Nicht aus der Schweiz? Besuchen Sie lehmanns.de

Naturgeschichte der Infektionskrankheiten des Menschen (eBook)

eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
396 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-561409-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Naturgeschichte der Infektionskrankheiten des Menschen -  Frank Macfarlane Burnet
Systemvoraussetzungen
19,99 inkl. MwSt
(CHF 19,50)
Der eBook-Verkauf erfolgt durch die Lehmanns Media GmbH (Berlin) zum Preis in Euro inkl. MwSt.
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Der Nobelpreisträger Frank Macfarlane Burnet schildert die Infektionskrankheiten als ein Schlüsselthema der Conditio humana. Er zeigt, wie sich in dem die Erkrankung auslösenden Kampf zwischen Erreger und Opferorganismus Grundprozesse des Lebens, Wachstum und Tod, enthüllen. Das Buch gibt Einblick in den chemischen Bauplan der Erreger, schildert anschaulich die Angriffs- und Abwehrstrategien, die komplizierten ökologischen Beziehungen des Menschen zu den Organismen seiner Umwelt. Indem es die schrittweise Eindämmung großer Seuchen, die jahrtausendelang die Menschheit dezimiert haben, nacherzählt, aber auch die Negativfolgen dieses Fortschritts - die Gefahr der Übervölkerung und die Entwicklung biologischer Massenvernichtungsmittel - eindringlich beim Namen nennt, ist das Buch gleichzeitig ein fesselndes Stück Evolutions-, Wissenschafts- und Kulturgeschichte. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Sir Frank Macfarlane Burnet, geboren am 3. 9. 1899 in Traralgon (Victoria), Australien, studierte Medizin am Geelong College und an der Melbourne University, wo er auch promovierte. Von 1923 bis zu seiner Emeritierung 1965 arbeitete und lehrte er, unterbrochen nur durch verschiedene Forschungsreisen, am Walter and Eliza Hall Institute for Medical Research in Melbourne. 1937 entdeckte er den nach ihm benannten Erreger des Q-Fiebers. 1951 wurde er geadelt. 1952 erhielt er den Behrungpreis und 1960, zusammen mit P. B. Medawar, den Nobelpreis für Medizin für »die Entdeckung der erworbenen, immunologischen Toleranz«. Er war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften, u. a. der Royal Society, der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften, der National Academy of Sciences der USA, und Präsident der Australian Academy of Sciences. Burnets Arbeit galt allen Aspekten von Infektionskrankheiten, vor allem aber den Problemen der Immunologie. Zentrales Thema seiner Werke ist die Entwicklung und Erkennung von immunologischem ?Selbst? und ?Nicht-Selbst?. An diesen Werken - »Biological Aspects of Infectious Disease« (1940), »The Production of Antibodies« (1949), »Viruses and Man« (1953), »Principles of Animal Virology« (1955), »Enzyme, Antigen and Virus« (1956), »Clonal Selection Theory of Acquired Immunity« (1959), »The Integrity of the Body« (1962) u. a. - besticht neben der Brillanz der Formulierungen vor allem das integrative Vermögen des Autors, also seine Fähigkeit, in der Fülle der Beobachtungen und Experimente die für die gesamte Biologie und Medizin grundlegenden Prozesse zu erkennen. Sir Frank Macfarlane Burnet starb 1985 in Melbourne.

