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Wunschland (eBook)

Von irdischen Utopien zu Weltraumkolonien. Eine Reise in die Zukunft unserer Gesellschaft | Wissenschaft trifft Science fiction: Die Strategien der Menschheit für ein besseres Leben

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
512 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2750-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wunschland -  Stefan Selke
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Was wir schon jetzt über mögliche Zukünfte lernen können und wie wir uns darauf vorbereiten sollten Immer wieder erprobt die Menschheit das Leben in »idealen« Welten. Dazu zählten bislang etwa anarchistische Reformkommunen, eine spirituelle Weltbürger:innen-Stadt in Indien, hocheffiziente Smart Cities oder geplante Unterwasserstädte, aber auch Kolonien auf Mond und Mars. Das Wunschland findet sich immer wieder zwischen sozialen und technologischen Utopien und hat das Potenzial, die Welt zu verändern. Der Soziologe Stefan Selke zeigt anhand zahlreicher Inneneinsichten in real-utopische Projekte, welche gesellschaftlichen Transformationen es bislang gab und welche künftig zu erwarten sind. Techno-Propheten basteln Exit-Strategien für unseren kaputten Planeten: Schwimmende Mikronationen in internationalen Gewässern, Roboterstaaten mit eigener Gesetzgebung oder von Künstlicher Intelligenz gesteuerte Projekte zeugen vom Wettstreit zwischen sozialen und technologischen Innovationen. Stefan Selke liefert einen hoch spannenden Werkstattbericht aus dem Labor der Menschheit. Zugleich schaut er in den Rückspiegel und zeigt, was wir von bereits erprobten utopischen Projekten lernen können. Er fordert einen radikalen Perspektivwechsel für kooperative planetarische Gestaltungsstrategien - einen utopischen »New Deal«.

Stefan Selke landete nach einem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik bei der Soziologie und ist als Professor für »Gesellschaftlichen Wandel« an der Hochschule Furtwangen am Puls der Zeit. Der disziplinäre Grenzgänger und öffentliche Soziologe ist als Redner, Blogger sowie Gesprächspartner der Medien auch außerhalb der Wissenschaft präsent. Seinen persönlichen Perspektivwechsel erlebt Selke immer wieder beim Segelfliegen, gerne auch im Rückenflug. 2021 wurde Selke mit dem Wolfgang-Heilmann-Preis der Integrata-Stiftung zum Thema »Visionen für eine bessere Welt: Humane Utopien als Gestaltungrahmen für die nach-Corona-Gesellschaft« ausgezeichnet.   Er bloggt unter http://stefan-selke.tumblr.com, vernetzt sich unter www.facebook.com/selkestefan und sammelt seine Forschung auf www.stefan-selke.de.

Stefan Selke landete nach einigen Semestern Luft- und Raumfahrttechnik bei der Soziologie und ist inzwischen als Professor für »Gesellschaftlicher Wandel« an der Hochschule Furtwangen im Schwarzwald am Puls der Zeit. Als disziplinärer Grenzgänger und öffentlicher Soziologe ist er als Redner, Buchautor und Blogger sowie Gesprächspartner der Medien auch außerhalb der Wissenschaft präsent. Seinen persönlichen Perspektivwechsel erlebt Selke immer wieder beim Segelfliegen, gerne auch im Rückenflug. 2021 wurde Selke mit dem Wolfgang-Heilmann-Preis der Integrata-Stiftung zum Thema "Visionen für eine bessere Welt: Humane Utopien als Gestaltungrahmen für die nach-Corona-Gesellschaft" ausgezeichnet.   Er bloggt unter http://stefan-selke.tumblr.com, vernetzt sich unter www.facebook.com/selkestefan und sammelt seine Forschung auf www.stefan-selke.de.

Wenn Mars die Antwort ist, wie lautet die Frage?


Jede neue Welt beginnt mit riskanten Gedanken. Bislang brachte keine Branche mehr Utopielust hervor als die Raumfahrt, nirgends ist die Suche nach dem Wunschland aufregender: Sehnsuchtsvolles Streben, unermüdliche Experimente, gelegentliches Scheitern, aber auch kollektives Lernen – das ist der Spannungsbogen, der bisher den Aufbruch ins All prägte. Vor allem eine Mission verkörpert diese Eigenschaften in Reinform.

