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Athen in klassischer Zeit (eBook)

(Autor)

eBook Download: PDF | EPUB
2019 | 4. Auflage
128 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-74268-2 (ISBN)
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Peter Funke bietet eine anregende, sehr gut verständliche Einführung in die Geschichte Athens in klassischer Zeit. Er beschreibt die Vertreibung des letzten athenischen Tyrannen, die demokratischen Reformen des Kleisthenes, die Zeit der Perserkriege, den Ersten attischen Seebund, die Zeit des Perikles,Gesellschaft und Wirtschaft Athens, Athen als Schule Griechenlands, den Peloponnesischen Krieg, den Zweiten attischen Seebund, den vergeblichen Kampf der Athener gegen die Makedonen und die Niederlage von Chaironeia.

Peter Funke ist Seniorprofessor für Alte Geschichte in der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster; die Geschichte Athens und der griechischen Staatenwelt bilden seine Hauptarbeitsgebiete.

Cover 1
Titel 3
Zum Buch 2
Über den Autor 2
Widmung 4
Impressum 4
Inhalt 5
I. Wendezeit und Zeitenwende:Der Aufbruch zur Demokratie 7
Das 6. Jahrhundert: eine Vorgeschichte 8
Kleisthenes: ein politischer Neubeginn 14
II. Selbstbehauptung und Erstarken: Die Zeit der Perserkriege 29
Der Ionische Aufstand 29
Marathon und die Folgen 30
Die zweite Bewährungsprobe 40
Der Griff nach der Hegemonie 45
III. Herrschaft und Demokratie: Athen zur Zeit des Perikles 49
Die Etablierung der Herrschaft 50
Gesellschaft undWirtschaft 57
Die Schule Griechenlands 68
IV. Ein antiker Weltkrieg: Der Peloponnesische Krieg 81
Der unentschiedene Krieg 84
Zwischen Frieden und Krieg 89
DerWeg in die Niederlage 92
Das Nachspiel 96
V. Der Versuch einer Neubegründung der Macht: Der neue Seebund 105
VI. Der vergebliche Kampf um die Freiheit: ImSchattenMakedoniens 112
Zeittafel 122
Literaturhinweise 124
Register 127
Karte 1: Die griechische Staatenwelt in klassischer Zeit 129
Karte 2: Attika 130

I. Wendezeit und Zeitenwende:
Der Aufbruch zur Demokratie


Es war eigentlich ein unerhörtes Geschehen, das sich im Jahre 508 v. Chr. an den Hängen der Akropolis in Athen abspielte: Eine aufgebrachte Menge von Athenern belagerte den Burgberg, hinter dessen Mauern sich Isagoras, der amtierende oberste Beamte in Athen, und König Kleomenes I. von Sparta mit einigen Hundert Gefolgsleuten und spartanischen Soldaten verschanzt hatten. Schon am dritten Tag mussten sich die Belagerten geschlagen geben. Den Spartanern wurde freier Abzug gewährt, und auch Isagoras konnte unentdeckt gemeinsam mit den abziehenden Truppen entkommen; seine Anhänger aber wurden gefangen genommen und hingerichtet.

Nun waren Bürgerkriege und militärische Interventionen aus dem Ausland in der damaligen griechischen Staatenwelt alles andere als ungewöhnlich, eher sogar an der Tagesordnung, auch wenn es schon bemerkenswert war, dass ein eher ungeordnetes athenisches Bürgeraufgebot einen spartanischen König in die Knie zu zwingen vermochte. Das Besondere des Vorgangs lag aber darin, dass es ebenjener König Kleomenes gewesen war, der nur kurze Zeit zuvor – im Jahre 510 v. Chr. – an der Spitze einer großen spartanischen Interventionstruppe selber die Akropolis belagert und entscheidend zur Vertreibung der athenischen Tyrannen beigetragen hatte, die sich dort verbarrikadiert hatten. Damals betrieben führende athenische Adelsfamilien, allen voran die Alkmaioniden, aus dem Exil heraus den Sturz der Peisistratiden, die über mehr als eine Generation hinweg als Tyrannen in Athen geherrscht hatten. Da aber die eigenen Kräfte nicht ausreichten, schreckten die Alkmaioniden selbst vor einer Bestechung des delphischen Orakels nicht zurück, um im Kampf gegen die Tyrannis auch die Spartaner auf ihre Seite zu ziehen.

