Identitätserleben bei transsexuellen Menschen: Zwei narrative Interviews und ihre identitätstheoretische Interpretation
Diplomica Verlag
978-3-95850-887-3 (ISBN)
Dr. rer. med. Evelyn Kleinert studierte Soziologie und Soziale Verhaltenswissenschaften (M.A.). Anschließend arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Universitätsklinikum Leipzig in verschiedenen Forschungsprojekten (u.a. zu psychoonkologischen Themen, Kinderwunsch-Motiven nicht-heterosexueller Menschen und zu interkulturellen Teams im Krankenhaus) sowie in der Lehre (u.a. Ausbildung von Schauspielpatient_innen und studentischen Tutor_innen; Kurse in ärztlicher Gesprächsführung für Medizinstudierende; Vorlesungen und Seminare zum Thema „Geschlecht und Gesundheit“). Sie promovierte im Fachbereich Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie. Für ihr Forschungsinteresse an sozialen Minoritäten bedient sie sich sowohl qualitativer als auch quantitativer Methoden.
Textprobe:Kapitel 2.1, Was ist Transidentität?Um den Begriff Transidentität in einem Satz zu definieren, ließe sich feststellen: Transidente Menschen leben in der ständigen inneren Gewissheit, sich im falschen Körper zu befinden. Sie empfinden sich eigentlich dem anderen Geschlecht zugehörig (de Silva 2005; Eicher 1992; Reinhardt 2005; Rüffer-Hesse, Hartmann 2004, Sonnenmoser 2008).Ihr Selbstbild widerspricht somit ihrer körperlichen Erscheinung. Sie nehmen ihr körperliches Geschlecht zwar realistisch wahr, empfinden dieses aber als subjektiv falsch. Dabei werden sowohl die körperlichen Merkmale des Ursprungsgeschlechts abgelehnt, als auch die daran geknüpften gesellschaftlichen Rollenanforderungen.Dabei leiden die Betroffenen sehr unter der Diskrepanz zwischen der erlebten Geschlechtsidentität und den körperlichen Voraussetzungen. Sie versuchen den Leidensdruck dadurch zu mindern, indem sie die typische Kleidung des Gegengeschlechts tragen, entsprechendes Ausdrucks- und Rollenverhalten erlernen und mit Hilfe von hormonellen und chirurgischen Eingriffen versuchen, den Körper an das subjektive Erleben anzugleichen. Auf der rechtlichen Ebene versuchen die Betroffenen den Vornamen und den Personenstand, die jede Person in ihren Ausweisen einem Geschlecht zuordnen, der erlebten Geschlechtsidentität anzupassen (Reinhardt 2005, S.6; de Silva 2005, S. 261; Rüffer-Hesse, Hartmann 2004).Transidentität tritt prinzipiell unabhängig vom biologischen Geschlecht auf. Einzige Voraussetzung ist, dass das biologische Geschlecht eindeutig männlich oder weiblich sein muss, da es sich ansonsten um eine Form der Intersexualität handelt. So gibt es biologische Männer, die sich selbst als Frauen wahrnehmen, so genannte Mann-zu-Frau-Transidente (MzF). Und es gibt biologische Frauen, die sich als Männer identifizieren, Frau-zu-Mann-Transidente (FzM). Außerdem unterscheiden einige Autor_innen noch zwischen homosexuellen und nicht- homosexuellen Transidenten (Smith et al. 2005). Daran zeigt sich, dass die Transidentität unabhängig von der sexuellen Orientierung besteht.In Bezug auf die Epidemiologie stellt Reinhardt (2005, S. 9) fest, dass heute ca. 8000 bis 10000 transidente Menschen in Deutschland leben. Sonnenmoser (2008, S. 174) spricht von 2000 bis 6000 Betroffenen.Über die Entstehung von Transidentität bestehen derzeit unterschiedliche Annahmen: Vermutungen über somatische Ursachen reichen von einer hormonellen Beeinflussung des Fötus mit gegengeschlechtlichen Hormonen während der Schwangerschaft, über Störungen in nicht genauer identifizierbaren Arealen des Gehirns, bis hin zu Störungen des Glykoproteinhaushaltes (Green 2007, S. 121f).Als psychodynamische Ursache wird ein zum Teil unbewusster Wunsch der Eltern vermutet, ein Kind anderen Geschlechts zu haben. Auch ein Fehlen des gleichgeschlechtlichen Elternteils, oder dessen negative Besetzung stehen im Verdacht, eine positive Identifikation mit dem eigenen biologischen Geschlecht zu verhindern (Sonnenmoser 2008, S. 175). Unter den Betroffenen und ihren Angehörigen ist die Annahme eines angeborenen Defektes weit verbreitet. Diese Meinung wird zum Teil auch von den behandelnden Psycholog_innen und Ärzt_innen vertreten. Keine dieser Annahmen konnte sich bisher in als anerkannte Lehrmeinung durchsetzen.2.2, Transidentität aus historischer Perspektive:Die Frage nach der Entstehung von Transidentität, lässt sich nicht in dem Sinne beantworten, dass ein Zeitpunkt in der Geschichte auszumachen wäre, an dem dieses Phänomen zum ersten Mal aufgetreten ist. Vielmehr wird angenommen, dass es Transidentität in allen Kulturen und zu jeder Zeit gab. Hirschauer vergleicht Transidentität mit einem seltenen Insekt oder einem neuen Elementarteilchen, das nur endlich im 20. Jahrhundert entdeckt wurde, d.h. korrekt beschrieben, von anderen Syndromen abgetrennt und schließlich erfolgreich behandelt (Hirschauer 1992, S.55), auch wenn die Resultate der mediz
Sprache | deutsch |
---|---|
Maße | 155 x 220 mm |
Gewicht | 174 g |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Soziologie ► Allgemeine Soziologie |
Sozialwissenschaften ► Soziologie ► Gender Studies | |
Sozialwissenschaften ► Soziologie ► Spezielle Soziologien | |
Schlagworte | Biographieforschung • Erikson • Goffman • Identität • Interviews/Gespräche • Mead • Narratives Interview • Transgender • Transidentität • Transsexualität |
ISBN-10 | 3-95850-887-1 / 3958508871 |
ISBN-13 | 978-3-95850-887-3 / 9783958508873 |
Zustand | Neuware |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
aus dem Bereich