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Giuseppe Verdi (eBook)

und die Oper

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
230 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-560449-6 (ISBN)

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Giuseppe Verdi -  Hans Gál
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Giuseppe Verdi genoß zu Lebzeiten eine beispiellose Popularität, die jedoch zum Teil dazu geführt hat, daß seine Werke von der Kritik nicht so gewürdigt wurden, wie sie es eigentlich verdienten. Hans Gál hat es sich zur Aufgabe gemacht, Verdi als den darzustellen, der er wirklich ist: einer der Größten unter den Großen. Aus profunder Sachkenntnis charakterisiert er Verdis Musik, ihre Melodik und ihre Dramatik, Verdis Theater, Verdis unvergleichliche Persönlichkeit. Er untersucht Art und Funktion des italienischen Librettos, spürt subtilen Verknüpfungen und Arbeitsvorgängen nach, geht dem Wesen der Oper auf den Grund. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Hans Gál (1890-1987) studierte in seiner Heimatstadt Wien Musik und Musikwissenschaft, promovierte und arbeitete u. a. an der Edition der Werke von Brahms mit. 1929-1933 war er Direktor des Konservatoriums in Mainz. Im Exil wirkte er an der Universität Edinburgh. Er komponierte neben vier Symphonien, drei Konzerten und Kammermusik die Opern ?Der Arzt der Sobeide?, ?Die heilige Ente? und ?Die beiden Klaas?.

Hans Gál (1890–1987) studierte in seiner Heimatstadt Wien Musik und Musikwissenschaft, promovierte und arbeitete u. a. an der Edition der Werke von Brahms mit. 1929–1933 war er Direktor des Konservatoriums in Mainz. Im Exil wirkte er an der Universität Edinburgh. Er komponierte neben vier Symphonien, drei Konzerten und Kammermusik die Opern ›Der Arzt der Sobeide‹, ›Die heilige Ente‹ und ›Die beiden Klaas‹.

Der Lebensweg


Kindheit und Jugend


Als Giuseppe Verdi am 10. Oktober 1813 in Roncole, einem Dörfchen in der Nähe der Provinzstadt Busseto im Herzogtum Parma, geboren wurde, stand Italien unter französischer Herrschaft, und im Geburtsdokument sind als Vornamen Joseph Fortunin François eingetragen. Italien, das seit dem Zusammenbruch des Römischen Reichs ein Spielball der europäischen Mächte und ein Schlachtfeld für die Soldaten aller Völker gewesen war, hatte zum erstenmal wieder eine zentrale Verwaltung, die das Land freilich als Kolonie behandelte und nach Tunlichkeit ausbeutete. Die nach Paris geschafften Kunstschätze mußten nach dem im Wiener Kongreß geschlossenen Friedensvertrag zurückgegeben werden, und die entthronten Fürsten wurden wieder eingesetzt. Marie Luise, die Habsburgische Gemahlin von Napoleon, wurde für ihren Thronverlust mit den Herzogtümern Parma und Guastalla entschädigt, und dieser österreichische Vasallenstaat, Verdis engere Heimat, behielt seine Souveränität, bis im Jahre 1859 Österreichs Macht in Oberitalien gebrochen wurde. Unter diesen Umständen ist es begreiflich, daß ein Italiener damals kaum eine andere Loyalität kennen konnte als das Gefühl der Zusammengehörigkeit mit einer Nation, deren Land seit tausend Jahren in Fetzen gerissen war und deren Einheit aus nichts bestand als aus einer unzerstörbaren Kulturgemeinschaft.

Die Franzosen unter Napoleon hatten die Devise der Revolution, ›Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit‹, mitgebracht, und sowenig sie sich in den eroberten Ländern daran hielten, so vorübergehend das Napoleonische ›Königreich Italien‹ war, der Funke hatte gezündet. Ein Gedanke, eine Idee war in die Köpfe einer Bevölkerung gesetzt worden, die bis dahin gewohnt war, jeden Despotismus mit Geduld zu ertragen. Seitdem war in Italien der nationale Gedanke mit der Idee der sozialen Freiheit unlösbar verknüpft. Verdis politische Haltung blieb lebenslänglich durch diesen Umstand bestimmt: er war und blieb nationaler Demokrat, so wie die überwiegende Mehrheit der denkenden Italiener seiner Generation.

