Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Bauch frei! (eBook)

Ein Plädoyer für eine selbstbestimmte Schwangerschaft
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
192 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01159-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bauch frei! -  Marlene Hellene
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
(CHF 9,75)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Zeit für ein neues Bauchgefühl! Die Bestsellerautorin und Kolumnistin Marlene Hellene schreibt über neun Monate im Leben einer Frau, die in höchstem Maße aufgeladen sind mit gesellschaftlichen Zuschreibungen und Erwartungen. Sie thematisiert, worüber kaum jemand spricht, was aber dennoch real ist: die Zweifel (War das wirklich eine gute Idee?), die körperliche Anstrengung (Wo bleibt der versprochene Glow?) - und vor allem die Tatsache, dass der schwangere Körper plötzlich zum Allgemeingut wird (Gehört mein Körper noch mir oder schon allen anderen?), wie Übergriffigkeiten und Erwartungsdruck Frauen zusetzen und wie sehr sie insbesondere als Mütter und werdende Mütter um Selbstbestimmtheit kämpfen müssen. Ein überfälliges Plädoyer für ein neues Bauchgefühl. «Wenn Sie finden, dass Schwangere die Klappe halten sollten, wird dieses Buch Sie wahnsinnig machen. Für alle anderen ist es eine aufklärende und bereichernde Lektüre, teils lustig, teils beruhigend und teils wütend machend. Also genau richtig.» Margarete Stokowski

Marlene Hellene, geboren 1979, begeistert auf X und Instagram mit ihren Texten und Posts. Texte der Autorin erscheinen u. a. in der SZ, bei zeitonline und regelmäßig in der Brigitte Mom. Ihre Bücher 'Man bekommt ja so viel zurück' und 'Zu groß für die Babyklappe' waren Bestseller. Sie lebt mit ihrer Familie in Karlsruhe. Twitter: Lilli Marlene@MarleneHellene, Instagram:@marlenehellene

Marlene Hellene, geboren 1979, begeistert auf X und Instagram mit ihren Texten und Posts.Texte der Autorin erscheinen u. a. in der SZ, bei zeitonline und regelmäßig in der Brigitte Mom. Ihre Bücher "Man bekommt ja so viel zurück" und "Zu groß für die Babyklappe" waren Bestseller. Sie lebt mit ihrer Familie in Karlsruhe. Twitter: Lilli Marlene@MarleneHellene, Instagram:@marlenehellene

1 Schwanger


«Herzlichen Glückwunsch, Sie sind schwanger!»

Herzlichen Glückwunsch. Jeder sagt es, kaum jemand meint es in seiner allumfassenden Bedeutung. Weil nämlich kaum jemand Folgendes meint:

«Hey, wie krass, Sie hatten einen Eisprung! Ihr Eibläschen hat eine Größe von 15 bis 20 Millimeter erreicht, ist geplatzt und hat eine Eizelle freigegeben. Eine Eizelle, die bereits seit Ihrer Geburt in Ihrem Körper vorhanden war. Nachdem die Eizelle lustig aus dem Eibläschen katapultiert wurde (ein Vorgang, den Sie vielleicht kurz schmerzhaft gespürt haben, während Sie im Bus saßen, einen Vortrag gehalten haben oder vielleicht sogar Sex hatten), wurde sie vom Ende des Eileiters geschickt aufgefangen. Muskelbewegungen und feine Härchen transportierten die Eizelle dann im Eileiter langsam weiter, wo sie durch eine männliche Samenzelle (die bis zu diesem Punkt schon eine megalange und beschwerliche Reise durch Ihren Körper hinter sich hatte – man denke an den Vorspann des Kultfilms ‹Kuck mal, wer da spricht›) befruchtet wurde. Zwischenzeitlich hat sich Ihre Gebärmutterschleimhaut schön kuschelig sechs bis sieben Millimeter dick aufgebaut, um die befruchtete Eizelle in einem gemütlichen Bettchen aufzunehmen. Nach der Befruchtung wanderte die Eizelle, die sich währenddessen auch noch munter mehrfach teilte, vier bis fünf Tage auf abenteuerlichem Weg durch den Eileiter in Ihre Gebärmutter, wo sie sich geschickt in ihr vorbereitetes Gebärmutternest einnistete. Bei diesem Vorgang haben eine Menge Hormone, Drüsen und allerlei andere Körperfunktionen mit komplizierten lateinischen Namen perfekt und punktgenau zusammengearbeitet. Eine klitzekleine Störung hätte das Werk sofort beendet, und Ihre Regelblutung hätte eingesetzt. WOW! Herzlichen Glückwunsch! Sie sind schwanger.»

Jetzt muss man natürlich den meisten Menschen zugutehalten, dass sie diesen Vorgang kaum in solchem Ausmaß auf dem Schirm haben. Die meisten denken sich nicht viel, wenn sie zu einer Schwangerschaft gratulieren. Allerhöchstens kichern sie innerlich wie ein elfjähriges Kind auf dem Schulhof und denken sich «Hihi, da hatte jemand Sex» (wobei das nicht mal stimmen muss, auch eine künstliche Befruchtung oder eine Samenspende kommen ja infrage).

