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Ein Herz und eine Pflege (eBook)

Spiegel-Bestseller
Vom Glück, für andere da zu sein

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
176 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01737-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Herz und eine Pflege -  Rashid Hamid
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«Salam alaikum, Erwin! Wie kann ich helfen?» Rashid Hamid führt seinen Hamburger Pflegedienst mit viel Einsatz und Liebe. Die Begegnungen mit den alten Menschen zaubern ihm ein Lächeln ins Gesicht, auch wenn der Pflege-Alltag manchmal mühsam sein kann. In seinem Buch erzählt Rashid, warum er sich für diesen Job entschieden hat ? und es immer wieder tun würde. Er gibt den vielen Pfleger:innen mit Migrationshintergund und ihren oft deutschen Klient:innen ein Gesicht. Alle lieben Rashid, und Rashid liebt seinen Job. «Ich lerne von meinen Patienten. Gerade, wenn sie das Leben schon fast hinter sich haben, kommt immer mal ein Spruch, der mich zum Nachdenken bringt oder mich mein Leben wieder mehr genießen lässt. Ich wache morgens auf und denke: Na, mal sehen, was der Tag heute so bringt und was alles passiert. Der Job ist abwechslungsreich, super vielseitig - man kann in Altenheimen, Pflegeheimen, auf der Intensivstation im Krankenhaus arbeiten, Leute in der ambulanten Pflege zu Hause pflegen, in der Psychiatrie oder JVA oder in der Reha arbeiten. Man kann sich weiterbilden, zum Wundexperten oder zum Pflegedienstanleiter oder sich selbstständig machen. Man spricht mit den Patienten, den Angehörigen, den Ärzten. Ich finde, man sollte zeigen, was der Beruf kann und einem alles bietet. Pflege ist wertvoll und kann wirklich viel. Er kann einen zu einem besseren Menschen machen, auch wenn das doof klingt oder übertrieben. Aber so ist es!» Rashid Hamid

Rashid Hamid wurde 1992 in Hamburg geboren, seine Eltern stammen aus Afghanistan. Nachdem er 2013 seine Ausbildung als Altenpfleger abgeschlossen hat, gründete er 2021 seinen eigenen Pflegedienst und teilte erste Videos von sich und seinen Klienten unter @pflege.smile bei Tiktok. Mittlerweile folgen ihm dort über 500.000 Menschen. Rashid Hamid ist verheiratet und hat eine Tochter.

Rashid Hamid wurde 1992 in Hamburg geboren, seine Eltern stammen aus Afghanistan. Nachdem er 2013 seine Ausbildung als Altenpfleger abgeschlossen hat, gründete er 2021 seinen eigenen Pflegedienst und teilte erste Videos von sich und seinen Klienten unter @pflege.smile bei Tiktok. Mittlerweile folgen ihm dort über 500.000 Menschen. Rashid Hamid ist verheiratet und hat eine Tochter. Ariane Grundies wurde 1979 in Stralsund geboren. Sie studierte Germanistik, Prosa und Lyrik am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Seit 2002 lebt sie als freie Autorin in Berlin. Sie veröffentlichte mehrere Bücher (zum Teil unter Pseudonym) und schreibt außerdem für den Rundfunk. Für ihre Texte erhielt sie diverse Stipendien und Preise. 

Das wird nichts – Der moppelige, schüchterne Junge mit den afghanischen Wurzeln zockt doch nur


Ich wollte eigentlich mal Arzt werden. Oder Pilot. Träumen darf man ja. Leider träumte ich früher etwas zu viel und konnte froh sein, dass ich nicht schon ohne Pilotenausbildung flog – nämlich direkt von der Schule. Meine Zensuren waren schlecht, meine Motivation bekam in der Schule nie richtig Wind unter die Tragflächen. Die Bruchlandung schien vorprogrammiert. Falls jemand denkt, ich hätte mich schon als kleiner Junge gerne um Haustiere gekümmert, Pflanzen liebevoll gehegt und gepflegt oder Mitschüler, die eher lost auf dem Schulhof rumstanden, gefragt, ob ich ihnen irgendwie helfen kann – nein! Damals kümmerte ich mich hauptsächlich um meine PlayStation oder meinen Game Boy und pflegte nur mit meinen beiden Brüdern zu zocken. Wir sind alle drei ungefähr im gleichen Alter. Ein Bruder ist ein Jahr älter, der andere ein Jahr jünger. Wir waren immer best friends, sind es auch heute noch. Wenn schönes Wetter war, sind wir vielleicht mal rausgegangen auf den Spielplatz und haben Fußball gespielt, ansonsten haben wir unsere Zeit drinnen verbracht. Damals haben wir in Hamburg am Fischmarkt gewohnt. Die hupenden Schiffe, das Marktgeschrei am Sonntagmorgen, das war mein Kiez. Fernweh hatte ich nie. Sondern einfach nur gern meine Ruhe.

Erwin: Damals war wichtig, dass man seine Schule macht. Da war nicht wichtig, dass du mit den Nachbarskindern unterwegs warst, sondern da war wichtig: Was essen wir? Was muss besorgt werden? Fürs Rumtoben hab ich keine Zeit gehabt.

