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Medienwandel durch Crossmedia (eBook)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
250 Seiten
Herbert von Halem Verlag
978-3-7445-1018-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Medienwandel durch Crossmedia -  Kirsten Rautenberg
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Medienunternehmen Setzen zunehmend auf Crossmedialität, wobei Journalisten für Fernsehen, Radio, Online und Print zusammenarbeiten. Vor etwa zehn Jahren war das noch undenkbar - alle Medien arbeiteten streng getrennt. Doch der Wandel in den Medienunternehmen funktioniert nur bedingt. Die vorliegende Dissertation analysiert, warum Medienunternehmen auf dem Weg zur Crossmedialität so viele Probleme haben. Außerdem untersucht sie die multiplen Veränderungen bei den journalistischen Inhalten und dem Berufsbild von Journalisten. Dafür hat die Autorin ein Mehrmethodendesign aus Beobachtung, Befragung und Leitfadeninterviews gewählt. Die Studie wurde bei Radio Bremen durchgeführt, der ersten Rundfunkanstalt in Deutschland, die in ein crossmedial ausgestattetes Funkhaus gezogen ist, in der alle Medien vernetzt miteinander arbeiten können. Zentrales Ergebnis der Arbeit ist, dass vor allem der Journalist selbst den Medienwandel bremst. Er tut sich schwer damit, anders als bisher zu arbeiten. Daher kommt die Autorin auch zu dem Schluss, dass eine vollständige crossmediale Arbeitsweise erst mit Journalisten möglich sein wird, die bereits crossmedial ausgebildet wurden. Außerdem zeigt die Studie, dass die Arbeitsdichte von Journalisten weiter zunimmt. Das wiederum hat Auswirkungen auf die journalistischen Inhalte, die ohnehin seit Jahren einem Ökonomisierungszwang unterlegen sind.

Dr. Kirsten Rautenberg ist Zeitungs- und Hörfunkjournalistin und arbeitet für verschiedene ARD-Hörfunkanstalten. Mit der vorliegenden Arbeit wurde sie an der Universität Köln promoviert.

Dr. Kirsten Rautenberg ist Zeitungs- und Hörfunkjournalistin und arbeitet für verschiedene ARD-Hörfunkanstalten. Mit der vorliegenden Arbeit wurde sie an der Universität Köln promoviert.

2 Die Rahmenbedingungen von Radio Bremen


Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sieht sich immer wieder einem Legitimationsdruck ausgesetzt. Kritische Stimmen behaupten, dass die private Rundfunklandschaft eine ausreichende Meinungsvielfalt bieten würde und der öffentliche Rundfunk durch die GEZ-Gebühr bevorteilt würde, was in Zeiten des Medienwandels in eine Diskussion um die Wettbewerbsverzerrung der Rundfunklandschaft mündet. Um die finanzielle Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die heutige Diskussion um seine Daseinsberechtigung in weiteren Kapiteln darlegen zu können, soll im Folgenden zunächst ein Blick in die Entstehungsgeschichte der Öffentlich-Rechtlichen geworfen und seine Grundvoraussetzungen erläutert werden, um danach auf den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit, RADIO BREMEN, zu fokussieren. Die finanziellen Einschränkungen zwangen den Sender zu einem Umzug in ein gemeinsames Rundfunkhaus, in dem eine digitale Struktur für den Einstieg ins crossmediale Zeitalter geschaffen wurde.