Ich allerdings hatte diesen Vorgang sehr wohl auf dem Schirm. Dummerweise. Aber fangen wir von vorn an: Ich war einunddreißig Jahre alt, als ich beschloss, mich fortzupflanzen. Ich hatte in den zurückliegenden Jahren genug gelebt, gearbeitet, Geld verdient, Geld ausgegeben, geliebt, gefeiert, getanzt, geweint und gelacht. Ich fühlte mich bereit. Bereit, Mutter zu werden. Was natürlich ziemlich absurd ist. Das ist genau so, als würde man plötzlich beschließen, bereit zu sein, ein Braunbär zu werden oder Bewohnerin eines anderen Sonnensystems. In Wahrheit hat man nämlich absolut keine Ahnung, auf was man sich da einlässt. Genau genommen war ich also höchstens bereit für das Unbekannte.

Jetzt stehe ich nicht besonders auf das Unbekannte. Ich bin ein sehr planvoller Mensch. Ich möchte gerne im Vorfeld wissen, was mich erwartet, und vor allem, was dabei von mir erwartet wird. Allerdings hielt ich nicht die Mutterschaft für das unbekannte Terrain. Mütter sah ich schließlich jeden Tag irgendwo. Ich sah sie im Café, auf der Straße und im Fernsehen. Sie begegneten mir im Supermarkt und bei Ikea. Ich hatte Freundinnen, die Mütter waren. Die Person, die mich geboren und aufgezogen hat, die Person bei deren Anruf das Wort «Mama» auf meinem Handydisplay erscheint, ist Mutter. Meine eigene sogar. Ich wusste, dass Mütter ihre Kinder mit Nahrung, Kleidung und einem Dach überm Kopf versorgen. Mütter spielen Brettspiele und basteln Einladungskarten für Kindergeburtstage. Mütter schlafen wenig und küssen viel. Mütter haben Feuchttücher in der Handtasche und wissen immer, wo die nächste öffentliche Toilette ist. Mütter lieben und werden geliebt. Nein, Mutterschaft erschien mir nicht fremd. Mittlerweile habe ich Bücher damit gefüllt, was ich alles vorher nicht wusste, aber damals war der unbekannte Faktor, das X in der Gleichung, für mich die Schwangerschaft. Natürlich hatte ich auch schon Schwangere gesehen, ich durfte pralle Babybäuche streicheln und positive Schwangerschaftstests bewundern. Aber selbst schwanger zu sein und zu werden, war für mich nicht vorstellbar. Also nicht vorstellbar im Sinne von «Wie soll das gehen?». Sie brauchen jetzt nicht überrascht zu schauen, das grundsätzliche Konzept des «Wie» hatte ich schon verstanden. Darin war ich sogar einigermaßen geübt. Vielleicht sogar routiniert. Aber jetzt komme ich darauf zurück, was ich bereits angedeutet habe: das Wissen über den genauen biologischen Vorgang. Ich hatte den Fehler begangen, mich intensiv damit vertraut zu machen. Der Vorbereitung wegen. Sie verstehen. Ich hatte mich vertraut gemacht mit dem Vorgang des Eisprungs, der Zellteilung, der Einnistung. Ich hatte Fachaufsätze gelesen, mir Grafiken dazu angesehen und hübsche kleine Piktogramme bewundert. Und ich bekam Panik. Ich konnte nicht Nidation oder Zygote oder Meiose. Niemals. Ich wusste nicht, wie ich die Härchen in meinen Eierstöcken dazu bringen sollte, eine befruchtete Eizelle voranzuschieben. Ich wusste nicht mal, dass ich da Haare habe. Ich dachte, alles über meine Haare zu wissen. Es war mir schleierhaft, wie ich meine Gebärmutterschleimhaut auf exakt die richtige Dicke anwachsen lassen sollte oder wie oft ich die Zellteilung durchführen musste. Die Begriffe Zygote, Morula und Blastozyste klangen für mich eher wie irgendwas aus dem Star-Trek-Universum und nicht wie etwas, das mich schwanger werden lassen sollte. Ich sah mich also mit all diesen krassen körperlichen Abläufen konfrontiert und war überzeugt, nie und nimmer könnte mir das gelingen. Nie und nimmer würde ich schwanger werden. Nie und nimmer könnte ich Leben entstehen lassen.