Eine Woche nach Verdis Geburt fand die Völkerschlacht bei Leipzig statt, in der Napoleon entscheidend geschlagen wurde. Die Franzosen räumten die eroberten Gebiete, und als im Februar 1814, in Verfolgung der abziehenden französischen Truppen, Kosaken über das Land kamen und Roncole kreuzten, gab es Plünderungen und Tote; Verdis Mutter Luigia brachte sich mit dem Säugling auf dem Glockenturm des Kirchleins in Sicherheit.

Carlo Verdi, der Vater, hielt eine bescheidene osteria, eine Taverne, und einen kleinen Laden. Von der Kirchenorgel, singenden Mägden und fahrenden Musikanten abgesehen, drang wohl kaum Musik in ein Dorf wie Roncole. Aber der Junge muß Begabung gezeigt haben, denn der Vater kaufte dem Siebenjährigen ein altersschwaches Spinett, sein erstes Musikinstrument. Es steht heute im Verdi-Museum in Mailand. Sein erster Lehrer war der Dorforganist Baistrocchi, und als dieser einige Jahre darauf starb, übernahm der zwölfjährige Junge den Dienst in der Kirche. Für ein bescheidenes Taschengeld versah er ihn viele Jahre.

Jedes Schicksal ist von Zufällen abhängig; wenn man Charakter und Begabung als gegebene Faktoren einsetzt, bleiben immer noch unberechenbare Umstände übrig, deren Zusammentreffen ein Leben entscheidend beeinflussen kann. Der junge Verdi fand einen Schutzengel. Er hieß Antonio Barezzi, war ein wohlhabender Kaufmann in Busseto und ein Musiknarr. Er wurde auf das ernste, begabte Kind aufmerksam. Als die Eltern sich entschlossen, den Jungen nach Busseto aufs Gymnasium zu schicken, fand er im Hause Barezzi ein zweites Heim.

Über Verdis Kindheit ist wenig bekannt geworden. Er hat sich kaum darüber geäußert. Er war in Busseto zunächst bei einem Schuhmacher untergebracht, bis er ganz zu Barezzi übersiedelte, in dessen Laden er sich nützlich machte. Er besuchte die Schule und erhielt Musikunterricht vom Kirchenorganisten Ferdinando Provesi, dem führenden Musiker von Busseto. Was er bei diesem an Theorie lernte, dürfte nicht weit über elementare Kenntnisse hinausgegangen sein, und im Klavierspiel kam er wohl auch nicht weiter als zu dem, was der notwendige Bedarf eines praktischen Musikers bedingte. Jeden Sonntag wanderte er hinaus nach Roncole, um seinen Dienst an der Orgel zu verrichten. Und es gab Musik in Busseto! Barezzi war der Gründer und Vorsitzende einer Società Filarmonica, deren Proben und Aufführungen in seinem Hause stattfanden. Für die banda, das hauptsächlich aus Bläsern bestehende Orchester dieses Vereins, und für die Kirche schrieb der angehende Musiker seine ersten Kompositionen. Es war ein Vorteil, für einen unmittelbaren Bedarf zu arbeiten, das Geschriebene sofort hören zu können und aus der Erfahrung zu lernen. Mit sechzehn Jahren vertrat er seinen Lehrer Provesi gelegentlich an der Orgel wie am Pult des Musikvereins, er orchestrierte für die »banda«, schrieb selbst die Stimmen aus, leitete Proben, gab Klavierunterricht. Eine seiner Schülerinnen war die um kaum ein Jahr jüngere Tochter seines Wohltäters Barezzi, Margherita, die später seine Frau wurde.

Barezzi, überzeugt vom Talent seines Schützlings, war einsichtig genug, auf eine gründliche Ausbildung zu dringen. Ein lokales Wohlfahrtsinstitut versprach ein Stipendium, Barezzi war bereit, das Seinige beizutragen, und im Juni 1831, mit siebzehn Jahren, begab sich Giuseppe Verdi nach Mailand, um in das dortige Konservatorium einzutreten. Ein Untertan der Herzogin von Parma brauchte einen Paß, um in die benachbarte Lombardei einzureisen, und galt dort als Ausländer.