Ich war schüchtern, eher faul und ein bisschen verfressen. Sport hat mich so wenig interessiert wie gesunde Ernährung. Dementsprechend moppelig hing ich also zu Hause rum und hatte definitiv andere Sorgen in dem Alter als Erwin oder meine Eltern.

Erwin: Wir hatten Mehlklöße in der Suppe. Kartoffeln oder so was Ähnliches konnten wir uns nicht leisten. In Österreich, wo wir eine Zeit gewohnt haben, als ich Kind war, hatten wir das Glück, eine Nachbarin zu haben, die war Förstersfrau, eine Witwe, und mit der sind wir in den Wald, und dann, als die Zeit war, haben wir Pilze gesammelt. So hatten wir dann mal was zusätzlich zum Essen. Manchmal haben wir wochenlang Brennnesselgemüse gegessen.

Brennnesseln kenne ich nur als nerviges Unkraut, das auf der Haut brennt, wenn man aus Versehen reinstolpert oder von den Brüdern reingeschubst wird. Meine Fragen waren damals jedenfalls ganz andere: Warum gibt es heute nicht mein Lieblingsessen, und warum darf ich nicht an den Computer?

Auch meine Eltern haben in ihrer Jugend Krieg erlebt. Mein Vater ist in den 80ern vor dem Krieg in Afghanistan nach Hamburg geflohen, da war er ungefähr 19 Jahre alt. Über die Familie hat er dann meine Mutter kennengelernt und sie nach Deutschland geholt. Als Kind hab ich es nicht kapiert, aber später habe ich oft versucht, mir vorzustellen, wie das sein muss, von einem auf den anderen Tag aus seiner Heimat zu flüchten, weil man sonst Gefahr läuft, draufzugehen. Man landet irgendwo, wo man niemanden kennt, die Sprache nicht spricht und von ganz vorn beginnen muss. Man lässt so viel zurück, Heimat, Freunde, Erinnerungen. Und das, als er gerade mal volljährig war. Mein Vater saß als Erstes in Hamburg wieder in einer Schule, um Deutsch zu lernen. Danach hat er in verschiedenen Jobs gearbeitet und sich schließlich mit einem Taxiunternehmen selbstständig gemacht. Meine Mutter hat mir mal erzählt, dass sie in Afghanistan nicht alleine auf die Straße durfte und sich verschleiern musste, als sie so alt war wie ich. Und ich? Mir war das ehrlich gesagt alles ein bisschen egal. Ich war in Hamburg geboren, kannte die Sprache, durfte in die Schule gehen und Freunde haben. Andere Sorgen hatte ich nicht. Ich bin nicht gern in die Schule gegangen und habe mir dort keine Mühe gegeben, dabei lag sie mir sozusagen fast zu Füßen.

Erwin: Meine Schule war zehn Kilometer weit weg. Ich musste morgens um 6 aufstehen und bin dann zwei Stunden gelatscht. Der Bus fuhr um 12 Uhr mittags zurück, aber die Schule war erst 14 Uhr zu Ende. Ich bin dann wieder zwei Stunden zurückgelaufen. Wenn ich Glück hatte, habe ich den Milchbauern getroffen, konnte mich auf seinen Wagen setzen und ein Stück mitfahren.

Als Kind habe ich nicht weiter über meine Zukunft nachgedacht. Für meine Eltern, die sich mühsam was aufgebaut haben, um uns ein besseres Leben in Frieden zu ermöglichen, muss es schwer gewesen sein. Ihnen war es natürlich sehr wichtig, dass wir eine gute Ausbildung bekommen und uns dafür auch anstrengen. Sie sind immer zu den Elternabenden und haben versucht, uns zu unterstützen. Wir mussten es aber trotzdem alleine schaffen und waren für unser Glück selbst verantwortlich. Es gab Klassenkameraden, für die haben die Eltern die Hausaufgaben gemacht und mit ihnen gelernt und ihnen die Vorträge geschrieben. So was wäre meinen Eltern nicht eingefallen, selbst wenn sie es gekonnt hätten. Ich denke, es gibt viele Kinder mit Migrationshintergrund, da können die Eltern nicht in der Form helfen, wie andere das tun, die Deutsch als Muttersprache haben, die die gleichen Bildungswege gegangen sind und aus dem gleichen Kulturkreis stammen wie ihre Kinder.

Mein Vater war der Erste von sieben Geschwistern, die aus Afghanistan nach Deutschland gekommen sind. Sie alle haben hart dafür gearbeitet, dass sie und ihre Kinder hier zurechtkommen, aber nicht, indem sie für sie die Hausaufgaben gemacht haben, sondern indem sie ihnen vorgelebt haben, dass man sich um seine eigenen Sachen selber kümmern und dass man fleißig sein muss, wenn man sich was aufbauen und was erreichen will. Sie alle haben heute Jobs und Familien und sind stolz darauf. Ich auch.

