Leo und der Himmel auf Erden (eBook)
144 Seiten
unum, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
978-3-8338-9558-6 (ISBN)
Franziska Muri ist seit über zwanzig Jahren als Lektorin in der Buchbranche und seit mehr als zehn Jahren als Autorin tätig. Außerdem ist sie Coach für The Work of Byron Katie und bringt auch dort ihr großes Interesse und ihre langjährige Erfahrung im Bereich Spiritualität und Heilung ein. Die SPIEGEL-Bestsellerautorin wurde vor allem bekannt durch ihre Bücher »Vom Zauber der Rauhnächte« (gemeinsam mit Vera Griebert-Schröder) und »21 Gründe, das Alleinsein zu lieben«. Sie lebt in einer ländlichen Ecke von Baden-Württemberg, und die besten Ideen kommen ihr, wenn sie mit ihrem Hund durch die Wälder streift.
Franziska Muri ist seit über zwanzig Jahren als Lektorin in der Buchbranche und seit mehr als zehn Jahren als Autorin tätig. Außerdem ist sie Coach für The Work of Byron Katie und bringt auch dort ihr großes Interesse und ihre langjährige Erfahrung im Bereich Spiritualität und Heilung ein. Die SPIEGEL-Bestsellerautorin wurde vor allem bekannt durch ihre Bücher »Vom Zauber der Rauhnächte« (gemeinsam mit Vera Griebert-Schröder) und »21 Gründe, das Alleinsein zu lieben«. Sie lebt in einer ländlichen Ecke von Baden-Württemberg, und die besten Ideen kommen ihr, wenn sie mit ihrem Hund durch die Wälder streift.
Hinweis zur Optimierung
Impressum
Der Intuition vertrauen
Mittler zwischen Himmel und Erde sein
Fühlen, fühlen, fühlen
Wissen, wer da spricht
Dankbarkeit leben
Sich im Nicht-Wissen entspannen
Das große Miteinander feiern
Ein kleines Nachwort
Leseempfehlungen
Über die Autorin
DER INTUITION VERTRAUEN
Anni war an diesem Morgen viel zu früh aufgewacht und hatte beschlossen, einen Spaziergang zu machen – über ein paar Felder und durch ein Wäldchen vor den Toren der Stadt. In ihrem Kopf tobten so viele Gedanken, vielleicht würde die Bewegung sie etwas beruhigen.
Die Luft draußen war frisch und kühl und Anni erfreute sich am Gehen. Dass es bewölkt war, daran hatte sie sich beinahe schon gewöhnt, schließlich war es seit Wochen so. Meckern und Jammern zwecklos. Doch als sie aus dem Wäldchen kam und schon den Rückweg antreten wollte, sah sie auf einem kleinen Hügel einen Lichtschimmer. Dort oben war tatsächlich ein Fleckchen Erde in morgendliches Sonnenlicht getaucht. Pfeilgerade Lichtstrahlen fielen aus einem winzigen Loch in der Wolkendecke auf den Hügel.
»Dort will ich hin!«, sagte sie zu sich selbst und stiefelte los. Es war nicht weit bis hinauf und sie wollte so gern ein bisschen Sonne tanken.
Bald hatte sie den Hügel erreicht. Sie blieb stehen, schloss die Augen und drehte den Kopf zur Sonne hin. Wundervoll war das! Warm und hell beschienen die Strahlen ihr Gesicht und ihren ganzen Körper. Anni atmete auf. Ihr war, als würden mit diesem Licht ganz wesentliche Lebensgeister zu ihr zurückkehren.
Als sie nach einer Weile die Augen wieder öffnete und den Kopf etwas drehte, um nicht geblendet zu werden, erstarrte sie. Sie war gar nicht allein hier! Nur wenige Meter von ihr entfernt stand: ein Esel. Ein grauer Esel mit weichem Fell, das in der Morgensonne schimmerte. Und wie von einem romantischen Maler hindrapiert, stand seitlich hinter dem Tier ein kleiner Baum mit geradem Stamm und einer in frischem Grün leuchtenden Kugel aus Blättern. Anni konnte von ihrem Platz aus sehen, dass es eine Linde war. Linden kannte und mochte sie.
Der Esel schaute zu ihr rüber.
»Guten Morgen«, grüßte Anni ganz selbstverständlich und blickte sich im nächsten Moment peinlich berührt um. Sie war so überrascht von der Szenerie, dass sie schon Esel grüßte. Nun gut, sonst war niemand hier, der sie hätte hören können.
»Einen wunderschönen guten Morgen«, vernahm sie nun aber.
Anni hielt verwundert inne. Wer anders konnte das gewesen sein … als dieser Esel?
»Hast du gerade Guten Morgen gesagt?«, fragte sie in Richtung des Tieres.
