Echtzeit – ihr Denken und Fühlen als Frau, Schriftstellerin, Afroamerikanerin, Ehefrau, Tochter, Mutter, Liebende, Schwester, Freundin und Weltbürgerin. Die Tagebucheinträge führen durch eine erstaunliche Reihe von Geschehnissen: Protestmärsche in Mississippi mit anderen Fußsoldatinnen und -soldaten der Bürgerrechtsbewegung, angeführt von Martin Luther King jr. oder, wie sie ihn nannte, »dem King«; ihre Eheschließung mit einem jüdischen Anwalt, auch um den Gesetzen zu trotzen, die in den Südstaaten der 1960er-Jahre »gemischtrassige« Ehen untersagten; eine frühe Fehlgeburt; die Geburt ihrer Tochter; das Schreiben ihres ersten Romans; die Kämpfe und Siege der Frauenbewegung; erotische Begegnungen und längere Beziehungen; die Besuche der Vorfahren, aus denen Die Farbe Lila hervorging, das Buch, für das sie den Pulitzer-Preis erhielt; die Bewunderung und die Schmähungen, die ihr, manchmal zu gleichen Teilen, für ihre schriftstellerische Arbeit und ihren Aktivismus zuteilwurden; den Tod ihrer Mutter und das schwierige Verhältnis zu ihrer eigenen Tochter. Das Persönliche, das Politische und das Spirituelle überlagern und verflechten sich in dem aufschlussreichen Narrativ, das sich aus Alice Walkers Tagebüchern ergibt.
Blüten sammeln unter Feuer ist nach Jahrzehnten unterteilt und reicht von den 1960er-Jahren bis in die Anfangszeit des 21. Jahrhunderts. Es zeigt den Weg einer Frau, sie selbst zu werden. Viele Leserinnen – und Lesende jeden Geschlechts – werden auf diesen Seiten etwas von sich wiederfinden, denn Walker hält so ziemlich alle wichtigen Lebensereignisse fest. In ihrem Fall: Heirat und Scheidung, Mutterschaft, die Entwicklung zur Romanschriftstellerin, den Weg zu finanzieller Sicherheit, die Entwicklung und das Ende von Freundschaften und Liebesbeziehungen und schließlich ihr Verhältnis zu Gott – oder dem »Großen Geist«, wie sie das Göttliche nennt, das sie in sich selbst und in der Natur findet.
Als Herausgeberin dieses Bands habe ich Alice Walkers Schreibung von Wörtern und Namen, ihre Interpunktion und ihre Datierungsmethode trotz gelegentlicher Inkonsistenz beibehalten, um die Tagebucheinträge originalgetreu wiederzugeben. Ich habe außerdem versucht, so unauffällig wie möglich zu bleiben, eine unsichtbare Freundin, die nur ab und zu flüsternd eine wichtige Information, Erklärung oder Erinnerung beisteuert: Hey, diesen Herrn kennen Sie schon, der war Alice’ Boyfriend auf der Highschool. Ah ja, dieser Film kam 1976 heraus und erhielt viel Kritikerlob. Oh, Sie wissen schon, Langston Hughes, der legendäre Poet der Harlem Renaissance. Und, ja, die Person, die hier um einen Gefallen bittet, ist eben jene, die sich vor fünfzig Seiten so schofel verhalten hat. Diese kontextbezogenen Anmerkungen stehen im Dienst des Gesamtnarrativs, sie sollen es auf dezente Weise erleichtern, der Geschichte zu folgen.
Walker benutzte für ihre Tagebucheinträge oft mehrere Notizbücher gleichzeitig, und so entstanden parallele Versionen derselben Geschehnisse, eine Version etwa sehr detailliert, eine andere eine kursorische Zusammenfassung. Manchmal griff sie auch nach Jahren auf ein halb volles Notizbuch zurück, nahm einen Gedankenfaden wieder auf und führte ihn von da aus weiter. Aus Gründen der Klarheit und leichteren Lesbarkeit habe ich in diesem Band die Tagebucheinträge chronologisch zusammengestellt, ungeachtet des Notizbuchs, in dem sie sich jeweils befanden.
Blüten sammeln unter Feuer ist ein Arbeitsbuch für Künstlerinnen und Künstler, Aktivistinnen und Aktivisten und Intellektuelle. Es ist ein Lehrbuch für Menschen jeden Alters, die ein freies Leben führen wollen. Es ist eine zutiefst persönliche Reise und zugleich eine sehr persönliche Geschichte unserer Zeit. Und für uns alle, deren Leben Alice Walkers Werke im Lauf der letzten fünf Jahrzehnte berührt – und oft verändert – haben, ist dieses Buch ein Geschenk.
Tatsächlich war der Ausgangspunkt der hier vorliegenden, so viel Leben umspannenden Seiten ein Geschenk. Den Deckel des braunen Kunstledertagebuchs zierte eine goldene Bordüre, und die Aufschrift in Goldfolienprägung verkündete seinen Zweck: MEINE REISE, lautete sie.
Alice Walker war dankbar für das Reisetagebuch, das ihr ihre Freundin Cecile Ganpatsingh, eine Mitstudentin aus Britisch-Guyana, überreichte. Alice hatte gerade ihr erstes Studienjahr am Spelman College in Atlanta beendet, wohin sie 1961 aus ihrer kleinen, segregierten Heimatstadt Eatonton, Georgia, gekommen war. Mitgebracht hatte sie »drei magische Gaben« ihrer Mutter: einen Koffer, eine Nähmaschine und eine Schreibmaschine. Am Spelman waren Alice und Cecile Aktivistinnen geworden, hatten mit einigen Mitstudentinnen – und den Geschichtsprofessoren Howard Zinn und Staughton Lynd – an Demonstrationen und Mahnwachen für Frieden und Bürgerrechte teilgenommen. Jetzt war Alice auf dem Weg zu den Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Finnland.
Mit ihren achtzehn Jahren hatte Alice den Bundesstaat Georgia erst einmal verlassen – für einen Weihnachtsbesuch bei einer Tante und einem Onkel in Cleveland, Ohio. Für jene Reise hatte sie einen Greyhoundbus genommen. Diesmal – mit Stationen in Helsinki, Glasgow, Amsterdam und Hamburg – würde sie zum ersten Mal ein Flugzeug besteigen. Zur Feier dieses Anlasses wollte Cecile ihrer Freundin etwas schenken. Auf den Innendeckel des Tagebuchs schrieb sie das Datum – Juli 1962 – und die Worte:
Für dich, liebe Alice,
mit dem Wunsch, dass deine Reise unvergesslich sein möge.
Herzlich,
Cecile Ganpatsingh
Als Alice Walker Ende August von ihrer Reise zurückkehrte, war das Tagebuch ziemlich zerfleddert. Sie schrieb fast täglich hinein, kommentierte alles, was ihr begegnete, mit Begeisterung und Staunen – die hübschen, charmanten Kellner, die freundlich neugierigen Blicke von Fremden, die Idee des Kommunismus. In einem Eintrag hielt sie fest, wie ihr üblicher Tagesablauf auf dieser lebensverändernden Reise aussah:
EIN TYPISCHER TAG:
Um 7 Uhr continental breakfast
Um 7:30 mit dem Bus in die Stadt
Besuch von Vormittagscolloquien und Seminaren (hauptsächlich über Abrüstung, den US-Imperialismus und den russischen Kommunismus)
Mittagessen mit einer der 120 Delegationen
Ich habe meistens mit den Bulgaren, Kubanern oder Finnen gegessen
Nach dem Mittagessen Besuch einer Outdoor-Sportveranstaltung oder eines kulturellen Events. (Ich habe zum Beispiel das Russische Ballett und die Pekingoper gesehen.)
Um 15 Uhr Teilnahme an tollen delegationsübergreifenden Treffen.
Um 17 Uhr entweder Essen mit einer anderen Delegation oder Streifzüge durch die Stadt und Umgebung. Ich habe Moped fahren gelernt (auf einem Jauwa-Moped [sic]2), weil das in Finnland sehr populär ist.
Um 18 Uhr mit dem Bus zurück in unser Quartier und umziehen für eine delegationsübergreifende oder eine Inselparty. (Finnl. hat viele kleine Inseln, und auf jeder gibt es einen Park mit einer Freilufttanzfläche – wir konnten Feuerwerk gucken oder einfach nur relaxen und finnische Musik hören.)
Um 23 Uhr wieder im Quartier. ES WAR DRAUSSEN IMMER NOCH SEHR HELL, deshalb fiel es schwer, schlafen zu gehen. Also redeten wir noch mindestens eine Stunde. (Einige aus der amerikanischen...
Erscheint lt. Verlag | 23.1.2024 |
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Übersetzer | Cornelia Holfelder-von der Tann |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Gathering Blossoms Under Fire |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Literatur ► Briefe / Tagebücher | |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Afroamerikanisches Leben • die Farbe Lila • Feminismus • lesbische Autorin • Martin Luther King • Mississippi • Schwarze Autorin • Schwarze Biographie • Tagebuch • The Color Purple |
ISBN-10 | 3-7530-0099-X / 375300099X |
ISBN-13 | 978-3-7530-0099-2 / 9783753000992 |
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Größe: 2,5 MB
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