Eskimoland
Niko Tinbergen
Der Verhaltensforscher Niko Tinbergen verbrachte 1932/33 vierzehn Monate bei den grönländischen Inuit, die damals noch als Jäger und Sammler lebten. Sein faszinierender Bericht, der 2017 wiederentdeckt wurde, fesselt bis heute durch die genaue Beobachtung von Menschen und Tieren in einer lebensfeindlichen Umgebung und ist zugleich ein Lehrstück über die Beschränktheit des modernen Europäers.
Niko Tinbergen kam Anfang der 1930er-Jahre nach Grönland, um das Verhalten arktischer Vögel zu studieren. Ein Jahr lang lebte er bei den Ureinwohnern an der Ostküste, lernte ihre Sprache, schloss Freundschaft mit einem Schamanen, beteiligte sich an der Jagd auf Lachse, Robben und Haie, reiste mit Schlittenhundgespannen, ließ sich ein Kajak aus Holz und Robbenfell maßschneidern und lernte die zweckmäßigen Werkzeuge und Kleidungsstücke schätzen. Tinbergens Forschungsarbeiten über Schneeammern und Odinshühnchen sind heute vergessen, doch sein lebensnaher Bericht über sein Jahr bei den Inuit hat bleibende Bedeutung: Er ist der vielleicht letzte große Einblick in das traditionelle, von der Moderne noch weitgehend unberührte Leben in Grönland.
Niko Tinbergen (1907 - 1988) war einer der wichtigsten Verhaltensforscher des 20. Jahrhunderts. Er erhielt 1973 gemeinsam mit Konrad Lorenz und Karl von Frisch den Nobelpreis und war als Professor in Oxford der Lehrer von Richard Dawkins.
INHALT
Ein Wort vorab
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
Nachwort
Editorische Nachbemerkung
"Seine Aufzeichnungen wurden erst 2017 wiederentdeckt. Sie sind großartig."
Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Ein wertvolles Zeitdokument."
Bild der Wissenschaft, Klaus Jacob
"Ein eindrucksvolles Porträt einer damals schon gefährdeten und heute weitgehend untergegangenen Lebensweise."
Bücherschau 2019, Robert Leiner
"Eine lebendige Erzählung der Begegnung eines Europäers mit einem Naturvolk."
Falter, Peter Iwaniewicz
"(...) mehr als bloß ein eindrucksvolles Porträt einer damals schon gefährdeten und heute weitgehend untergegangenen Lebensweise: nämlich die Aufforderung, sich fremden Kulturen neugierig, respektvoll und vorurteilsfrei zu nähern."
Deutschlandfunk Kultur, Günther Wessel
"Ein spannendes Stück Wissenschaft (...) ein faszinierender Bericht."
Radio Bremen
I 14. Juli 1932. Endlich war es so weit. Wir standen zu sechst an der Reling der Gertrud Rask , die sich langsam vom Grönlandske Handels Plads entfernte, und ließen die letzten Eindrücke von Kopenhagen auf uns wirken. Der Kai mit den zehn Leuten, die uns zum Abschied zuwinkten, wurde immer kleiner, wir ließen die Häfen von Kopenhagen hinter uns, die Küsten Schwedens und Dänemarks wichen zurück. Zum letzten Mal festen Boden unter den Füßen: Helsingör, wo die Freunde und Verwandten der Passagiere unwiderruflich an Land gesetzt wurden. Dann waren wir allein mit der kleinen Truppe, die mit dieser einzigen Schiffsverbindung des Jahres nach Ostgrönland gebracht wurde. Die Gertrud Rask , ein 800-Tonnen-Schiff, ausgestattet mit Dampf- und Segelkapazität, ist eines der Schiffe, mit denen die dänische Regierung die reguläre Verbindung zu ihren grönländischen Kolonien unterhält. Die meisten dieser Schiffe fahren an der Westküste, einmal im Jahr nimmt eines der größten Kurs auf die beiden Kolonien an der Ostküste, Angmagssalik und Scoresbysund. Grönland ist ein abgeschlossenes Land, Privatleute erhalten nur ausnahmsweise Zutritt, und ansonsten ausschließlich Personen, die sich zu wissenschaftlichen und