Lieben und geliebt werden
marix Verlag ein Imprint von Verlagshaus Römerweg
978-3-7374-1181-3 (ISBN)
Mit viel Humor schildert Éva Fahidi ihre Erfahrungen im sozialistischen Alltag und gewährt Einblicke in sehr private Bereiche ihres Lebens.
Éva Fahidi wurde 1925 in Debrecen/Ungarn geboren, 1944 mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester nach Auschwitz deportiert. Nur Éva überlebte die Shoa als Zwangsarbeiterin in Allendorf. 1945 kehrte sie nach Ungarn zurück, wo sie bis heute lebt. Im Kommunismus arbeitete sie als sogenannter »deklassiertes Element« auf dem Bau, später als Außenhandelsvertreterin im Stahlexport. Heute engagiert sie sich als Zeitzeugin gegen das Vergessen und Verleugnen des Holocaust.
Inhalt
Statt eines Vorworts
Kapitel 1
Mein Onkel Géza
- Asyl in Érsekújvár
- Ein Krämerladen und drei Universitäten
- Dr. Weil und seine schöne Frau
Kapitel 2
Pityu
- Was hast du dir dabei gedacht, Pityu?
- Hehre Ziele - Im Dienste der Gesellschaft
- Gehorsames Schweigen
- Das ist nicht, was ich will
- Ein böses Spiel
- Sztálinváros
- Credo in unam patriam?
- Wechselbad der Gefühle
- Die Akte István Radó
- Die beste aller möglichen Welten?
Kapitel 3
Lufbi
- Endlich glücklich
- Die Bátor-Jungs
- Mit dem Leben zufrieden
- Mit heiler Haut davongekommen
- Lufbi und der Plattensee
- Schluss, aus, vorbei?
Kapitel 4
Buksi
- Familie Pfeifer
- Von Glück sagen...
- Béla Pusztai und die Frauen
- Ländliche und urbane Identitäten
- Arrangierte Treffen
- Zwischen Hoffnung und Verzweiflung
- Wiedereintritt in die Partei?
- Die fröhlichste Baracke des Sozialismus?
- Die langen Jahre des Abschieds
Kapitel 5
Meine Familie
- Éva Kende, meine einzige Freundin
- Laci
- Scheuklappen
- Vater-Mutter-Kind
- Endlich Enkelkinder
- Großmutter spielen
Kapitel 6
Import Export
- Mein Einstieg in den Außenhandel
- Spitzeldienste
- Meine Erfahrungen bei Metalimpex
- Auto, Haus und Garten. Das Streben nach Besitz
- Die Grenzen passieren
- Alles lernen, alles wollen
- Meine Reisen nach Nordafrika
- Der Sozialismus und der Konjunktiv
- Meins? Deins?
- Rakete und Saratov
Kapitel 7
Mein Vater
Kapitel 8
Geschichte eines Scheiterns
- Intermezzo - Das Plakat
Kapitel 9
Strandflieder oder die Euphorie des Seins
Statt eines Vorworts
Am 1. Juli 2003, neunundfünfzig Jahre nach meiner Verschleppung nach Auschwitz-Birkenau, kehrte ich aus eigenem Entschluss dorthin zurück. Ich war damals achtundsiebzig Jahre alt. Danach wollte ich das Unsagbare aus mir "herausschreiben". Mithilfe des Zuspruchs und der Unterstützung meiner Familie und meiner Freunde schrieb ich das Buch Anima Rerum. Die Seele der Dinge , das 2004 in Ungarn erschien. Es hat mittlerweile die dritte Auflage erlebt und damit einen recht großen Leserkreis erreicht, wenn man bedenkt, dass ich nicht zu den etablierten Schriftstellerinnen gehöre. Darüber freue ich mich sehr und ich möchte allen, die mein Buch gelesen haben, dafür danken.
Schon vor 1947, dem Jahr, in dem das vorliegende Buch den Erzählfaden aus Anima Rerum wieder aufnimmt, erlebten nicht alle von uns das, was uns widerfuhr, auf die gleiche Art und Weise. Das gilt auch für die Jahre danach. Doch auch wenn Schmerz, hilflose Wut, Erniedrigung und Hass nicht für jeden das Gleiche bedeuten, so gibt es doch viele Erfahrungen, die wir teilen. Und wir haben eben - abhängig vom Datum unserer Geburt - eine Reihe von Jahren nach 1947 gemeinsam erlebt.
