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Fritz Busch (eBook)

Dirigent

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
384 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-560298-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fritz Busch -  Grete Busch
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Die packend erzählte Geschichte eines großen Lebens: Fritz Busch (1890-1951), ein Meister und ein Charakter, hat Beispiele des Musizierens und der Menschlichkeit gegeben, sein Künstlertum und seine freiheitliche Gesinnung bewährt. In anschaulicher, anmutiger, anrührender Schilderung macht Grete Busch (1886-1966) Gestalt und Schicksal ihres Mannes gegenwärtig - eine deutsche Gestalt, ein deutsches Schicksal. Sie führt Fritz Buschs ergreifende Autobiographie ?Aus dem Leben eines Musikers? fort. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Grete Busch, 1886 als Tochter des Publizisten und Reichstagsabgeordneten Friedrich Boettcher in Freiburg geboren, wuchs im heimatlichen Mengeringhausen, in Florenz und Berlin auf. An der Berliner Musikhochschule, in die Joseph Joachim sie aufnahm, studierte sie Geige. 1911 heiratete sie Fritz Busch. Vierzig Jahre lang hat sie sein Leben geteilt. Nach seinem Tode schrieb sie, ruhelos auf Reisen, seine Biographie. Sie starb 1966 in Indianapolis.

Grete Busch, 1886 als Tochter des Publizisten und Reichstagsabgeordneten Friedrich Boettcher in Freiburg geboren, wuchs im heimatlichen Mengeringhausen, in Florenz und Berlin auf. An der Berliner Musikhochschule, in die Joseph Joachim sie aufnahm, studierte sie Geige. 1911 heiratete sie Fritz Busch. Vierzig Jahre lang hat sie sein Leben geteilt. Nach seinem Tode schrieb sie, ruhelos auf Reisen, seine Biographie. Sie starb 1966 in Indianapolis.

Ursprung und Herkunft


Ein wilder Bauernjunge entlief eines Tages dem väterlichen Hof im hintersten Winkel Westfalens und seiner langweiligen Pflicht, die Kühe zu hüten. Er suchte Musik, mußte sich aber sein Brot als Schreiner verdienen. Mit klanglosen Tischen und Stühlen nicht zufrieden, fing er an, Geigen zu bauen. Die Musik konnte der Rastlose nicht aus dem Blute bekommen. Er heiratete eine wohlhabende Witwe, weil sie versprach, ihm Geigenunterricht erteilen zu lassen. Sie tat dies für ihn und noch mehr, indem sie bald starb und ihm ihre Gastwirtschaft hinterließ. Die gab er auf. Er ging mit seiner Fiedel auf die Walze. In einem Siegerländer Städtchen, das er durchwanderte, sah er durch ein Ladenfenster Nähmädchen bei der Arbeit sitzen. Seine scharfen Augen erspähten ein Gesicht, das ihm gefiel. Es war ein ganz durchschnittliches Gesicht; die blaßblauen Augen darin wandten sich nach flüchtigem Stutzen über seinen Anblick wieder gleichgültig der Arbeit zu. Dem Schicksal genügt ein Blick. Das zarte, glattgescheitelte Nähmädchen Henriette Schmidt war wenige Wochen darauf Frau Wilhelm Busch und wurde die Mutter vieler ungewöhnlicher Kinder, darunter von zwei der größten Musiker ihrer Zeit. Sie war die beste – man muß glauben, die einzig richtige – Gefährtin, die der originelle Mann überhaupt finden konnte. Welche andere würde ihn ertragen haben?

Kaum war das Mädchen sein eigen, da zwang es der musikbesessene Mann, das Notenlesen und ein bißchen Klavierspielen zu erlernen, wozu es nicht die geringste Lust hatte. Er tat das aus reiner Liebe; da er sich ein erfreuliches Leben ohne Musik überhaupt nicht vorstellen konnte, sollte seine Frau desselben Glücks teilhaftig werden. Irgendein praktischer Hintergedanke lag ihm fern. Bald aber wurden die bescheidenen Kenntnisse der jungen Frau nützlich, als dringende Geldnot das Aufspielen bei Festlichkeiten und Gastereien notwendig machte. Frau Henriette – ›Jettchen‹ nach ländlichem Sprachgebrauch – erwartete ihr erstes Kind. Sie schämte sich, wenn sie in ihrem Zustande des Abends durch eine Menschenmenge zum Klavier gehen mußte. Die tapfere, unscheinbare Frau mag aufgeatmet haben, sobald sie hinter ihrem Instrument den Blicken entzogen saß. In gewissenhafter Unwissenheit hämmerte sie ihre Akkorde. Unter ihrem Herzen wuchs ein Musiker.

Achtzehn Jahre später, im Jahre 1908, kam dieser Musiker im strömenden Aprilregen die Landstraße entlang, die aus dem dörflichen waldeckischen Landstädtchen Mengeringhausen zu dem einzeln gelegenen Hause führte, in das wir keine vierzehn Tage vorher unseren Einzug gehalten hatten, nachdem mein Vater aus Berlin in seine ländliche Heimat zurückgekehrt war.

Durchs Fenster sah ich einen mageren, hochaufgeschossenen Jungen neben meinem Onkel hergehen, dem wohlbeleibten, fröhlichen Musiker, der am Kölner Konservatorium Klavierlehrer war. So viel hatte er uns von diesem Schüler erzählt, daß ich ohne weiteres meiner Mutter zurufen konnte: »Da kommt Fritz Busch.« Ich wußte: das ist er.

Die Handwerker wirtschafteten noch in unserem halbfertigen, winterkalten Hause, so daß ein tröstlicher Kaffee zur Zeit nur im Wohnzimmer bereitet werden konnte; er wurde auch alsbald in Angriff genommen. Aber das Wasser kochte über, ohne daß selbst meine sorgfältige Mutter sich darum kümmerte. Denn im Zimmer stand, in eine Ecke gedrängt, auch Mutters Klavier. Dahin wies mein Onkel Karl Boettcher den schweigsamen, apathisch wirkenden Schüler: Ohne ein Wort zu sagen, stand er einen Augenblick vor diesem Instrument. Man konnte keinen Eindruck von ihm gewinnen. Auffallend waren allein die Hände, die er der Kälte halber leicht umeinander rieb; edelgeformte Hände, deren schlanke Gelenke weit aus den ausgewachsenen Ärmeln hervorschauten. Dann spielte er.

Eine Ahnung von Glückseligkeit ergriff mich, während Brahms’ Händel-Variationen, von diesen Händen gestaltet, den grauen Tag, das kahle Zimmer vergessen ließen.

Drei Jahre später heiratete ich diesen Musiker in Mengeringhausen. Vierzig Jahre nach unserem Hochzeitstag habe ich ihn dort begraben. Was diese Zeit umschließt, bis sich Kränze aus aller Welt über einem Grabhügel auf dem schattigen Friedhof »hinter der Linde« häuften – das soll hier erzählt werden.

 

Während unserer Brautzeit hatten sich die Lebensverhältnisse der Eltern Busch nur bescheiden gebessert, so daß die älteren Söhne helfen mußten, für die jüngeren Geschwister zu sorgen. Immerhin hatte Mutter Jettchen den Tanzboden längst mit einem kleinen eigenen Stickereigeschäft vertauscht, in dem sie auch den Siegener Honoratiorentöchtern Handarbeitsunterricht gab. Solche Anläufe zu einem kleinen Wohlstand, den Schmidtscher Fleiß und Sparsamkeit aufzubauen begannen, wurden allzuoft das Opfer eines anderen Schmidtschen Charakterzuges, nämlich einer grenzenlosen Vertrauensseligkeit, die wiederholt den Ertrag von mühsamen Arbeitsjahren zunichte machte.

Vom schönen Geiste des Handwerks, den das Wort schon andeutet – von der soliden Tüchtigkeit der wirkende Werke schaffenden Hand –, war viel, aber nicht alles im Vater Wilhelm Busch. Wohl war er Handwerker, aber auch ein Vagabund. Und so ehrbar der eine, so fragwürdig war der andere Teil seines Wesens. Nicht daß er etwa Unrecht getan hätte! Er war durchaus, was man einen ›guten Kerl‹ nennt, tat keiner Fliege ein Leid, geschweige denn einem Menschen. Aber er war durch und durch ein Abenteurer und Phantast, leichtgläubig, wie geschaffen, betrogen zu werden, den Kopf voll immer neuer hochfliegender Pläne, die sich merkwürdigerweise in zweien seiner Söhne verwirklichen sollten. Ihm hing der Himmel voller Geigen, was buchstäblich zu nehmen ist; denn ohne jede Schulung, nur aus unüberwindlicher Leidenschaft wurde er von einem einfachen Schreiner zum Geigenbauer. Er bastelte nicht bretterne Kästchen, die brettern aussahen und auch so klangen, sondern er baute in allmählicher Vervollkommnung, die sich aus der eigenen Unzufriedenheit mit seiner Hände Werk ergab, schließlich ausgezeichnete Geigen. Nach Jahren wurde er zum Konservator der Heyerschen Instrumentensammlung in Köln berufen, weil man nur diesem rastlos hitzigen Manne die unsägliche Geduld und Feinfühligkeit zutraute, die nötig war, um aus kostbaren Trümmern, Einzelteilen alter Meisterinstrumente, wieder etwas Ganzes zusammenzusetzen. Vater Busch gelangte zu einer noch größeren Auszeichnung, als Meister des Heyerschen Institutes zu sein. Er baute die Geige, die Adolf Busch, sein zweiter Sohn, in den ersten Jahren seiner Laufbahn in allen Konzerten spielte. Es war eine gute Geige; die war dem nie Befriedigten einmal gelungen, als habe er all seinen Stolz auf den Sohn, all die im Grunde seines barschen Naturells schwärmerische Liebe zu Adolf in dies tönende Stück Holz hineingesenkt. Merkwürdig: als Adolf später in den Besitz einer herrlichen Stradivari kam, fehlte mir eine gewisse Herbheit in seinem Spiel, die zu ihm und dieser Geige gehörte.