Langsam kam der Graue ein paar Schritte auf sie zu. »Ich habe ›Einen wunderschönen guten Morgen‹ gesagt. Man darf Wunder nämlich einladen. Damit macht man es ihnen leichter, sich zu zeigen.«
Verblüfft schaute Anni den Esel an, der nun ziemlich nah vor ihr stand. »Okay«, erwiderte sie schließlich, »gute Idee: einen wunderschönen guten Morgen also.«
Sie betrachtete das Auge, das er ihr zuwandte, die dichten Wimpern und das schöne warme Braun der Iris. Dieses Auge nahm sie richtiggehend ein, eine ganze Welt tat sich darin auf. Anni merkte, wie sie immer tiefer in der geheimnisvollen Weite dieses Raumes versank. Ein Raum wie das All, gänzlich dunkel und doch von Licht durchsät. Er erschien ihr wie ein sehr freundliches Universum.
Plötzlich tauchten Bilder auf, die Anni nur zu vertraut waren – Stapel von Papier in ihrem Büro, rote Zahlen, die über ihren Bildschirm flackerten, schnell hinuntergeschlungenes Irgendwas von irgendeinem Imbiss, hastige Blicke auf die Uhr und immer schneller werdende Schritte, die sie zum nächsten Termin brachten, Druck im Bauch, ihr laut pochendes Herz. Mehrmals blitzten Bilder ihrer Wohnung auf, die ihr verwaist vorkam, während sie immer nur hinein- und wieder hinauslief. Stimmen, Wortfetzen. Streiflichter auf Männergesichter … und auf diesen einen Mann, der sich langsam entfernte und sich im Nebel aufzulösen schien, während ihr Herz ihn nicht lassen wollte … Anni schloss die Augen, als wollte sie das alles nicht mehr sehen.
»Dein Leben«, flüsterte der Esel sanft.
Sie schaute ihn wieder an.
»Dein aktuelles Leben.« Er flüsterte erneut und schüttelte langsam den Kopf. Seine großen plüschigen Ohren wackelten dabei etwas zeitverzögert mit.
»Mein aktuelles Leben«, wiederholte Anni leise, fühlte Traurigkeit und schloss die Augen. Tränen drückten sich unter ihren Lidern hervor und liefen ihre Wangen hinab.
Der Esel ließ ihr Zeit. Er blieb weiter still vor ihr stehen, so nah, dass sie die beruhigende Wärme seines Körpers spüren konnte. Er war einfach da und ließ Anni weinen.
»Alles falsch gemacht?«, fragte sie schließlich leise, ohne die Augen zu öffnen.
»Dann wärst du jetzt nicht hier«, antwortete der Esel freundlich.
Ja, jetzt war sie hier und eine unerklärliche Magie lag in der Luft.
Sie schwiegen erneut und Anni empfand mit der Zeit einen eigentümlichen Frieden.
»Man darf Wunder einladen. Damit macht man es ihnen leichter, sich zu zeigen.«
Irgendwann begann sie sich wieder zu bewegen und straffte die Schultern. Sie spürte ganz neu die Sonne auf ihrer Haut und genoss die Szenerie um sie her.
»Warum kann ich dich reden hören?«, fragte sie den Esel. »Und warum verstehst du mich?«
Ohne zu zögern entgegnete er: »Vielleicht wünschst du dir einfach, dass jemand mit dir spricht.«
Erneut schossen Anni Tränen in die Augen. Es stimmte so sehr! Sie wünschte sich, dass jemand mit ihr sprach. Dass sie jemanden zum Reden hatte. Über wirklich Bedeutsames. Dass jemand mal so da war wie dieser Esel eben. Der sie einfach sah und hörte. Wie ein Zeuge, ein stiller, offener, freundlicher Zeuge ihrer Existenz. Und dass er ab und zu noch etwas Kluges zu sagen oder zu fragen wusste, war für sie so hilfreich.
»Aber du …« Anni schreckte innerlich auf, als sie sich die Situation neu vergegenwärtigte. Der Esel lief derweil ein paar Schritte auf und ab, schüttelte sich und schnaubte. Dann wandte er sich ihr wieder zu: »Aber?«
»Ich meine …«, Anni druckste herum und der Esel streckte ihr mit immer länger werdendem Hals seinen Kopf entgegen, als wollte er besser hören, was sie sagte. Anni musste in sich hineinlachen, denn seine komische Geste bestätigte, was sie dachte. »Also, na ja, du bist …, na, du bist ein Esel!«
»Ja, bin ich. Und?« Stolz richtete er sich wieder auf.
»Bitte versteh mich nicht falsch, ich selbst weiß gar nichts über Esel und ich bin dir dankbar für unseren kleinen morgendlichen Austausch. Aber Esel gelten bei uns Menschen … als, nun ja, als etwas dumm und stur.«
»Und auf dieses Framing fällst du rein?« Der Esel grinste.
