Die Deutschen im italienischen Spielfilm nach 1945: Die filmische Darstellung der Deutschen und des Nationalsozialismus
Diplomica Verlag
978-3-95850-669-5 (ISBN)
In dieser Studie analysiert die Autorin die Darstellung des Deutschenbildes in italienischen Spielfilmen nach 1945 und die damit verbundene Mythisierung der Resistenza. Auch beleuchtet das Buch, wie Film und Politik das deutsche Feindbild als wiederkehrendes Motiv zur eigenen Abgrenzung vom Faschismus nutzen und die Vergangenheit (um)deuten.
Kapitel 1.2., Italiens Umgang mit seiner faschistischen Vergangenheit: Resistenza-Mythos und Revisionismus: An welchen Krieg erinnert sich die italienische Öffentlichkeit, wenn vom Zweiten Weltkrieg die Rede ist? Die Antwort ist leicht: Es handelt sich fast ausschließlich um den nationalsozialistischen Krieg innerhalb Europas und um die Zeit der deutschen Besetzung Italiens vom September 1943 bis Kriegsende.
So die synthetische Feststellung von Lutz Klinkhammer, dessen Beiträge zum Thema der italienischen Geschichtspolitik neben denen Filippo Focardis. besonders hervorzuheben sind. Die Konstruktion jener partiellen Erinnerung setzte bereits während des Krieges ein und folgte drei pragmatischen Zielen, wie Focardi in einem Aufsatz von 1996 herausgearbeitet hat: Die Kräfte des nationalen Befreiungskomitees (CLN -Comitato di liberazione nazionale) und die Badoglio-Regierung mussten einerseits die Propaganda des neu installierten Salo-Regimes und sein Narrativ vom italienischen Verrat kontrastieren sowie die italienische Bevölkerung zum Massenaufbegehren gegen die deutschen Besatzer und den faschistischen Marionettenstaat mobilisieren. Andererseits sollte die Hervorhebung der nationalsozialistischen Verbrechen unter gleichzeitiger Betonung der nunmehrigen Mitkriegsführung (cobelligeranza) auf Seiten der Alliierten dem italienischen Bemühen um günstige Bedingungen in den folgenden Friedensverhandlungen in die Hände spielen.
Das durchaus politisch legitime propagierte die Vorstellung von der alleinigen Kriegsschuld Mussolinis, der das italienische Volk gegen seinen Willen zuerst in das Bündnis mit dem verhassten Erzfeind Deutschland und dann in den Krieg gezwungen habe. Die wenn überhaupt minimale Mitschuld der Italiener sei durch den massenhaften Charakter der Resistenza, des Volksaufstands gegen die Nazifaschisten, bereits ausgelöst worden. Klinkhammer erkennt dabei drei Phasen im Prozess der Ausformung des Gedenkens an den Zweiten Weltkrieg, in dessen Verlauf die Erinnerung an den Krieg an der Seite der Deutschen durch die Erinnerung an Besetzung und Widerstand ausgeblendet wurde: Im Anschluss an die Kodifizierung eines homogenen Narrativs, die 1948, nach dem Ausschluss der Kommunisten aus der Regierung, als abgeschlossen gelten konnte, folgte bis 1963 eine Phase, in der die politische Führungsriege sich allgemein auf patriotische Ideale und die Aussöhnung unter den Italienern berief. Die Resistenza wurde nicht thematisiert, da die von den Christdemokraten geführte Regierung den Kommunisten mit dieser Karte nicht zuspielen wollte. Mit dem ersten Mitte-Links Bündnis ab 1963 aber begann eine Transformation, an deren Ende die Etablierung des Resistenza-Mythos als gesamtgesellschaftlich-antifaschistische Deutung [...], geradezu als Zivilreligion , stand. Teil dieses Diskurses war von Beginn an auch das Stereotyp vom bösen Deutschen, denn der deutsche Sündenbock erleichterte es ungemein, die Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg und die Verbrechen in den gemeinsam besetzten Gebieten auf die schrecklichen Nachbarn [...] abzuwälzen, zumal der Topos von den bösen Deutschen noch durch den Topos von den guten Italienern ergänzt wurde [...]. Das Bild des Deutschen ist demnach untrennbar mit der italienischen Interpretation des Faschismus verbunden; mehr noch, es ist dessen begründendes Element und wie sich in der Folge zeigen wird auch das einzig konsensfähige, welches die Geschichtsdeutungen aller politischen Lager verbindet. Dies erklärt auch seine Persistenz im öffentlichen Gedächtnis. Wie Focardi anknüpfend an Missiroli schreibt, fungiere der riflesso antitedesco in Italien als politisches Instrument, welches in Krisensituationen, die die offizielle Geschichtsdeutung vom Resistenza-Mythos gefährden, beliebig aktivierbar werde. In solch einer Krisensituation befindet sich Italien seit den 90ern. Nach dem Umbruch in Osteuropa und dem Zerfall des italienischen Parteiensystems, welches die offizielle
Sprache | deutsch |
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Maße | 155 x 220 mm |
Gewicht | 235 g |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Kommunikation / Medien ► Allgemeines / Lexika |
Sozialwissenschaften ► Kommunikation / Medien ► Medienwissenschaft | |
Schlagworte | Faschismus • Feindbild • Film • Italien |
ISBN-10 | 3-95850-669-0 / 3958506690 |
ISBN-13 | 978-3-95850-669-5 / 9783958506695 |
Zustand | Neuware |
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