2.1 Das Rundfunksystem in Deutschland


Nach dem Ende des Nationalsozialismus kam für die Besatzungsmächte ein staatlich gesteuertes Rundfunksystem17 nicht mehr infrage (vgl. Diller 1980). Da man den Deutschen nach der Diktatur keine Fähigkeit zur Demokratie zutraute, organisierten die westlichen Alliierten die bisherige Rundfunkstruktur in Deutschland dezentral um und zwar nach Besatzungszonen. Die vollständige staatliche Gleichschaltung des Rundfunks sollte durch einen staatsfernen Rundfunk ersetzt werden, dieser sollte von verschiedenen Orten senden, um totalitären Kräften den Griff zur medialen Macht zu erschweren (vgl. Schrag 2007: 74). Vorerst wollten die Besatzungsmitglieder den Rundfunk in der jeweiligen Zone nach ihrem Modell umgestalten. In der amerikanischen Zone war man um ein privates, durch Werbung finanziertes System bemüht, was nach dem Krieg in Deutschland aber an fehlenden finanziellen Mitteln scheiterte. Das staatsnahe und zentralistische französische Modell wurde wegen der Ähnlichkeit zum gerade zerstörten zentral organisierten deutschen Rundfunk aus Angst vor einer erneuten Machtübernahme durch Politiker ausgeschlossen. Wäre es nach der deutschen Politik gegangen, hätte es ein staatsnahes Rundfunksystem nach Vorbild der Weimarer Republik geben sollen (vgl. Bausch 1980: 36). Schließlich wurde nach dem staatsfernen BBC-Modell Großbritanniens ein öffentlich-rechtliches Rundfunksystem geschaffen, dessen pluralistisch besetzter Rundfunkrat als Beschluss- und Kontrollgremium kennzeichnend ist. In der amerikanisch besetzten Zone wurden die Sender RADIO FRANKFURT, RADIO STUTTGART, RADIO MÜNCHEN und RADIO BREMEN dezentral betrieben. In der englischen und französischen Zone hingegen gab es mit dem NORDDEUTSCHEN RUNDFUNK in Hamburg und dem SÜDWESTFUNK in Baden-Baden jeweils einen zentralen Sender. Vorerst wurden die neuen Sender durch die Alliierten kontrolliert und erst nach und nach an die deutschen Sendeverantwortlichen übergeben. RADIO BREMEN beispielsweise hatte mit Walter Geerdes bereits 1946 einen deutschen Intendanten (vgl. Noelle-Neumann, Schulz, Wilke 2003: 552).

Die neu gegründeten Landesrundfunkanstalten bestanden aus dem NORDWESTDEUTSCHEN RUNDFUNK, der für Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sowie bis zur Gründung eines eigenen Berliner Senders (SFB) auch für West Berlin sendete. Weitere Rundfunkanstalten waren BAYERISCHER RUNDFUNK, HESSISCHER RUNDFUNK, RADIO BREMEN, SÜDDEUTSCHER RUNDFUNK und SÜDWESTFUNK. Nach der Eingliederung des Saargebietes in die BRD kam 1956 der SAARLÄNDISCHE RUNDFUNK hinzu. Drei Jahre nach der kompletten Übergabe in deutsche Hände wurde 1950 die Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) gegründet mit dem Ziel, sich untereinander auszutauschen und die Hörfunkprogramme zu organisieren. Vier Jahre später wurde ein gemeinschaftliches Fernsehprogramm der ARD installiert, nachdem der NWDR bereits seit 1952 in seinem Sendegebiet einen Fernsehdienst hatte. Seit 1959 wird das gemeinsame Programm durch den Staatsvertrag der Länder koordiniert (vgl. a.a.O: 555).

Doch das öffentlich-rechtliche System wurde bereits in den 1950er Jahren vor allem von konservativen Politikern kritisiert. Konrad Adenauer sah sich und seine Politik durch die ARD zu wenig unterstützt und strebte daher an, ein zweites Fernsehprogramm in Deutschland zu etablieren. Dies sollte jedoch privatwirtschaftlich organisiert sein, erster Gesellschafter sollte mit 51 Prozent der Bund und zweiter Gesellschafter sollten mit 49 Prozent die Bundesländer sein. Die SPD-regierten Länder Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Hessen klagten aber gegen diese Bestrebungen und erreichten 1961 mit dem ersten Fernsehurteil eine rechtliche Grundlage gegen den staatlichen Eingriff in die Rundfunklandschaft. Die Begründung des Gerichts fand seinen Ursprung in der Kulturhoheit der Länder. In dem Urteil wurde betont, dass Rundfunk als kulturelles Gut anzusehen sei und die Zuständigkeit für Kulturgüter bei den Ländern liege, was eine Einmischung des Bundes ausschlösse. Die zweite Begründung des Bundesverfassungsgerichtes war die mangelnde Staatsferne, die das so genannte Adenauer-Fernsehen implizieren würde. Jedoch schließt das Gericht schon seit 1961 eine Beteiligung privatwirtschaftlicher Sender am Rundfunk nicht aus, während das Gebot der Staatsferne auch in weiteren Fernsehurteilen bestätigt wurde. Danach einigten sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer auf ein zweites Fernsehprogramm und richteten eine Anstalt des öffentlichen Rechts ein. 1961 wurde das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) mit Sitz in Mainz gegründet, zwei Jahre später sendete es ein eigenes Programm (vgl. Wehmeier 1979).18 Zum Teil wurde das ZDF als politisches Gegengewicht zur ARD gesehen, wenngleich beide Sender einen Kooperationsvertrag miteinander hatten, der eine gegenseitige Konkurrenz von Fernsehinhalten zur gleichen Uhrzeit ausschloss (vgl. ebenda).

Die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kann man im Laufe der Geschichte bis heute in drei Phasen einteilen: 1. Das Monopol der ARD, 2. Die Konkurrenz zwischen ARD und ZDF und 3. Das duale System mit öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern.