Sir Frank Macfarlane Burnet, geboren am 3. 9. 1899 in Traralgon (Victoria), Australien, studierte Medizin am Geelong College und an der Melbourne University, wo er auch promovierte. Von 1923 bis zu seiner Emeritierung 1965 arbeitete und lehrte er, unterbrochen nur durch verschiedene Forschungsreisen, am Walter and Eliza Hall Institute for Medical Research in Melbourne. 1937 entdeckte er den nach ihm benannten Erreger des Q-Fiebers. 1951 wurde er geadelt. 1952 erhielt er den Behrungpreis und 1960, zusammen mit P. B. Medawar, den Nobelpreis für Medizin für »die Entdeckung der erworbenen, immunologischen Toleranz«. Er war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften, u. a. der Royal Society, der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften, der National Academy of Sciences der USA, und Präsident der Australian Academy of Sciences. Burnets Arbeit galt allen Aspekten von Infektionskrankheiten, vor allem aber den Problemen der Immunologie. Zentrales Thema seiner Werke ist die Entwicklung und Erkennung von immunologischem ›Selbst‹ und ›Nicht-Selbst‹. An diesen Werken – »Biological Aspects of Infectious Disease« (1940), »The Production of Antibodies« (1949), »Viruses and Man« (1953), »Principles of Animal Virology« (1955), »Enzyme, Antigen and Virus« (1956), »Clonal Selection Theory of Acquired Immunity« (1959), »The Integrity of the Body« (1962) u. a. – besticht neben der Brillanz der Formulierungen vor allem das integrative Vermögen des Autors, also seine Fähigkeit, in der Fülle der Beobachtungen und Experimente die für die gesamte Biologie und Medizin grundlegenden Prozesse zu erkennen. Sir Frank Macfarlane Burnet starb 1985 in Melbourne.

2. Kapitel Die ›Entwicklungsgeschichte‹ von Infektion und Abwehr


Das Rätsel um das Wesen der Erkrankung bietet unserem Wissensdurst ein fast unerschöpfliches Betätigungsfeld. Dabei kreuzen sämtliche Lebewesen unseren Weg, denn es existiert wahrscheinlich keine Spezies, die nicht zu irgendeiner Zeit entweder Wirte für einen Parasiten oder den Parasiten selbst stellte. Manche spielten sogar beide Rollen. Infektionserkrankungen sind ubiquitär, und jeder Versuch, eine Vorstellung zu gewinnen, wie sie im Lauf der Evolution entstanden sein könnten, führt uns unweigerlich auf die Uranfänge des Lebens zurück.

Astronomen und Geologen haben uns bereits ein ziemlich genaues Bild vom Ursprung des Sonnensystems und von der langsamen Entwicklung der Oberflächenformen unserer Erde gezeichnet. Die meisten Autoritäten auf diesen Gebieten nehmen an, daß die Erde durch Aggregation von kosmischem Staub entstand und vor etwa zwei bis drei Milliarden Jahren ihre jetzige Größe erreichte. Möglicherweise bildete sich eine feste Kruste, die aber nur einen Teil der Oberfläche einnahm und auf den zukünftigen Ozeanbecken schwamm. Darüber schwebte eine dichte Atmosphäre, hauptsächlich aus Stickstoff, Wasserdampf, Kohlendioxyd und flüchtigen Kohlenwasserstoffen. Wahrscheinlich waren auch Spuren ungebundenen Sauerstoffs vorhanden. Mit zunehmender Abkühlung kondensierte sich der Wasserdampf zu Urozeanen. Bis zu diesem Zeitpunkt war auf der Erde Leben unmöglich. Wir können auch ziemlich sicher sein, daß zur Zeit der Erdentstehung auf diesem Planeten kein Leben existierte, und als fast ebenso gesichert annehmen, daß auf keinem erdenklichen Wege aus einem anderen Teil des Universums präformiertes Leben zur Erde gelangt sein kann. Leben muß irgendwann einmal auf der Erde selbst aus lebloser Materie entstanden sein. Allgemein vermutet man, daß die Urmeere große Mengen verschiedener löslicher Verbindungen aus Kohlenstoff und anderen leichteren Elementen aufhäuften, welche ursprünglich eine Art ›Schaum‹ auf den ungeheuren Mengen von geschmolzenem Eisen und Lava gebildet hatten, der Hauptmasse des Planeten zur Zeit seiner Entstehung. Aller Wahrscheinlichkeit nach enthielt die Uratmosphäre keine größeren Mengen an ungebundenem Sauerstoff, und sicherlich erreichte auch viel mehr chemisch aktives ultraviolettes Licht als heutzutage die Erdoberfläche. Bernal nimmt an, daß auf Lehmbänken, die immer wieder einmal vom Flachwasser bespült wurden, Bedingungen geherrscht haben könnten, auf Grund deren eine Vielzahl organischer Verbindungen entstand. Hier fanden die Substanzen geeignete Möglichkeiten zur Adsorption an reaktive Oberflächen von Tonpartikeln; sie konnten von ultraviolettem Licht umgewandelt werden, und instabile Verbindungen waren vor spaltenden Einflüssen sicher. An solchen Stellen könnten sich die ersten Vorläufer der lebenden Substanz gebildet haben.

