Friesenraub. Ostfrieslandkrimi (eBook)
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-550-1 (ISBN)
Die Gäste des Borkumer Lokals »Dünendiele« erleben den Schock ihres Lebens. Während sie sich in uriger Atmosphäre entspannen, steht plötzlich ein Räuber vor ihnen mit Messer und Teufelsmaske. Doch damit nicht genug: Kurz nach dem Raub wird eine männliche Leiche in den Dünen entdeckt, ein junger Mann mit Teufelsmaske! Aber handelt es sich bei dem Toten tatsächlich um den Räuber oder will der wahre Täter nur von sich ablenken? Die Inselkommissare Mona Sander und Enno Moll nehmen das Umfeld der »Dünendiele« ins Visier. Was verheimlicht die attraktive Kellnerin Jana? Und welche Rolle spielt ein aufdringlicher Wattführer, der anscheinend nie ins Watt geht? Besonders für Mona ist dieser Fall eine emotionale Angelegenheit, denn die Kommissarin ist mit der Besitzerin der »Dünendiele« schon seit Jahren befreundet...
Kapitel 1
Kommissarin Mona Sander und ihr Kollege Enno Moll hatten den windigen Vormittag im Oktober damit verbracht, vergeblich im Umfeld des Borkumer Inselbahnhofs nach Taschendieben Ausschau zu halten. Gegen halb elf Uhr kehrten die beiden Zivilbeamten zur Polizeistation in der Strandstraße zurück, um nach der Dienstpost zu schauen. Mona trug zu ihren Blue Jeans einen roten Windbreaker, der die Pistole im Clipholster am Gürtel verdeckte. Auch Enno war mit Jeans bekleidet, außerdem mit einer uralten Lederjacke. Wenn seine Kollegin ihn aufziehen wollte, dann sagte sie, dass er wie ein Lastwagenfahrer in einer Achtzigerjahre-Filmkomödie aussehen würde. Kaum hatten die beiden das Wachlokal betreten, als Polizeimeisterin Grietje Smit wie von der Tarantel gestochen aufsprang.
»Ihr kommt wie gerufen, ich wollte euch gerade anfunken! Es gibt einen Notruf von der Dünendiele, dort hat es einen Raubüberfall gegeben!«
»Wurden Personen verletzt?«, wollte die rotblonde Kommissarin von ihrer quirligen jungen Kollegin wissen.
»Keine Ahnung, die Anruferin war völlig neben der Spur, konnte kaum sprechen. Ich bin froh, dass ich die Worte Raub und Dünendiele verstanden habe.«
»Wir fahren sofort los«, verkündete Enno.
Der hochgewachsene und wuchtige Oberkommissar durchquerte zusammen mit Mona die Wache, denn ihr ziviles Dienstfahrzeug war auf dem Hof hinter dem Gebäude geparkt. Die Ermittler stiegen in das Auto und brausten los. Enno schaltete nur das Blaulicht, nicht aber das Martinshorn ein. Vielleicht befand sich der Täter noch in der Nähe und es gab die Chance, ihn zu überrumpeln.
Die Dünendiele war ein uriges Lokal, das sich auf halbem Weg zwischen dem Hauptbadestrand und dem Hoge Hörn befand. So hieß der östlichste Punkt von Borkum. Dort konnte man bei klarer Sicht bis zur Nachbarinsel Juist hinüberblicken. Mit dem Auto benötigte man höchstens zehn Minuten, um von der Polizeiwache aus zum Ort des Überfalls zu gelangen. Allerdings war es nicht möglich, bis direkt zum Lokal zu fahren. Dieses konnte man nur über Fußwege vom Strand oder von der Hindenburgstraße aus erreichen. Auch die Vorräte mussten mit Handkarren oder Fahrradanhängern herbeigeschafft werden. Doch gerade diese Abgelegenheit machte den Charme des windschiefen Gebäudes aus, das über eine treue Stammkundschaft verfügte. Auch Mona hatte dort bei ihren Joggingrunden schon die eine oder andere Rhabarberschorle zu sich genommen.