»Dumm«, erklärte er dann, »nennt man andere oft, wenn man sie nicht versteht, wenn man nicht mal ihre Sprache kennt. Und stur, das ist doch gar nicht schlecht, oder? Man lässt nicht alles mit sich machen. Oder ist einfach vorsichtig. Mir gefällt das. Und wenn man mich für dumm hält, dann bleibe ich ganz entspannt. Schließlich weiß ich, was ich weiß. Nämlich: nichts.«
An dieser Stelle fing der Esel lauthals an zu lachen. Er warf den Kopf zurück, entblößte zwei Reihen riesiger Zähne und schrie sein »Iiiiieeh-Aah, Iiiiieeh-Aah, Iiiiieeh-Aah, Iiiiieeh-Aah« so laut in die Welt hinaus, dass Anni immer wieder zusammenzuckte. »Ich weiß, dass ich nichts weiß«, brachte er noch einmal zwischen zwei Lachsalven hervor und konnte sich gar nicht mehr beruhigen.
Mit einer Mischung aus Entsetzen wegen dieses heiser krächzenden »Iiiiieeh-Aah« und Erheiterung wegen seines wirklich guten Gags stand Anni da und schaute ihrem eigenartigen Gesprächspartner einfach nur dabei zu, wie er sich köstlich amüsierte.
Als er wieder normal atmen konnte, sagte er ernst: »Unterschätze mal uns Esel nicht. Uns gibt es schon sehr lange. Seeehr lange. Wir haben mit Buddhisten gelebt, mit Sufis, mit Hindus, mit Christen, sogar Ur-Christen, und mit Moslems, mit Bauern, Philosophen, Heiligen, Kräuterfrauen, Kaufleuten, Schmugglern, Weisen und allen nur erdenklichen Leuten. Wir wissen mittlerweile ganz gut Bescheid. Auch über eure Welt.«
Anni dachte nach. Dann sagte sie vorsichtig: »Ich wollte dich nicht beleidigen.« Sie war beeindruckt von der Erkenntnis, wie viel Geschichte, Wissen und Weisheit Mensch und Esel offenbar teilten. Innerlich war sie diesem erstaunlichen Gesellen damit ein Stückchen nähergekommen.
Als würde sie etwas wiedergutmachen wollen, fragte sie: »Wie heißt du denn? Ihr habt doch auch Namen, oder?«
»Haben wir«, bestätigte der Esel. »Ich bin Leo.«
»Wie?« Anni blickte ihn – schon wieder – verdutzt an und als er keine Miene verzog, hakte sie nach: »Du heißt Leo? Als Esel?«
»Klar. Oder glaubst du etwa, der Name ist nur Löwen vorbehalten?«
Anni schaute ihn ein paar Momente lang sprachlos an. Dann sagte sie: »Also gut: Leo. Freut mich. Ich bin Anni.« Sie machte einen Schritt auf ihn zu und es wirkte, als wolle sie ihm gleich die Hand reichen.
»Ebenfalls erfreut«, sagte Leo höflich und da er Annis unbeholfene Geste bemerkte, ergänzte er: »Du darfst mich zwischen den Ohren kraulen.«
»Gern«, erwiderte Anni mit einer gewissen Erleichterung. Sie lächelte: »Weil du ja kein Löwe bist.«
Der Esel schloss die Augen und genoss die Streicheleinheit. Nach einer Weile fragte er beiläufig: »Und einen Löwen würdest du nicht gern kraulen?«
Anni überlegte, während ihre Hand über das weiche Fell auf Leos Stirn strich. »Das wäre bestimmt kuschlig. Und imposant. Aber es wäre mir viel zu gefährlich.«
»Wer mit Eseln über sein Leben redet, der kann auch...
Erscheint lt. Verlag | 7.10.2024 |
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Reihe/Serie | unum |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | 7 • Achtsamkeit • Buddhistische Lehren • den • der • DIE • Die 7 Geheimnisse der Schildkröte • Drache • Erfüllung finden • Erleuchtung • erzählerische lebenshilfe • Füttere • Füttere den weißen Wolf • Geheimnisse • Großer • Großer Panda und kleiner Drache • Inneren Frieden finden • Kleiner • Lebensfreude • Lebensweisheiten • Mental Health • natur-spiritualität • Panda • Persönliche Entwicklung • persönliche Transformation • philosophische erzählungen • Schildkröte • Selbstfindung • Spiritualität • und • Weißen • Wolf |
ISBN-10 | 3-8338-9558-6 / 3833895586 |
ISBN-13 | 978-3-8338-9558-6 / 9783833895586 |
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