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Du gehörst uns! (eBook)

Die psychologischen Strategien von Facebook, TikTok, Snapchat & Co
eBook Download: EPUB
2021
416 Seiten
Karl Blessing Verlag
978-3-641-27581-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Du gehörst uns! - Christian Montag
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Die großen Internetunternehmen tun alles, damit wir als Nutzende im Netz versinken. Wir unterschätzen regelmäßig unsere Verweildauer auf den Online-Plattformen und hinterlassen eine Unzahl digitaler Fußabdrücke, die die Tech-Firmen reich machen.

Online-Plattformen wie auch Computerspiele haben jedes natürliche Ende abgeschafft, umgekehrt wird unser Lebensalltag durch die digitalen Dauerunterbrechungen zunehmend fragmentiert.

Als Psychologe erörtert Christian Montag die Frage, welche Persönlichkeitseigenschaften mit problematischem oder suchtähnlichem Nutzungsverhalten einhergehen. Aus wissenschaftlicher Perspektive diskutiert er neueste Entwicklungen wie 'Internet der Dinge' oder den Einsatz von Apps, von digitalen Plattformen und KI in der Psychologie und Medizin. Detailliert geht er aber auch auf aktuell besonders dringliche Themen wie Filterblasen und Fake News ein, die eng mit dem Daten-Geschäftsmodell der Tech-Unternehmen verknüpft sind. Seine Vorschläge, wie wir digital unsere Selbstständigkeit wahren können, sind ebenso neu wie praktikabel.

Prof. Dr. Christian Montag ist Professor für Molekulare Psychologie an der Universität Ulm sowie Visiting-Professor an der University of Electronic Science and Technology of China (UESTC) in Chengdu, China. Er hat in Gießen Psychologie studiert und an der Universität Bonn promoviert und habilitiert. Seine Forschungsschwerpunkte sind die biologischen Grundlagen der Persönlichkeit sowie das Feld der Psychoinformatik. Als Experte ist Montag, der 2018 das Buch 'Homo Digitalis' veröffentlichte, in Medien wie ARD, ZDF und RTL, SPIEGEL, Der Standard und The New York Times gefragt.

Kapitel 1

Das Geschäftsmodell der Tech-Konzerne

Mittlerweile vergeht kaum ein Tag, an dem Konzerne wie Facebook, Twitter oder Google (genauer Alphabet Inc. mit dem Tochterunternehmen Google) nicht weltweit Schlagzeilen machen. Eine Auswahl von nationalen und internationalen Meldungen aus den Jahren 2020 und 2021 unterstreicht diese Tatsache.

Zu Beginn des Jahres 2020 sagte Google mal wieder »Sorry« für ein Daten-Leck, bei dem privat gespeicherte Videos an fremde Personen weitergeleitet worden waren.9

Auf dem Portal Fitbook wurde darüber diskutiert, ob Plattformen wie Instagram Essstörungen befeuern.10

In der Mitte des Jahres 2020 waren Hass und Hetze auf Facebook so groß, dass immer mehr Unternehmen keine Werbung mehr auf dieser Plattform platzieren wollten, wie das Handelsblatt berichtete.11

Passend dazu, zeigte Facebook im US-Wahljahr 2020, wie wenig der Konzern auf die internationale Kritik gibt, dass das Schalten von personalisierter Online-Werbung (via Microtargeting) bei Wahlkämpfen möglicherweise schädliche Effekte für die Demokratie nach sich zieht. In diesem Zusammenhang titelte die renommierte englische Tageszeitung Guardian Anfang Januar 2020: »Facebook weigert sich, unwahre politische Werbung und Microtargeting einzuschränken.«12

Wie sich in zahlreichen internationalen Meldungen aus dem Jahr 2020 herauskristallisierte, verfolgten die großen Plattformen Twitter, Facebook und Google im Kontext der US-Wahl im November 2020 und dem damit einhergehenden lukrativen Wahlwerbegeschäft interessanterweise ganz unterschiedliche Strategien: Während Facebook es den Betreiber*innen der Kampagnen lediglich in der Woche unmittelbar vor der Präsidentschaftswahl nicht ermöglichte, neue Wahlwerbung zu schalten13, verzichtete Twitter komplett darauf, den Politprofis eine solche Art der Werbung zu ermöglichen.

