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Visualisierte Lebensstile. Drei soziologische Muster-Analysen von Werbebildern - Helena Jowitsch

Visualisierte Lebensstile. Drei soziologische Muster-Analysen von Werbebildern

(Autor)

Buch | Softcover
80 Seiten
2017
Diplomica Verlag
978-3-96146-555-2 (ISBN)
CHF 55,95 inkl. MwSt
Seit Urzeiten nutzen Menschen ikonografische Abbildungen, um individuelle und kollektive Erfahrungen aus der sozialen Praxis, die schriftlich bzw. verbal nicht vermittelt werden können oder wollen, zum Ausdruck zu bringen. Ikonografische Abbildungen der sozialen Praxis - im Besonderen solche, die intentional inszeniert und öffentlich verbreitet sind (Werbefotos) - offenbaren als Dokumentations- und Informationsquellen gesellschaftliche Leitideale, lebensstil-spezifische Werte und Muster sozialer Strukturordnungen der jeweiligen historischen Zeit, die möglicherweise in keinem anderen Dokument verzeichnet sind.
Bedingt durch den technologischen Fortschritt, haben Werbebilder eine zunehmend dominierende Präsenz im öffentlichen Raum eingenommen. Dennoch sind Werbefotografien, ungeachtet ihrer signifikanten Bedeutung als Datenquellen, in der qualitativen empirischen Sozialforschung noch Randerscheinungen.
Von diesem Hintergrund liegt dieser Studie die Intention zugrunde, anhand der exemplarischen, kontrastiven Untersuchung mehrere Werbebilder einen Beitrag zur "sozialen Rolle" der Bilder und ihres Stellenwerts als Datenquellen zur Rekonstruktion der sozialen Praxis zu leisten.
Erkenntnistheoretisch ist das Ziel der empirischen Untersuchung zu rekonstruieren, welche Lebensstile (lebensstil-spezifische Muster) durch Werbebilder von Kosmetikunternehmen reproduziert werden - d.h. inwiefern diese als visuelle "Bühnen" symbolisch kodierter, lebensstil-spezifischer (Selbst-)Darstellungen dienen -, und darüber hinaus zu verstehen, wie sich in Bildern die distinktionale Praxis der sozialen Akteure offenbart.
Die visuell kodierte Produzentenperspektive und die dahinter verborgenen gesellschaftlichen Weltanschauungen befinden sich im Fokus der empirischen Untersuchung. Zur Bildanalyse werden fixierte Werbebilder herangezogen. Die Decodierung ikonografischer Abbildungen erfolgt dabei nach dem Dreiphasen-Modell von Erwin Panofsky (1978).

Helena Jowitsch absolvierte 2017 erfolgreich das Masterstudium "Soziologische und Ökonomische Studien" an der Universität Hamburg. Wissenschaftliche Erweiterung und Vertiefung erwarb die Autorin in der qualitativen empirischen Sozialforschung und in den Theorien sozialer Interaktion. In zahlreichen Forschungsprojekten sammelte die Autorin darüber hinaus umfangreiche Praxiserfahrungen in Textanalyse und Erhebungsmethodik. Bereits im Bachelorstudium der Sozialökonomie an der Universität Hamburg entdeckte sie darüber hinaus private und öffentliche Fotografien als ergiebige Datenquellen visueller, symbolischer Sozialpraxis. Fundierte Kenntnisse in der Bildgestaltungslehre sowie ausgeprägtes Erkenntnisinteresse an visuell inszenierten sozialen Praktiken führten die Autorin dazu, in der vorliegenden Studie werblich inszenierte und visuell kodierte gesellschaftliche Wertemuster zu erforschen.

