Täuschung (eBook)
832 Seiten
Siedler (Verlag)
978-3-641-29736-7 (ISBN)
»Trumps ?Lieblingsfeindin?.« Süddeutsche Zeitung
»Sie kennt Trump wie kaum eine andere Journalistin.« Stern
»Das Buch, das Trump mehr fürchtet als jedes andere.« Axios News
Sie ist Donald Trumps erklärte Lieblingsfeindin unter den Journalisten, niemand hat die Berichterstattung über den Präsidenten stärker geprägt als sie: Maggie Haberman erhielt für ihre Reportagen den Pulitzer-Preis und hat das Phänomen Trump ergründet wie kein anderer. Er selbst nennt sie »meine Psychiaterin«. Immer wieder ist sie es, die als erste über Trumps Machenschaften berichtet. Als Boulevardreporterin der New York Post und spätere Korrespondentin der New York Times hat sie bereits seit über zwanzig Jahren den Weg des vermeintlichen Selfmade-Millionärs von New York ins Weiße Haus aus der Nähe verfolgt. In diesem Buch erzählt sie die ganze Geschichte - vom langen Aufstieg eines Mannes, der als genialer Manipulator und politischer Hochstapler das höchste Amt der USA ergriff und nun trotz Anklage erfolgreich an seinem Comeback arbeitet. Was genau treibt ihn an? Wer sind die Menschen, die ihm den Weg zur Macht ebneten? Und was kann ihn noch stoppen, abermals Präsident zu werden? Ein brillant recherchierter und hochaktueller Report aus dem Innern der Machtmaschine Trump - und zugleich das Porträt eines Landes, das er für immer verändert hat.
Maggie Haberman, geboren 1973, gehört zu den investigativen Top-Journalisten in den USA. Sie schrieb seit 1996 als Reporterin für die »New York Post« und die »New York Daily News« sowie das Magazin »Politico«. Seit 2014 ist sie politische Analystin für CNN, 2015 wurde sie Korrespondentin der »New York Times« für das Weiße Haus. Ihr umfangreiches Wissen über Donald Trumps Werdegang, seine Methoden und seine Organisation brachte ihr zugleich den Ruf als eine seiner entschiedensten Kritikerinnen und das Vertrauen des ehemaligen Präsidenten ein, der sie »meine Psychiaterin« nennt. Für ihre Berichterstattung über Russlands Manipulation der US-Wahl 2016 erhielten sie und ihr Team 2018 den Pulitzer-Preis.
Kapitel 1
Die Macht des negativen Denkens
Am Morgen des 21. November 1964[1] begleitete der 18-jährige Donald Trump seinen politisch gut vernetzten Vater zur feierlichen Eröffnung der Verrazzano-Narrows Bridge, die den Brooklyner Ortsteil Bay Ridge mit Staten Island verbindet. Vor der um 11 Uhr beginnenden Zeremonie schlängelten sich 52 Limousinen, die das ganze übliche Spektrum von Politikern und sonstigen einflussreichen Figuren transportierten,[2] durch die Straßen von Bay Ridge, um zum Brooklyner Ende der Brücke zu gelangen.
Ganz vorn in der Reihe der Würdenträger, die sich hinter dem durchzuschneidenden Band drängten, stand der Vorsitzende der verantwortlichen Triborough Bridge and Tunnel Authority, Robert Moses. Seine Art, mit eiserner Faust Machtpositionen zu sichern und Baupläne durchzusetzen, trug ihm die Bewunderung von Trump Junior und Senior gleichermaßen ein. Gerade dieses Projekt aber hatte sich selbst für Moses als eine wahre Herkulesaufgabe erwiesen; erst nach Jahrzehnten voller gescheiterter Versuche, die beiden Bezirke miteinander zu verbinden, konnte es verwirklicht werden. Fünf Männern wurde schließlich ein Satz goldener Scheren gereicht, darunter der New Yorker Bürgermeister, der Gouverneur des Bundesstaates, und Moses, der designierte Zeremonienmeister.
