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Zocken, aber gesund! (eBook)

Wie Eltern ihre Kinder beim Spielen an PC, Konsole und Handy gut und stressfrei begleiten können

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
288 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-31189-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zocken, aber gesund! - Alok Kanojia
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Gut begleiten statt verbieten - so geht gesundes Gaming!
Computerspiele und Bildschirmzeit sind ein ständiges Streitthema in vielen Familien.

Wie lange sollen Kinder zocken dürfen?

Wie kann man sie für anderes interessieren?

Und warum ist Gaming für Kinder und Jugendliche überhaupt so verlockend?

Dr. Kanojia, Psychiater und ehemals selber süchtig nach Computerspielen, seinen Millionen Followern bekannt als 'Dr. K', ist der führende Experte für Videospielpsychologie. Er vermittelt Eltern wichtige Einsichten und praktische Ratschläge, gibt Hoffnung und liefert einen klaren Fahrplan zum Aufbau gesunder Spielgewohnheiten, die Ihr Kind für die Zukunft rüsten und die Beziehung zwischen Kind und Eltern stärken.

Dr. Alok Kanojia ist Dozent für Psychiatrie an der Harvard Medical School und gilt als der führende Experte im Bereich Computerspielpsychologie. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Gamern und ihren Eltern zu helfen, indem er ihnen wissenschaftlich fundierte und im Familienalltag umsetzbare Lösungen bietet. Er ist Mitbegründer des Coaching-Unternehmens 'Healthy Gamer'. Mit großer Reichweite streamt er auf Twitch Interviews zu psychischer Gesundheit, Schwerpunkt Spielsucht.? Bei den Streamer Awards 2022 war er als 'Bester philanthropischer Streamer' nominiert.?

KAPITEL 1

Warum macht Zocken süchtig?

Die Neurochemie des Gaming


Die erste Frage, die mir Eltern oft stellen, lautet: »Ist mein Kind süchtig nach Videospielen?« Das heißt, sie wissen, dass ihr Kind ein Problem hat. Die meisten haben bemerkt, dass sich das Verhalten ihres Kindes verändert hat, und zwar in einer Form, die sie beunruhigt. Manchmal leiden die Schulnoten. Die Kinder isolieren sich mehr als früher. Sie sind reizbarer. »Aber ist das wirklich eine Sucht?«, fragen mich die Eltern dann.

Diese Frage ist bisher strittig. 2018 sprach die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von einer »Internetspielstörung«. Es gibt jedoch auch Gegenstimmen, die der Ansicht sind, dass Gaming nicht in derselben Form süchtig macht wie Alkohol oder Opiate. Diese zwei Lager können endlos streiten, wer von ihnen nun recht hat. Wenn Sie mich fragen, ist es unwichtig, ob die Psychiater sich über die Definition von »Abhängigkeit« einig sind oder nicht. Diese angeblichen Experten können das gern im Internet oder in wissenschaftlichen Studien ausfechten. Hier geht es jedoch um Sie und Ihr Kind.



Psychiater und andere angebliche Experten können ihre Definition von »Abhängigkeit« gern im Internet oder in wissenschaftlichen Studien ausfechten. Hier geht es jedoch um Sie und Ihr Kind.

Wenn das Spielverhalten bei Ihnen zu Hause zum Problem wird oder die Zukunft Ihres Kindes gefährdet, liegt wahrscheinlich ein Problem vor. Ob wir das als »Sucht« bezeichnen oder nicht, ist dabei zweitrangig. Es geht darum, dass das Kind weiterkommt und ein gesünderes Verhältnis zur Technologie aufbaut – unabhängig davon, ob bereits die Schwelle zur Sucht überschritten ist.

Und natürlich sorgen wir uns nicht nur um Kinder und Jugendliche. Manchen, die sich bei Healthy Gamer melden, geht es um einen Erwachsenen, der mit 23 Jahren noch unten in der Einliegerwohnung lebt. Entwickelt er sich in eine gute Richtung? Hat er Probleme in der Ausbildung oder am Arbeitsplatz? Geht er überhaupt noch zur Arbeit? Reagiert er launisch, hat er Wutausbrüche oder verhält er sich jedem gegenüber respektlos?

Vom akademischen Standpunkt aus gesehen haben alle psychischen Erkrankungen, auch Süchte, einen gemeinsamen Nenner: Sie beeinträchtigen das Leben. Unabhängig von der Substanz bedeutet Abhängigkeit eine Funktionseinschränkung. Und solche Funktionseinschränkungen habe ich bei vielen der Kinder und Heranwachsenden beobachtet, denen ich in den Jahren meiner Tätigkeit begegnet bin.