Mit dem Titel meines Buches, Lieben und geliebt werden, möchte ich keine falschen Hoffnungen wecken. Meine Ausführungen über den ungarischen Sozialismus geben ihn so wieder, wie ich ihn erlebt habe. Es geht mir nicht um die Schilderung tagespolitischen Geschehens. Ich liebe es, über Menschen zu schreiben, bisweilen ein bisschen mit scharfer Zunge zu sticheln, und nicht immer kann ich mir meinen Hang zur Ironie verkneifen. Schon so oft hat man mich gefragt, was ich für gut und was ich für wichtig halte, was ich tun würde, wenn... Man kann in der Tat viele Lehren ziehen aus etwas, was geschehen ist, diese dann auch in die Tat umzusetzen, ist eine andere Sache.
Die für mich wichtigste Lehre aus der Geschichte möchte ich an dieser Stelle deutlich herausstreichen: Es braucht ungefähr zweihundert Jahre, bis man wissen kann, was tatsächlich passiert ist. Denn nach einer so langen Zeit ist niemand mehr am Leben, der ein Interesse daran hätte, die historischen Tatsachen zu verdrehen. Diese allgemeingültige Weisheit stammt nicht von mir, sondern von Anatole France, den ich hier sinngemäß zitiere. Vor dem Hintergrund seiner Aussage kann ich denen, die die Geschichte heute verfälscht darstellen, nur prophezeien, dass die Nachwelt sie entlarven wird. Was sind schon zweihundert Jahre?
Eine persönliche Antwort auf die Frage, welche Konsequenzen ich aus dem, was geschehen ist, für wichtig erachte, fällt mir leichter: Ich wünsche mir, dass sich die Welt in dem, was von grundlegender Wichtigkeit ist, einig ist. Aber was ist "grundlegend wichtig"?
Zum einen ist es das LEBEN. Noch nie ist jemand von der "anderen Seite" zurückgekehrt. Hier, auf "dieser Seite", sollte man human, anständig und empathisch sein, denn wir können ein einmal verlorenes Leben niemals ersetzen. Wer das in Abrede stellt, ist verlogen, zynisch und unmenschlich.
Zum anderen ist es die FREIHEIT. Eine Freiheit, die man nicht zu erklären braucht. Die Freiheit, in der sich der Wille der nicht manipulierten Mehrheit manifestiert - was zuweilen, wenn auch nicht perfekt, eine Zeitlang gelingt und was man dann Demokratie nennt.
Wir alle wissen aus Erfahrung, dass uns diejenigen Menschen am nächsten stehen, die in uns Gefühle erwecken, die uns glücklich machen oder auch manchmal schmerzlich sind. Menschen, von denen wir glauben, dass wir ihnen wichtig sind, weil sie ihrerseits uns sehr wichtig sind. Menschen, denen wir vertrauen, denen wir alles sagen können, die wir lieben und die wir glücklich wissen wollen. Menschen, die unserem Alltag einen Inhalt geben, um derentwillen wir nach Hause eilen, um etwas Feines zu kochen.
Mit solchen Menschen habe ich in der Zeit des ungarischen Sozialismus gelebt. Mit ihnen teile ich die Erfahrung
Erscheinungsdatum | 20.08.2021 |
---|---|
Übersetzer | Doris Fischer |
Verlagsort | Wiesbaden |
Sprache | deutsch |
Maße | 140 x 210 mm |
Gewicht | 369 g |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Zeitgeschichte ab 1945 |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung ► Politische Theorie | |
Schlagworte | Achava • Auschwitz • Autobiografie • Befreiung • Holocaust • Juden • Judenverfolgung • Jüdische Geschichte • Kalter Krieg • Kommunismus • Memoiren • Nationalsozialismus • Sozialismus • Überleben • Ungarn • Zeitzeugin |
ISBN-10 | 3-7374-1181-6 / 3737411816 |
ISBN-13 | 978-3-7374-1181-3 / 9783737411813 |
Zustand | Neuware |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
aus dem Bereich