»Hoffentlich ist Heike nichts passiert«, dachte sie laut nach, während sie ihren Blick über die Dünenlandschaft hinter der Wohnbebauung schweifen ließ.
»Oder einem ihrer Gäste«, ergänzte der Ostfriese, während sie so schnell wie möglich über die Hindenburgstraße bretterten. Zum Glück herrschte wenig Verkehr. Im Gegensatz zu anderen Ostfriesischen Inseln war Borkum nicht komplett autofrei, doch große Teile der Insel standen unter Naturschutz und durften nicht befahren werden.
»Natürlich, am besten sollte niemand zu Schaden gekommen sein, Enno. Es ist nur so, dass ich die Besitzerin ganz gut kenne. Ich würde sie beinahe schon als Freundin bezeichnen.«
Und das will etwas heißen, fügte die Kommissarin in Gedanken hinzu. Ihre kratzbürstige Art machte es ihr oft schwer, Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen. Doch das war jetzt nebensächlich. Momentan kam es darauf an, den Täter dingfest zu machen.
Enno brachte das Auto an der Einmündung des Dünenpfads zum Stehen. Mona sprang aus dem Wagen, zog ihre Pistole und sprintete Richtung Dünendiele. Obwohl es nur wenige Hundert Meter bis zu dem Lokal waren, kam ihr der Weg unendlich lang vor. Der Oberkommissar folgte seiner Kollegin. Er war rund zwanzig Jahre älter als Mona sowie um etliche Kilos schwerer. Es lag auf der Hand, dass er nicht so schnell rennen konnte wie sie.
Die Dünendiele bestand aus einem rechteckigen roten Backsteingebäude sowie einem hölzernen Anbau. Es gab auch einen Außenbereich, in dem zwei Strandkörbe sowie einige Holztische und Klappstühle standen. Dort erblickte Mona ungefähr ein halbes Dutzend Menschen. Sie hatten sich zusammengedrängt wie eine Schafherde, deren Mitglieder sich gegenseitig vor einem Wolfsangriff zu schützen versuchen. Mona erkannte nur die Wirtin, bei den übrigen Personen handelte es sich vermutlich um Gäste. Heike Grothaus hielt eine junge Frau umarmt, die totenbleich war und am ganzen Körper zitterte. Sie schien eine Bedienung zu sein, denn die Kommissarin bemerkte an ihr eine Schürze und ein großes Gastro-Portemonnaie.
»Polizei Borkum!«, rief Mona und hielt mit der linken Hand ihren Dienstausweis hoch. Die meisten Menschen waren verständlicherweise beunruhigt, wenn jemand mit gezogener Waffe vor ihnen auftauchte.
Die Inhaberin löste sich sanft aus dem Klammergriff der Kellnerin und trat auf die Kommissarin zu: »Gut, dass ihr so schnell kommen konntet, Mona. Der Dreckskerl ist vielleicht noch in der Nähe!«
»Bitte erzähl mir genau, was geschehen ist, Heike.«
Als die Wirtin wieder den Mund öffnete, kam auch Enno keuchend näher. Beide Ermittler hörten sich nun ihren Bericht an: »Ich war in der Küche und bereitete den Mittagstisch vor, als meine Angestellte laut schrie.« Heike Grothaus zeigte auf die verängstigte junge Frau und fuhr fort: »Also lief ich nach draußen, um nachzusehen. Da stand ein Kerl mit einer Teufelsmaske vor Jana. Er bedrohte sie mit einem langen Messer!«
»Ich glaubte, sterben zu müssen«, ergänzte die Bedienung. Ihre Stimme klang belegt, der Schock stand ihr immer noch ins Gesicht geschrieben.
»Sagte die Person etwas zu Ihnen?«
Die Antwort auf Monas Frage bestand in einem Kopfschütteln.