Auf ein Zeichen hin durchschnitten sie das Band, und dann fuhr der ganze Tross über die Brücke nach Staten Island hinüber,[3] wo das offizielle Programm abgehalten werden sollte. Dort angekommen, zog sich der Ingenieur Othmar Ammann, der das immer wieder aufgeschobene Hängebrückenprojekt entworfen hatte, auf die Zuschauertribüne zurück.[4]
Donald Trump sollte die 80-minütige Feier später als »trauriges Erlebnis«[5] bezeichnen, das ihm eine Lehre fürs Leben gewesen sei. In seiner Schilderung regnete es an jenem Tag in Strömen,[6] und Ammann habe ganz allein dagestanden, während andere über seine Schöpfung redeten und ihm praktisch keine Beachtung schenkten. »Stundenlang prasselte der Regen herunter, während all diese Blödmänner vorgestellt und gefeiert wurden«, erinnerte sich Trump 1980 im Gespräch mit dem New York Times-Reporter Howard Blum. »Ich dachte nur, jetzt kriegen all die Politiker, die gegen das Brückenprojekt waren, hier ihren Beifall. Aber da hinten in der Ecke, da mitten im Regen steht dieser Mann, dieser 85-jährige Ingenieur, der aus Schweden kam und diese Brücke entworfen hat, der sein ganzes Herzblut dafür gegeben hat, und dann erwähnt kein Mensch auch nur seinen Namen. Da, in diesem Moment, ist mir klargeworden, dass du immer der Dumme bist, wenn du alles mit dir machen lässt«, sagte Trump zu Bloom. »Damals ist mir etwas klargeworden, das ich nie wieder vergessen sollte: Ich werde mich von niemandem zum Trottel machen lassen.«
Mit seiner Wahrnehmung der Veranstaltung schien Trump allerdings ziemlich allein dazustehen. »Die Sonne schien, der Himmel war wolkenlos«, so lauteten am Folgetag in der Times die ersten Zeilen von Gay Taleses Bericht[7] über die Feier im Jahr 1964. Es gab keinen Regen. Ammann war Schweizer, kein Schwede, und er lebte zum Zeitpunkt der Brückeneröffnung seit Jahrzehnten in den Vereinigten Staaten, nachdem er 1904 aus der Schweiz eingewandert war.[8] Und tatsächlich gehörte Ammann zu den ersten Personen, die Moses während der Feier aufrief, damit ihm der verdiente Beifall zuteil wurde. »Ich möchte jetzt einen dieser bedeutenden großen Männer unserer Zeit bitten – bescheiden, zurückhaltend, allzu oft übersehen bei solch prachtvollen Anlässen –, ich bitte ihn, sich zu erheben und sich würdigen zu lassen. Denn angesichts all der versammelten Prominenz wissen Sie womöglich gar nicht, wer er ist«, sprach Moses ins Mikrofon. »Meine Freunde, ich bitte euch, nunmehr auf den größten lebenden Brückeningenieur[9] zu blicken, vielleicht den größten aller Zeiten. Ein Schweizer, der seit sechzig Jahren in diesem Land lebt, hier gelebt und auf großartige Weise gewirkt hat.«
Ammann erhob sich und nahm die stürmischen Ovationen des Publikums entgegen. Eins allerdings vergaß Moses tatsächlich – Ammanns Namen zu erwähnen, ganz offensichtlich ein Versehen. Vielleicht war das der Keim von Trumps Erzählung, die ansonsten weitgehend seiner Fantasie entsprungen war. Trumps Unterstellung, Ammann sei zum »Trottel« gemacht worden, verrät die grundsätzliche Überzeugung, dass andere Leute einem stets am Zeug flicken wollen und dass ein Verhalten, von dem man sich auf den Schlips getreten fühlt, niemals unabsichtlich sein kann.
Aus welchem Grund auch immer Trump dieses Ereignis aufgegriffen und zu einer Art Ursprungsmythos gemacht hat, er erwies sich damit von Anfang an als wenig verlässlicher Chronist seiner eigenen Lebensgeschichte. Seine Schilderung blieb über Jahre unüberprüft, aus nachvollziehbaren Gründen: Warum sollte irgendwer glauben, dass solche anschaulichen Details schlicht unwahr sein könnten?
Auch ohne fantasiereiche Ausschmückungen war an diesem Tag jede Menge Macht versammelt, die Trump in sich aufnehmen konnte. Die Leute, die etwas zu sagen hatten und zu denen sein Vater unbedingt gehören wollte, waren alle gekommen und rückten jetzt ihren eigenen Beitrag zur Vollendung des Projekts ins rechte Licht. Doch Trumps Hauptinteresse galt gar nicht mal der Art von Macht, Einfallsreichtum oder Einfluss, die einem Einladungen zur Einweihung von Bauprojekten einbringen, obwohl er schon damals sehr wohl durchblicken ließ, dass er vorhabe, dereinst erstklassige Immobilien in New York City zu besitzen. Nein, ihm ging es in erster Linie darum, ein Star zu werden.
