Red Bull Racing (eBook)
304 Seiten
Benevento (Verlag)
978-3-7109-5164-0 (ISBN)
Ben Hunt ist seit zwanzig Jahren Journalist, beschäftigt sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit Motorsport und hat in dieser Zeit die Triumphe und Tragödien an der Rennstrecke hautnah miterlebt. Er ist der führende Formel-1-Korrespondent bei der »Sun«, moderiert den beliebten F1-Podcast »Inside the Piranha Club« und hat für dieses Buch zahlreiche persönliche Interviews mit Fahrern und Teammitgliedern geführt. Hunt lebt mit seiner Familie in England.
Ben Hunt ist seit zwanzig Jahren Journalist, beschäftigt sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit Motorsport und hat in dieser Zeit die Triumphe und Tragödien an der Rennstrecke hautnah miterlebt. Er ist der führende Formel-1-Korrespondent bei der »Sun«, moderiert den beliebten F1-Podcast »Inside the Piranha Club« und hat für dieses Buch zahlreiche persönliche Interviews mit Fahrern und Teammitgliedern geführt. Hunt lebt mit seiner Familie in England.
KAPITEL 1
»NO RISK, NO FUN«
2004
Christian Horner, Teamchef von Red Bull Racing, sitzt an einem Tisch im obersten Stockwerk des »Holzhauses« – dem größten Motorhome im Formel-1-Fahrerlager. Er ist umringt von Journalisten, die ihre Diktiergeräte auf dem Tisch ausbreiten, um seine Worte aufzuzeichnen. Sein Fahrer Max Verstappen hat gerade den Großen Preis von Österreich 2023 gewonnen.
Draußen auf einem Grünstreifen ist ein zweimotoriger Hubschrauber gelandet, in den VIP-Gäste einsteigen, die den Red Bull Ring schnell verlassen wollen. Das Geräusch der Motoren wird lauter, als der Pilot den Gashebel für den Abflug betätigt, und es ist fast unmöglich, Horners Antworten zu hören. Kaum ist der Helikopter abgehoben, wird es ruhiger und ein Kommentar ist deutlich zu hören, der den Geist von Red Bull Racing perfekt auf den Punkt bringt: »No risk, no fun«, antwortet Horner auf die Frage, warum das Team darauf gesetzt habe, Verstappen in der vorletzten Runde an die Box zu bringen – und das aus einer komfortablen Führung heraus. Verstappen lag zu diesem Zeitpunkt fast 25 Sekunden vor Charles Leclerc. Der Zeitverlust durch den Boxenstopp beträgt rund 20 Sekunden – mögliche Fehler der Boxencrew außer Acht gelassen. Dank der frischen Reifen konnte Verstappen jedoch die schnellste Rennrunde fahren und den Bonuspunkt dafür kassieren. Am Ende des Rennens hatte er immer noch knapp über fünf Sekunden Vorsprung vor Leclerc. Der riskante Plan war aufgegangen.
»Ein atemberaubendes Wochenende von Max«, sagte Horner. »Und das erste Mal, dass wir seit Dietrichs [Mateschitz’] Tod wieder hier [am Red Bull Ring in Österreich] sind. Es war sehr ergreifend, bei dieser Gelegenheit eine solch großartige Teamleistung zu sehen. Wir haben uns entschieden, in der letzten Runde die schnellste Runde zu fahren, trotz des Risikos, das ein verpatzter Boxenstopp mit sich bringt. Und ich hatte Dietrichs Mantra ›No risk, no fun‹ im Hinterkopf.« Wenn ein Kommentar den Geist, für den Red Bull Racing steht, auf den Punkt bringt, dann ist es dieser.
Neue Formel-1-Teams starten selten bei null; sie machen eine Evolution durch. Das Personal, die Fabriken, die Ausrüstung und die Autos bleiben bestehen. Lediglich die Eigentümer wechseln. Doch am Deal, mit dem Dietrich Mateschitz am 15. November 2004 das angeschlagene Jaguar-Team kaufte, war etwas anders. Die Energydrink-Firma des österreichischen Milliardärs versprach, dem Sport, der bisher von Automobil-, Öl- und Zigarettenfirmen dominiert wurde, neue Frische zu verleihen.
Red Bull war eine spannende Marke, die mit den Eigentümer-Traditionen in der Formel 1 brach. Die Teams wurden in der Regel von einem Hersteller finanziert oder durch einen enormen Sponsorenpool unterstützt. Nichts davon traf auf Red Bull zu.