Der Misserfolg gab mir recht. Auch nach mehreren Monaten des gezielten Körpervollkontakts wurde ich nicht schwanger. Ich pinkelte auf Ovulationstests, auf Schwangerschaftstests und dabei meist auch auf meine Hände. Das Ergebnis war immer gleich frustrierend. Ich war traurig, genervt, und irgendwann wurde ich wütend. Wütend über meine Machtlosigkeit und wütend über den Verlust der Kontrolle über meinen eigenen Körper. Aber vor allem wütend über die verdammte Ungerechtigkeit, die mit dem Thema Schwangerschaft einhergeht. Sandra wird von irgendeinem Christian, dessen Nachnamen sie nicht kennt, nach einer hektischen Viertelstunde auf der Diskotoilette ungewollt und unverhofft schwanger. Julia und Lorenz hetzen seit Jahren von einem Kinderwunschzentrum zum nächsten, sie verlieren ihre Ersparnisse, ihre Hoffnung und vielleicht sogar ihre Liebe. Katja und Kai verkünden fröhlich einen Monat nach der Hochzeit im Freundeskreis ihre Schwangerschaft («Wir hätten selbst nicht gedacht, dass es so schnell geht, hihihi …»). Und Sabine? Die verliert ihr Kind nach zehn Wochen Schwangerschaft auf der Bürotoilette. Zusammengekrümmt, alleine und voller Schmerz. Egal, wie mutmaßlich geeignet oder ungeeignet eine Person dafür ist, ein Kind zu bekommen. Egal, wie sehr sie es will oder nicht will. Egal, wie sehr sie sich bemüht oder es unterlässt. Der Körper entscheidet. Ohne, dass man dabei viel Mitspracherecht hätte. Die Entscheidung, schwanger werden zu wollen, ist letztlich nichts weiter als ein Wunsch. Die Entscheidung trifft nämlich allein der Körper. By the way: Wenn das Schwangerwerden schon so ungerecht und willkürlich ist, sollte doch zumindest die Entscheidung zum Abbruch einer Schwangerschaft allein und ausschließlich bei der Schwangeren liegen. Finden Sie nicht auch?

Jedenfalls, sehen wir der Tatsache ins Auge, ich bin ein Kontrollfreak. Mir einfach etwas zu wünschen und dann kräftig die Daumen zu drücken, ist nicht mein Ding. Schließlich ging es hier nicht um die Bescherung am Weihnachtsabend. Ich wollte tätig werden. Ich wollte handeln. Ich wollte jetzt schwanger werden. Jetzt, jetzt, jetzt (ja, vielleicht habe ich auch mit dem Fuß auf den Boden gestampft). Mein Körper sollte gefälligst so funktionieren, wie ich das von ihm verlangte. Ich vereinbarte also einen Termin bei meinem Frauenarzt, und wenige Tage später fand ich mich in seinem Büro wieder. Da saß er. Hinter seinem riesigen Schreibtisch, aus irgendeinem polierten Holz. Kirsche vielleicht. Teuer bestimmt. Egal, zu welcher Jahreszeit ich bisher bei ihm war, er ist immer braun gebrannt, was einen eindrucksvollen Kontrast zu seinem schlohweißen Haar und seinem persilweißen Poloshirt darstellt. Väterlich sieht er aus. Das denke ich jedes Mal, wenn ich ihn sehe. Mein Gynäkologe ist der stolze Vater, der seine erwachsene Tochter mit Tränen in den Augen zum Altar führt. Als hätte das ZDF ihn im Labor extra für diesen Job gezüchtet. Mich führte er jedoch nicht zum Altar. Mich führte er zum Gynäkologenstuhl, was deutlich weniger Anlass zur Rührung mit sich brachte, aber dafür war ich ja da. Er guckte und tastete, und schließlich kam sein Ultraschallgerät zum Einsatz. Gebannt schauten wir uns das graue Gekrissel auf dem Monitor an. Ich sah einen Ameisenhaufen, er sah Gebärmutter und Eierstöcke. Na, immerhin. Die Hardware war vorhanden. Dann runzelte er jedoch die Stirn: «So, wie es aussieht, müsste Ihr Eisprung vor Kurzem erfolgt sein. Ihre Gebärmutterschleimhaut gefällt mir aber nicht sonderlich. Die müsste viel dicker aufgebaut sein zu diesem Zeitpunkt im Zyklus. So kann sich eine befruchtete Eizelle nur schwerlich einnisten.»

ICH WUSSTE ES! Hatte ich es nicht gesagt?! Ich konnte das nicht. Ich war nicht in der...

Erscheint lt. Verlag 12.4.2022
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Buch für Mutter • Debatte • Eltern • Empowerment • Feministisches Debattenbuch • Geburt • Gewalt in der Geburtshilfe • Hebammennotstand • Lilli Marlene • Lustiges Buch für Eltern • Mutter • Mütter • Mutter werden • Paragraph 218 • Plädoyer • Populäres Sachbuch • Schwangerschaft • selbstbestimmte Schwangerschaft • Selbstbestimmung • Werdende Mütter
ISBN-10 3-644-01159-1 / 3644011591
ISBN-13 978-3-644-01159-5 / 9783644011595
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 2,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Wie aktivistische Wissenschaft Race, Gender und Identität über alles …

von Helen Pluckrose; James Lindsay

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
CHF 16,60
Wie aktivistische Wissenschaft Race, Gender und Identität über alles …

von Helen Pluckrose; James Lindsay

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
CHF 16,60
Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens

von Carlo Masala

eBook Download (2022)
Verlag C.H.Beck
CHF 12,65