Alte weiße Frau (eBook)
288 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-30647-2 (ISBN)
Während »alte weise Männer« noch immer zu allem ihren Senf dazugeben dürfen, drängt unsere Gesellschaft Frauen ab einem bestimmten Alter konsequent ins Aus. Dann sollen sie die Klappe halten, möglichst unsichtbar werden und jeden noch so schlechten Altherrenwitz hinnehmen.
Damit muss Schluss sein! Gewohnt bissig, unverblümt und treffsicher verknüpft Satirikerin und Bestsellerautorin Désirée Nick Witz und Weisheit zu bester Unterhaltung. Ob Sex, Mutterschaft, Feminismus, soziale Medien oder Arbeit: So persönlich wie brillant zeigt sie, wo Altersdiskriminierung im Alltag auf Frauen lauert und wie wir uns dagegen wehren können.
Ein Manifest für alle über 40, die planen, die nächsten 60 Jahre zu den besten ihres Lebens zu machen!
Die Entertainerin Désirée Nick ist vieles: Schauspielerin, Tänzerin, Diseuse, Kult-Podcasterin, Trash-Legende, Reality-Ikone, studierte Theologin und regelmäßiges Ärgernis für Spaßbremsen. Nur eines ist die »Dschungelqueen mit Weltklasse« (FAZ) nie: still. Und so tut sie sich verdammt schwer mit der Rolle, die unsere Gesellschaft Frauen ab einem bestimmten Alter aufzwingen will, der Rolle einer stillen Beobachterin. Deshalb legt sie nach zahlreichen Bestsellern mit »Alte weiße Frau« ihr bislang persönlichstes Buch vor.
1 Was ist eine Cis-Frau?
Beginnen wir mir damit, dass ich als Reality-Ikone und Trash-Legende, als eine Pionierin der gesamten LGBTQ+-Bewegung und Aktivistin seit 1974 sowie studierte Religionslehrerin eine komplizierte philosophische Frage stelle, an der sich Sozialwissenschaftler die Zähne ausbeißen werden.
Eine Frage, die sehr schwierig zu beantworten ist und deren endgültige Definition den Genderexperten, der sie beantworten kann, zu einer dieser seltsamen Kreaturen machen würde, deren Kopf man in den Gläsern der naturwissenschaftlichen Labore, eingelegt in Formaldehyd, ausgestellt findet.
Hier ist die prekäre Frage: Was ist eine Frau?
Inzwischen ist diese Frage komplizierter geworden, als man je erwartet hätte. Die Antwort sorgt nämlich für Verwirrung an allen Fronten.
Über die Definition eines alten weißen Mannes hingegen herrscht offenbar Einigkeit.
Noch schwieriger wäre dann ja wohl die Antwort auf die Frage: Wo steckt eigentlich die alte Frau (jeglicher Hautfarbe)? Das Weiß kommt mir bei der Kategorisierung der »alten Frau« ehrlicherweise nur schwer über die Lippen, aber um hier aufzuklären, habe ich schließlich dieses ganze Buch geschrieben.
Wird sie bei all der Stigmatisierung übergangen, ignoriert, vergessen? Und warum? Weil sie alt ist, weiß ist oder eine Frau?
Was haben Frauen diesmal wieder verbrochen?
Und ab wann ist eine Frau eigentlich alt?
»Ein ganzer Kerl« zu sein, ist zu einem Riesenkompliment für eine gleichberechtigte Frau geworden.
Doch ist »ganz Frau zu sein« eine Klassifizierung, die auf äußerlichen oder inneren Eigenschaften beruht? Vielleicht ist es heutzutage gar eine Beleidigung?
Wenn eine Frau »ihren Mann steht«, dürfte doch wohl zu erwarten sein, dass Männer sich inzwischen im Gegenzug die Fähigkeiten einer Frau angeeignet haben.
Ist eine Frau nur eine biologische Geschlechtsbezeichnung oder ist es eine Möglichkeit, sich selbst zu identifizieren?
Ist es nur eine grobe Einteilung für andere, um uns amtlich zu registrieren und dem neuen Lebewesen 24 Stunden nach der Geburt eine Steuernummer zu verpassen?
Männlichkeit und Weiblichkeit sind die Gegenpole, welche die biologische Voraussetzung sind, damit Leben reproduziert werden kann.
Mittlerweile ist eine Frau eine Geschlechtsidentität, die eher dem Sein eines Mannes ähnelt: Wir ackern, bis wir umfallen, tragen die Verantwortung für alles, sind unabhängig, selbstbestimmt und gebildet, können Holz hacken, Brot backen, fahren einen Lkw und sollen uns dann noch supersexy inszenieren und in der Kiste aufgestrapst die große Show abziehen.