Fazit: Wenn Sie etwas für problematisch halten, ist es problematisch. Dazu brauchen Sie keinen Experten. Eltern sind die Experten für ihr Kind.

Warum das Kind sich verändert: Das sagt die Neurowissenschaft


Wer einem Kind beistehen will, sollte ein Grundverständnis dafür haben, warum es Videospiele liebt. Denn das Spielen an der Konsole befriedigt gewisse elementare Grundbedürfnisse, die wir anerkennen sollten. Diese Bedürfnisse sind seit ewigen Zeiten ein fester Bestandteil des jungen Gehirns und damit absolut normal. Deshalb sollten Sie wissen, welche Schaltkreise im Gehirn daran beteiligt sind, dass diese Spiele Kinder so in ihren Bann ziehen.

Belohnungsschaltkreise

Einer der ersten Begriffe, die beim Thema Abhängigkeit fallen, ist Dopamin. Dopamin ist ein Neurotransmitter und damit ein chemisches Signal, das die Neuronen im Gehirn dazu befähigt, miteinander zu kommunizieren.

Dopamin zählt zu den wichtigsten Neurotransmittern, doch seine Wirkung hängt davon ab, welche Neuronen beteiligt sind. In der Substancia nigra, einer sehr kleinen Struktur in der Mitte des Gehirns, verhilft uns Dopamin zu einer gleichmäßigen, koordinierten Muskelfunktion. Bei der Parkinson-Krankheit werden die dopaminproduzierenden Neuronen in der Substancia nigra zerstört, weshalb Parkinson-Patienten Schwierigkeiten haben, ihre Bewegungen zu koordinieren. Darum werden sie mit Dopamin behandelt.

In erster Linie ist Dopamin aber wegen seiner Beteiligung an der Belohnungs- und Verhaltensverstärkung bekannt, denn es ist der wichtigste Neurotransmitter für unsere Belohnungsschaltkreise, ein Nervenstrang im Nucleus accumbens (NAcc) des Gehirns. Stolz, Erfolg, Triumph, Lust – all das wird durch Dopamin vermittelt, das im NAcc freigesetzt wird.

Dopamin spielt auch bei der Verhaltensmodellierung eine Rolle, denn wann immer im NAcc eine solche Dopaminfreisetzung abläuft, haben wir ein »gutes Gefühl«, und ein Verhalten, das sich gut anfühlt, wird wiederholt.

Ein gutes Beispiel dafür ist die Nahrungsaufnahme: Historisch betrachtet sicherten kalorienreiche Lebensmittel das Überleben. Die Evolution hat dafür gesorgt, dass wir mögen, was unsere Überlebenschancen erhöht. Deshalb bedeutet ein Lustgefühl lediglich, dass das Gehirn auf etwas hinweist und vermittelt: »Mach das öfter, denn das ist gut für dich.« Da dieses Etwas gut für uns ist, verlangt es uns erneut danach. Wenn wir es das nächste Mal bekommen, erfolgt eine zweite Dopaminausschüttung, die sich angenehm anfühlt und das Verhalten verstärkt. Da der Verzehr kalorienreicher Speisen lustvoll ist, möchten wir ihn wiederholen – es entsteht eine positive Erwartungshaltung (Antizipation). Dopamin steuert diese drei Reaktionen – Lust, Verstärkung und Antizipation –, die uns evolutionstechnisch das Überleben sichern sollten.

Dummerweise lässt sich dieses Signal, das alle drei Funktionen reguliert, heutzutage über Videospiele kapern. In den Entwicklungsabteilungen weiß man längst, wie sich der Dopaminschalter betätigen lässt, und prompt bedient das Spiel Lust, Verstärkung und Antizipation, steuert nur leider keinen Überlebensvorteil bei.

Dopamin ist hierbei keineswegs der Feind! Auch in der modernen Welt kann Dopamin uns helfen, dazuzulernen und uns weiterzuentwickeln. Stellen Sie sich vor, Sie üben ein neues Musikstück ein. Beim ersten Spielen haben Sie noch ein bisschen zu kämpfen. Sie machen erst den einen Fehler, dann den anderen, aber wenn Sie dranbleiben, beherrschen Sie das Stück irgendwann. Die Befriedigung, die sich einstellt, wenn man es nach dem ersten Scheitern doch noch schafft, wird ebenfalls durch Dopamin vermittelt. Je schwieriger etwas ist und je mehr wir uns dafür anstrengen müssen, desto mehr Dopamin wird frei, wenn es uns endlich gelingt. Wenn man bei einer Herausforderung ein paar Mal versagt, ehe man sie bewältigt, fühlt sich der Erfolg besonders gut an, und das entsprechende Verhalten wird verstärkt.