Dietrich Mateschitz wurde am 20. Mai 1944 in Sankt Marein im Mürztal geboren, einer Gemeinde in der Steiermark (Österreich). Seine Mutter stammte aus der Region, während die Familie seines Vaters aus Maribor (heute Slowenien) stammte. Seine Eltern waren beide Lehrer. Dietrich besuchte die Wirtschaftsuniversität Wien, damals »Universität für Welthandel« genannt, wo er 1972 ein Marketingstudium abschloss. Seinen ersten Job bekam er bei Unilever, wo er Waschmittel vermarktete. Danach wechselte er zum deutschen Kosmetikunternehmen Blendax, das heute dem amerikanischen multinationalen Konsumgüterkonzern Procter & Gamble gehört.
Eines der Produkte, für das Mateschitz Marketing machte, war Zahnpasta. Sie war es auch, die ihn nach Asien führte, wo er auf ein Getränk namens »Krating Daeng« stieß, dem die Einheimischen eine belebende Wirkung nachsagten. Der Journalist David Tremayne schreibt auf F1.com: »Er entdeckte das Getränk, weil es von einem Unternehmen vermarktet wurde, das zufällig auch die gleiche Zahnpastamarke vertreibt. Nachdem er Krating Daeng selbst probiert hatte, stellte Mateschitz fest, dass es ihm bei seinem Jetlag half, und wurde neugierig.«
Das bei den thailändischen Arbeitern beliebte Krating Daeng wurde in den 70er-Jahren von Chaleo Yoovidhya, dem Eigentümer von T. C. Pharmaceutical, erfunden. Yoovidhya stammte aus einer armen thailändisch-chinesischen Familie und war mit seinem eigenen Pharmaunternehmen sehr erfolgreich. Als Mateschitz das Potenzial des Produktes auf dem westlichen Markt erkannte, vereinbarte er mit Yoovidhya ein Geschäft: Jeder sollte 500.000 Dollar investieren und im Gegenzug 49 Prozent der Geschäftsanteile erhalten. Die restlichen zwei Prozent gingen an den Sohn von Yoovidhya, sodass die Familie die Kontrolle behielt, während Mateschitz das Unternehmen leitete.
Das neue Unternehmen wurde 1984 als »Red Bull« gegründet – eine Übersetzung von »Krating Daeng« ins Englische. Mateschitz verbrachte drei Jahre damit, das Getränk an den europäischen Geschmack anzupassen, bevor er es 1987 in Österreich einführte. Das Image von Red Bull orientierte sich an Extremsportarten und konzentrierte sich darauf, mit dem Slogan »Red Bull verleiht Flügel« den belebenden Effekt auf Körper und Geist zu kommunizieren. Das Produkt wurde in erster Linie in österreichischen Skigebieten als Premium-Marke angeboten – ganz im Gegensatz zum ursprünglichen Krating Daeng, das preisgünstig blieb und in Bangkok hergestellt wurde. Im Lauf der kommenden Jahre wurde Red Bull auch im Rest Europas eingeführt, wo es in Nachtclubs auch als Mixgetränk mit Alkohol beliebt wurde.
Die Verbindung von Red Bull und dem Motorsport begann tatsächlich nicht erst mit dem Einstieg von Mateschitz in das Formel-1-Team in der Saison 2005. Die Wurzeln reichen zurück bis ins Jahr 1989. Damals steckte die Marke Red Bull zwar noch in den Kinderschuhen, doch Mateschitz schloss einen Sponsorenvertrag mit seinem österreichischen Landsmann Gerhard Berger ab, der damals für Ferrari fuhr.
Berger war eine Bereicherung für Red Bull und passte zur Marke. Er war extrem ehrgeizig, hatte aber eine lockere Art und jede Menge Charisma. Berger war eine Rückkehr zur guten, alten Zeit des Grand-Prix-Rennsports. Jemand, der die schnelllebige Welt der Formel 1 nicht allzu ernst nahm und, besonders wichtig, gerne Scherze machte. Einmal ließ er im Schlafzimmer seines Teamkollegen Ayrton Senna lebende Frösche frei. Ein anderes Mal warf er die Aktentasche des Brasilianers aus einem Hubschrauber – mitten im Flug. Berger wurde der erste von Red Bull gesponserte Rennfahrer im Rahmen des Red-Bull-Athletenprogramms – ein Vertrag, der sich als wegweisend entpuppen sollte. Mittlerweile umfasst dieser Pool rund 850 Sportlerinnen und Sportler in verschiedenen Disziplinen.
