Phänomenologie und Soziologie (eBook)
VII, 409 Seiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften
978-3-531-91037-6 (ISBN)
Dr. Jochen Dreher lehrt Soziologie an der Universität Konstanz und ist Geschäftsführer des Sozialwissenschaftlichen Archivs.
Dr. Michaela Pfadenhauer ist Professorin für Soziologie an der Universität Karlsruhe (TH).
Dr. Jürgen Raab ist Wissenschaftlicher Angestellter an der Universität Konstanz.
Dr. Bernt Schnettler ist Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Soziologie der TU Berlin.
Dr. Peter Stegmaier forscht am Institute for Science, Innovation and Society und am Center for Society and Genomics an der Radboud Universiteit Nijmegen/NL.
Dr. Jochen Dreher lehrt Soziologie an der Universität Konstanz und ist Geschäftsführer des Sozialwissenschaftlichen Archivs. Dr. Michaela Pfadenhauer ist Professorin für Soziologie an der Universität Karlsruhe (TH). Dr. Jürgen Raab ist Wissenschaftlicher Angestellter an der Universität Konstanz. Dr. Bernt Schnettler ist Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Soziologie der TU Berlin. Dr. Peter Stegmaier forscht am Institute for Science, Innovation and Society und am Center for Society and Genomics an der Radboud Universiteit Nijmegen/NL.
Inhalt 5
Einleitung der Herausgeber 8
Phänomenologie und Soziologie 9
I Theoretische Positionen und Perspektiven 28
Konstitution, Konstruktion: Phänomenologie, Sozialwissenschaft 29
Die pragmatische Lebenswelttheorie 37
Symbolische Präsenz: unmittelbare Vermittlung 48
Transzendentale Subjektivität 60
Das Ich als Handlung oder das handelnde Ich? 69
Reflexive Wissenssoziologie als Sozialtheorie und 79
Gesellschaftsanalyse 79
Sociologia Perennis? 90
Phänomenologie/Lebensphilosophie 101
Tertiarität 112
Von der Lebenswelt zu den Erlebniswelten 122
Soziologie als Erfahrungswissenschaft 132
Phänomenologie und Ethnomethodologie 141
Phänomenologie und Systemtheorie 152
Transzendentale, mundane und operative (systemtheoretische) Phänomenologie 163
II Problemfelder und aktuelle Debatten 172
Intersubjektivität bei Schütz – oder: Ist die Frage nach dem Anderen aus der Phänomenologie entlassen? 1 173
Wege der Vermittlung zwischen Faktizität und Freiheit Zur Methodologie der Fremderfahrung bei Jean-Paul Sartre 184
Soziales Handeln, Fremdverstehen und Handlungszuschreibung 195
Verhalten, Handeln, Handlung und soziale Praxis 206
Präsenz und mediale Präsentation 216
Wie erschließt sich der Erfahrungsraum? 226
Normative Praxis: konstitutions- und konstruktionsanalytische Grundlagen 245
Repräsentation 255
Politik, Symbolismus und Legitimität 265
III Methodische Reflexionen und Analysen 274
Protosoziologie der Freundschaft 275
Widersprüchliches Wissen 287
Symbole des Unfalltodes 297
Introspektion 306
Doing Phenomenology: 317
Mitgehen als Methode 327
Das beobachtende Interview 337
Vom Sinn des Sehens 347
Verordnete Augen-Blicke 357
Musikalisches Improvisieren: 366
Das Sirren in der Dschungelnacht – Zeigen durch Sich- wechselseitig- aufeinander-Einstimmen 377
Autorenangaben 387
Intersubjektivität bei Schütz – oder: Ist die Frage nach dem Anderen aus der Phänomenologie entlassen? (S. 187-188)
Nico Lüdtke
Die Ansätze in der Traditionslinie der phänomenologisch fundierten Soziologie von Schütz nehmen eine besondere Stellung innerhalb der Soziologie ein. Eines der hervorstechendsten Merkmale und zugleich Vorzüge dieser Konzeptionen ist, Grundlagenfragen (in Form von Konstitutionsfragen) und die empirische Forschung nicht gegeneinander auszuspielen, sondern beides gleichermaßen als Bestandteil soziologischer Forschung auszuweisen. Die konstitutiven Bedingungen des Sozialen stellen in diesem Zusammenhang eine Schwierigkeit dar. Hierbei sind zwei Aspekte zu berücksichtigen: Intersubjektivität und Fremdverstehen.
