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Die vergessenen Säuglingsheime

zur Geschichte der Fürsorge in Ost- und Westdeutschland

(Autor)

Buch | Softcover
200 Seiten
2023 | 1. Auflage
Psychosozial-Verlag
978-3-8379-3204-1 (ISBN)
CHF 41,85 inkl. MwSt
Häufiger als bisher angenommen waren Babys und Kleinkinder in der Nachkriegszeit in Säuglingsheimen untergebracht, manche monate- oder sogar jahrelang. Wegen unpräziser Einweisungskriterien hatten die Behörden große Handlungsspielräume; entsprechend stark wirkten sich die damaligen Moralvorstellungen aus. Weil sich die Betroffenen kaum an ihre Zeit in den Heimen erinnern können, rekonstruiert Felix Berth anhand von Archivmaterial und damaligen wissenschaftlichen Untersuchungen die Lebensbedingungen in den Säuglingsheimen. Betroffene kommen in Interviews zu Wort und schildern ihre heutige Sicht auf die Zeit im Heim.
Das Säuglingsheim ist eine vergessene Institution der beiden deutschen Staaten. Häufiger als bisher angenommen waren Babys und Kleinkinder in der Nachkriegszeit dort untergebracht, manche monate- oder sogar jahrelang. Die Lebensbedingungen beeinträchtigten die kindliche Entwicklung massiv, was die damalige psychologische und psychoanalytische Forschung bald als Hospitalismus beschrieb. In der Bundesrepublik wurden die Heime deshalb in den sechziger Jahren aufgelöst; in der DDR wurden diese Erkenntnisse zunächst ebenfalls wahrgenommen, allerdings interessierten sich die Behörden nach dem Bau der Mauer 1961 nicht mehr dafür. Säuglingsheime existierten dort bis zum Jahr 1989.

Die Einweisungskriterien waren nicht präzise festgelegt, was den Behörden große Handlungsspielräume gab; entsprechend stark wirkten sich auch die damaligen Moralvorstellungen aus. So waren es häufig Kinder von alleinerziehenden Müttern, von kranken oder misshandelnden Eltern, die in die Heime kamen. Weil sich die Betroffenen nicht oder nur stark eingeschränkt an ihre Zeit in den Heimen erinnern können, rekonstruiert Felix Berth anhand von Archivmaterial und damaligen wissenschaftlichen Untersuchungen die Lebensbedingungen in den Säuglingsheimen. Betroffene kommen in Interviews zu Wort und schildern ihre heutige Sicht auf die Zeit im Heim.

Fünf Gründe für eine Geschichte des SäuglingsheimsTeil I: Die Sozialgeschichte des Säuglingsheims1. Eine Million Kinder, mindestensSäuglingsheime waren bis in die 60er Jahre weit verbreitet - und hielten sich in der DDR sogar bis 19892. Warum ins Heim?In der Bundesrepublik und der DDR kamen Kinder aus ähnlichen Gründen in Säuglingsheime3. Idylle und HorrorDie Lebensbedingungen in Säuglingsheimen4. Dramatische DefiziteForscherinnen stellten bei Säuglingsheim-Kindern erhebliche Entwicklungsverzögerungen fest5. Nicht in der FamilieDie Systeme von Wochenkrippen, Pflegefamilien und VerschickungsheimenTeil II: Die Sicht der Betroffenen6. »Das Kind im Kartoffelsack war ich«Mehr als zwei Jahre im Säuglingsheim, danach 13 Jahre im Kinder- und Jugendheim: Klaus H. berichtet von Traumatisierungen und seiner Suche nach den Akten7. »Worauf soll ich denn wütend sein?«Fritz H., Jahrgang 1968, ist der kleine Bruder von Klaus H. Er wurde anderthalb Jahre nach Klaus geboren und war mit ihm zunächst im Säuglingsheim, später in einem katholischen Kinderheim8. »Meine frühe Kindheit ist keine Leerstelle«Aufgewachsen in den Heimen der DDR: Klaus-Peter G. erzählt, dass er sich dort zuhause fühlte9. »Ich dachte, ich gehöre nicht zu dieser Familie«Die Eltern fuhren in den Urlaub und ließen ihr Baby für einige Wochen im Heim. Fünf Jahrzehnte später denkt Kathy B. über die Auswirkungen nach10. »Immerhin hatten sie sonntags eigene Kleider«Fünf Jahre lang leitete Annelore D. ein Säuglingsheim in der DDR. Anfangs konnten die Zweijährigen dort noch keine Treppe hochgehen11. »Die Kinder haben den Oberkörper so merkwürdig bewegt«Brigitte R. arbeitete in den 60er Jahren ehrenamtlich in einem Säuglingsheim. Sie beobachtete überforderte katholische Nonnen und kindlichen Hospitalismus12. »Kurze Aufenthalte bergen ein geringeres Risiko«Der Psychologe Gottfried Spangler beschreibt, wie die aktuelle Forschung Säuglingsheime beurteilt - und was das für Betroffene bedeutetTeil III: Die Wissensgeschichte des Säuglingsheims13. Hygiene und HärteKindheitsvorstellungen bis zum Zweiten Weltkrieg14. Das neue Bild vom KindTriebgesteuerter Tyrann oder liebesbedürftiges Wesen? Der Perspektivwechsel der Psychoanalyse15. Die Entdeckung BowlbysWie die frühe Bindungstheorie nach Deutschland kam16. Sickereffekte und BlockadenWas in der deutschen Fachwelt ankam17. Das lange ZögernNeue Ideen von Kleinkinderziehung drangen in Deutschland nur langsam durchSechs FragenAbschließende Überlegungen zur Geschichte des SäuglingsheimsDank ...