In jenem November war Trump als Student im ersten Jahr[10] an der Fordham University in der Bronx eingeschrieben. Die Uni, die nicht gerade als akademische Eliteeinrichtung galt, war nicht seine erste Wahl gewesen. Später sollte Trump prahlen, er habe die Wharton Business School an der University of Pennsylvania besucht, doch eigentlich hatte er noch mehr damit geliebäugelt, an der University of California Film zu studieren.[11] Im privaten Kreis erzählte Trump immer wieder, sein Vater sei dagegen gewesen und habe gewünscht, dass er in das Familienunternehmen einsteige. Doch als ich ihn einmal darauf ansprach, stellte er die Sache anders dar: »Damit hatte er nicht viel zu tun, weil ich eigentlich gar nichts davon erzählt habe«, erklärte er. »Das Kino habe ich immer geliebt, aber ich bin trotzdem froh, dass ich’s nicht gemacht habe.«
Sein Leben lang sollte Trump eine Leidenschaft für das Kino pflegen, selbst noch, als er sich für eine Karriere in der weniger glamourösen, oft eher zwielichtigen Welt des New Yorker Immobiliengeschäfts entschieden hatte. Seine Vorstellung von lohnenden Grundstücken bewegte sich immer im denkbar größten Rahmen. »Ich wollte es aufregender machen, und wissen Sie, ich habe immer das Showgeschäft geliebt und auch andere Dinge, aber ich glaube, wir haben ein bisschen Showgeschäft ins Immobiliengeschäft gebracht«, erklärte Trump später. Er hatte irgendwann begriffen, dass er für Projekte, aus denen nie etwas wurde, genauso viel Presse kriegen konnte wie für solche, die er zum Abschluss brachte.
Zum Teil hatte Donald das von seinem Vater gelernt. Fred Trump besaß selbst ein Talent fürs Dramatische und dafür, die Aufmerksamkeit der Presse zu erhaschen, auch wenn er offenbar nicht ganz so gierig danach war wie sein Sohn. Hin und wieder benutzte Fred Trump ein Pseudonym, Harry Green, um von Auftragnehmern »ehrliche Preise« zu erlangen. Er glaubte, sie würden mehr Geld fordern, wenn sie seine wahre Identität kannten. Als Donald diese Praxis später übernahm[12] und sich hin und wieder John Barton oder John Miller nannte, geschah dies zum einen aus geschäftlichen Gründen, zum anderen aber auch, um als sein eigener Publizist zu fungieren, wenn er in eher trivialen Angelegenheiten mit Reportern zu tun hatte, etwa was seine Frauenkontakte betraf.
In erster Linie war Fred Trump ein geschickter Geschäftsmann, dem es gelang, in großem Maßstab Wohnungen für die Mittelschicht zu bauen. Er verstand es, schnell und kostengünstig zu arbeiten und sich nützliche politische Kontakte zu verschaffen. Für Dienste, die über Steuergelder finanziert wurden, und Bürgern mit beschränkten Mitteln zugute kamen, hatte Fred wenig Sinn und behandelte staatliche Stellen so, als wäre es ihr vornehmster Zweck, den Interessen der Geschäftsleute zu dienen – und nicht etwa ebendiese Geschäftsleute zu drangsalieren und zu behindern.
Viele der New Yorker Immobilienfirmen waren zu der Zeit Familienunternehmen, einige von Patriarchen geführt, die ihre Kinder dazu abrichteten, ihre Nachfolge zu übernehmen. Anders als manche seiner Kollegen auf dem New Yorker Immobiliensektor machte Fred seinen Sprössling aber nicht vor anderen Leuten lächerlich, sondern rühmte Donald in der Öffentlichkeit. Freds privates Verständnis von Vaterschaft dagegen – von Familienmitgliedern und Bekannten als wenig unterstützend beschrieben, da er seine Kinder gegeneinander ausspielte und seinen Ehrgeiz einzig darauf richtete, ein Herrschaftsgefüge finanzieller Mechanismen zu schaffen, das der Profitmaximierung diente – war eher geeignet, für das Wohl einer Firma zu sorgen als für das einer Familie. Diese Lebenseinstellung war etwas, das Fred Trump an seinen Sohn...
Erscheint lt. Verlag | 4.10.2022 |
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Übersetzer | Christiane Bernhardt, Sylvia Bieker, Pieke Biermann, Gisela Fichtl, Katharina Martl, Karsten Singelmann, Ulrike Strerath-Bolz, Anke Wagner-Wolff, Henriette Zeltner-Shane |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Confidence Man: The Making of Donald Trump and the Breaking of America |
Maße | 150 x 150 mm |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | 2022 • 2024 • Administration • Anklage • CNN • Comeback • confidence man • Don King • eBooks • Geschichte • Hochstapler • Ivanka Trump • jared kushner • Liz Cheney • Machtmissbrauch • Manhattan • Mar-a-Lago • midterm • midterms • Mike Tyson • Neuerscheinung • New York • New York Times • Populismus • Präsident • Präsidentschaftskandidat • Pulitzer-Preis • Razzia Donald Trump • Razzia FBI • Roger Stone • Sturm auf das Kapitol • Trump 2024 • US-Präsident • US-Präsidentschaftswahlen • Verhaftung • Washington • Weißes Haus • West Wing |
ISBN-10 | 3-641-29736-2 / 3641297362 |
ISBN-13 | 978-3-641-29736-7 / 9783641297367 |
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Größe: 23,6 MB
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