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Feste feiern in Deutschland - Angelika Feilhauer

Feste feiern in Deutschland

Ein Führer zu alten und neuen Volksfesten und Bräuchen
Buch | Hardcover
408 Seiten
2000
Sanssouci (Verlag)
978-3-7254-1185-6 (ISBN)
CHF 27,85 inkl. MwSt
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Was machen wir am Wochenende? Eine Frage, die nicht nur in Familien mit Kindern gestellt wird. Dieses Buch ist ein Führer zu alten und neuen Volksfesten, lädt zum Mitfeiern ein und erklärt gleichzeitig die Herkunft von Bräuchen, Namens- und Festtagen. Im reich bebilderten Hauptteil sind jedem Monatskapitel ausführliche Veranstaltungstipps angeschlossen, die quer durch Deutschland neben weithin bekannten Festen und Märkten - wie dem Hamburger Dom oder dem Nürnberger Christkindlmarkt - auch kleinere Veranstaltungen empfehlen. Adressen (einschließlich Internet) von über 1.000 Veranstaltern finden sich einfach und übersichtlich in dem nach Bundesländern geordneten Anhang, während ein Sach- und Namensregister neben dem Schmökern auch eine gezielte Suche nach einzelnen Festen oder Bräuchen möglich macht.

Angelika Feilhauer, 1954 geboren, wuchs in Berlin und Darmstadt auf. Nach ihrer Tätigkeit als Redakteurin für einen großen Sachbuchverlag arbeitet sie heute als freie Übersetzerin, Redakteurin und Autorin mit Schwerpunkt in den Bereichen Erwachsenensachbuch sowie Kinder- und Jugendbuch. Sie lebt in Ravensburg.