Fritz und Adolf Busch um 1900

Das Zustandekommen jenes Instruments bedeutete die Krönung einer langen Reihe von Abenteuern, von denen Fritz Busch selbst in seinem Buch ›Aus dem Leben eines Musikers‹ ergötzlich erzählt. Die Geigenbauerei war ein Unternehmen, das in Abständen, bildlich gesehen in Wellenzyklen, verlief; und das ganze häusliche Leben der Buschs lief entsprechend mit, je nachdem, ob Vater Wilhelm ein Stück Holz gefunden und nach Hause gebracht hatte – ob das nun in der Werkstatt lag oder nicht. Lag eines dort, so war es um die Ruhe des Hauses auf Wochen hinaus geschehen.

Zu schweigen vom ehelichen Leben, denn im Schlafgemach war kein Mann mehr. Mutter Henriette war Strohwitwe, was ihr eine Weile lang vielleicht nicht unlieb war. Ihr Mann, kaum daß er die erste Tagesmüdigkeit ausgeschlafen hatte, verschwand des Nachts geräuschlos, mit der katzenhaft grazilen Leichtigkeit, die ihm eigen war; zunächst in die Küche, um sich eine Kanne starken Kaffee zu brauen; damit versehen, in die Werkstatt, die er nicht vor Tagesanbruch oder meist noch viel später wieder verließ. Die Geigenbauerkrankheit, das Geheimnis Stradivaris entdecken zu wollen, hatte ihn mit aller Heftigkeit seines Wesens befallen. Also mußten Hölzer abgestimmt, beklopft und behorcht werden, wozu er seine beiden ältesten Jungen aus dem Bett holte, um sich ihr absolutes Gehör zu leihen. Sie dürften manches Mal geflunkert haben, um rascher wieder in die Federn zu kommen. Ruhe kehrte im Hause aber erst wieder ein, wenn ein fertiges Instrument es verlassen hatte. Überzeugt, ein unübertreffliches Meisterstück geschaffen zu haben, das ihm einen hohen Preis bringen mußte, zog Vater Busch los. – Ach, welche Schule der Enttäuschungen hat Fritz Busch als kleiner Junge im Elternhaus durchlaufen, wenn dann der Vater mit zwanzig Mark, einem Spazierstock mit elfenbeinernem Griff, dessen ich mich noch wohl erinnere, einem Kanarienvogel als Honorar und als Zugabe vielleicht auch mit einem kleinen Räuschlein nach Hause kam!

Die Mutter hatte in ihrem nüchternen Wirklichkeitssinn zwar nicht von Schätzen geträumt, aber wenigstens auf Bezahlung der dringendsten Lebensbedürfnisse gehofft. Zum Glück war sie selber eine heitere Natur. Und was den Stradivari-Aspiranten anging, so tröstete er sich schon wieder beim Morgenkaffee; denn, wie er den Familienmitgliedern erzählte: »So gut ist diese Geige ja eigentlich nicht gewesen.« Nachträglich hatte sie jedesmal einen ›Wolf‹. Jetzt aber hatte er bei Ausbesserungsarbeiten an der alten Rheinbrücke einen Block Holz gesehen … den müsse er haben; und wenn darin nicht die Stradivarius-Geige stecke, die er bauen...

Erscheint lt. Verlag 15.6.2015
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Lexikon / Chroniken
Technik
Schlagworte Aachen • Adolf Busch • Auswanderung • Biographie • Buenos Aires • Carl Ebert • Dirigent • Diskographie • Dresden • Fritz Busch • Glyndebourne • Kopenhagen • Nationalsozialismus • Orchester • Rudolf Bing • Sachbuch • Stuttgart • Thomas Mann • Tonaufnahme • Tournee • Wiener Staatsoper
ISBN-10 3-10-560298-4 / 3105602984
ISBN-13 978-3-10-560298-0 / 9783105602980
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