Apollo 13 ist die aufregendste Beinahe-Katastrophe der Raumfahrt. Auf dem Weg zur dritten Mondlandung bestanden die Astronauten Jim Lovell, Fred Haise und Jack Swigert das ultimative Abenteuer. Am dritten Tag ihrer Mission im Frühjahr 1970 explodierte 328.000 Kilometer von der Erde entfernt ein Tank mit Flüssigsauerstoff im hinteren Versorgungsteil des Raumschiffs. Die Kommandokapsel verfügte lediglich über Strom und Sauerstoff für eine weitere Viertelstunde. Der Ausfall der lebenserhaltenden Systeme war unmittelbar existenzbedrohend. Jack Swigerts coole Durchsage an Mission Control – »Houston, we have a problem« – wurde zum ikonischen Funkspruch. Mit viel Improvisation überlebten die Astronauten. Sie umrundeten den Mond in dem Teil des Raumschiffes, das eigentlich für die Mondlandung vorgesehen war, sie streckten die vorhandenen Vorräte an Sauerstoff, bastelten einen Adapter und hielten sich so weitere 90 Stunden am Leben. Die ganze Welt verfolgte das Drama. Der amerikanische Präsident Richard Nixon telefonierte vorsorglich mit den Partnerinnen der Astronauten. Millionen sahen live dabei zu, wie die Kapsel schließlich am Fallschirm im Pazifik landete. Nur 45 Minuten später betraten die drei Astronauten erleichert den roten Teppich auf einem Flugzeugträger. Der Name ihres Raumschiffs: »Odyssey«.

Odyssee zum Wunschland


Mit Apollo 13 hatte die NASA bewiesen, dass sie komplexe Probleme in den Griff bekommt. »Die Mission war nicht im eigentlichen Sinne erfolgreich«, erinnert sich der ehemalige Kommandant Jim Lovell 2020 anlässlich des 50. Jahrestags dieses besonderen Weltraumfluges, »aber sie zeigte, wie Menschen, die gemeinsam an einer Sache arbeiten, ein komplettes Desaster in etwas Positives umdrehen können.«3 Genau diese Denkart veranlasste Menschen immer wieder dazu, utopische Experimente zu starten und auf das Beste zu hoffen. Wer auch immer sich in Zukunft für eine bessere Welt engagieren wird, in dieser Mentalität findet sich eine der Grundlagen für Erfolg. Raumfahrt kann als Paradebeispiel für Utopielust dienen, denn dahinter verbirgt sich weit mehr als bloß ein technologisches Megaprojekt. Vielmehr ist Raumfahrt eine kulturelle Aufgabe, weil der Aufbruch ins All dazu zwingt, die richtigen Fragen über unsere Zukunft zu stellen.

Bislang hielten sich knapp 600 Menschen im All auf. Einer von ihnen ist José Moreno Hernández, der Astronaut, den ich in Houston im Aufzug traf. Seine Geschichte steht exemplarisch für die Sehnsucht nach einer besseren Welt. Als Kind von Wanderarbeitern pendelte Hernández jahrelang zwischen Mexiko und den USA, erst spät lernte er Englisch. Als er mit zehn Jahren den beiden Apollo-17-Astronauten beim bislang letzten Mondspaziergang zusah – zwei Jahre nach der Explosion auf der »Odyssey« –, beschloss er, später selbst Astronaut zu werden. Hernández verfolgte sein Ziel mit Ausdauer, erst mit seiner zwölften Bewerbung berief ihn die NASA 2003 als Missionsspezialist für den 37. Flug der Weltraumfähre »Discovery«. Sechs Jahre später war es endlich so weit: Hernández flog ins All.

Bemannte Raumfahrt war zu dieser Zeit schon recht hemdsärmelig geworden, etwas zwischen Paketdienst im Orbit und Wissenschaft mit Aussicht. Für Hernández blieb die Mission »STS-128« der einzige Raumflug. Genau 13 Tage, 20 Stunden und 54 Minuten durfte er im All verbringen. Damit rangiert er irgendwo zwischen den mutigen Pionieren, die kurze Abstecher in die Erdumlaufbahn machten, damit aber in die Geschichtsbücher eingingen, und den Langzeit-WG-Bewohnern der internationalen Raumstation ISS. Inzwischen ist Hernández Präsident und CEO von zwei Beratungsunternehmen, spezialisiert auf kosteneffiziente Weltraumtechnologien, PT Strategies4 und Tierra Luna Engineering.5 Damit ist er Teil einer Bewegung, die sich »New Space« nennt und die Privatisierung der Weltraumfahrt vorantreibt.6 New Space wird von privaten Investoren und Weltraummilliardären wie Richard Branson, Jeff Bezos und Elon Musk angeführt, die entweder von Weltraumhotels im Orbit, Massentourismus im All oder gar von Marssiedlungen träumen. Die neuen Weltraum-Gurus wollen nicht weniger als eine Zivilisationswende. Seit Branson und Bezos 2021 sogar persönlich in den Weltraum flogen, kennt die Begeisterung kaum noch Grenzen. Symbolik und Timing passen. Endlich gibt es wieder authentische Vorbilder und große Pläne. Millionen junger Menschen begeistern sich für eine Zukunft im All. Weltweit verfolgen Space-Enthusiasten die Vorbereitungen weiterer Missionen. Freiwillige treten an, um in Isolationsexperimenten Fernreisen zum Mars zu simulieren. Start-ups konkurrieren um Erfindungen, Zuwendungen und Investoren.

