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Wenn Insekten über Leichen gehen (eBook)

Als Entomologe auf der Spur des Verbrechens

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eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
288 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45601-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wenn Insekten über Leichen gehen -  Marcus Schwarz
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Insekten führen ihn zum Täter Aus vielen Krimis und Serien ist das bekannt: Wenn jemand stirbt, feiert die Natur ein Festbankett. Aber können die natürlichen Gegebenheiten tatsächlich wichtige Fakten liefern, die zur Aufklärung beitragen? Wie bestimmt man den Todeszeitpunkt mithilfe von Insekten? Und wie lange lag die Leiche wirklich am See? ZDFInfo urteilt über den deutschlandweit bekannten Entomologen und Forensiker Marcus Schwarz: 'Von ihm kam der entscheidende Hinweis.' Wenn Insekten über Leichen gehen, wird Marcus Schwarz zum Tatort gerufen. Geboren 1987, ist der studierte Forstwissenschaftler und Entomologe einer der wenigen Forensiker, die in Deutschland ermitteln. Als Insektenforscher hat er wichtige Details im Blick, die anderen entgehen. Zum Beispiel als Kinder beim Spielen im Wald eine Leiche finden. Zuerst weist alles auf Mord hin. Doch der genaue Todeszeitpunkt ist entscheidend, um nachzuweisen, ob dies nicht vielmehr ein Selbstmord war - oder ob da ein Täter Spuren hinterlassen hat, an denen sich nun Insekten laben. Wenn der deutschlandweit bekannte forensische Entomologe Marcus Schwarz gerufen wird, dann um die Frage zu klären: Wie lange lag die Leiche schon dort? Können ihm tatsächlich Fliegen die Antwort geben? Oder muss er nach bestimmten Käferarten Ausschau halten? Leser von Tsokos, Harbort, Benecke und Sue Black können hier neue Erkenntnisse gewinnen, spannende Fälle aus dem deutschen Raum mit verfolgen und der Frage nachgehen, ob Krimi-Autoren auf dem neusten Stand der Forschung ermitteln lassen. Entomologe Marcus Schwarz gelingt es in seiner Funktion als Forensiker und Insektenforscher, spektakuläre Fälle aufzuklären, über die auch im Fernsehen berichtet wird. Er beantwortet die entscheidenden Fragen: War es Selbstmord? Und was verraten die Fliegen wirklich, die immer als erste am Tatort sind? Hier schildert der bekannte Entomologe spannend und aufschlussreich einige seiner spektakulärsten Fälle.

Marcus Schwarz, 1987 geboren, hat Forstwissenschaften in Dresden studiert und arbeitet an der Rechtsmedizin Leipzig als forensischer Entomologe. In einer Vielzahl von Fällen - zumeist bei Tötungsdelikten - hilft er deutschlandweit der Polizei und den Staatsanwaltschaften. Zudem bildet er Polizisten und Studenten in seinem Fachgebiet aus.

Marcus Schwarz, 1987 geboren, hat Forstwissenschaften in Dresden studiert und arbeitet an der Rechtsmedizin Leipzig als forensischer Entomologe. In einer Vielzahl von Fällen - zumeist bei Tötungsdelikten - hilft er deutschlandweit der Polizei und den Staatsanwaltschaften. Zudem bildet er Polizisten und Studenten in seinem Fachgebiet aus.

Überall und oft übersehen


Die Fliegen sind das Kernstück der forensisch-entomologischen Arbeit und in den meisten Gebieten der Erde auch das Kernstück der biologischen Abbauprozesse, lässt man Bakterien und Pilze außen vor. Sie liefern uns wichtige Hinweise und Beweise, sind omnipräsent und immer in unserer Nähe. Sogar im Winter sitzen sie an warmen, sonnenreichen Tagen an Hauswänden, um sich zu wärmen, und kriechen, wenn es kälter wird, unter Dachziegel oder in Geräteschuppen. Ihre Puppen liegen versteckt im Kompost oder im Blumenbeet und warten dort auf den Frühling.