Für die Spartaner zahlte sich ihr Engagement allerdings nicht aus. Im Jahre 508 v. Chr. – nach einem zweiten Eingreifen in innerathenische Auseinandersetzungen – fanden sie sich nun selber unversehens in der Rolle der Belagerten wieder; und nicht nur König Kleomenes dürfte sich an den von ihm erzwungenen Abzug der Tyrannen erinnert gefühlt haben, als er mit seinen Soldaten die Akropolis räumen und sich nach Sparta zurückziehen musste. Das harsche Vorgehen der Athener gegen ihren Landsmann Isagoras und seine Parteigänger und gegen die Spartaner, die doch gerade noch als Helfer in der Not beim Sturz der Tyrannis die entscheidende Unterstützung gewährt hatten, markiert einen Wendepunkt in der Geschichte Athens, der nur durch einen Rückblick auf die vorangegangene Zeit verständlich wird.

Das 6. Jahrhundert: eine Vorgeschichte


Kaum waren die Tyrannen vertrieben, drohte die athenische Bürgerschaft erneut in den Strudel adeliger Machtkämpfe hineinzugeraten, die in Athen schon im ausgehenden 7. und im frühen 6. Jahrhundert zu einer Zerreißprobe geführt und schließlich den Politiker Solon auf den Plan gerufen hatten. Tief greifende soziale und wirtschaftliche Veränderungen hatten in jenen Jahren nicht nur in Athen die politische Ordnung aus den Fugen geraten lassen. Eine rapide zunehmende Verarmung breiter bäuerlicher Schichten einerseits und die Forderung nichtadeliger, zu neuem Reichtum gelangter Gruppen nach einer stärkeren Beteiligung am politischen Entscheidungsprozess andererseits ließen den Ruf nach einer grundlegenden gesellschaftlichen und politischen Reform immer vernehmlicher werden.

In dieser Situation war Solon im Jahre 594 v. Chr. zum Archon gewählt und mit der Aufgabe betraut worden, die wachsende Kluft zwischen den gesellschaftlichen Gruppierungen innerhalb der Polis zu überbrücken und das Gefüge des athenischen Staates wieder ins Lot zu bringen. Solon stellte den zerrütteten Verhältnissen in Athen, der dysnomía, das Ideal der eunomía entgegen. Gemeint war damit eine Ordnung, die dem sozialen und ökonomischen Wandel in Athen Rechnung zu tragen suchte und auf eine entsprechende Neuverteilung der politischen Rechte und Pflichten innerhalb der Bürgerschaft abzielte. Maßstab für die Beteiligung an den öffentlichen Entscheidungsprozessen wurde das Vermögen des einzelnen Bürgers und nicht mehr seine Herkunft. Nicht mehr die familiale Abstammung bestimmte künftighin die politischen Rechte des Einzelnen, sondern seine Zugehörigkeit zu einer der vier, nach Einkommen gestaffelten Vermögensklassen, in die Solon die gesamte athenische Bürgerschaft eingeteilt hatte.

Mit Demokratie hatte das alles noch wenig zu tun, auch wenn zwei Jahrhunderte später Solon in den Augen der Athener als Begründer der demokratischen Verfassung gelten sollte. Solon ging es vielmehr um den Abbau überkommener Vorrechte der alten Adelsfamilien zugunsten eines zwar breiteren, aber eben doch abgestuften Mitwirkungsrechts der athenischen Bürgerschaft. Volksversammlung (ekklesía) und Volksgericht (heliaía) standen zwar allen Bürgern offen, die Bekleidung aller politischen Ämter und wohl auch die Wahl in den neu gegründeten, jährlich mit 400 Bürgern zu besetzenden Rat blieben aber jeweils an bestimmte Mindesteinkommen gebunden. Im politischen Bereich sollten die gleichen Prinzipien zum Tragen kommen, die auch schon der athenischen Wehrordnung zugrunde lagen. So wie jeder Bürger seinem jeweiligen Einkommen entsprechend zum Kriegsdienst herangezogen wurde, so wurden ihm nun auch die politischen Rechte zugeteilt. Der Grundgedanke war eine neue Verknüpfung von Staats- und Wehrverfassung, um auf diese Weise die Gesamtheit der Bürger enger in die Verantwortung für den Staat (pólis) einzubinden und den Zusammenhalt der Bürgerschaft über alle Gegensätze hinweg nachhaltig zu stärken. Die enge Verbindung von Besitzstand, militärischen Pflichten und politischen Rechten eines Bürgers spiegelt sich auch in den Namen der vier solonischen Vermögensklassen wider, die ursprünglich nach Ernteerträgen (gemessen in Medimnen, das sind Scheffel zu je ca. 52,5 l), später dann nach dem Geldeinkommen unterschieden wurden: Pentakosiomédimnoi («Fünfhundertscheffler» / über 500 Scheffel), Hippeís («Reiter» im Heer / über 300 Scheffel), Zeugítai («Soldaten in der Schlachtreihe» / über 200 Scheffel) und Thétes («Lohnarbeiter» / unter 200 Scheffel).