Wenn das Wetter mitspielt, ist der Mai tatsächlich ein Wonnemonat. Diese heute noch gebräuchliche Bezeichnung, die man im 16. Jahrhundert wieder aufgriff, stammt ursprünglich aus der Monatsliste Karls des Großen. Im Althochdeutschen kannte man den winnimanod oder wunnimanod, wobei das erste Wort das Substantiv winne = Weide(platz) enthält, was den Mai zum Weidemonat machte, letzteres dagegen wunn(i)a = Wonne, das Verlangen, Freude oder Lust ausdrückte. Das scheint recht treffend, denn im Mai erwacht nicht nur die Natur vollends zum Leben, sondern auch bei den Menschen beginnen sich Gefühle zu regen. Wohl aus diesem Grund wurden in den Maiwochen früher zahllose erotische Bräuche, Fruchtbarkeitszauber und Liebesorakel praktiziert. Nüchternere Menschen waren allerdings immer der Meinung, dass dieser Monat zum Heiraten völlig ungeeignet sei, da sich in ihm jeder Esel verliebe. Aber das Heiraten war nicht nur deshalb gefährlich, man glaubte auch, dass es den Tod nach sich ziehe. Der heutige Name Mai beruht auf der lateinischen Monatsbezeichnung Maius. Sie entstand vermutlich zu Ehren eines gleichnamigen altitalischen Gottes, den man als Beschützer des Wachstums verehrte. Im kirchlichen Kalender ist der Mai der Marienmonat und steht ganz im Zeichen der Marienverehrung. Schon im Mittelalter kamen tägliche Marienandachten auf, die dann im 19. Jahrhundert weite Verbreitung fanden. Zahlreiche Bräuche der in den Mai fallenden Feiertage sind einander sehr ähnlich und werden im Grunde genommen den ganzen Mai hindurch praktiziert. An vielen Tagen finden Umritte statt, die aus den alten Flurumgängen entstanden sind, mit denen man Dämonen abwehren und die Felder fruchtbarer machen wollte (siehe S. xx). Maikäfer Als Dämonen galten die Maikäfer, gegen die man sich mit Beschwörungen zu schützen versuchte. Dieser Aberglaube wird verständlich, wenn man sich klarmacht, dass die Menschen bis zur Erfindung der Insektizide den Schädlingen vollkommen schutzlos ausgeliefert waren. Maikäfer richteten oft verheerende Schäden an und wurden deshalb sogar vor Gericht zitiert. Gewöhnlich konnte man sie jedoch nur wegen Nichterscheinens verurteilen. Wer sich aber überwinden konnte, einem Maikäfer den Kopf abzubeißen, der sollte ein ganzes Jahr lang Glück haben. Da sie als ausgezeichneter Schutz vor Krankheiten galten, briet man die Insekten auch und aß sie auf Brot. Wie andere Käfer fanden sie außerdem als Aphrodisiakum Verwendung. Mancher Aberglaube rankt sich auch um den Mairegen, der wegen seiner Heilkraft das ganze Jahr über aufbewahrt wurde. Noch heute sagt man ihm nach, dass er schön mache und die Kinder wachsen lasse. Zwei besondere Festtypen, die vielfach im Mai gefeiert werden, sind Brunnenfeste und Höhlenfeste. Bei Höhlenfesten handelt es sich um Heimatfeste, die auf der Schwäbischen Alb stattfinden. Das bekannteste und wohl auch älteste ist das Nebelhöhlenfest bei Lichtenstein. Brunnenfeste sind Nachbarschafts- feste, die immer noch oder wieder in großer Zahl gefeiert werden. Ursprünglich bezeichnete man mit dem Wort brunne nicht nur die künstlichen Zieh- oder Pumpbrunnen in Dörfern und Städten, sondern alle Quellen. Wegen der existenziellen Bedeutung des Wassers für die Menschen, entwickelten sich um die Quellen und Brunnen herum vielfältige Bräuche. In vorchristlicher Zeit brachte man Brunnen sogar Totenopfer, später entstanden Wallfahrten zu heilkräftigen Brunnen, von denen viele einen Heiligen als Schutzpatron hatten. Bis ins 20. Jahrhundert lag es in der Verantwortung bestimmter Personen und Gruppen, wie Brunnenmeistern, Brunnengemeinschaften, Handwerkern oder den unverheirateten Mädchen und jungen Männern eines Ortes, die Brunnen zu reinigen und defekte Gerätschaften zu ersetzen. Meist wurden Brunnen zur Pfingstzeit gesäubert. Anschließend schmückte man sie und feierte. Aber auch bei anderen Gelegenheiten standen und stehen Brunnen im Mittelpunkt zahlreicher Bräuche, etwa beim Gautschen neuer Buchdruckergesellen oder zur Fastnachtszeit beim Bräuteln in Sigmaringen, wo die frisch gebackenen Ehemänner des letzten Jahres in den Brunnen geworfen werden. Außerdem galten sie im Volksglauben als Zugänge zu Hölle und Unterwelt, die von Dämonen bewohnt wurden. Daher musste man sie an bestimmten Tagen meiden, wenn man nicht Gefahr laufen wollte, von den bösen Geistern in die Tiefe gezogen zu werden. Bei Sonnen- und Mondfinsternissen oder Sonnenwenden deckte man sie ab, damit kein Gift hineinfallen konnte. Eine alte Redensart behauptet, dass Gott die Mütter erfunden hat, da er nicht überall selbst sein kann. Vielleicht wird er sie eines Tages im Himmel auch einmal belohnen, doch bis dahin müssen sie sich mit dem Muttertag zufrieden geben, der am zweiten Sonntag im Mai gefeiert wird. Wenn sie großes Glück haben, wird ihnen an diesem Tag die Hausarbeit abgenommen, mit etwas weniger Glück bekommen sie Geschenke, was ganz im Sinne der Floristen und anderer Branchen ist, die den Tag schon bald nach seiner Entstehung für sich zu nutzen wussten. Das merkte auch die Erfinderin des Muttertages, Ann Jarvis, die gegen Geschäftemacher prozessierte und bedauerte, überhaupt jemals auf die Idee eines Muttertages verfallen zu sein. Sie war eine amerikanische Frauenrechtlerin, deren Mutter bereits die Mothers' Work Organisation zum Wohl von Müttern gegründet hatte. Am 12. Mai 1906 veranstaltete Ann Jarvis anlässlich des ersten Todestages ihrer Mutter mit Freunden ein Gedenktreffen, das ein Jahr später mit einem Gottesdienst gefeiert wurde. 1908 wurde der Tag bereits in ganz Philadelphia begangen, 1913 in Pennsylvania, und 1914 erklärte der amerikanische Kongress ihn zum offiziellen staatlichen Feiertag. Nicht einmal ein Jahrzehnt später kam der Muttertag nach Europa, wo man ihn begeistert aufnahm. In Deutschland machte man ihn 1922 zum Feiertag. Während des Dritten Reiches vereinnahmten ihn die Nationalsozialisten für die Idealisierung der Mutterschaft, doch nach dem Krieg kehrte das Fest in den privaten Bereich zurück.

Mitarbeit Anpassung von: Beate Bücheleres-Rieppel
Zusatzinfo Mit zahlreichen Abbildungen
Sprache deutsch
Maße 170 x 239 mm
Gewicht 934 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Sozialwissenschaften Ethnologie Völkerkunde (Naturvölker)
Schlagworte Brauchtum • Deutschland; Führer • Deutschland; Volkskunde • Volksfest
ISBN-10 3-7254-1185-9 / 3725411859
ISBN-13 978-3-7254-1185-6 / 9783725411856
Zustand Neuware
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