Google und auch die hauseigene Video-Plattform YouTube nahmen eine Position zwischen Facebook und Twitter ein. Sie erlaubten zwar das Schalten politischer Werbung, allerdings konnten sich die Kampagnenbetreiber*innen beim Schalten ihrer Werbebotschaften »nur« an groben Kategorien wie Alter, Geschlecht oder die Postleitzahl der Online-Nutzenden orientieren. Auf noch genauere Informationen, wie die politische Orientierung der Online-Nutzer*innen, konnten die Kampagnen bei Google nicht zurückgreifen. Dies ermöglichte aber Facebook.14

Ein Artikel auf cbsnews.com schätzte, dass das digitale Werbevolumen für den US-Wahlkampf 2019/2020 deutlich über einer Milliarde Dollar liege.15 Diese ungeheure Summe erklärt dann auch schnell, warum nicht jedes der Tech-Unternehmen auf die sehr lukrativen Einnahmen verzichten wollte.

Während des US-Wahlkampfs wurde auch deutlich, dass die Tech-Konzerne sehr unterschiedlich mit den offenkundigen Lügen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump umgegangen sind. Während auf Twitter einige der Trump'schen Twittertiraden relativ früh im Jahr 2020 mit Warnhinweisen auf den fehlenden Wahrheitsgehalt versehen wurden16, sollte Facebook weitere Monate darauf verzichten, die Posts von Politikern auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Ende Mai formulierte Mark Zuckerberg, dass Facebook seiner Ansicht kein »Schiedsrichter der Wahrheit« sein sollte.17 Im Januar 2021 sollte sich vor der Bestätigung des neuen US-Präsidenten Joe Biden durch den US-Kongress herausstellen, wie fatal der Umgang der Social-Media-Konzerne mit den Lügen des US-Präsidenten war. Der Kongress wurde von einem wütenden Mob gestürmt, nachdem Donald Trump seine Anhängerschaft via Twitter aufgehetzt hatte. Erst nach diesem in der ganzen Welt Entsetzen hervorrufenden Angriff, reagierten die Tech-Konzerne mit einer Sperrung von Trumps Social-Media-Konten auf Twitter und Facebook.18 Die Sperrung des Facebook-Konto von Donald Trump durch Facebook ist kürzlich von einem extern arbeitenden Oversight-Board als zulässig eingeschätzt worden, allerdings war es »ein unangemessener Schritt seitens Facebook, die unbestimmte und nicht auf Standards und Richtlinien basierende Strafe einer unbefristeten Sperrung zu verhängen.«19 Nun muss Facebook nacharbeiten.

Insgesamt haben die Tech-Konzerne Trump viel zu lange schalten und walten lassen, wobei sich grundsätzlich die Frage stellt, ob ein privates Unternehmen über die Redefreiheit entscheiden sollte oder ob das nicht eigentlich eine hoheitliche Aufgabe des Staates ist. In Deutschland gilt seit 2017 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)20, welches vorschreibt, dass Social-Media-Konzerne wie Facebook innerhalb von 24 Stunden offenkundig rechtswidrige Inhalte löschen müssen. So sinnvoll dieses Gesetz zunächst einmal wirkt, so umstritten ist es doch auch.21 Christian Mihr von den Reportern ohne Grenzen beispielsweise formuliert, das NetzDG »ist gut gemeint, aber schlecht gemacht«.22 Befürchtet wird vor allen Dingen, dass die Meinungsfreiheit durch das NetzDG eingeschränkt und vieles übervorsichtig gelöscht wird, was nicht gelöscht hätte werden sollen (Overblocking).23

Ermöglicht wurde die laxe Haltung mancher Tech-Unternehmen im Umgang mit sensiblen Themen wie Fake News durch die Section 230 des sogenannten Communications Decency Act aus dem Jahr 1996, der die Plattformbetreiber*innen aus der Haftung für die geposteten Inhalte ihrer Nutzer*innen nimmt.24 Inzwischen wird in den USA kontrovers diskutiert, ob diese Section 230 nicht dringend überarbeitet werden muss.25 Der Autor Jeff Kosseff bezeichnete die Section 230 in seinem Buchtitel als die 26 Worte (in deutscher Übersetzung 23 Worte), die das Internet geschaffen haben26: »Kein*e Anbieter*in oder Nutzer*in eines interaktiven Computer-Service soll als Herausgeber*in oder Sprecher*in für jegliche Informationen gelten, die von einer anderen Quelle stammen.«27 Damit ist klar, dass der oder die Einzelne in den USA prinzipiell für die eigenen Aussagen belangt werden kann, nicht aber die Betreiber*innen von großen Plattformen, die »lediglich« Inhalte anderer bereitstellen. Dies hat mit Sicherheit auch dazu beigetragen, dass sich Social-Media-Konzerne bis vor Kurzem als reine technologische Infrastrukturen und nicht als Medienunternehmen betrachteten, welche redaktionell Inhalte erstellen oder dafür verantwortlich sind. Dies gilt jedenfalls für ihre Außendarstellung, wobei wir in Wirklichkeit bei den Social-Media-Konzernen zumindest von einem Hybrid aus Plattform-Infrastruktur und Medienunternehmen ausgehen können. Die Clinton-Administration wollte übrigens mit der Section 230 die Ausweitung des noch jungen WWW fördern. Es gilt zu bedenken, dass es Facebook zur Zeit der Verabschiedung der Section 230 noch nicht gab und Google gerade mal in den Startlöchern stand. Damals waren viele Entscheidungsträger*innen noch deutlich optimistischer als heute, was die Entwicklungen des WWW betrifft, und hofften auf eine Demokratisierung der Welt durch das Internet.

Wie zögerlich einige soziale Netzwerke bereits auf dramatische Ereignisse vor der Stürmung des US-Kongresses im Januar 2021 reagierten, spiegelt sich auch in deren (Unterlassen von) Aktivitäten als Reaktion auf die massiven Protestbewegungen gegen Polizeigewalt rund um den dramatischen Fall des George Floyd wider. Um das mit einem Beispiel zu illustrieren: Tatsächlich konnte sich eine zynische »Challenge« im Netz verbreiten, bei der Nutzer*innen dazu aufgefordert wurden, das Handeln des Polizisten gegenüber Floyd mit derselben Pose nachzustellen.28 Warum gelang es überhaupt, eine solch unerträgliche und sozial explosive Aufforderung online zu verbreiten, die zweifelsohne auf die Spaltung der Gesellschaft und das Erzeugen von Unruhen abzielt? Trotz der juristischen Voraussetzungen rund um die Section 230 ist es mir unbegreiflich, warum hier nicht schneller vonseiten der Tech-Konzerne auf Basis ihrer eigenen »Hausordnung« reagiert wurde. Die aktuelle Zerrissenheit der Vereinigten Staaten von Amerika zeigt sich auch auf Social Media, gerade wenn man auf der einen Seite eine...

Erscheint lt. Verlag 18.10.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Bewusstsein • eBooks • Facebook • Freemium-Spiele • Gamer • Mikro-Targeting • Online-Sucht • Psychologie • Psycho-Tricks • Social-media in China • TikTok • Überwachungskapitalismus • Unterbewusstsein • What's App
ISBN-10 3-641-27581-4 / 3641275814
ISBN-13 978-3-641-27581-5 / 9783641275815
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