Jakobsweg - Der Trail zum Glück (eBook)
292 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7693-9287-6 (ISBN)
Resilienztrainer, Diplom-Berufspädagoge, passionierter Wanderer
3. Motive und Vorbereitung der Pilgerreise
Graffiti am Jakobsweg auf einer Mauer in Villafranca del Bierzo: „Santiago ist nicht dort. Ist in Dir.“ Was Du auf dem Jakobsweg suchst oder am Zielort in Santiago de Compostela zu finden wünscht, ist bereits in Dir. Du bist der Weg und das Ziel.
Motive
Weshalb pilgert ein Mensch über 800 km zu einem Ort, an dem eine Kathedrale mit den Reliquien eines Heiligen steht? Diese Frage ist nicht gerade leicht zu beantworten, allenfalls für religiös motivierte Menschen. Auf jeden Fall sind Hunderttausende in den letzten Jahren den Camino Frances gepilgert.
Im Jahr 2019 sind nach offizieller Zählung der katholischen Kirche 347.578 Pilger in Santiago de Compostela angekommen und haben ihre Pilgerurkunde entgegengenommen, und ich war einer von ihnen.
Über die persönlichen Motive sprechen die meisten Pilger nur ungern, und so ist dieses Thema häufig ein Tabu. Viele schieben andere Gründe vor, wenn man mit ihnen spricht. Die meisten sind nach meiner Einschätzung auf der Suche, z.B. auf Sinnsuche oder nach Antworten, wie es im Leben weitergehen soll. Viele stehen vor Entscheidungen oder wurden durch Lebensentscheidungen anderer in Situationen geworfen, die sie erst einmal verarbeiten müssen.
Und das Verarbeiten von Veränderungen braucht seine Zeit.
Die Mehrzahl der deutschen Pilger wurde meines Wissens durch Hape Kerkeling inspiriert, den Camino Francés zu laufen. An dieser Stelle kann ich nur über mich sprechen und meine Motive darlegen. Ich habe mich schon einige Jahre früher damit beschäftigt und wurde u.a. durch Paulo Coelho und sein Buch „Auf dem Jakobsweg“ angeregt.
Für mich als passionierten Wanderer – meine längste Tour vor dem Jakobsweg war der Rennsteig in Thüringen mit 169 km – galt es immer als eine besondere sportliche Herausforderung und ein Abenteuer, diese 800 km in einem Stück zu bewältigen. Ich wollte wissen, ob ich in der Lage bin, diese sportliche Leistung zu vollbringen.
Mit der Konkretisierung und näheren Planung der Pilgerreise kamen weitere Motive für mich hinzu. Erstens die Natur zu erleben und sich mit der Natur verbunden zu fühlen, zweitens andere Menschen und Gleichgesinnte kennenzulernen, sich über Begegnungen mit Menschen zu freuen und eine gewisse Verbundenheit zu erleben, drittens das Bedürfnis nach Spiritualität und viertens hatte ich noch ein paar persönliche Fragen an das Leben, die ich für mich klären wollte.
Später auf dem Camino haben sich meine Motive durch die Pilgererfahrungen zum Teil noch einmal erweitert. Auf jeden Fall haben mich die Begegnungen mit Menschen aus aller Welt sehr beeindruckt – es sind sogar Freundschaften entstanden – und meine Motive beeinflusst.
Zusätzliche Motive kamen im Laufe der Pilgerfahrt durch die Geschichte des Jakobsweges hinzu. Ich war beeindruckt von der täglich erfahrenen, kulturell und historisch großen Bedeutung des Jakobsweges, d.h. immer mehr über den Jakobsweg zu lernen und zu wissen, dass vor mir seit vielen Jahrhunderten Millionen von Pilger diese Reise unternommen hatten.
Das zog mich in einen gewissen Bann. Dazu gehören u.a. die vielen historischen Stätten wie die Kirchen, Klöster, Hospize, Kapellen und Kathedralen. Auch viele der traditionsreichen Städte und Dörfer in den unterschiedlichen Regionen Spaniens, z.B. in Navarra, Kastilien und Galicien, sind bewundernswert und motivieren, die Strapazen auf dem Jakobsweg zu ertragen und immer weiter zu pilgern.
Zwischen den Motiven der Pilger und der Resilienz besteht natürlich auch ein Zusammenhang. Zum Beispiel laufen viele, um einen schmerzlichen Verlust in der Familie zu verarbeiten, um über Belastungen in ihrem Leben nachdenken zu können oder um für besondere Herausforderungen und Entscheidungen die nötige innere Stärke auf dem Weg zu erlangen.
Ein wichtiger Punkt dabei ist der Abstand zum Alltag, der sich durch das tägliche Gehen einstellt. Auf diese Weise ergeben sich neue Impulse, neue Perspektiven und neue Lösungswege für die Bewältigung der persönlichen Herausforderungen. Somit gibt der Camino einem die Möglichkeit zum Aufbau der notwendigen Widerstandkraft. Und durch die Erweiterung der Resilienz können die persönlichen Ziele konsequenter erreicht werden.
Darüber hinaus kann das Pilgern selbst, d.h. das einfache Leben als Pilger, die Begegnungen mit Menschen und der Umgang mit den täglichen Anforderungen auf dem Jakobsweg die Resilienz stärken. Diese Möglichkeiten der Stärkung unserer seelischen Widerstandkraft werden in diesem Pilgerbericht aufgezeigt, analysiert und ergeben in gewisser Weise ein Resilienztraining.
