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Kalter Krieg um Speer und Heß - Norman J. W. Goda

Kalter Krieg um Speer und Heß

Die Geschichte der Gefangenen von Spandau
Buch | Hardcover
458 Seiten
2009
Campus (Verlag)
978-3-593-38871-7 (ISBN)
CHF 55,85 inkl. MwSt
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Albert Speer, Rudolf Heß und fünf weitere hohe Vertreter des Dritten Reichs wurden in den Nürnberger Prozessen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Doch was sollte mit ihnen geschehen? Norman Goda schildert, wie sich die vier Siegermächte in harten, bereits vom Kalten Krieg geprägten Verhandlungen auf einen Ort für das Gefängnis und auf strenge Haftregelungen einigten. Während die Vertreter der Sowjetunion die NS-Verbrecher möglichst hart bestrafen wollten, wünschten die westlichen Mächte eine mildere Behandlung. Spannend zu lesen ist, mit welchen Maßnahmen verhindert werden sollte, dass die Gefangenen zu Märtyrern stilisiert wurden. Goda macht deutlich, wie sehr die Sowjets von der Angst getrieben waren, der Nationalsozialismus in Deutschland könne wieder erstarken. Und das Ende? Nach dem Tod von Rudolf Heß 1987 wurde das Spandauer Gefängnis dem Erdboden gleichgemacht - kein Bruchstück eines Steins blieb übrig, um alten und neuen Nazis als Reliquie zu dienen.

Norman J. W. Goda ist Professor für Zeitgeschichte an der Ohio University, USA. Er lehrt dort vor allem zur Geschichte des Nationalsozialismus und des Kalten Krieges. Von 2000 bis 2007 war er Berater der US-Regierung in Zusammenhang mit Akten zu NS-Kriegsverbrechern. 2005 erschien von ihm ein Buch über den US-Geheimdienst und die Nazis.

Inhalt

Dank

Abkürzungen

Einleitung

1. Kapitel
"An den Galgen mit allen"

2. Kapitel
Eine dauerhafte Institution

3. Kapitel
Von Neuraths Asche: Der Kampf um die Erinnerung

4. Kapitel
Hitlers Nachfolger: Die Geschichte zweier Admirale

5. Kapitel
Die gescheiterte Flucht: Albert Speers zwanzig Jahre

6. Kapitel
"Ich bereue nichts": Das Problem Rudolf Heß

Begräbnisse: Ein Epilog

Anhang:
Die Gefängnisregeln für das Spandauer Alliierte Militärgefängnis

Anmerkungen

Literatur

Register

Was keiner wusste
"Sorgfältig recherchiert ... Norman Goda hat erstmals alle zugänglichen Akten und Archive der westlichen Alliierten durchforstet. Mit ihrer Hilfe entwirft er ein eindrucksvolles Bild des Spandauer Gefängnisses und seiner Insassen." (Die Welt, 30.05.2009)

Nürnberger Vermächtnis
"Die Erkenntnisse des Autors könnten auch für den heutigen Umgang mit verurteilten Kriegsverbrechern bedeutsam sein." (Damals, 01.10.2009)

Die Gefangenen von Spandau
"Goda zeigt, wie schnell aus Kriegsverbrechern politische Pfänder im Kalten Krieg wurden; wie sehr die Haltung zu den Häftlingen sich den neuen politischen Umständen anpasste. Goda erzählt so die Geschichte vom rasanten Übergang des heißen in den kalten Krieg." (Der Tagesspiegel, 19.10.2009)

Einleitung

"Wenn wir je alle draußen sind, wird keiner von uns den anderen wiedersehen; ganz sicher werden wir nie über Spandau lachen." Rudolf Heß

Kein Tod wurde je so akribisch geplant wie der von Rudolf Heß, mit dessen Ableben man jeden Moment rechnete, als er im April 1987 93 Jahre alt wurde. In einer anderen Zeit hatte Heß zum engsten Kreis um Adolf Hitler gehört und war der drittwichtigste Mann in Deutschland gewesen. Zusammen mit Hitler hatte er im November 1923 in München versucht, an die Macht zu kommen, war verurteilt worden und hatte 1924 ergeben seine Haftstrafe mit Hitler abgesessen. Als Hitlers Stellvertreter in der NSDAP befand sich seine Unterschrift auf zahlreichen wichtigen Dokumenten vor und nach 1939, als Hitler die Welt in Flammen aufgehen ließ. 1987 war Heß der einzige verbliebene Häftling des Alliierten Kriegsverbrechergefängnisses Spandau im britischen Sektor von West-Berlin. In den vergangenen vier Jahrzehnten hatten die vier Mächte, die den Nationalsozialismus besiegt hatten (die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion) in diesem stattlichen preußischen Gebäude aus dem 19. Jahrhundert Hitlers engste noch lebende Mitarbeiter inhaftiert, die beim berühmten Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg zu Haftstrafen verurteilt worden waren. Über zwei Jahrzehnte lang war Heß schließlich der einzige Häftling in Spandau.

Heß wurde als paranoid diagnostiziert und war davon überzeugt, dass die Alliierten ihn vergiften wollten. Er war außerdem ein Hypochonder, der seine Mitgefangenen (und die alliierten Wärter) während der ersten fünf Jahre in Spandau durch sein Stöhnen wegen eingebildeter Magenschmerzen nachts um den Schlaf brachte. In seinen letzten Lebensjahren war er ständig gereizt und immer noch der überzeugte Nationalsozialist, der er schon 1924 gewesen war, als ihm Hitler im Landsberger Gefängnis Mein Kampf diktierte. Nur wenige Monate vor seinem Tod gestanden ihm die Amerikaner eine eigene Krankenschwester zu, doch Heß schickte sie wieder weg, weil sie schwarz war. In seinem Testament für die Nachwelt, das die Sowjets 1986 entdeckten, behauptete Heß, Hitler habe nie den Krieg mit den Westmächten gewollt. Irgendwie, so glaubte Heß, wurde Hitler durch eine geheime Macht in seinem Unterbewusstsein dazu gezwungen - eine Macht, die von Deutschlands größter Nemesis, den Juden, kontrolliert wurde. Außerdem sinnierte Heß über die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik, die seiner Meinung nach den Nationalsozialismus oder eine ähnliche Bewegung wieder an die Macht bringen würde.

Doch obwohl Heß abgesehen von seinen Phantasien und Klagen nicht viel vorzuweisen hatte, war er in den achtziger Jahren bereits zum Symbol geworden. Sein Dasein als einziger Gefangener in Spandau stand für die unversöhnliche Haltung der Sowjetunion gegenüber dem Nationalsozialismus, ihre Angst, dass der Nationalsozialismus nicht vollständig beseitigt sei, und die Überzeugung, dass die Kommunisten die einzig wahren Gegner des Nationalsozialismus seien. Denn der Kreml verweigerte wieder und wieder eine Entlassung von Heß. Die wiederholten Versuche der Alliierten, Heß in ein Sanatorium zu verlegen oder ihn in die Obhut seiner Familie zu geben, kündeten von der selbstbewussten Überzeugung in den westeuropäischen Hauptstädten, dass der Nationalsozialismus in der Bundesrepublik keine Chance mehr hatte und dass selbst für einen Mann wie Heß humanitäre Überlegungen galten. Für die Regierung der Bundesrepublik und für West- Berlin repräsentierte Heß die Absurdität des Kalten Krieges. Die West-Berliner trugen die finanzielle Last für das Spandauer Gefängnis aufgrund eines Arrangements, das selbst nach den wirren Standards in der Frühzeit des Kalten Krieges kaum durchdacht war. Die Inhaftierung von Heß in Spandau stand außerdem dem Wunsch der Bundesrepublik im Weg, den langen Schatten des Nationalsozialis

Übersetzer Werner Roller, Heike Schlatterer
Zusatzinfo 14 Abbildungen
Sprache deutsch
Original-Titel Tales from Spandau. Nazi Criminals and the Cold War
Maße 152 x 228 mm
Gewicht 847 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Zeitgeschichte ab 1945
Schlagworte Albert Speer • Baldur von Schirach • Berlin-Spandau (Gefängnis) • Bundesrepublik • Deutschland • Dönitz, Karl • Erich Raeder • Funk, Walther • Hardcover, Softcover / Sachbücher/Geschichte/Zeitgeschichte (1945 bis 1989) • Heß, Rudolf • Kalter Krieg • Karl Dönitz • Konstantin von Neurath • Kriegsverbrecher • Nationalsozialismus • Neurath, Konstantin von • NS-Täter / NS-Verbrecher • NS-Verbrecher • Raeder, Erich • Rudolf Heß • Schirach, Baldur von • Spandauer Alliiertes Militärgefängnis • Speer, Albert • Walther Funk • Zeitgeschichte
ISBN-10 3-593-38871-5 / 3593388715
ISBN-13 978-3-593-38871-7 / 9783593388717
Zustand Neuware
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