Die wachsenden Kenntnisse über die chemische Zusammensetzung kleinster Organismen haben auch zu detaillierten Vorstellungen und Vermutungen über die Natur der zwischen lebender Substanz und toter Materie stehenden chemischen Schlüsselverbindungen Anlaß gegeben. In den letzten ein bis zwei Jahren begann sich die Möglichkeit abzuzeichnen, einmal Materie von anderen als unserem eigenen Planeten zu untersuchen. Das eröffnete größere Aussichten als je eines Biologen Traum, die Probleme der Entstehung des Lebens direkt im Laboratorium zu erforschen. Es wäre nur eine Hand voll Staub von der Marsoberfläche mit den darin enthaltenen Mikroorganismen nötig, um jedes erstklassige biochemische Laboratorium auf der Erde jahrelang mit der Untersuchung der gemeinsamen Spuren zweier völlig getrennter Schöpfungswege auszulasten. Aber auch schon eine Diskussion solcher Möglichkeiten würde über unseren gegenwärtigen Erkenntnisstand hinausführen. Soweit wir heute sehen können, begannen irgendwann Riesenmoleküle oder primitive Vorstufen lebender Organismen auf die eine oder andere Art fortlaufend gelöste Kohlenstoffverbindungen und Verbindungen anderer Elemente einzubauen und sich zu wachsenden, selbständigen Einzelwesen zu entwickeln. Eine der Grundeigenschaften der lebenden Substanz besteht ja gerade in dieser fortwährenden Aufnahme und entsprechenden Weiterverarbeitung alles irgendwie geeigneten chemischen Materials.

Von allen möglichen Reisen mit einer ›Zeitmaschine‹ würde ein Biochemiker wahrscheinlich diejenige am fesselndsten finden, welche ihn in jene Zeitalter zurückführte, in denen sich die ersten Stufen der lebenden Materie bildeten. Es läßt sich anschaulich darstellen, welch seltsame Veränderungen wohl an den Rändern von Urmeeren vor sich gingen, wo sich geeignete Nährstoffe anhäuften, die etwa mit den heute verwendeten Nährmedien zur Züchtung von Bakterien vergleichbar sind. Sobald einmal Leben entstanden war, begann es sich wahrscheinlich auch schon exponentiell zu vermehren. Jüngere Formen mögen sich von den Überresten älterer ernährt haben. In der chemischen Zusammensetzung der Meere dürften häufig ubiquitäre Änderungen aufgetreten sein, für welche die lebenden Organismen selbst verantwortlich waren und welche diesen dann oft genug die Lebensgrundlage entzogen. Mit dem Beginn irdischen Lebens waren wahrscheinlich auch sofort alle grenzenlosen Möglichkeiten zur Entwicklung immer leistungsfähigerer Varianten vorhanden. Erfolgreiche Formen konnten sich zu Myriaden vermehren, aus denen bald noch erfolgreichere Varianten entstanden und sich entsprechend fortpflanzten.

Wo Leben ist, da ist auch Tod. Ein möglicherweise labiles, kompliziertes System konnte z.B. durch außerordentliche Hitze irreparabel zerstört werden, so daß weiteres Wachstum nicht möglich war. Die beiden Alternativen, Wachstum und Tod, sind die Angelpunkte der Evolution. Was sich sehr schnell vermehrt und damit den Tod umgeht, wird überleben. Von Anbeginn war das der kritische Prüfstein für alle Lebewesen. Vielleicht wird gerade auch am Beispiel der Infektionskrankheiten die Gültigkeit dieses Grundsatzes, der sich durch die gesamte Naturgeschichte des Lebendigen zieht, deutlich. Fast könnte man sagen, daß das Leben selbst nichts anderes ist als eine Erkrankung der Materie.