Das Ergebnis unterm Strich: Laut einer Studie wäre die Mehrheit aller Männer begeistert, wenn Frauen im Restaurant gelegentlich die Rechnung übernähmen.
Dieselbe Studie hat ergeben, dass die Mehrheit aller Frauen begeistert wäre, wenn sie für ihre Arbeit gelegentlich genauso bezahlt werden würden wie ein Mann.
Nicht nur, dass der Feminismus seitens der Männer zu deren Gunsten ausgelegt wird, nein, es ist inzwischen nicht einmal mehr klar, was überhaupt eine Frau ist und wer amtlich als Typ durchgeht. Zumal viele beides leben.
Nur eines scheint festzustehen: überall alte weiße Männer! Und wo sind nun die alten Frauen?
Politisch gesehen ist das alles sehr dünnes Eis, auf dem wir uns bewegen, und deshalb gibt es dringend Klärungsbedarf.
Warum verstummen rund 20 Millionen Menschen 50+ in dieser ach so liberalen und diversen, zudem überalterten deutschen Gesellschaft? Wir lassen #ageism und Diskriminierung über uns ergehen, ohne die Stimme zu erheben.
Die Männer in diesem Alter werden noch als Gruppe »alter weißer Männer« zusammengefasst und an den Pranger gestellt, während die Frau als solche in der homogenen Masse von »Fifty Shades of Beige« untergeht.
Wir dürfen erleben, dass Geschlecht nicht nur ein biologischer Fakt ist, sondern eine soziale Konstruktion: In der Mitte des Lebens werden uns gesellschaftliche Zuschreibungen und Normen übergestülpt, indem wir uns ab 50 gefälligst ALT zu verhalten haben.
Wir sollen schweigen und uns beschimpfen lassen. Hauptsächlich sogar von jungen weißen Frauen!
Und das heute, wo die Definition, wer überhaupt Mann oder Frau, wer bigender, demisexuell, Dragking, Dyke, Fag, gender binary, heteronormativ oder pansexuell ist, noch mehr Verwirrung stiftet.
Jungen Menschen wird quasi wie im Restaurant ein À-la-carte-Menü sexueller Orientierungen präsentiert, was erst mal zum Nachdenken anregt.
Da kommt ein Teenie auf der Suche nach seinem Ich schnell in Schwulitäten.
Ich selbst bin zum Beispiel mehr als eine Frau. Ich bin auf jeden Fall queerer als so manch biedere, bürgerliche Schwulette.
Jede Dragqueen dieser Welt kopiert mich in ihren Bemühungen, ein Damenimitator zu sein. Wenn sie mich nicht kopiert, inspiriere ich sie wenigstens.
In meine Haut zu schlüpfen, wird dennoch nie gelingen, denn in mir steckt ein ganzer Kerl.
Da ich nicht lesbisch und auch kein Transgender bin, gelte ich jedoch als Cis-Frau.
Wer hat sich all das bloß ausgedacht? Die Vielfalt sexueller Identitäten wird inzwischen in den Amtsstuben verwaltet.
Ja, man kann sich in einer diversen Gesellschaft schnell vergaloppieren, verirren, aber jederzeit auch ganz legal mehrfach umentscheiden.
Wenn es für das Geschäft förderlich ist, rennt so manche Hete heutzutage in Frauenklamotten herum, geradewegs so, als wäre es die Dienstkleidung des Pflegepersonals. Was dem einen sein Kittel, ist dem anderen seine ausgestopfte Corsage.
Inzwischen, so scheint es, kann jeder eine Frau sein, der eine werden möchte. Es hängt nicht davon ab, ob eine Person mit oder ohne Gebärmutter geboren worden ist.
Ja, die Emanzipation treibt ihre pittoresken Stilblüten und sie steckt dennoch erst in den Kinderschuhen.
Und diese ganze Generation, die dafür gesorgt hat, dass solche Freiheiten und gesellschaftlichen Umbrüche möglich geworden sind, wird jetzt alt.
Da wir aber nicht einmal mehr wissen, was überhaupt weiblich, was männlich oder was als eine Art Frau gilt, wird es umso komplizierter, wenn wir dazu noch die Sache mit dem Alter ins Visier nehmen.
Was bedeutet altern und wie zeigt es sich? Eine 18-jährige Eiskunstläuferin ist definitiv alt. Eine 30-jährige Balletttänzerin ebenso. Als Modell bist du zu alt, wenn du volljährig bist. Mit 30 ist man in vielen Berufen und Sportarten eine Seniorin.
Eine Amazone soll das beherrschen, was in der Menschheitsgeschichte stets dem Manne zugeschrieben wurde: auf die Jagd gehen, Beute heimholen und das Feuer kontrollieren.
Und sie hat bei alldem gefälligst jung zu sein.
Warum schaffen eigentlich die Kerle nicht das Pensum, das wir absolvieren?
Wenn die Frau über 50 Macht und Intelligenz besitzt, zudem noch attraktiv ist, wird dies Neid und Missgunst provozieren und sie wird als »alte Schachtel« deklariert.
Hier tut sich eine große gesellschaftliche Kluft auf.
Wir als Kinder der 60er-Jahre sind definitiv aufgerufen, die kommenden 50 Jahre, also die zweite Hälfte unseres Lebens, neu zu gestalten. Jedoch: Schon mit 40 resignieren viele meiner Schwestern im Geiste, und sie fühlen sich nicht mehr taufrisch, bezeichnen sich selbst als »altes Eisen«.
Keiner tritt für uns ein. Weder die alten weißen Männer springen uns zur Seite noch die Mediengesellschaft. Offiziell müssen wir uns entschuldigen und uns rechtfertigen, warum wir überhaupt noch mitmischen.
Ich frage mich oft, welchen Plan die Herrschaften haben, die sich für eine Geschlechtsumwandlung entscheiden. Haben sie daran gedacht, spätestens ab 50 zu uns als Golden Girls, sprich, den alten weißen Frauen zu gehören und per se diskriminiert zu werden?
Personen, die von Mutter Natur aus weiblichen Geschlechts sind, wird übrigens empfohlen, ab 20 Jahren mit der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs zu beginnen. Mit 30 mit der von Brustkrebs.
Prophylaxe sind wir ja bereits oral gewohnt. Und zur Darmspiegelung sollen wir jetzt auch! Es ist nicht witzig.
Vieles, was Lebewesen mit dem X-Chromosom im Laufe ihres Lebens zu erleiden haben, ist mit unvorstellbaren, die Sinne betäubenden Schmerzen verbunden: Denken wir an die von da Vinci so formvollendet und berührend dargestellte Mater dolorosa. Sie wusste, warum sie als die Schmerzensreiche vergöttert und angebetet wurde.
Nicht nur erleiden wir Arbeitstage in elf Zentimeter Stilettos, Corsagen und Bleistiftröcken, in denen man dem ICE hinterherrennt, wir erdulden monatlich das prämenstruelle Syndrom, Blähbäuche, Blutungen, die im Laufe der Jahre immer stärker werden, Unterleibsschmerzen, Migräneanfälle, Wassereinlagerungen in den Beinen, Schwangerschaftsstreifen, Brustspannungen, Milchstau, Hängebusen, Wehen, Fehlgeburten, Entbindungen, Abtreibungen, Sterilisation, Ausschabungen und Dammrisse bei vollem Bewusstsein. Welches Schicksal hat Mutter Natur für die Frauen also geplant? Seit Jahrzehnten schwanger, Mutter von acht Kindern oder bei einer der vielen Geburten verstorben?
Es folgen Abstriche, Mammografien und Anti-Aging-Cremes, mit denen man uns das Geld aus der Tasche zieht, schließlich die Wechseljahre. Sind die Hitzewellen von 500 Millionen Frauen etwa der Grund für die drastische Erderwärmung?
Und dann die Pillen, die Hormone. Wo wären wir ohne sie?
Das alles hinterlässt seine Spuren am Wunderwerk des Körpers einer Frau....
Erscheint lt. Verlag | 13.9.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | 2023 • Ageism • Alter • Altersdiskriminierung • alter weißer Mann • Älterwerden ist voll sexy, man stöhnt mehr • buch frauen ab 50 • buch frauen bestseller • cancel culture • Comedy • Dieter Nuhr • Dschungelkönigin • eBooks • Frauen • Gesellschaftskritik • Gesellschaftssatire • Humor • Kabarett • lose luder • lustig • lustige • Mann-Frau-Beziehung • Meinungsfreiheit • Monika Gruber • Neuerscheinung • Parodie • Podcast • Promi Big Brother • Promis unter Palmen • Sabine Bode • Satire • Social Media • Soziale Medien • spiegel bestseller • Spiegel Bestsellerliste aktuell • TV • Weltfrauentag |
ISBN-10 | 3-641-30647-7 / 3641306477 |
ISBN-13 | 978-3-641-30647-2 / 9783641306472 |
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