Atlantiküberquerung (eBook)
422 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-39054-7 (ISBN)
Wasser und Boote haben mich schon seit meiner Kindheit fasziniert. Richtig ausgelebt habe ich diese Faszination allerdings erst später. Mit 28 Jahren habe ich mit dem Segelsport angefangen. Zuerst habe ich die Sportbootführerscheine See und Binnen absolviert. Später kamen der Sportküstenschifferschein und der Funkschein hinzu. Viele Praxistörns, Skipper- und Manövertrainings später habe ich von einem Bekannten das Angebot erhalten, als Co-Skipper an einer Atlantiküberquerung teilzunehmen. Spontan habe ich zugesagt. Erfahrungen mit Langfahrten hatte ich zu dem Zeitpunkt noch keine. Die Überfahrt ist trotz monatelanger und intensiver Vorbereitung für uns alle anders abgelaufen als geplant und am Ende wurden wir sogar zum Seenotfall. Trotz dieser Erfahrung bin ich dem Segelsport treu geblieben. Ich habe den Sportseeschifferschein (SSS) abgelegt, mit dem es mir fortan möglich war, als Skipper mit Gästen eigene Segeltörns zu unternehmen. Eine Frage hat mich dabei nie losgelassen: Welche Fehler haben wir damals bei unserer Atlantiküberquerung gemacht und wie hätte die Reise besser ablaufen können? Wenn ich mit meinem heutigen Wissen und meiner Erfahrung auf unsere damalige Atlantiküberquerung zurückschaue, sehe ich viele Entscheidungen, die ich heute anders treffen würde. Dieses Wissen will ich mit diesem Buch weitergeben.
Wasser und Boote haben mich schon seit meiner Kindheit fasziniert. Richtig ausgelebt habe ich diese Faszination allerdings erst später. Mit 28 Jahren habe ich mit dem Segelsport angefangen. Zuerst habe ich die Sportbootführerscheine See und Binnen absolviert. Später kamen der Sportküstenschifferschein und der Funkschein hinzu. Viele Praxistörns, Skipper- und Manövertrainings später habe ich von einem Bekannten das Angebot erhalten, als Co-Skipper an einer Atlantiküberquerung teilzunehmen. Spontan habe ich zugesagt. Erfahrungen mit Langfahrten hatte ich zu dem Zeitpunkt noch keine. Die Überfahrt ist trotz monatelanger und intensiver Vorbereitung für uns alle anders abgelaufen als geplant und am Ende wurden wir sogar zum Seenotfall. Trotz dieser Erfahrung bin ich dem Segelsport treu geblieben. Ich habe den Sportseeschifferschein (SSS) abgelegt, mit dem es mir fortan möglich war, als Skipper mit Gästen eigene Segeltörns zu unternehmen. Eine Frage hat mich dabei nie losgelassen: Welche Fehler haben wir damals bei unserer Atlantiküberquerung gemacht und wie hätte die Reise besser ablaufen können? Wenn ich mit meinem heutigen Wissen und meiner Erfahrung auf unsere damalige Atlantiküberquerung zurückschaue, sehe ich viele Entscheidungen, die ich heute anders treffen würde. Dieses Wissen will ich mit diesem Buch weitergeben.
Einleitung
An einem Sonntagnachmittag im Februar liege ich entspannt auf meinem Sofa. Durch das große Fenster in der Dachschräge über mir blicke ich in den blauen Himmel. Ich schließe meine Augen und versuche, etwas abzuschalten. Morgen beginnt für mich eine neue anstrengende Woche. Der Job im Büro ist neu, die Kollegen und das Aufgabengebiet ebenso.
Das Vibrieren meines Smartphones holt mich aus meinen Gedanken. Die im Display angezeigte Nummer ist fremd. Vermutlich hat sich jemand verwählt. Mit einem kurzen »Hallo« melde ich mich.
Eine männliche, freudig klingende Stimme meldet sich: »Hallo Alexander, hier ist Wolfgang. Kennst du mich noch?«
Ich habe keine Ahnung, wer der Anrufer ist, und überlege. Aus meiner Verwandtschaft ist es keiner. Vielleicht ein Kollege? Das muss aber schon lange her sein. »Hallo, ich komme gerade nicht drauf«, gebe ich zu.
»Wir waren vor ein paar Jahren gemeinsam in Kroatien segeln. Ich war Skipper und du einer meiner Mitsegler.«
Langsam dämmert es mir: »Hey, ja, na klar, jetzt erinnere ich mich. Hallo Wolfgang, das ist ja schon ewig her«, sage ich erfreut.
Vor mir tauchen die Bilder meines ersten Segeltörns auf. Wir hatten eine schicke, moderne französische Segelyacht, mit der wir eine Woche lang an der Adriaküste entlanggesegelt sind. Jeden Abend lagen wir in einer anderen Marina oder ankerten in einer Bucht. Der Urlaub war unvergesslich. In dieser Woche muss ich mich mit dem Segelvirus infiziert haben. Zu gern würde ich das Erlebnis wiederholen. Der Segeltörn mit Wolfgang liegt schon viele Jahre zurück, dennoch fühlt es sich für mich an, als wäre es erst im letzten Sommer gewesen.