Der Versuch mißlang. Der Kandidat unterzog sich einer Aufnahmeprüfung und wurde ohne Angabe von Gründen abgewiesen; wie die frühesten Biographen von Verdi mitteilten, wegen mangelnder Begabung. Das wurde später bestritten; das Mailänder Konservatorium wollte den Schimpf eines solchen Fehlurteils nicht auf sich sitzen lassen. Aber die beschönigende Erklärung, die dafür gegeben wurde, ist nicht stichhaltig: daß die Statuten der Anstalt einen Eintritt mit höchstens vierzehn Jahren bedingten und daß Verdi seinem Alter zufolge nicht mehr aufgenommen werden konnte. Warum ließ man ihn dann zu einer Aufnahmeprüfung zu? Die Tatsache bleibt bestehen, daß diese Prüfung stattfand und daß das Urteil der Kommission negativ war. Offenbar reichten weder seine theoretischen Kenntnisse noch sein Klavierspiel für die Ansprüche, die man zu stellen gewohnt war.

Wie Verdi selbst darüber dachte, geht einwandfrei aus einem Brief hervor, den der Vierundachtzigjährige an seinen Verleger Giulio Ricordi richtete (13. August 1898), als das Mailänder Konservatorium daranging, sich Conservatorio Giuseppe Verdi zu nennen: »… ›Conservatorio Giuseppe Verdi‹ – das ist ein Mißklang; ein Konservatorium, das, ohne Übertreibung, ein Attentat auf meine Existenz verübt hat! … Es wäre nur natürlich gewesen, wenn jener heilige Mann, mein Schwiegervater, auf das Urteil der Propheten vom Konservatorium im Juni 1831 zu mir gesagt hätte: ›Ich höre, daß die Musik nicht Dein Fall ist. Es wäre unnütz, Zeit und Geld darauf zu verschwenden. Geh zurück in Dein Heimatdorf, werde Organist oder Ackerbauer, und stirb dort in Frieden …«

Verdi hat ein zähes Gedächtnis; einen Unglimpf kann er nicht vergessen, nicht verzeihen.

Barezzi ließ sich nicht entmutigen. Er liebte seinen Schützling und glaubte an seine Zukunft. Er brachte ihn zu einem angesehenen Maestro, Vinzenzo Lavigna, bei dem Verdi Privatunterricht nahm und dem er alle Kenntnisse der Theorie und Kompositionslehre zu verdanken hatte, die ihm in Unterrichtsform zuteil wurden. Lavigna war ein Mann der Praxis. Er kam aus der Schule eines berühmten Meisters, Paisiello, war ein erfahrener Kapellmeister, maestro al cembalo in La Scala, dem Mailänder Opernhaus, und hatte einige Opern mit Erfolg zur Aufführung gebracht. Es war, nebenbei bemerkt, in Italien keine Zeit eines hochstehenden handwerklichen Könnens, und es ist fraglich, ob eine Ausbildung, die Verdi am Konservatorium in Mailand erhalten hätte, mehr wert gewesen wäre, als was Lavigna ihm in verhältnismäßig kurzer Zeit beibrachte. In einem höheren Sinn hat kein Meister sein Handwerk in der Schule erlernt.

Was wir von Verdis Lehrjahren und der unmittelbar folgenden Periode seines Lebens wissen, ist lückenhaft. Nach Busseto zurückgekehrt, bewarb er sich vergeblich um die Nachfolge von Provesi, der im Jahre 1833 gestorben war. Er mußte an eine tragfähige Existenz denken, denn er war mit Margherita Barezzi verlobt. Als die jungen Leute im Jahre 1836 heirateten, war er Dirigent der Società Filarmonica, aber den Posten des Kirchenorganisten hatte ein anderer erhalten. Eine Verkettung günstiger Umstände führte ihn damals seiner Bestimmung zu, der Oper. Er hat viele Jahre später (1879) seinem Freunde und Verleger Giulio Ricordi eine Skizze seiner Anfänge als Künstler in die Feder diktiert, die nicht nur in sachlicher Hinsicht, sondern als einzige autobiographische Äußerung eines Menschen von stolzester Verschlossenheit in ihrer schlichten und präzisen Charakteristik von kostbarem Wert ist, obwohl nicht alle seine Daten in chronologischer Hinsicht verläßlich sind. Was er erzählt, und wie er es erzählt, ist so ergreifend wie eine seiner erschütterndsten Opernszenen.

»Im Jahre 1833 oder 1834 gab es in Mailand eine Philharmonische Gesellschaft, die aus recht guten Musikern...

Erscheint lt. Verlag 15.9.2015
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
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ISBN-10 3-10-560449-9 / 3105604499
ISBN-13 978-3-10-560449-6 / 9783105604496
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