Diese timokratische, d.h. die politischen Mitwirkungsmöglichkeiten des Einzelnen nach dessen Besitzstand bemessende Neueinteilung des athenischen Bürgerverbandes bildete den Kern eines umfassenden Reformprogrammes. Mit einer radikalen Tilgung aller Hypothekenschulden (seisáchtheia / «Lastenabschüttelung») und dem Verbot, zahlungsunfähige Schuldner in die Sklaverei zu verkaufen, antwortete Solon auf die bedrückende wirtschaftliche und soziale Notlage in Athen. Zugleich dienten diese Eingriffe als flankierende Maßnahmen für ein umfangreiches Gesetzgebungswerk, das sich auf fast alle öffentlichen und privaten Lebensbereiche der Athener auswirkte. Vieles wurde neuen Regelungen unterworfen, manches aber blieb auch bestehen oder wurde nur den neuen Verhältnissen angepasst. Entscheidend war, dass die solonischen Gesetze schriftlich fixiert und die Schrifttafeln mit den Gesetzestexten öffentlich aufgestellt wurden. Damit wurde das neue Recht dem willkürlichen Zugriff einer mündlichen Rechtsprechung entzogen und für jeden Bürger einsehbar, verfügbar und auch einklagbar. Die Veröffentlichung der rechtlichen Grundlagen der Polis wurde so zum sichtbaren Ausdruck einer neuen staatlichen Ordnung, die darauf ausgerichtet war, die Bürgerschaft aus ihrer festen Einbindung in die Politik der führenden Adelsfamilien zu lösen und jeden Bürger unmittelbar an der Polis teilhaben zu lassen.

Kurzfristig hatte die Anwendung timokratischer Prinzipien wohl kaum zu größeren Veränderungen der politischen Führungsschicht geführt; die Angehörigen der beiden obersten und einflussreichsten Vermögensklassen waren sicherlich zunächst noch weitgehend mit den Angehörigen der alten mächtigen Adelsfamilien identisch. Längerfristig musste sich das aber ändern. Die politischen Ämter standen nun auch nichtadeligen Bürgern offen, sofern sie über das erforderliche Einkommen verfügten; vor allem aber hatte das solonische Regelwerk das bürgerliche Selbstbewusstsein der Athener geweckt. Die damit einhergehende allmähliche Auflösung alter Beziehungs- und Bindungsgeflechte schwächte die Position des Adels und zwang ihm neue Formen politischer Auseinandersetzung auf.

Der von Solon eingeschlagene Weg einer grundlegenden Neukonsolidierung Athens fand daher nicht überall die Akzeptanz, die für eine dauerhafte...

Erscheint lt. Verlag 11.7.2019
Reihe/Serie Beck'sche Reihe
Beck'sche Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Vor- und Frühgeschichte / Antike
Geschichte Allgemeine Geschichte Vor- und Frühgeschichte
Geschichte Allgemeine Geschichte Altertum / Antike
Geisteswissenschaften Philosophie Geschichte der Philosophie
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Staat / Verwaltung
Schlagworte Antike • Archäologie • Architektur • Athen • Demokratie • Geistesgeschichte • Geschichte • Kulturgeschichte • Perser • Philosophie • Platon • Sokrates
ISBN-10 3-406-74268-8 / 3406742688
ISBN-13 978-3-406-74268-2 / 9783406742682
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