Er erzählt mir, dass er noch immer Mitsegeltörns für zahlende Gäste anbietet, zusätzlich auch Schwerwettertörns für angehende Skipper, die es etwas extremer mögen. Ich erzähle ihm von meinen regelmäßigen Ausbildungstörns auf der Ostsee und im Mittelmeer und dass ich im letzten Jahr den Sportküstenschifferschein absolviert habe.
Wolfgang hört interessiert zu und kommt dann zur Sache: »Sehr schön. Ich glaube, ich habe da etwas für dich. Ein Bekannter hat mich gefragt, ob ich seine Yacht in die Karibik überführen kann. Starthafen ist Las Palmas auf den Kanarischen Inseln. Zielhafen soll Philipsburg auf Saint Martin in der Karibik sein. Zeitraum der Überführung ist am Ende des Jahres. Also eine richtige Transat. Er hat mich gefragt, ob ich das für ihn als Skipper übernehmen kann. Die Frage ist nun: Hast du Lust, mit dabei zu sein?«
Mein Herz schlägt schneller. Ich spüre, wie ich meinem Ziel einer Atlantiküberquerung näherkomme. Obendrein mit Wolfgang, einem erfahrenen Segler, den ich bereits kenne. »Das Angebot klingt interessant. Eine Atlantiküberquerung hat mich schon immer interessiert.«
»Das freut mich zu hören«, meint Wolfgang, »denn ich brauche noch einen Co-Skipper, also einen Stellvertreter für mich als Schiffsführer. Jemanden der richtig Ahnung vom Segeln hat und auf den ich mich voll und ganz verlassen kann. Auf unserem letzten Törn in Kroatien waren wir ein super Team. Wäre das was für dich?«
Die Anfrage kommt für mich überraschend. Am liebsten würde ich sofort zusagen. Meine Gedanken überschlagen sich und viele Fragen türmen sich in mir auf. Bisher bin ich immer in Küstennähe und in Sichtweite zum sicheren Festland gesegelt. – Bei diesem Törn wäre das anders. Wochenlang hätten wir kein Land in Sicht. Ich spüre den Respekt vor dem Atlantik.
»Dann setzen wir in diesem Jahr bestimmt mit der ARC über?«, frage ich schließlich.
»Nein«, meint Wolfgang, »wir fahren alleine und ohne ARC. Ich brauche kein betreutes Segeln. Wir haben alle Segelerfahrung und wollen unterwegs auch etwas dazulernen. Die ARC startet außerdem bereits vor uns.« Er lacht kurz »Aber vielleicht holen wir unterwegs noch ein paar Teilnehmer ein.«
»Hast du denn Erfahrung mit so einem Törn und bist du schon einmal über den Atlantik gesegelt?«
»Nein«, antwortet Wolfgang, »darum will ich das Projekt jetzt endlich mal in Angriff nehmen. Mich reizt der Gedanke schon länger und ich will diesen Schritt jetzt gehen.«
»Was für ein Schiff hast du in Aussicht?«
»Es handelt sich um eine topgepflegte und gewartete 40-Fuß-Eigneryacht, gebaut 2005, mit allen erdenklichen Extras. Die Yacht habe ich mir vor ein paar Tagen persönlich in Kroatien angeschaut. Alle Reparaturen wurden regelmäßig durchgeführt und vom Eigner wurde für die Atlantiküberquerung sogar noch eine neue Rettungsinsel gekauft.« Wolfgang nennt den Hersteller vom Schiff, der ist mir allerdings unbekannt. »Das ist eine polnische Yacht«, erklärt er. »Auf das Schiff kommt es aber gar nicht an, schließlich ist jedes Schiff nur so gut wie seine Mannschaft.«
Die Mannschaft ist ein gutes Stichwort und für mich ein wichtiges Thema. Mich interessiert, mit wem ich Zeit an Bord verbringen soll. Vielleicht ergeben sich während der Reise interessante Kontakte oder neue Freundschaften? »Was ist mit der Crew? Wer ist noch mit an Bord? Ist der Eigner auch dabei?«
»Also insgesamt sind wir zu sechst, alles Männer zwischen Anfang 40 und Mitte 60. Die Teilnehmer sind mir alle persönlich bekannt. Von Holger und Roland weiß ich, dass die beiden regelmäßig Chartern und Segelerfahrung mitbringen. Roland ist leidenschaftlicher Koch und hat sich freiwillig gemeldet das Kochen zu übernehmen. Den Thomas habe ich auf einem meiner Mitsegeltörns kennengelernt. Den kannst du stundenlang ans Steuer stellen, ohne dass ihm das etwas ausmacht. Gerd ist mein Nachbar und ich kenne ihn schon seit Jahren. Er wird unser Schiffsarzt. Er ist der Einzige, der noch nicht so viel Segelerfahrung hat, aber das nötige Wissen bringe ich ihm ganz schnell bei.« Wolfgang lacht. »Das Wichtigste ist aber, dass alle gut drauf sind, Humor haben und Spaß verstehen. Ach ja, der Eigner wird nicht mit dabei sein. Er hatte anfangs überlegt mitzukommen, aber es passt zeitlich bei ihm nicht.«