Vorbereitung
Für die Vorbereitung ist es empfehlenswert, sich ein wenig über die Geschichte des Jakobsweges zu informieren. Kenntnisse über die Geschichte und Bedeutung des Camino Francés können das Erlebnis des Pilgerns verstärken und verschönern. Primär geht es in der Vorbereitung aber natürlich um die Ausrüstung.
In der Literatur, in vielen Pilger- und Reiseführern und im Internet gibt es zahlreiche Listen, was mitzunehmen ist, woran man denken muss etc. Ich möchte hier nur die wichtigsten Dinge ansprechen, die eine gute Planung und Vorbereitung ausmachen.
Ein guter Rucksack, ein leichter 600g-Schlafsack, sehr gute Wanderschuhe – Halbschuhe eher nicht wegen des fehlenden Knöchelschutzes und fehlender Stabilität, das ist aber individuell verschieden – und nur wenig Kleidung, so dass man möglichst nahe an die Regel „Rucksackgewicht = 10% vom Körpergewicht“ herankommt. In meinem Fall klappte dies anfangs überhaupt nicht. Mit 12 kg bei 84 kg Körpergewicht sah ich mich nach drei Etappen genötigt, in Pamplona 3 kg hochwertige Outdoor-Kleidung nach Hause zu schicken.
Jedes Kilogramm weniger erleichtert das Tragen des Rucksacks über die weite Strecke von 800 km. Die Schultern, der Rücken, die Gelenke, die Muskeln, die Knie, die Füße und die Gesamtphysis danken es einem. Ansonsten muss der Körper mit mehr Gewicht fertig werden und u.U. leiden und zusätzliche Schmerzen ertragen.
Der zweite Aspekt für die Vorbereitung ist das Training. Ich habe acht Wochen vor der Pilgerreise mit Wanderungen von 10 bis 20 km begonnen. Jede Woche zweimal trainieren war mein Motto. Das Training hat mir unglaublich viel geholfen, z.B. zu Beginn des Jakobsweges den Aufstieg über die Pyrenäen mit 1600 Höhenmetern und 30 km Länge zu bewältigen.
Außerdem ermöglichte mir das Training, täglich meist Etappen um die 24 km zu laufen. Aber auch Ungeübte können den Camino Francés wandern, wenn sie einigermaßen fit sind. Dann fallen die Tagesetappen eventuell kürzer aus oder es werden mehr Pausentage eingelegt, je nach individuellen Möglichkeiten und Wünschen.
Ein dritter wichtiger Punkt ist die Organisation. Dazu gehört erstens ein guter Pilgerführer mit vielen Adressen von Herbergen und guten Wegbeschreibungen. Mir hat der Führer von Raimond Joos aus dem Outdoor-Verlag sehr gut gefallen und geholfen, mich überall zu orientieren und notwendige wie nützliche Informationen zu erhalten. Es gibt sicherlich noch andere gute Pilgerführer, Apps und digitale Angebote. Da ich diese aber kaum kenne, kann ich keine genauen Aussagen dazu treffen. Ich weiß aber, dass viele Pilger die „Buen Camino“ –App nutzen, die sehr informativ und wohl empfehlenswert ist.
Zu den wichtigen Punkten der Organisation gehören nach meinen Erfahrungen außerdem die Beschäftigung mit der Anreise, die Frage der Übernachtungen, die Überlegung eines Gepäcktransportes, der unterwegs in den Herbergen individuell buchbar ist, das Thema Essen/Proviant und das Thema Wanderstöcke.
Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Anreise (Bus, Bahn, Flugzeug) sind je nach Geldbeutel, Zeit und Präferenz in den einschlägigen Pilgerführern beschrieben. Die Frage der Übernachtung ist schon etwas schwieriger. Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Arten von Herbergen (Refugios) sowie die klassischen Privatunterkünfte in Hotels und Pensionen. Letztere aber nicht überall. Die Herbergen gibt es in fast jedem kleinen Ort und im Abstand von meistens 5 – 7 km bis auf wenige Ausnahmen auf der gesamten Strecke.
Ich musste aber erst einmal lernen, um welche Art von Herberge es sich handelt. Zunächst gibt es die öffentlichen, von den Gemeinden und Städten betriebenen Refugios. Diese können meist nicht reserviert werden. Das heißt, um hier einen Übernachtungsplatz für ca. 10 Euro zu ergattern, muss man zeitig eintreffen. Das bedeutet wiederum im Frühjahr/Sommer, dass man morgens zwischen 6 und 7 Uhr starten muss, damit man nach einer durchschnittlichen Etappe von ca. 6 Std. und ca. 25 km in der Mittagszeit ankommt. Danach füllen sich die Plätze in den Schlafsälen sehr schnell und die später Eintreffenden gehen leer aus.
Als zweites gibt es die privaten Herbergen, die sich telefonisch meistens reservieren lassen. Somit ist die Ankunft auch später möglich. Bei den privaten gibt es zum einen die vielen Privatpersonen,...
Erscheint lt. Verlag | 6.12.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport |
ISBN-10 | 3-7693-9287-6 / 3769392876 |
ISBN-13 | 978-3-7693-9287-6 / 9783769392876 |
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