Spieledesigner sind ausgesprochen gut darin, auszutüfteln, wie man die Dopaminausschüttung im Gehirn maximiert. Sie wissen: Wenn ein Spiel zu einfach ist, wird es schnell langweilig, und die Leute lassen es sein. Ist das Spiel zu schwierig, geben sie auf, weil die Dopaminausschüttung nicht dem Aufwand entspricht. Deshalb wird die Schwierigkeit eines Spiels sorgsam auf optimale Dopaminausschüttung abgestimmt, was wiederum das Verhalten der Spieler verstärkt und deren Erwartungshaltung maximiert.

Neue Studien belegen diesen Zusammenhang: Videospiele machen nicht nur wegen der Belohnung abhängig, sondern weil sie einem diese Belohnung längere Zeit vorenthalten. Das ist wie beim Üben unseres Instruments. Wir wollen üben, obwohl wir wissen, dass wir dabei immer wieder scheitern, denn wenn wir endlich Erfolg haben, ist das ein unglaublich gutes Gefühl.

Der Haken daran ist das natürliche Streben des Gehirns nach Homöostase (Ausgewogenheit). Deshalb kann das Gehirn für bestimmte Dinge unempfänglich werden. Der erste Keks, den wir essen, ist sehr lecker. Der zweite ist auch noch gut. Aber sobald wir drei oder vier Kekse gefuttert haben, nehmen wir meist den Geschmack nicht mehr richtig wahr, und es ist kein echter Genuss mehr.

Genau das passiert auch bei Videospielen: Nach ein paar Stunden stellt sich eine physiologische Toleranz ein. Mit dem Prinzip der Toleranz sorgt das Gehirn dafür, Abläufe in einem »normalen« oder gesunden Maß zu halten. Wird dieses Maß überschritten, so moduliert es das starke äußere Signal, indem es dessen »Lautstärke« drosselt und es abschwächt. Das ist, als würde man Musik über Kopfhörer hören: Wenn uns die Lautstärke unangenehm wird, können wir den Ton leiser stellen, damit das Zuhören weiter Freude macht.

Bei Videospielen werden die Dopaminsignale verstärkt, worauf die Dopaminrezeptoren irgendwann dichtmachen, um das Dopaminsignal »leiser« zu stellen. Die Neuronen klappen ihre Rezeptoren sozusagen ein, bis selbst tonnenweise Dopamin nur noch eine durchschnittliche Lustreaktion auslöst.

Wenn wir das Computerspiel nun abschalten und stattdessen ein Buch lesen, erhalten wir nur normale Mengen Dopaminsignale – aber für unsere herunterregulierten Rezeptoren ist diese normale »Lautstärke« zu leise. Deshalb macht das Lesen keinen Spaß. Wenn wir zu viel spielen, ist das Gehirn also körperlich weniger dazu in der Lage, am Lesen Freude zu haben.

Bei manchen Kindern ist das sogar am Bildschirm zu beobachten: In der ersten Stunde haben sie noch richtig Spaß, aber nach ein paar Stunden bleibt der Spaß auf der Strecke, und die Kinder sind wie Zombies, die nicht mehr lachen oder reden. Wenn man nun versucht, sie zu etwas anderem zu bewegen, reagieren sie prompt gelangweilt und setzen sich vehement zur Wehr. Das...

Erscheint lt. Verlag 20.11.2024
Übersetzer Imke Brodersen
Sprache deutsch
Original-Titel How to raise a healthy gamer
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte 2024 • ADHS • bergmann hüther • Beziehung • Beziehungsratgeber • Bildschirmzeit • Call of Duty • candy crush • Computerspiele • Computerspielsucht • computersüchtig • Digitalisierung • eBooks • echtzeitalter • Eltern • Erziehung • Erziehungsratgeber • FIFA • Fortnite • Gaming • gaming disorder • gaming sucht • Generation Angst • generation twitch • Gesundheit • Grand Theft Auto • Jonathan Haidt • Kindererziehung • Mario Kart • Minecraft • Neuerscheinung • Playstation • Pokemon • Pubertät • Ratgeber • Spielsucht • super mario • Switch • Tonio Schachinger • Wow • Xbox • Zocken
ISBN-10 3-641-31189-6 / 3641311896
ISBN-13 978-3-641-31189-6 / 9783641311896
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