Dass der Eigner nicht mit an Bord ist, sehe ich als Vor-, aber auch als Nachteil. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es sehr anstrengend sein kann, wenn der Eigner mit an Bord ist und aus seiner Sicht nicht sorgfältig genug mit dem Schiff umgegangen wird. Nachteile sehe ich bei Problemen, da meist nur der Eigner mit dem Schiff so richtig vertraut ist. Meine Gedanken drehen sich weiter und um das Wetter: »Wie sieht es mit schweren Stürmen und hohem Wellengang auf so einer Atlantiküberquerung aus?«, frage ich, »hält die Yacht den Stürmen und Wetterextremen stand?«
»Also da mach dir mal keine Sorgen«, meint Wolfgang, »wir segeln auf der Barfußroute und außerhalb der Hurricane-Saison. Zeitpunkt ist Ende November. Das ist die sicherste Zeit für unser Vorhaben. Das Meer hat sich abgekühlt und mit schweren Stürmen ist nicht mehr zu rechnen. Stattdessen wird ein konstanter und gleichmäßiger Passatwind von zehn bis fünfzehn Knoten wehen. Die Wellenhöhe kann bis zu sechs Meter betragen, aber aufgrund der Wellenlänge von mehreren Hundert Metern spürst du kaum Seegang. Die Überfahrt wird völlig entspannt ablaufen. Und was die Sicherheit der Yacht angeht, brauchst du dir auch keine Gedanken zu machen. Die Yacht ist Klasse A zertifiziert und hochseetauglich. Es kann also nichts passieren.« Lachend fügt er hinzu. »Außerdem verträgt jedes Schiff mehr als die Mannschaft.«
Die Worte von Wolfgang klingen beruhigend. Ich verstehe in dem Moment zwar nicht genau, was die letzte Redewendung – das Schiff verträgt mehr als die Mannschaft – bedeutet, werde mich aber zu einem späteren Zeitpunkt noch gut daran zurückerinnern.
»Eine Sache wäre da noch. Auf so einer Reise muss natürlich jeder ein paar Aufgaben übernehmen. Bei dir habe ich an das Thema Kommunikation gedacht. Wir müssen auf See kommunizieren und mit anderen Schiffen in Kontakt treten können. Also welche Reiseroute wir fahren und wie das Wetter wird. Wetter ist auch ein ganz wichtiges Thema. Wir müssen auf See Wetterberichte abrufen können. Ab und zu wollen wir auch unseren lieben Daheimgebliebenen ein Lebenszeichen senden. Sitzen wir gerade entspannt an Deck oder haben mal wieder einen dicken Fisch an der Angel gehabt. Wäre das nicht ein spannendes Thema für dich, in das du dich einarbeiten kannst?«
Das Thema Kommunikation liegt mir und interessiert mich. Ich kann mir gut vorstellen, mich damit über einen langen Zeitraum intensiv zu beschäftigen. »Kommunikation ist ein interessantes Thema und die Aufgabe kann ich gern übernehmen.«
»Es gibt da noch eine andere Sache«, meint Wolfgang. »Ich brauche an Bord einen zweiten Mann, der auch einen Funkschein hat. Wenn ich zum Beispiel oben am Steuer stehe, muss jemand unter Deck das Funkgerät bedienen können. Am besten jemand mit dem großen LRC-Funkschein. Derzeit bin ich von der Crew als Einziger im Besitz eines Funkscheins. Wie sieht es bei dir aus? Hast du einen? Idealerweise den großen LRC?«
Mich wundert, dass von den anderen Teilnehmern niemand einen Funkschein hat. Meinte Wolfgang nicht eben noch, dass einige der Teilnehmer regelmäßig chartern und Segelerfahrung mitbringen? Ich denke nicht weiter darüber nach. Das Thema Funkschein habe ich bisher immer vor mir hergeschoben. Auf meinen Mitsegel- und Praxistörns brauchte ich keinen. Es reichte aus, dass der Schiffsführer einen hatte. Die Aussicht auf die Teilnahme an diesem Atlantiktörn ändert natürlich einiges und damit habe ich die notwendige Motivation. »Der Funkschein steht bei mir schon länger auf der Liste und die Ausbildung kann ich bis zum Törnbeginn absolvieren.«
»Super«, meint Wolfgang begeistert, »damit würde eine große Last von mir...
Erscheint lt. Verlag | 25.10.2024 |
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Verlagsort | Ahrensburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport ► Segeln / Tauchen / Wassersport |
Schlagworte | Atlantiküberquerung • barfußroute • Checkliste • Gran Canaria • Handbuch • Kapverden • Karibik • Langfahrt • Las Palmas • Ratgeber • Risiko • Saint Martin • Segeln • Segeltörn • Segelyacht • Sint Maarten • Transat • Vorbereitung |
ISBN-10 | 3-384-39054-7 / 3384390547 |
ISBN-13 | 978-3-384-39054-7 / 9783384390547 |
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