Als ich 14 war, sind meine Eltern mit mir und meinen Geschwistern nach Bergedorf gezogen. Mein Vater hat dort ein Haus bauen lassen, weil es in der kleinen Hamburger Wohnung für fünf Leute sehr eng geworden war. Wir alle hätten stolzer nicht sein können, aber ich wollte trotzdem nicht umziehen. Ich hatte Angst davor, meine Freunde zu verlassen und irgendwo neu zu sein. Aber Bergedorf meinte es gut mit mir und hat mir gleich coole Leute in mein Leben geschickt. Ich habe schnell neue Freunde in der Klasse gefunden. Mit denen bin ich heute noch befreundet. Das sind meine Jungs. Meine Frau habe ich dort auch kennengelernt. Ich war glücklich, aber meine Zensuren wurden immer schlechter. Klassenarbeiten und Hausaufgaben haben mich nicht interessiert, nicht früher, nicht später. Mit meinen Klassenkameraden lief es umso besser. Wir waren eine bunte Truppe; Türken, Polen, Deutsche – egal woher. Im Miteinander hätten wir alle eine glatte 1 bekommen. Wieso gibt es eigentlich keine Zensuren für das Miteinanderklarkommen oder Füreinanderdasein, für Respekt und Hilfsbereitschaft? Schule soll einen doch auf das Leben vorbereiten. Ich denke, diese Eigenschaften kann man immer gut gebrauchen.

Dass Noten in Mathe, Deutsch und Englisch aber wichtig sind, habe ich dann spätestens gemerkt, als wir alle plötzlich in «die Guten» und «die Schlechten» aufgeteilt wurden. Wer darf Abitur machen, wer die Mittlere Reife und wer den Hauptschulabschluss? War ich gut? War ich schlecht? Meine Zensuren entschieden darüber. Ich habe zwar den Realschulabschluss geschafft, aber das nur mit Ach und Krach, ich war der Schlechteste in der Klasse. Das haben mir die Lehrer auch immer wieder aufs Brot geschmiert. Keiner von denen hat gesehen, dass ich zwar keine Einsen und Zweien schreibe, aber dennoch auf meine Art zielstrebig war oder zumindest sein konnte. Ich war eben ein typischer Teenager, faul und verfressen, hatte nur Bock auf meine Kumpels und Computerspiele. Keiner hat mir was zugetraut. Ich mir selber allerdings auch nicht. Außerdem hatte ich immer Angst, Fehler zu machen. Genau das war der eigentliche Fehler. Heute würde ich meinem Ich von damals sagen: «Sei nicht so scheu, hab keinen Schiss. Was soll denn schon passieren? Alles halb so schlimm.»

Erwin, was würdest du heute dem kleinen Erwin von früher mit auf den Weg geben?

Erwin: Immer die Wahrheit sagen. Das ist das Wichtigste, was es überhaupt gibt, meine ich.

Arzt oder Pilot konnte ich mit meinem Abschlusszeugnis jedenfalls vergessen. Aber auch alles andere schien unerreichbar fern. Das sah mein Lehrer Herr Meier ja auch so. «Rashid, aus dir wird nichts!» Mit einem Händedruck so fest wie seine Überzeugung gab er mir das Zeugnis in die Hand. Meine Mitschüler und Mitschülerinnen grinsten. Ich auch. So richtig ernst nahm ich das alles immer noch nicht.

Erwin, wie findest du, dass mein Lehrer damals zu mir gesagt hat: «Aus dir wird nichts.»?

Erwin: Totaler Irrsinn. Totaler Irrtum und totale Fehleinschätzung. Die Kraft, die du aufwenden kannst für deine Sachen, finde ich ganz toll!

So hatte ich am Ende der Schulzeit mein unbrauchbares Zeugnis und keine Ahnung, was ich damit anfangen sollte. Wenn man mich nur oft genug gefragt hat, für was ich mich interessiere, und wenn man mir nur oft genug gesagt hat, dass ich mich doch für irgendwas interessieren musste, dann hab ich beim genauen Hinhören ganz leise das Wörtchen Anatomie in mir gehört. Aber sobald ich mich traute, es auszusprechen – «Ich interessiere mich für Anatomie, für den menschlichen Körper» –, dann haben die Leute gefeixt und gesagt: «Tja, verkackt,...

Erscheint lt. Verlag 30.1.2024
Co-Autor Ariane Grundies
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Altenpflege • Carola Holzner • Christian Krömer • Culture Clash • Deutsche Kultur • Doc Caro • Einsatz am Limit • Freundschaften • Generationenübergreifende Freunschaft • Gesundheitspfleger • Gesundheitswesen • humorvolle Lebensweisheiten • Instagram • Krankenhaus • Krankenpflege • Krankenpfleger • Krankenschwester • Medfluencer • Medizin • metinlevindogru • Migrationshintergrund • Mir doch woschd! • Pflegeberufe • Pflegenotstand • Pflegers Diary • pflege.smile • Pflege Smile • TikTok
ISBN-10 3-644-01737-9 / 3644017379
ISBN-13 978-3-644-01737-5 / 9783644017375
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