kulturellen Zwecken dort aufhalten. So ist dem Fremdenverkehr in Grönland schon von vornherein eine starke Beschränkung auferlegt. Jeder, der hierherkommt, muss möglichst mit einem Schiff der dänischen Regierung befördert werden und sich vorher einer strengen medizinischen Untersuchung unterziehen. Diese wurde uns übrigens erspart, doch das war wohl ein Versehen von höherer Stelle. Viel Platz gab es an Bord der Gertrud Rask nicht. Siebzehn Passagiere mussten mit fünf Kajüten in der Größe von gut zwei Quadratmetern vorliebnehmen, aber die Stimmung litt darunter selbst an den stürmischsten Tagen nicht. Für uns war es ein glückliches Zusammentreffen mehrerer Umstände, dass wir mit einer Expedition unter der Leitung von Gino Watkins reisten, der im Anschluss an seine "British Arctic Air Route Expedition" von 1930 bis 1931 mit drei der ehemaligen Teilnehmer wieder nach Angmagssalik fuhr. Das Ziel der neuen wie auch schon der vorangegangenen Reise war es, die Möglichkeiten einer arktischen Amerika-Europa-Flugroute über Grönland und Island hinweg zu erkunden. Watkins und seine Kameraden hatten bei ihrem letzten Aufenthalt in Angmagssalik nicht nur einen großen Teil der Küste genauer kartiert, als es bis dato geschehen war, sondern außerdem ein Jahr lang meteorologische Messungen vorgenommen, und zwar in ihrer an der Küste gelegenen Basis wie auch in einer eigens dafür gebauten Beobachtungsstation auf einem zentralen Punkt der ausgedehnten Eiskappe, die nahezu ganz Grönland bedeckt. Zudem war es ihnen gelungen, die von Vilhjálmur Stefánsson auf dem kanadisch-arktischen Archipel erprobte Praxis anzuwenden, von dem zu leben, was das Land hergibt, auch unter den Bedingungen Ostgrönlands, und dafür hatten sie sich unter anderem die Kunst angeeignet, im Kajak Robben zu jagen - eine schwierige und heikle Jagdmethode, die große Behändigkeit und Ausdauer erfordert. Um nicht zu riskieren, bei einem Jagdunfall auf den von verstreutem Polareis bedeckten Fjorden mit dem Kajak umzuschlagen und dann, wie so viele Eskimojäger, ein jämmerliches Ende zu finden, hatten sie in kurzer Zeit die sogenannte Eskimorolle erlernt, bei der man sich mithilfe des Paddels nach einem eventuellen Kentern wieder aufrichtet. Wie uns selbst später klar werden sollte, ist das beim Kentern, das nur allzu schnell passiert, die einzige Rettung. Chapman mit zwei Süßwasserlachsen in Qinqorssuaq. Es versteht sich, dass uns diese Leute, obwohl nicht älter als wir, an Erfahrung weit voraus waren und wir im Laufe der Reise viel von ihnen lernen konnten. Vor allem vom Anführer Watkins und von Frederick Spencer Chapman erfuhren
Erscheinungsdatum | 13.07.2019 |
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Übersetzer | Gerd Busse, Ulrich Faure |
Vorwort | Verena Traeger, Peter Schweitzer |
Zusatzinfo | mit 67 Abbildungen |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Eskimoland |
Maße | 139 x 217 mm |
Gewicht | 431 g |
Einbandart | gebunden |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Regional- / Landesgeschichte |
Reisen ► Reiseberichte | |
Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Regional- / Ländergeschichte | |
Sozialwissenschaften ► Ethnologie | |
Schlagworte | Arktis • Bericht • Eskimo • Ethnologie • Geschichte • Grönland • Grönland • Inuit • Jagd • Tradition • Umwelt • Verhaltensforschung • Völkerkunde • Völkerkunde |
ISBN-10 | 3-406-74171-1 / 3406741711 |
ISBN-13 | 978-3-406-74171-5 / 9783406741715 |
Zustand | Neuware |
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