Manche Arten sind auch im Winter aktiv und benötigen nur Durchschnittstemperaturen über dem Nullpunkt, um zu fliegen und Eier zu legen. Die Larven dieser Arten können bei kühlen Temperaturen fressen und wachsen, wenn auch nur sehr langsam.

Der Mensch bekommt von alldem nichts mit. Summt nicht gerade ein als »Brummer« beschimpftes Tier durch die Wohnung oder hebt sich vom am Vortag gekauften Obst bei jeder Bewegung eine Wolke aus kleinen Fliegen, leben wir von diesen Tieren im normalen Alltag relativ unbehelligt.

Fliegen können sowohl Nützlinge als auch Schädlinge sein. In einigen Teilen der Welt hat der Zoll deswegen am Flughafen ein geschulteres Auge auf Obst als auf Marihuana.

Ein Tag, an dem man kein Insekt sieht, ist in unseren Breiten fast nicht möglich, außer im tiefsten Winter. Und selbst dann übersehen wir sie wahrscheinlich. Warum auch nicht? Bis auf einen lästigen Stich oder einen schmerzhaften Biss beeinflussen uns die Insekten nicht.

Weit gefehlt! Ohne die Insekten würde das Leben auf unserem Planeten nicht funktionieren, das ist uns nicht zuletzt durch den Klimawandel zunehmend bewusst. Zum einen stellen Insekten einen großen Grundstock in der Nahrungskette dar und sind in viele Nahrungsnetze eingegliedert. So sehr uns Mücken und Fliegen im Sommer ärgern, sie sind das Futter für viele Vögel. Insekten bestäuben Blüten, verwerten biologische Abfälle, helfen uns bei der Schädlingsbekämpfung und produzieren sogar Nahrungsmittel.

In das biologische System eingeteilt, gehören die Fliegen, gemeinsam mit den Mücken und Schnaken, zu den sogenannten Zweiflüglern und heißen in der wissenschaftlichen Bezeichnung Diptera. Bei diesen Tieren ist nur eines der zwei Flügelpaare, die die allermeisten Insekten besitzen, zu Flugflügeln ausgebildet. Das »Di« im Namen steht für Zwei und das »Ptera« vom lateinischen »Pteron« für Flügel. Das hintere Flügelpaar hat sich im Laufe der Evolution zu kleineren Schwingkölbchen zurückentwickelt.

Diese Kölbchen sind bei den Mücken und Schnaken tatsächlich nur als kleiner Stiel mit einer Verdickung zu erkennen. Sie sehen aus wie kleine Keulen. Durch diese wird das allseits unbeliebte, schlafraubende Summen der Mücken erzeugt.

Bei den Fliegen werden diese Kölbchen von kleineren, als Halteren bezeichneten, plattenartigen Nebenflügeln ergänzt. Diese dienen zur Flugstabilisierung und nehmen bei den Fliegen die Funktion eines Heckrotors ein, ähnlich wie bei einem Hubschrauber. Hätte ein Hubschrauber keinen Heckrotor, würde er sich durch den Drehimpuls des Hauptrotors wie ein Karussell um die Rotorachse drehen. Um dies zu kompensieren, erzeugt der Heckrotor eine stabilisierende horizontale Strömung.

Ähnlich ist es bei den Fliegen. Hätte die Fliege nur ein Schwingkölbchen, würde sie sich im Kreis drehen. Hätte sie gar keines, könnte sie nicht abheben, da der Auftrieb fehlen würde.

Wie bei allen anderen Insekten ist auch bei den Fliegen der komplette Bewegungsapparat am Brustteil angegliedert, so auch die sechs Beine. Diese ermöglichen den Fliegen, kopfüber an der Decke zu laufen oder sich an Fensterscheiben zu setzen. Möglich wird dies durch die sogenannten Van-der-Waals-Kräfte. Das sind Anziehungskräfte zwischen Atomen und Molekülen. Sie wirken theoretisch nur auf einer sehr kleinen Fläche. Die Fliegen besitzen aber an ihren Füßen jeweils drei behaarte Lappen, die seitlichen, paarweise ausgeprägten Pulvilli und das mittig sitzende, einzelne Arolium. Zudem gibt es noch ein viertes Sohlenläppchen, das Empodium. Jedes Haar, auf ebendiesen vier Flächen, weist eine winzige Oberfläche auf. Addiert man die Oberfläche der einzelnen Haarspitzen, denn nur diese berühren den Untergrund, ergibt sich in der Summe eine sehr große Fläche, auf der die Anziehungskräfte wirken können. Zusätzlich werden diese Lappen über winzige Kanäle mit einer Haftflüssigkeit benetzt, die die Haftung am Untergrund durch anziehende Kapillarkräfte erhöhen.

Bei dieser ganzen Haftung stellt sich nun natürlich die Frage, wie die Fliege nach dem Sitzen so schnell starten und davonfliegen kann. Neben den Pulvilli, dem Arolium und dem Empodium besitzen die Tiere an jedem Fuß auch ein paar Klauen. Diese werden Ungues genannt und sehen aus wie lange, gebogene Dornen. Mit diesen stoßen sich die Tiere vom Untergrund ab und lösen dabei die Haftung zwischen den Fußlappen und dem Untergrund.

Doch nicht nur zum Verweilen und als Starthilfe setzen die Fliegen ihre Beine ein. An den Borsten der Unterschenkel sitzen, wie an fast allen anderen Körperregionen, Geschmacksrezeptoren. Mit diesen kann durch Ertasten die Verfügbarkeit des Materials als Nahrung oder Eiablageplatz festgestellt werden. Dabei wurde durch Versuche mit Fruchtfliegen herausgefunden, dass diese wie der Mensch Geschmacksrezeptoren für süße und bittere Geschmacksrichtungen besitzen. Somit gibt es bei diesen kleinen Tieren bevorzugte Geschmacksrichtungen. Worauf die Obstfliegen in der Regel den größten Appetit haben, zeigt sich meist im Sommer in der Küche. Zudem wurde herausgefunden, dass die Tiere ebenfalls Rezeptoren auf den Flügeln, am Legeapparat und selbstverständlich am Rüssel besitzen.

Die Rüssel der Fliegen gehören zu den leckend-saugenden Mundwerkzeugen der Insekten. Ein Kauen, wie bei den meisten Käfern, für eine Nahrungszerkleinerung ist also nicht möglich. So sind die meisten Fliegen auf Flüssigkeiten angewiesen.

Aber auch hier gibt es natürlich Ausnahmen. Der Wadenbeißer (Stomoxys calcitrans), der eng mit den Stubenfliegen verwandt ist, besitzt einen Stechrüssel und ernährt sich von Blut. Im Gegensatz zu den Bremsen (Tabanidae) und den Stechmücken (Culicidae), bei denen nur die weiblichen Tiere Blut für die Eiproduktion aufnehmen, saugen bei den Wadenbeißern Männchen und Weibchen an ihren Opfern.

Um ihre Opfer zu erreichen, aber auch, um im Notfall einem Fressfeind zu entgehen, ist die Flugfähigkeit so genau auf den Körperbau und das sprichwörtliche Fliegengewicht abgestimmt, dass die Fliege sich permanent putzen und reinigen muss, um das Gleichgewicht für einen optimalen Flug halten zu können. Bei der Reinigung folgen sie einer Art Choreografie, damit alle Körperteile von Staub und Schmutz befreit werden. Für das Putzen nutzt die Fliege jeweils das hintere beziehungsweise das vordere Beinpaar. Die Vorderbeine reinigen den Kopf, die Hinterbeine den Brustteil, den Hinterleib und die Flügel. Abschließend säubern sich die jeweiligen Beinpaare durch Aneinanderreiben selbst, was den Eindruck erzeugt, die Fliegen würden etwas aushecken. Für diese Körperpflege nehmen sich die Tiere mehrere Minuten Zeit.

Nicht nur die Flugstabilität ist ein Grund für diese aufwendige Reinigungszeremonie. Insekten und ihre Larven atmen nicht wie wir mit einer Lunge, die durch Muskeln bewegt wird, sondern besitzen sogenannte Tracheen. Das sind kleine Öffnungen an der Seite des Körpers mit einem Röhrensystem im Inneren. Diese sind häufig untereinander vernetzt und belüften somit den kompletten Insektenkörper. Wären diese durch Schmutz verstopft, würde das Insekt ersticken. Sobald es einen Luftkontakt zur Umwelt gibt, ist auch der Körper mit Sauerstoff versorgt.

Dieses System ist auf der einen Seite bereits bei urzeitlichen Insekten zu finden. Auf der anderen Seite führt eine derartige Atmung zu einer Beschränkung der maximalen Körpergröße. Man weiß, dass viele Insekten zur Zeit der Dinosaurier wesentlich größer waren als heute. Dies wird darauf zurückgeführt, dass die Atmosphäre mit mehr Sauerstoff angereichert war und damit mehr Sauerstoff durch die Tracheen aufgenommen werden konnte. Das führte letztlich dazu, dass größere Körper belüftet werden konnten.

Die Augen der Fliegen haben sich ebenfalls in ihrer Beschaffenheit in den letzten Jahrmillionen kaum verändert. Es handelt sich dabei um sogenannte Facettenaugen, die eine sehr große Oberfläche des Kopfes einnehmen und aus vielen Einzelaugen bestehen. Diese Augen bieten den Vorteil, dass bei einem schnellen Flug sehr viele Einzelbilder verarbeitet werden können. Während ein Mensch zwischen 60 und 65 Bildern in der Sekunde wahrnimmt, sind es bei Fliegen bis zu 300 Bilder. Das führt dazu, dass eine Fliege ihre Umgebung in einer Art Zeitlupe wahrnimmt.

Das erklärt auch, warum man sie so schlecht fangen kann. Selbst unsere schnellste Bewegung nimmt die Fliege als langsam wahr. In der Zeit, in der wir die Fliege sehen und ein Signal von unserem Gehirn zur Hand geschickt wird, um eine Bewegung auszulösen, hat die Fliege schon zum Start angesetzt. Das liegt schlicht und ergreifend an unseren, im Vergleich zur Fliege, sehr langen Leitungsbahnen der Nerven.

Auch bei der Wahrnehmung von Lichtveränderungen ist die Fliege dem Menschen haushoch überlegen. Dies liegt ebenfalls an der kurzen Leitungsbahn der Nerven vom Auge zum Gehirn. Nicht einmal ein Millimeter Nervenbahn trennt diese beiden Organe voneinander. Auch der Weg vom Gehirn zu den Muskeln des Flügels ist sehr kurz. Das verkürzt die Reaktionszeit. Das Gehirn einer Fliege wiegt ungefähr ein halbes Milligramm, das reicht in den meisten Fällen aus, einem unbewaffneten...

Erscheint lt. Verlag 27.3.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Aufklärung • Aufklärung Kriminalfälle • Biologie • echte Fälle • Ermittler • Erzählendes Sachbuch • Forensische Entomologie • Forensischer Entomologe • Forscher • Gerichtsmedizin • Gerichtsmediziner • Insekten • Insektenlarven • Käfer • Krimi • Kriminalbiologe • Kriminalbiologie • Kriminalfall • Leiche • Leipzig • Lydia Benecke • Mark Benecke • Michael Tsokos • Mord • Mundschutz • Ostdeutschland • Pathologe • Polizei • Rechtsmedizin • Rechtsmediziner • Schutzkleidung • sezieren • simon beckett • spannende Mordfälle • spannendes Buch • Spannung • Thriller • Tod • Todesfall • Tötung • True Crime • True Crime Bücher deutsch • Untersuchung • Verwesung • Wahre Kriminalfälle
ISBN-10 3-426-45601-X / 342645601X
ISBN-13 978-3-426-45601-9 / 9783426456019
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