Alle zusammen sind sie Teil einer kollektiven Heldenreise, bei der es weniger darum geht, dass Einzelne ihr Ziel erreichen, sondern im Idealfall die ganze Menschheit. Auch wenn Raumfahrt von privilegierten Nationen und Personen betrieben wird, geht es am Ende doch immer darum, das Leben auf dem »Raumschiff Erde« zu verbessern. Letztlich sind wir daher alle – direkt oder indirekt – Teil eines groß angelegten Zivilisationsexperiments, dessen Ausgang noch ungewiss ist. Denn Missionen, die sich auf die Suche nach besseren Welten begeben, zeichnen sich durch ein wiederkehrendes Muster aus. Was als planvolle Suche nach dem Wunschland beginnt, endet allzu oft in einer »Quest« (von altfranzösisch: »queste«), einer »Irrfahrt«.7 Genau in diesem Sinne lässt sich die Menschheit als Gemeinschaft von Sinnsuchenden verstehen, die sich auf einer ständigen Pilgerfahrt zur Vollkommenheit befindet.

Auf der Suche nach dem neuen Leben wird die Reiseroute durch Wünsche und Erwartungen, Erfolge und Enttäuschungen sowie immer wieder durch die Hoffnung auf Neubeginn bestimmt. Denn so einfach ist es ja nicht, eine bessere Welt zu schaffen. »Auswandern und irgendwo einen Klub oder einen Minimalstaat auftun, der nach dem utopischen Rezept lebt«, so der wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus umstrittene Philosoph Hans Freyer hellsichtig, mache allein noch keinen Zivilisationswandel. Selbst utopisch grundierte Idealvorstellungen lösen sich nur selten vom Bekannten. Fast immer bestimmt die Herkunft der Utopisten auch die Vorstellung vom Wunschland. Wer also zukünftig von Weltraumkolonien, Marsstädten oder Unterwassersiedlungen träumt, muss nicht nur geografische oder technologische Grenzen überwinden, sondern zunächst einmal kulturelle und biografische Barrieren.

Leider gelingt das nur äußerst selten. Es ist auffallend, dass bislang so gut wie alle historischen Realexperimente mit gelebten Utopien »kläglich gescheitert« sind, so Freyer.8 Aus dem permanenten Zerfall utopischer Experimente leitet der Philosoph eine fundamentale Kritik an Utopien ab. Etwas mehr Entspannung wäre allerdings angebracht. Denn selbst in jämmerlichen Komödien und furchtbaren konzeptionellen Missgebilden real-utopischer Experimente lässt sich noch ein produktiver Beitrag zur Zukunft der Menschheit erkennen, wenn ihnen das Gift der Schwärmerei entzogen wird.

Bislang besteht die Odyssee der Menschheit aus vielen Etappen. Wer historische, konzeptionelle und geografische Perspektiven miteinander verbindet, erkennt nach und nach das faszinierende Bild zentraler Menschheitsexperimente und deren Langzeitfolgen. In diesem Buch geht es darum, diese Traditionslinie anhand ausgewählter Projekte nachzuzeichnen, bei denen sich Träume und innere Bilder in konkrete Orte und greifbare Lebensmodelle verwandelten. Zum Glück gibt es reichlich Anschauungsmaterial zu derartigen utopischen Versuchsanordnungen. Utopische Orte wurden und werden zu Lande, zu Wasser, unter Wasser sowie im Weltall geplant. Da ist die Lebensreformkolonie »Monte Verità« bei Ascona, um 1900 gegründet von Henri Oedenkoven und Ida Hofmann; Henry Fords Stadtstaat »Fordlândia« mitten im Amazonasbecken, eine ideale Company-Town, die in den 1930er-Jahren nach US-amerikanischem Vorbild errichtet wurde; »Levittown«, nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet von Abraham, Alfred und Bill Levitt – märchenhafter Prototyp amerikanischer Vorstädte; die spirituelle Weltuniversität und kosmopolitische Experimentalanordnung »Auroville« in Indien, die zeitgleich zum Space Age in den 1960er-Jahren entstand; oder »Celebration«, eine von Walt Disney ersonnene und schließlich in den 1990er-Jahren verwirklichte Zukunftsstadt.

Wer verstehen möchte, wie Utopien praktisch werden und was dabei alles passieren kann, kommt an diesen Fallbeispielen nicht vorbei. Aber wie genau hat sich die Erkenntnismelodie seit den ersten Versuchen geändert? Was könnten wir inzwischen alles besser machen? Diese Frage ist deshalb so zentral, weil selbst futuristische Utopien auf frühe Entwürfe zurückgreifen – allerdings ohne...

Erscheint lt. Verlag 10.3.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Sozialwissenschaften Soziologie
Technik Luft- / Raumfahrttechnik
Schlagworte Auroville • Eliten • Ethik • Gesellschaft • Innovation • Kooperation • Lebensfreform • Mars • Mond • Raumfahrt • Reportage • Science Fiction • Soziologie • Technik • Technologie • Transformation • Umbruch • Utopie • Vision • Weltall • Weltraum • Wissenschaft • Zukunft
ISBN-10 3-8437-2750-3 / 3843727503
ISBN-13 978-3-8437-2750-1 / 9783843727501
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