»Durch umfangreiche Quellensichtung und Gespräche mit Betroffenen gelingt es Berth ein vergessenes, oft schockierendes Kapitel deutsch-deutscher Heimerziehung zu rekonstruieren. Dass er es klug und gut verständlich in die Wissensgeschichte einbettet, ihre Resonanzen in Politik und Gesellschaft mitbeleuchtet, das macht das Buch so lesenswert.« Dörte Hinrichs, Deutschlandfunk Andruck - Das Magazin für politische Literatur am 19. Juni 2023 »Das Buch beschreibt ein System von Kinderverwahranstalten, in denen das wenige Personal kaum Zeit hatte für die grundlegendsten Bedürfnisse der Kleinen wie Hygiene oder Nahrungsaufnahme. Kinder saßen apathisch den ganzen Tag in ihren Bettchen oder wurden stundenlang auf dem Topf festgebunden. Beschäftigte in Ost und West beklagten in den 1950er-Jahren die ständige Eile. Eine ostdeutsche Kinderärztin berichtete vom deutlichen Zurückbleiben der sozialen Reaktionen, neurotischen Symptomen, vermehrtem Bettnässen oder stereotypen Schaukelbewegungen, was auch als Hospitalismus beschrieben wurde.« Hanno Müller, Thüringische Landeszeitung am 15. April 2023 »Auch in der DDR wusste man, dass der frühe Aufenthalt in Säuglingsheimen die Bindungsfähigkeit der Kinder stört, nur durfte das nicht offiziell gesagt werden.« Felix Berth, Frankfurter Allgemeine Zeitung am 16. März 2023 »Die Geschichte der Säuglingsheime in Deutschland ist dramatisch, sagt Historiker Felix Berth. Eine Million Kinder in Ost und West waren sich nahezu selbst überlassen.« Manuela Heim, taz - die tageszeitung am 4. April 2023 »Der Psychosozial-Verlag erinnert nun mit einer Studie des Historikers Felix Berth über die Geschichte der Säuglingsheime in der BRD und DDR in den fünfziger und sechziger Jahren an einen im Gegensatz zu den Objektbeziehungstheorien weitgehend in Vergessenheit geratenen Ansatz der Kinderpsychologie: an die Bindungstheorie des britischen Psychiaters John Bowlby [...]. Dass die Geschichte der Säuglingsheime in der BRD und DDR seit einigen Jahren aufgearbeitet wird und dass Menschen, die durch dortige Aufenthalte geschädigt wurden, Aussichten auf Kompensation haben, zeigt aber, dass die zwischenzeitlich vergessene Episode der gesamtdeutschen Geschichte allmählich ins politische Bewusstsein tritt. Berth erzählt von dieser Episode so, dass dabei zugleich ein vergessener Aspekt der psychoanalytischen Ideen- und Sozialgeschichte gegenwärtig wird.« Magnus Klaue, Versorgerin. Zeitung der Stadtwerkstatt, Juni 2023 »Dies ist eine erste längere Arbeit zu dem Thema, das als Grundlage für notwendige weitere intensivere Forschungen dienen kann. Leider liegt die Perspektive meist auf die der BRD und es bleiben noch Leerstellen für die DDR. Dennoch bleibt das Buch als pädagogische Institutionsgeschichte mit den psychosozialen Folgen und einem authentischen Blick aus der Sicht von Betroffenen wertvoll.« Michael Lausberg, Scharf Links. Die 'neue' linke online Zeitung, 28. Mai 2023

»Durch umfangreiche Quellensichtung und Gespräche mit Betroffenen gelingt es Berth ein vergessenes, oft schockierendes Kapitel deutsch-deutscher Heimerziehung zu rekonstruieren. Dass er es klug und gut verständlich in die Wissensgeschichte einbettet, ihre Resonanzen in Politik und Gesellschaft mitbeleuchtet, das macht das Buch so lesenswert.«
Dörte Hinrichs, Deutschlandfunk Andruck – Das Magazin für politische Literatur am 19. Juni 2023

»Das Buch beschreibt ein System von Kinderverwahranstalten, in denen das wenige Personal kaum Zeit hatte für die grundlegendsten Bedürfnisse der Kleinen wie Hygiene oder Nahrungsaufnahme. Kinder saßen apathisch den ganzen Tag in ihren Bettchen oder wurden stundenlang auf dem Topf festgebunden. Beschäftigte in Ost und West beklagten in den 1950er-Jahren die ständige Eile. Eine ostdeutsche Kinderärztin berichtete vom deutlichen Zurückbleiben der sozialen Reaktionen, neurotischen Symptomen, vermehrtem Bettnässen oder stereotypen Schaukelbewegungen, was auch als Hospitalismus beschrieben wurde.«
Hanno Müller, Thüringische Landeszeitung am 15. April 2023

»Auch in der DDR wusste man, dass der frühe Aufenthalt in Säuglingsheimen die Bindungsfähigkeit der Kinder stört, nur durfte das nicht offiziell gesagt werden.«
Felix Berth, Frankfurter Allgemeine Zeitung am 16. März 2023

»Die Geschichte der Säuglingsheime in Deutschland ist dramatisch, sagt Historiker Felix Berth. Eine Million Kinder in Ost und West waren sich nahezu selbst überlassen.«
Manuela Heim, taz – die tageszeitung am 4. April 2023

»Der Psychosozial-Verlag erinnert nun mit einer Studie des Historikers Felix Berth über die Geschichte der Säuglingsheime in der BRD und DDR in den fünfziger und sechziger Jahren an einen im Gegensatz zu den Objektbeziehungstheorien weitgehend in Vergessenheit geratenen Ansatz der Kinderpsychologie: an die Bindungstheorie des britischen Psychiaters John Bowlby […]. Dass die Geschichte der Säuglingsheime in der BRD und DDR seit einigen Jahren aufgearbeitet wird und dass Menschen, die durch dortige Aufenthalte geschädigt wurden, Aussichten auf Kompensation haben, zeigt aber, dass die zwischenzeitlich vergessene Episode der gesamtdeutschen Geschichte allmählich ins politische Bewusstsein tritt. Berth erzählt von dieser Episode so, dass dabei zugleich ein vergessener Aspekt der psychoanalytischen Ideen- und Sozialgeschichte gegenwärtig wird.«
Magnus Klaue, Versorgerin. Zeitung der Stadtwerkstatt, Juni 2023


»Dies ist eine erste längere Arbeit zu dem Thema, das als Grundlage für notwendige weitere intensivere Forschungen dienen kann. Leider liegt die Perspektive meist auf die der BRD und es bleiben noch Leerstellen für die DDR. Dennoch bleibt das Buch als pädagogische Institutionsgeschichte mit den psychosozialen Folgen und einem authentischen Blick aus der Sicht von Betroffenen wertvoll.«
Michael Lausberg, Scharf Links. Die ›neue‹ linke online Zeitung, 28. Mai 2023

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Forum Psychosozial
Verlagsort Gießen
Sprache deutsch
Maße 148 x 210 mm
Gewicht 278 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Zeitgeschichte
Geisteswissenschaften Psychologie Pädagogische Psychologie
Sozialwissenschaften Pädagogik Allgemeines / Lexika
Schlagworte Bindungstheorie • BRD • BRD-DDR-Geschichte • DDR • Erziehungsgeschichte • Erziehungswissenschaft • Familienpolitik • Geschichte • Geschichte der Bindungstheorie • Geschichte der Bindungstheorie • Geschichte derBindungstheorie • Geschichte der Heime • Heimerziehung • Hospitalismus • John Bowlby • Kinderheim • Nachkriegsdeutschland • Pädagogik • Pädiatrie • Psychologie • Säuglingsheim • Säuglingsheime • Unehelichkeit (historisch) • Unehelichkeit (historisch) • Unehelichkeit (historisch) • Unehelichkeit(historisch) • Wissensgeschichte
ISBN-10 3-8379-3204-4 / 3837932044
ISBN-13 978-3-8379-3204-1 / 9783837932041
Zustand Neuware
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