Textprobe:Kapitel 2.4. Symbolische Praxis:
Wie in vorherigen Absätzen dargestellt, werden Lebensstile anhand der symbolisierten Ausdrucksformen identifiziert und differenziert. Demnach basiert das Konzept der Lebensstile im Sinne von Bourdieu auf zwei Grundelementen: der Distinktion und dem symbolischen Kapital, die im Folgenden detaillierter erläutert werden.
2.4.1. Distinktion:
Im engen Zusammenhang mit dem Konzept Lebensstil hat Bourdieu die distinktionale Wirkung der Lebensstile erkannt.
Die Distinktion ist ein sozialer Differenzierungsmechanismus, das aus drei Merkmalen besteht: soziale (Selbst-) Verortung, Semiotisierung, Konstruktion und Rekonstruktion der Ästhetik (Diaz- Bohne 2002: 37). Die soziale Verortung bezieht sich auf die soziale Stellung im sozialen Raum. Die Semiotisierung bezieht sich auf die symbolische Ordnung distingierender Objekte. So zielt die symbolische Distinktionspraxis auf die Akkumulierung symbolisch-distingierender Objekte, Werte und Praktiken (Verhaltensweisen) (ebd.: 2002: 39).
Die vom Habitus geprägten Praktiken sozialer Gruppen werden nach habituellen Beurteilungsschemata bewertet und anschließend den unterschiedlichen Positionen im sozialen Raum zugeordnet. So werden bestimmte Verhaltensarten, Gegenstände und Wertorientierungen mit bestimmten Gruppen in Verbindung gebracht. Die teueren Luxusgüter und exklusive Sportarten werden z.B. mit sozial Privilegierten, der ökonomischen Elite assoziiert. Die kultivierten Formen der Askese, der Besitz avantgardistischer Kunstobjekte werden der kulturellen Elite zugewiesen (Bourdieu 1982, zitiert nach Diaz- Bohne 2002: 39). Von diesem Hintergrund besteht der Sinn des Lebensstiles darin, mittels der symbolisch "verpackten" kulturellen Werte und Normen (symbolische Kapitalien), einen möglichst großen Distinktionsgewinn zu erzielen.
In diesem Zusammenhang konstruiert Bourdieu zwei Distinktionsrichtungen: vertikale und horizontale. Die vertikale grenzt primär herrschende, bürgerliche und beherrschte Klasse voneinander ab. Dies bezieht sich auf die hierrarschisch strukturierte Bewertungsmuster. Das bedeutet, dass die sozialen Aktuere durch die vertikale Decodierung erfahren, in welcher sozialen Rangordnung lebensstil - spezifische Werte und Ausdrucksmuster anerkannt sind. Umso höher die Bewertung ausfällt, umso erstrebenswerter wird ein Lebensstil. Beispielsweise hat in vielen Kulturen die Bildung einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Das Bildungsniveau zeigt sich im sprachlichen Ausdruck. So werden abstrakte Begriffe mit intelektuellen Lebensstilen assoziert und gleichzeitig wirken diese als distingierende Elemente zu anderen Lebensstilen. Um auf die Beispiele von Bourdieu, Veblen und Michailow, die in vorherigen Absätzen erwähnt wurden, zurückzukehren, ist beispielsweise in der postmodernen, westlichen Gesellschaft ein hedonistischer Lebensstil, welcher sich im extensiven Konsum von symbolischen Gütern offenbart, sozial erwünscht.
Die horizontale Distinktion grenzt die ökonomisch reiche soziale Gruppe als herrschende Klasse, von der beherrschten kulturellen Kapitalgruppe, ab. Hier wird zwecks des distinktionalen Vorteils (Gewinns) das symbolische Kapital strategisch eingesetzt, um in einem "Klassenkampf" (Bourdieu 1985: 74) auf der symbolischen Ebene, den eigenen Lebensstil als legitim, d.h. gesellschaftlich anerkannt, durchzusetzen.
Zu diesem Zweck schließen sich die Lebensstilgruppen aus "Gleichgesinnten" zusammen, die sich von anders "Gesinnten" abgrenzen. Diese Form solidarischer Beziehungen, die Münch (1991: 157) als "gemeinschaftliche Vereinigung durch gemeinschaftliche Abschließung" bezeichnet, werden durch gemeinsame und habitualisierte kulturelle Symbole, Vorstellungen und Werte hervorgebracht.
Die stilisierte und habitualisierte Verwendungen des symbolischen Kapitals trägt somit zur "sozialen Abschließung bei" (Münch 1991: 157).
Demnach konstruieren sich durch die Vergleichspraxis, im Sinne von "Selbst un

Erscheinungsdatum
Sprache deutsch
Maße 155 x 220 mm
Gewicht 145 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Soziologie Allgemeine Soziologie
Sozialwissenschaften Soziologie Spezielle Soziologien
Schlagworte clarins • Kosmetikprodukt • Lebensstil • Nivea • Panowsky, Erwin • qualitative Bildanalyse • Soziale Praktik • Symbolisches Kapital • Visuelle Soziologie • Weleda • werbliche Inszenierung • Werte
ISBN-10 3-96146-555-X / 396146555X
ISBN-13 978-3-96146-555-2 / 9783961465552
Zustand Neuware
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