Ein anderer Österreicher, mit dem Mateschitz eine entscheidende Partnerschaft eingehen sollte, hatte den Vertrag mit Berger vermittelt: Helmut Marko. Marko wurde Mateschitz’ rechte Hand im Motorsportgeschäft, fungierte als Berater für die Formel-1-Teams der Red Bull GmbH und leitete das Fahrerentwicklungsprogramm von Red Bull.
Marko wurde in Graz geboren und war Teil der verschworenen österreichischen Rennsportszene der frühen 70er-Jahre. Er war mit Jochen Rindt befreundet, der 1970 beim Training zum Großen Preis von Italien tödlich verunglückte und als einziger Fahrer posthum die Formel-1-Weltmeisterschaft gewann. Marko selbst bestritt in den Jahren 1971 und 1972 zehn Grands Prix, auch wenn er dabei keinen Punkt holte. Mehr Erfolg hatte er bei Langstreckenrennen. 1971 gewann er die 24 Stunden von Le Mans auf einem Martini Porsche 917K. Seine Rennfahrerkarriere endete jedoch 1972 beim Großen Preis von Frankreich in Clermont-Ferrand vorzeitig: Ronnie Peterson fuhr vor ihm und wirbelte mit seinem March 712G Ford einen Stein auf, der Markos Visier durchschlug, wodurch sein linkes Auge dauerhaft erblindete. Nach dem Ende seiner Fahrerkarriere wandte sich Marko zunächst dem Fahrermanagement zu, bevor er im Jahr 1989 sein eigenes Rennteam – RSM Marko – gründete, das unter anderem in der FIA Formel 3000 (heute Formel 2) antrat, der Einstiegsserie zur Formel 1.
Marko, der unter anderem Gerhard Bergers Manager gewesen war, kümmerte sich später um das Red Bull-Sponsoringgeschäft mit Mateschitz. Ein Jahrzehnt nach Bergers erstem Auftritt mit blau-silberner Dose, nämlich im Jahr 1999, erklärte sich Mateschitz bereit, RSM Marko zu sponsern. Das Team firmierte fortan als »Red Bull Junior Team«. In einem Interview mit Richard Williams vom britischen Observer im November 2010 betonte Marko, wie wichtig die gemeinsamen österreichischen Wurzeln für die Beziehung zu Mateschitz waren: »Ich komme aus Graz in der Steiermark und er aus dem Mürztal, 60 oder 70 Kilometer entfernt. Er war immer rennsportbegeistert. Als wir uns das erste Mal trafen, hatte er kein Budget, um irgendetwas zu unternehmen, aber Red Bull wurde immer größer und es schien vorbestimmt, dass wir zusammenkommen würden.«
Zwischen diesen beiden von Marko eingefädelten Deals hatte Mateschitz 1995 noch einen weiteren – weniger erfolgreichen – Vorstoß in die Formel 1 unternommen: Er ging eine Partnerschaft zwischen Red Bull und Sauber ein und erwarb einen Anteil am Sauber-F1-Team. Im Gegenzug war das Red Bull-Branding auf den Autos und Overalls der Fahrer zu sehen.
Sauber ist ein Motorsport-Engineering-Unternehmen aus der benachbarten Schweiz, das zahlreiche Rennteams in verschiedenen Serien hatte. Der vielleicht bedeutendste Moment der Partnerschaft zwischen Red Bull und Sauber war der Start von Kimi Räikkönen in der Formel 1 im Jahr 2001. Der Finne gehörte nicht zum Junior Team von Red Bull. Red Bull hatte...
Erscheint lt. Verlag | 21.11.2024 |
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Zusatzinfo | mit zahlreichen farbigen Abbildungen |
Verlagsort | Wals |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Natur / Technik ► Fahrzeuge / Flugzeuge / Schiffe ► Auto / Motorrad |
Schlagworte | adrian newey • Alpha Tauri • berühmte rennfahrer • Christian Horner • David Coulthard • f1 rennen • Formel 1 • formel 1 fahrer • formel 1 rekorde • formel 1 weltmeister • geschenk formel 1 fan • geschichte formel 1 • GP von Monaco • Helmut Marko • legenden der formel 1 • Mark Webber • Max Verstappen • Motorsport • Motorsport Bücher • motorsport geschichte • Oracle Red Bull Racing • red bull geschichte • red bull - gründer • Rennsport • rennställe formel 1 • Sebastian Vettel • Weltmeister |
ISBN-10 | 3-7109-5164-X / 371095164X |
ISBN-13 | 978-3-7109-5164-0 / 9783710951640 |
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