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Afrikanische Vereine in Berlin: Selbstdarstellung und Integration von Migrantenvereinen - Andrea Baumgartner-Makemba

Afrikanische Vereine in Berlin: Selbstdarstellung und Integration von Migrantenvereinen

Buch | Softcover
112 Seiten
2014 | Erstauflage
Diplomica (Verlag)
978-3-95850-750-0 (ISBN)
CHF 41,95 inkl. MwSt
In Zeiten, die vom Kampf der Kulturen (Huntington) beherrscht zu sein scheinen und in denen das Ende von Multikulti (FOCUS Titel 2010) propagiert wird, werden Initiativen, die diesem Trend entgegen steuern immer wichtiger. Vereine von Migranten können hierzu einen Beitrag leisten und zur Integration beitragen. Vereine gelten allgemein als typisch deutsche Organisationsform, von der im Lauf der Geschichte viele Impulse zu gesellschaftlichen Veränderungen ausgingen. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts begannen auch vermehrt Afrikaner, wie so viele andere Zuwanderer, in Berlin Vereine zu gründen. In dieser Studie wird der Frage nachgegangen, in welchen Bereichen diese Vereine tätig sind und wodurch sie Einfluss auf die Gesellschaft nehmen. Da es bei diesem Thema ein großes Forschungsdefizit gibt, bestand eine Hauptaufgabe in der Erschließung von Quellen. Die Studie basiert auf einer umfangreichen Datenerhebung sowie zwei längeren Interviews mit Vereinsmitgliedern und gliedert sich in vier Teile: Zunächst werden die Rahmenbedingungen für die Situation von Afrikanern in Berlin erläutert. Daran schließt sich eine historische Skizze des deutschen Vereinswesens an. Migrantenvereine sind der Schwerpunkt des nächsten Teils. Das vierte Kapitel befasst sich mit Vereinen der afrikanischen Diaspora. Zwei Vereine, die Afrikanischen Ökumenischen Kirche e.V. und der Nzuko Umo Igbo e.V. werden dabei näher betrachtet.

Andrea Baumgartner-Makemba, Dipl.Päd, M.A., wurde 1946 in Tegernsee geboren. Nach einem Studium der Anglistik und Romanistik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München arbeitete sie als Sekundarschullehrerin. Dann erwarb sie 1977 ein Diplom in Erziehungswissenschaften an der Pädagogischen Hochschule Berlin und verfasste (zusammen mit Gisela Landesberger) die Untersuchung Die verkauften Bräute Türkische Frauen zwischen Kreuzberg und Anatolien (Rowohlt). Sie arbeitete als Dozentin und Supervisorin und leitete 20 Jahre lang das sozio-kulturelle Zentrum WOHNEN UND LEBEN e.V. in Berlin-Kreuzberg. Dabei erfuhr sie, wie wichtig Vereine der verschiedenen kulturellen Communities oft in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen - für das Zusammenleben in der Stadt sind. Dies und das Studium der Afrikawissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin, das sie in mehrere Länder Afrikas führte, und das sie 2007 mit dem akademischen Grad der Magistra Artium erfolgreich abschloss, motivierte sie dazu, dieses Buch über die Bedeutung afrikanischer Vereine in Berlin zu veröffentlichen.

Textprobe:
Kapitel 2, Afrikaner in Berlin:
Wann die ersten Afrikaner erstmals Berliner Boden betraten, lässt sich nicht genau feststellen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass bereits im späten 17. oder frühen 18. Jahrhundert vereinzelt Menschen aus Afrika hierher kamen. Friedrich Wilhelm von Brandenburg hatte um 1683 an der Westküste Afrikas im heutigen Ghana die Festung Großfriedrichsburg errichtet, um sich am Handel mit Sklaven,Gold, Elfenbein, Straußenfedern, Salz und Gummi zu beteiligen. Sein Sohn Friedrich Wilhelm I. verkaufte die Festung jedoch wegen zu geringer Erträge 1717 für 7200 Dukaten und 12 Mohren an die Holländer. Einige Zeit später wird der Sohn Friedrich Wilhelms I., Friedrich II. (1744-1794), auf zwei Portraits in Begleitung schwarzer Pagen dargestellt.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden wieder Menschen aus Afrika nach Berlin gebracht. Dieses Mal im Rahmen von Völkerschauen, die vordergründig Verständnis für fremde Kulturen wecken sollten, tatsächlich aber nur die Sensationslust der Berliner befriedigen sollten. Afrikaner aus den Kolonien kamen außerdem zur Ausbildung nach Berlin, um später in der Verwaltung der Kolonie tätig zu werden oder dort den christlichen Glauben zu verbreiten. Es gab aber auch Afrikaner, die in Berlin blieben, um hier zu arbeiten. Während des Nationalsozialismus wurden Afrikaner verschiedener Länder in Konzentrationslager gebracht und verloren dort ihr Leben. Andere konnten sich retten, indem sie eine Statistenrolle in den Propagandafilmen der UFA übernahmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen immer mehr Afrikaner als Asylbewerber, als Vertragsarbeiter oder zu Ausbildungs- und Studienzwecken nach Deutschland. Im Folgenden soll diese Geschichte der Migration in der
2. Hälfte des 20. Jahrhunderts kurz dargestellt werden. Sie verlief im Westen und Osten unterschiedlich.
2.1, Unterschiedliche Geschichte West/Ost:
Die Geschichte der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte in der Bundesrepublik Deutschland begann 1955. Die durch das Wirtschaftswunder anfallenden Aufgaben konnten von deutschen Arbeitern allein nicht mehr bewältigt werden. Deshalb wurden Anwerbeverträge mit folgenden Ländern geschlossen: Italien 1955, Griechenland 1960, Spanien 1960, Türkei 1961, Marokko 1963, Portugal 1964, Tunesien 1965, Jugoslawien 1968. In der ersten Zeit der Anwerbung war der rechtmäßige Aufenthalt an einen bestimmten Arbeitsplatz gebunden. Die Arbeiter waren in Wohnheimen (teilweise auf dem Firmengelände) untergebracht, denn zunächst war nur an einen begrenzten Aufenthalt der Ausländer gedacht. Dies konnte jedoch nicht durchgeführt werden, da es wirtschaftlich nicht sinnvoll war, immer wieder gut angelernte Arbeiter mit neuen, ungelernten auszutauschen ( Rotationsprinzip ). In der Zeit vom 1954 bis zum 1971 stieg die Zahl der ausländischen Arbeiter aus den Anwerbeländern von 9 269 auf 1 852 100. Davon waren 478 200 Jugoslawen, 452 700 Türken, 407 900 Italiener, 268 500 Griechen,186 500 Spanier und 58 300 Portugiesen. Insgesamt waren im Jahr 1971 2 239 300 ausländische Arbeitnehmer aus den verschiedensten Ländern der Welt in der Bundesrepublik tätig. In der wirtschaftlichen Rezession 1973 wurde ein Anwerbestopp verhängt. Aber trotzdem erhöhte sich die Zahl der Ausländer stetig, da jetzt verstärkt Familienangehörige einreisten, aus Angst, dass dies bald nicht mehr möglich sein würde. Aus den sog. Gastarbeitern wurden Immigranten, die auf (längere) Dauer in der Bundesrepublik wohnen wollten. Das Rückkehrförderungsgesetz von 1983, das Ausländer mit Zahlung von Rückkehrhilfen zur Heimkehr bewegen sollte, hatte nicht den beabsichtigten Erfolg. Meist kehrten nur diejenigen zurück, die es sowieso bereits geplant hatten. Es wurde immer deutlicher, dass sich die Arbeitsmigranten sich auf Dauer im Land einrichteten. Da es zwischen der deutschen Bevölkerung und den Einwanderern Misstrauen und Ablehnung gab und auch die Presse ein äußerst negatives Bild von

Erscheint lt. Verlag 20.11.2014
Zusatzinfo 12 Abb.
Sprache deutsch
Maße 155 x 220 mm
Gewicht 188 g
Themenwelt Sozialwissenschaften Soziologie Allgemeine Soziologie
Sozialwissenschaften Soziologie Spezielle Soziologien
Schlagworte Gesellschaft • Migration • Migration / Migrant • Organisation • Völkerverständigung
ISBN-10 3-95850-750-6 / 3958507506
ISBN-13 978-3-95850-750-0 / 9783958507500
Zustand Neuware
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