Mit dem Fortschreiten der Evolution wich einfaches, noch nicht organisiertes Leben den ersten Mikroorganismen. Diese müssen Einheiten locker geordneter lebendiger Substanz gewesen sein, die nur dann hinreichend funktionierten, wenn sich ihre Größe in bestimmten Grenzen hielt. Zur Erhaltung und Gewährleistung eines fortdauernden Wachstums und mehr oder minder einheitlicher Größen kristallisierte sich das Fortpflanzungsprinzip heraus. Jede organische Einheit erzeugte nun durch Teilung oder auf einem anderen Weg Nachkommen mit gleichen Merkmalen. Sicherlich ernährten sich diese primitiven Lebewesen wie die meisten Bakterien über lange Zeiträume hinweg lediglich durch Aufnahme der im umgebenden Wasser gelösten Stoffe.

An manchen Punkten der Evolution dieser frühen Formen entwickelten sich bestimmte chemische Standardstrukturen, die sich als so extrem günstig erwiesen, daß sie alle parallel entstandenen Alternativstrukturen aus dem Felde schlugen. Einem Biochemiker, der sich ganz einfach mit der Chemie der Lebensvorgänge befaßt, erscheinen die Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Bakterium wesentlich eindrucksvoller als etwa die Unterschiede. Ein fachkundiges Team organischer Chemiker könnte beispielsweise unbegrenzt viele verschiedene Aminosäuren synthetisieren. Und doch enthalten Proteine, egal, ob sie von Pflanze oder Tier stammen, immer wieder dieselben zwanzig Aminosäureformen. Die Wege der Aminosäuresynthese sind offenbar bei allen Lebewesen identisch geblieben. Noch bedeutsamer als Eiweiße sind wohl die Nukleinsäuren, jene komplizierten Moleküle, welche die zur charakteristischen Ausformung eines Organismus nötige genetische ›Information‹ tragen. Von den Bakterien bis hinauf zu den höchsten Säugetieren enthält jede lebende Zelle zwei verschiedene Arten von Nukleinsäuren, die wir durch die großen Buchstaben DNS und RNS kennzeichnen. Beide bestehen aus Phosphat und einem Zucker sowie aus vier organischen Basen, wovon drei beiden gemeinsam sind, während die vierte bei der DNS Thymin und bei der RNS Urazil ist. Alle Unterschiede zwischen den verschiedenen Lebewesen scheinen allein auf der Reihenfolge dieser einfachen Verbindungen innerhalb der spiraligen Nukleinsäuremoleküle zu beruhen. Es gibt jedoch eine Gruppe von Viren, deren DNS anders strukturiert ist – ein Hinweis auf eine mögliche Doppelgleisigkeit in der frühen Evolution.

Den Energieumsatz lebender Gewebe untersucht man grundsätzlich am Muskelgewebe von Säugern oder an Hefe. Wir können in zwei äußerlich so unterschiedlichen Geweben haargenau den gleichen, zur Gewinnung zellularer Energie nötigen oxydativen Glukoseabbau finden und darin ein indirektes Indiz für die gemeinsame Entstehung allen Lebens sehen. Zum Aufbau des eigenen Organismus müssen Lebewesen alle notwendigen Elemente in dieser oder jener Form aus ihrer Umgebung aufnehmen; darüber hinaus benötigen sie eine Energiequelle. Grüne Pflanzen erhalten ihre Energie direkt vom Sonnenlicht; alle anderen Lebewesen müssen zur Deckung ihres Energiebedarfs Zucker oder ähnliche oxydable Verbindungen mit der Nahrung zu sich nehmen.

Da wir uns hauptsächlich mit der Entwicklung von Abwehrmechanismen bei tierischen Organismen auseinandersetzen wollen, können wir die Evolution der grünen Pflanzen und die Pflanzenwelt überhaupt übergehen. Unser Augenmerk richtet sich jetzt auf eine große Neuerung innerhalb der Evolution, darauf nämlich, daß Lebewesen selbst als eine üppige und zudem bequeme Nahrungsquelle entdeckt werden. Hierin liegt der...

Erscheint lt. Verlag 17.10.2016
Übersetzer Hannelore Kinzel, Volker Kinzel
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
Schlagworte Epidemie • Erreger • Evolution • Geschichte • Infektion • Kulturgeschichte • Massenvernichtungsmittel • Sachbuch • Seuche
ISBN-10 3-10-561409-5 / 3105614095
ISBN-13 978-3-10-561409-9 / 9783105614099
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich