Franz Kafkas 'Schloss' - Roman oder K's Sieg über sich selbst
Seiten
2004
diplom.de (Verlag)
978-3-8386-8447-5 (ISBN)
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978-3-8386-8447-5 (ISBN)
Magisterarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Deutsch - Literatur, Werke, Note: 2,3, Ruhr-Universität Bochum (Philologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Interpretationen zum Schloss , Franz Kafkas letztem großen Werk, sind vielfältig und keine kann für sich beanspruchen, dass sie die einzige Wahrheit des Romans gefunden hat. Einer der ersten Ansätze überhaupt ist die Betrachtung des Romans aus einer theologischen Perspektive heraus, die durch Max Brod, Kafkas Freund und ersten Gesamtherausgeber, eingeleitet wird. Brod ist der Meinung, dass die Instanz des Schlosses mit der göttlichen Gnade in Verbindung gebracht werden könne und dass den Geschehnissen im Dorf ein durch das Göttliche gelenktes Schicksal innewohne. Dieses Schloß , zu dem K. keinen Zutritt erlangt, dem er sich unbegreiflicherweise nicht einmal richtig nähern kann, ist genau das, was die Theologen Gnade nennen, die göttliche Lenkung menschlichen Schicksals (des Dorfes), die Wirksamkeit der Zufälle, geheimnisvollen Ratschlüsse, Begabungen und Schädigungen, das Unverdiente und Unerwerbliche, das Non liquet über dem Leben aller. Somit wären im Prozeß und im Schloß die beiden Erscheinungsformen der Gottheit (im Sinne der Kabbala) - Gericht und Gnade dargestellt.
An Brod schließen sich noch viele weitere theologische Deutungsansätze an, über die später Heinz Politzer zusammenfassend schreibt: Alle diese Deutungen widersprechen einander, zeigen jedoch gerade in ihrem Widerspruch die irisierende Natur von Kafkas Visionen auf; er wirft als Spiegel die Ängste und Nöte dessen zurück, der von seinem Werk ereilt worden ist. Wo diese Nöte aber den Ängsten eines an seinem Glauben zweifelnden und verzweifelten Gewissens entsprungen sind [...] liegt die Vermutung nahe, dass hier in das Unheil Kafkas die Sinnbilder der dem Betrachter eigenen Heilslehre projiziert worden sind.
Nach der eingehenden Auseinandersetzung mit der Theologie begibt sich die Interpretationsgeschichte des Schloss-Romans auf eine andere Spur: sie macht Sigmud Freuds Psychoanalyse zur Deutungsgrundlage. Walter Sokel etwa lässt sich intensiv auf den psychoanalytischen Zeitgeist ein. Er weist darauf hin, dass K. einer mächtigeren, ihm übergeordneten Person (Klamm) die Geliebte (Frieda) stiehlt und sie dann für den Kampf gegen Klamm benutzen möchte. Natürlich kann man hier mit Freud eine Anlehnung an das Ödipus-Motiv herausfiltern, besonders da (wie schon Walter Benjamin es erkennt) der dieselbe autoritäre Macht gegenüber dem Sohn besitzt wie das Schloss gegenüber K. Auch Klaus Wagenbach bemüht sich um die Aufschlüsselung von Kafkas Kindheit und findet auf dessen biographischen Spuren das reale Schloss im Dorf Wossek, dem Herkunftsort seines Großvaters.
Eine weitere Deutungsrichtung, die auch in der nachfolgenden Romananalyse berücksichtigt wird, beschäftigt sich mit dem Aspekt des modernen, unübersichtlichen Bürokratieapparates, mit dem sich das Individuum K. konfrontiert sieht. So schreibt etwa Axel Dornemann Aufschlussreiches über das Labyrinth der Bürokratie , während Hans-Ulrich Derlien Kafka mit Max Webers soziologischem Standpunkt in Verbindung bringt und Ulf Abraham das Verhältnis von Rechtsordnung und Ordnungsmacht bei Kafka aufschlüsselt.
Die nun folgende Analyse widmet sich einem bisher noch nicht eingehend untersuchten Motiv, über das Klaus Kunißen 1985 schreibt: Das Motiv des Kampfes prägt Kafkas Werk und bezeichnet die Gespaltenheit der Perspektivfiguren. Kunißens Beitrag zur Kafka-Forschung heißt Kampfbeschreibungen. Ihm geht es dabei primär um die Zerissenheit des Daseins und das melancholische Niemandsland, (die) schiziode Eigenwirklichkeit , die Personen wie Kafkas Figuren aber auch Kafka selbst in seiner Doppelexistenz zwischen Büro und nächtlichem Schreiben entwickeln und die dauerhaften innerlichen Kämpfe, die...
Die Interpretationen zum Schloss , Franz Kafkas letztem großen Werk, sind vielfältig und keine kann für sich beanspruchen, dass sie die einzige Wahrheit des Romans gefunden hat. Einer der ersten Ansätze überhaupt ist die Betrachtung des Romans aus einer theologischen Perspektive heraus, die durch Max Brod, Kafkas Freund und ersten Gesamtherausgeber, eingeleitet wird. Brod ist der Meinung, dass die Instanz des Schlosses mit der göttlichen Gnade in Verbindung gebracht werden könne und dass den Geschehnissen im Dorf ein durch das Göttliche gelenktes Schicksal innewohne. Dieses Schloß , zu dem K. keinen Zutritt erlangt, dem er sich unbegreiflicherweise nicht einmal richtig nähern kann, ist genau das, was die Theologen Gnade nennen, die göttliche Lenkung menschlichen Schicksals (des Dorfes), die Wirksamkeit der Zufälle, geheimnisvollen Ratschlüsse, Begabungen und Schädigungen, das Unverdiente und Unerwerbliche, das Non liquet über dem Leben aller. Somit wären im Prozeß und im Schloß die beiden Erscheinungsformen der Gottheit (im Sinne der Kabbala) - Gericht und Gnade dargestellt.
An Brod schließen sich noch viele weitere theologische Deutungsansätze an, über die später Heinz Politzer zusammenfassend schreibt: Alle diese Deutungen widersprechen einander, zeigen jedoch gerade in ihrem Widerspruch die irisierende Natur von Kafkas Visionen auf; er wirft als Spiegel die Ängste und Nöte dessen zurück, der von seinem Werk ereilt worden ist. Wo diese Nöte aber den Ängsten eines an seinem Glauben zweifelnden und verzweifelten Gewissens entsprungen sind [...] liegt die Vermutung nahe, dass hier in das Unheil Kafkas die Sinnbilder der dem Betrachter eigenen Heilslehre projiziert worden sind.
Nach der eingehenden Auseinandersetzung mit der Theologie begibt sich die Interpretationsgeschichte des Schloss-Romans auf eine andere Spur: sie macht Sigmud Freuds Psychoanalyse zur Deutungsgrundlage. Walter Sokel etwa lässt sich intensiv auf den psychoanalytischen Zeitgeist ein. Er weist darauf hin, dass K. einer mächtigeren, ihm übergeordneten Person (Klamm) die Geliebte (Frieda) stiehlt und sie dann für den Kampf gegen Klamm benutzen möchte. Natürlich kann man hier mit Freud eine Anlehnung an das Ödipus-Motiv herausfiltern, besonders da (wie schon Walter Benjamin es erkennt) der dieselbe autoritäre Macht gegenüber dem Sohn besitzt wie das Schloss gegenüber K. Auch Klaus Wagenbach bemüht sich um die Aufschlüsselung von Kafkas Kindheit und findet auf dessen biographischen Spuren das reale Schloss im Dorf Wossek, dem Herkunftsort seines Großvaters.
Eine weitere Deutungsrichtung, die auch in der nachfolgenden Romananalyse berücksichtigt wird, beschäftigt sich mit dem Aspekt des modernen, unübersichtlichen Bürokratieapparates, mit dem sich das Individuum K. konfrontiert sieht. So schreibt etwa Axel Dornemann Aufschlussreiches über das Labyrinth der Bürokratie , während Hans-Ulrich Derlien Kafka mit Max Webers soziologischem Standpunkt in Verbindung bringt und Ulf Abraham das Verhältnis von Rechtsordnung und Ordnungsmacht bei Kafka aufschlüsselt.
Die nun folgende Analyse widmet sich einem bisher noch nicht eingehend untersuchten Motiv, über das Klaus Kunißen 1985 schreibt: Das Motiv des Kampfes prägt Kafkas Werk und bezeichnet die Gespaltenheit der Perspektivfiguren. Kunißens Beitrag zur Kafka-Forschung heißt Kampfbeschreibungen. Ihm geht es dabei primär um die Zerissenheit des Daseins und das melancholische Niemandsland, (die) schiziode Eigenwirklichkeit , die Personen wie Kafkas Figuren aber auch Kafka selbst in seiner Doppelexistenz zwischen Büro und nächtlichem Schreiben entwickeln und die dauerhaften innerlichen Kämpfe, die...
Sprache | deutsch |
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Maße | 148 x 210 mm |
Gewicht | 178 g |
Themenwelt | Schulbuch / Wörterbuch ► Lektüren / Interpretationen ► Deutsch |
ISBN-10 | 3-8386-8447-8 / 3838684478 |
ISBN-13 | 978-3-8386-8447-5 / 9783838684475 |
Zustand | Neuware |
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