»Nein, er wandte sich schnell wieder von mir ab und ging zu den Herrschaften, die in dem linken Strandkorb saßen.«
Mit diesen Worten zeigte Jana auf ein Ehepaar, das nach Monas Schätzung zwischen sechzig und siebzig Jahren alt war. Beide trugen Outdoor-Allwetterjacken, wie man es in der kühlen Jahreszeit oft bei Borkum-Urlaubern sah.
»Ich dachte, dass der Verbrecher Geld und Wertsachen will«, sagte der Mann. Einigermaßen gefasst fuhr er fort: »Also haben wir ihm unsere Portemonnaies und unsere Handys gegeben.«
»Hat der Täter mit Ihnen gesprochen?«, hakte die Kommissarin nach.
Der Senior und seine Gattin verneinten übereinstimmend.
Nun meldete sich ein hagerer Mann mit Cordjacke und Kniebundhose zu Wort: »Auch ich habe dem Kerl mein Geld ausgehändigt. Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass ich auf so einer friedlichen Insel wie Borkum ausgeraubt werde.«
»Hat der Verdächtige Sie denn dazu aufgefordert, ihm Ihr Geld zu geben?«, fragte Mona.
»Nein, junge Frau. Aber seine Geste mit dem Messer und der freien Hand konnte man unmöglich missverstehen.«
Der Cordjackenträger ahmte nach, wie der Räuber ihn mit rechts bedroht und gleichzeitig die linke Hand fordernd ausgestreckt hatte.
Die Ermittlerin nickte.
Enno befragte inzwischen die übrigen Anwesenden. Offenbar hatte der Maskierte nur diese drei Personen bestohlen, die anderen Gäste aber in Ruhe gelassen. Dann war er zu Fuß in die Dünen geflohen.
»Wir benötigen eine möglichst genaue Beschreibung des Täters«, bat Mona.
Doch dieser Wunsch schien sich nur schwierig erfüllen zu lassen. Heike Grothaus, ihre Bedienung und die Gäste waren sich über die Größe des Mannes uneins. Die Angaben schwankten zwischen eins siebzig und eins achtzig. Gesichert schien nur seine schlanke Figur. Er war mit einer Regenhose für Radfahrer und einem dunklen Kapuzenpullover bekleidet.
»Niemand hat den Räuber sprechen hören«, stellte Mona fest. »Es könnte sich also auch um eine Frau mit einer eher knabenhaften Figur handeln.«
»Ausschließen lässt sich das nicht«, gab die Wirtin zu. »Mir fällt noch ein, dass der Kerl Handschuhe trug. Falls er also eine Sie ist und lackierte Fingernägel hat, wäre es uns nicht aufgefallen.«
»Wer hat die Polizei angerufen?«, wollte die Kommissarin wissen.
»Das war ich«, sagte Jana. Die Kellnerin schien sich inzwischen etwas beruhigt zu haben, jedenfalls zitterte sie nicht mehr. Sie ergänzte: »Ich habe mein Handy herausgeholt, sobald der Räuber hinter einem Dünenkamm verschwunden war. Ich handelte, ohne nachzudenken.«
»Nachdem Jana mit euch telefoniert hatte, wäre sie beinahe zusammengebrochen«, erklärte Heike Grothaus. »Du bist sehr tapfer gewesen, mein Mädchen.«
Sie unterstrich ihre Worte, indem sie zärtlich die Wange ihrer Angestellten liebkoste. Mona wusste, dass die Gastwirtin ein sehr familiäres Verhältnis zu ihren wenigen Mitarbeitern pflegte. Sie behandelte diese eher wie Familienmitglieder. Man hätte Heike Grothaus und Jana glatt für Mutter...
Erscheint lt. Verlag | 24.3.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung |
ISBN-10 | 3-96586-550-1 / 3965865501 |
ISBN-13 | 978-3-96586-550-1 / 9783965865501 |
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