Nach der Wende 1989 kamen die zwei Landesrundfunksender MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK und OSTDEUTSCHER RUNDFUNK BRANDENBURG zur ARD hinzu, so dass sich der öffentliche Rundfunk dann folgendermaßen zusammensetzte: BAYERISCHER RUNDFUNK (BR), HESSISCHER RUNDFUNK (HR), MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK (MDR), NORDDEUTSCHER RUNDFUNK (NDR), OSTDEUTSCHER RUNDFUNK BRANDENBURG (ORB), RADIO BREMEN (RB), SAARLÄNDISCHER RUNDFUNK (SR), SENDER FREIES BERLIN (SFB), SÜDWESTRUNDFUNK (SWR), der 1998 aus der Fusion von SÜDDEUTSCHEM RUNDFUNK und SÜDWESTFUNK entstanden ist, WESTDEUTSCHER RUNDFUNK (WDR), der nationale Hörfunksender DEUTSCHLANDRADIO BERLIN 19, DEUTSCHLANDFUNK KÖLN und der Auslandssender DEUTSCHE WELLE (DW), sowie das ZWEITE DEUTSCHE FERNSEHEN (ZDF) (vgl. Noelle-Neumann, Schulz, Wilke 2003).

Alle Landesrundfunkanstalten sind gemeinnützige, rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung und haben gleiche oder zumindest ähnliche Strukturen: Als Rechtsgrundlage gelten die Landesgesetze 20 und Staatsverträge zwischen den Bundesländern. In den Verträgen und Gesetzen wird den Anstalten die Aufgabe übertragen, das Hörfunk- und Fernsehprogramm für das jeweilige Sendegebiet zu erstellen, womit sie vom Staat unabhängig sind. Bei ZDF und DEUTSCHLANDRADIO gilt ein Staatsvertrag zwischen allen Bundesländern, weil es ein nationales Programm herstellen soll. Seit Ende 1993 gibt es einen Vertrag zwischen Bund und Ländern, indem die ehemals auf Bundesrecht beruhenden Anstalten DEUTSCHLANDFUNK und RIAS BERLIN zu einer gemeinsamen Veranstaltung von ARD und ZDF wurden. Auch DEUTSCHLANDRADIO und DEUTSCHLANDFUNK KÖLN werden seitdem unter dem gemeinsamen Label von ARD und ZDF gesendet. Allen gemeinsam sind der kulturelle Auftrag und die Bildungsfunktion, beide Aspekte wurden in einem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts 1961 hervorgehoben und im Vierten Rundfunkurteil erneut betont (vgl. a.a.O.: 560).

2.2 Gesellschaftliche Grundversorgung: Der Programmauftrag 21


In den Rundfunkgesetzen der einzelnen Länder wurde den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein Programmauftrag erteilt, vergleichbar mit den öffentlichen Aufgaben der Presse: Die Sendungen sollen den Bürgern zur Information, Bildung und Unterhaltung dienen (vgl. Mast 2000: 25). Zu den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts in den 1980er Jahren entwickelte sich zwischen 1982 und 1987 unter den Ländern der Rundfunkstaatsvertrag, weil eine gemeinsame und einheitliche Regelung innerhalb der medialen föderalistischen Struktur gefordert wurde (vgl. Hesse 1990: 10 f). Die länderübergreifenden Regelungen stehen im Rundfunkstaatsvertrag, zu dem es im Juni 2009 bereits die 12. Änderung gab. Die Freiheit der Berichterstattung ist oftmals zum Gegenstand der Rechtsprechung geworden. Die dafür wesentlichen Urteile betonen immer wieder die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Sicherung der Meinungsvielfalt und Berichterstattung zu kulturellen und politischen Themen, um die Grundversorgung der Bevölkerung zu sichern (vgl. BVerfG 12, 205; BVerfG 31, 314; BVerfG 57, 295).22 Den Begriff Grundversorgung hat das Bundesverfassungsgericht erstmals in der so genannten „Niedersachsen-Entscheidung“ bestimmt, in der es zur Einführung des dualen Systems um die Bestimmung von Aufgaben einerseits des privaten und andererseits des öffentlich-rechtlichen...

Erscheint lt. Verlag 9.12.2015
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Kommunikation / Medien Kommunikationswissenschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Arbeitsverdichtung • Crossmedia • Journalismus • Medienunternehmen • Medienwandel • Ökonomisierung • Redaktionen
ISBN-10 3-7445-1018-2 / 3744510182
ISBN-13 978-3-7445-1018-9 / 9783744510189
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