Das Problem des Fremdverstehens bedeutet die Frage danach, wie ein Anderer (anhand dessen Äußerungen) verstanden werden kann. Eine Analyse intersubjektiver Verhältnisse versucht hingegen zu klären, wer als Anderer überhaupt infrage kommt. Es geht dabei um die Untersuchung, welche Entitäten als Sozialwesen die konstitutiven Elemente sozialer Beziehungen sind. Diese Frage nach den »Grenzen des Sozialwelt« (Luckmann 1980 [1970]) zielt damit auf einen Problemkomplex ab, der deutlich von Fremdverstehen abzuheben ist. Die Auseinandersetzung mit dem Problem der Intersubjektivität ist der Herkunft nach der Philosophie zugehörig.
Die Übernahme von philosophischen Ansätzen in eine soziologische Sozialtheorie ist jedoch durchaus nicht unproblematisch: Die Suche nach der Möglichkeit, dass ego und alter sich gegenseitig als alter ego erkennen, ist eines der Grundsatzprobleme der abendländischen Philosophie – insbesondere aufgrund des großen Einflusses der cartesianischbewusstseinstheoretischen Philosophie. Vor dem Hintergrund, dass einem Ich-Bewusstsein immer nur Eigenpsychisches und niemals fremdes Bewusstsein zugänglich ist, wird die Frage aufgeworfen: Wie kann Ich sicherstellen, dass der Andere kompetenter Handlungspartner und nicht seelenloser Zombie ist?
In dieser Form führt die Frage nach dem alter ego geradewegs in eine Aporie für die Soziologie. Aus jener skeptischen Haltung heraus, die einzig eine Sphäre des einsamen Ich als sicheren Boden hat, lässt sich kein gesellschaftliches Miteinander begründen. Eine solipsistische Perspektive auf den Anderen unterläuft die notwendige soziologische Grundannahme, dass eine Verständigung von ego und alter wahrscheinlich ist, denn eine Wissenschaft des Sozialen muss die Möglichkeit einer gemeinsamen Welt voraussetzen.
Diese Schwierigkeit wird anhand Husserls einflussreicher Auseinandersetzung über das Problem des alter ego deutlich, die er im Rahmen der Entfaltung einer transzendental-phänomenologischen Philosophie – vor allem in dessen V. Cartesianischer Meditation (1977) – geführt hat. Insbesondere von Schütz, den Husserl selbst als großen Phänomenologen geschätzt hat, wurde versucht, diesen Ansatz für eine Fundierung von Intersubjektivität in den Sozialwissenschaften fruchtbar zu machen. Kann Husserl aus Sicht der Soziologie eine überzeugende Lösung des Intersubjektivitätsproblems aufweisen? Der Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Frage soll im Folgenden die kritische Auseinandersetzung sein, wie sie Schütz betrieben hat. Die Kritik von Schütz, die explizit in das Problem der Intersubjektivität hineinführt, ist eine gute Folie, auf der sich die Schwierigkeiten der Husserlschen Konstruktion abheben lassen.
Erscheint lt. Verlag | 28.8.2008 |
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Zusatzinfo | VII, 409 S. |
Verlagsort | Wiesbaden |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung |
Sozialwissenschaften ► Soziologie ► Allgemeine Soziologie | |
Schlagworte | Handeln • Hermeneutik • Lebenswelt • Media research • Sozialtheorie • Soziologie • Theorie, soziologische |
ISBN-10 | 3-531-91037-X / 353191037X |
ISBN-13 | 978-3-531-91037-6 / 9783531910376 |
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